16
Catalina
Am nächsten Morgen saß ich auf der Couch, den Laptop auf dem Schoß, und scrollte durch meine E-Mails. Es war ein lahmer Versuch, wieder etwas Normalität in mein Leben zu bringen, aber es gab mir ein gutes Gefühl. Einfach etwas Routine. Auch wenn ich mir noch nicht sicher war, ob es über das Checken meiner E-Mails hinausgehen würde.
Neben mir saß Santiago. Er praktizierte eine gänzlich andere Übung, um seine Nerven wieder zu beruhigen und etwas Normalität in sein Leben zu bringen. Er hatte eine seiner SIG Sauer Pistolen auseinandergenommen und die Einzelteile auf dem Couchtisch verteilt. Danach hatte er alles gereinigt und jetzt gerade damit begonnen, die P220 wieder zusammenzubauen. Ich hatte ebenfalls ein Grundverständnis von Kurz- und Langwaffen verschiedener Marken, wobei mein Vater die Marke SIG Sauer bevorzugte, aber so schnell, wie Santiago die Waffe auseinandernahm und jetzt wieder zusammensetzte, war ich lange nicht.
Ich konzentrierte mich wieder auf den Bildschirm vor mir und löschte noch ein paar E-Mails, die mich über irgendwelche Sonderangebote informieren wollten, als mir plötzlich eine als wichtig markierte Mail ins Auge fiel. Ich öffnete die Nachricht und schnappte dann erschreckt nach Luft.
»Was?«, fragte Santiago alarmiert.
»Verdammt!« Ich fluchte ausgiebig.
»Catalina, was ist los?« Santiago legte die Waffe beiseite.
»Ich habe meine letzte Prüfung verpasst!«
Santiago grinste mich schief an. »Das ist doch halb so wild, mi vida . Du wirst sie nachholen, sobald das Chaos hier vorüber ist.«
Ich sah ihn skeptisch an. »Wird es denn jemals vorüber sein, Santiago?«
»Natürlich«, knurrte er. »Wir werden die Garcías auslöschen.«
Ich winkte ab. »Daran zweifle ich ja auch gar nicht. Aber was ist danach? Wird es nicht immer wieder einen neuen Feind geben?« Ich legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. »Dieses Studium ist das Einzige, was einem normalen Leben auch nur nahekommt. Mehr werde ich nicht haben, Santiago.«
»Was willst du, Catalina?«
Ich warf wieder einen Blick auf den Bildschirm und überflog die wenigen Zeilen, die sie mir geschrieben hatten. »In drei Tagen ist der Wiederholungstermin. Der nächste ist erst in einigen Monaten.«
»Dann nimm den.«
Ich seufzte. »Dann wird sich mein gesamtes Studium um mindestens ein Semester verlängern. Ich will es aber in der Regelstudienzeit schaffen.«
Er sah zur Seite. »Was macht das schon für einen Unterschied?«
»Für mich macht es einen Unterschied, Santiago!«, fuhr ich ihn an. »Ihr dürft mir das nicht wegnehmen.« Ich griff nach seiner Schulter und zog daran, bis er mich wieder ansah. »Du darfst mir das nicht wegnehmen.« Ich sah die Zweifel in seinem Blick, den Unwillen.
»Bitte«, flüsterte ich.
Für einen schier endlosen Moment sah Santiago mich einfach nur an, dann seufzte er tief und lang.
»In Ordnung.«
Ich lächelte ihn freudestrahlend an, legte den Laptop beiseite und krabbelte auf seinen Schoß.
»Danke!« Ich gab ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund.
Sofort legte Santiago die Arme um mich und zog mich näher an sich heran. Der Kuss wurde leidenschaftlicher, inniger, länger.
»Lass uns wieder ins Bett gehen«, flüsterte Santiago an meinen Lippen.
Ich grinste. »Nein. Ich habe in drei Tagen eine Prüfung und muss dafür lernen.«
Santiago rollte mit den Augen, ließ mich aber gehen, als ich mich wieder neben ihn setzte und mir meinen Laptop schnappte.
»Dafür schuldest du mir was«, grummelte er und stand auf. »Ich mach uns erst einmal was zu essen.«
Ich wartete, bis er den Raum fast verlassen hatte. »Santiago?«, rief ich.
Er sah mich über die Schulter hinweg an. »Ja?«
»Ich mach es wieder gut, Daddy. Versprochen.«
In meinem ganzen Leben war ich noch nie so nervös vor einer Prüfung gewesen. Da war ich mir sicher. Eigentlich hatte ich zwar nie unter Prüfungsangst gelitten, aber das heute war dann doch ein spezieller Fall. Ich hatte nur drei Tage gehabt, um mich auf den Stoff vorzubereiten, war kurz vorher aus einer Geiselnahme gerettet worden und würde seitdem zum ersten Mal Zeit ohne Santiago verbringen. Und das in einer nicht hundertprozentig gesicherten Umgebung.
Ich nahm einen tiefen Atemzug zur Beruhigung.
Santiago griff über die Mittelkonsole hinweg nach meiner Hand und drückte sie sanft. »Du schaffst das.«
Ich lächelte ihn schief an. »Ich hoffe.«
Er beugte sich zu mir, umfasste mein Kinn und sah mir tief in die Augen. »Catalina, du bist intelligent. Du hast gelernt wie eine Verrückte. Ich habe dich abgefragt, und du kannst alles. Ich wüsste nicht, was schiefgehen sollte.« Er küsste meine Stirn. »Ich glaube an dich.«
Ein warmes Gefühl durchströmte mich, und ich hauchte einen schnellen Kuss auf seine Lippen. »Ich liebe dich.«
Dann fiel mein Blick auf die Uhr, und ich zuckte zusammen. »Fuck, so spät schon! Wir müssen los.«
Ich hüpfte quasi aus dem Auto und sah mich gar nicht erst um, ob Santiago mir folgte. Aber das brauchte ich auch nicht, denn er würde mich nicht alleine lassen. Außerdem hörte ich bereits, wie er das Auto verriegelte, und spürte ihn kurz danach an meiner Seite.
Hand in Hand betraten wir das Gebäude auf dem Campus, in dem heute die Nachschreibeprüfung stattfinden würde. In der ersten Etage war die Tür am Ende des Ganges bereits geöffnet, und die Aufsicht stand davor. Als sie mich sah, lächelte sie. Ich ließ Santiagos Hand los und drehte mich zu ihm um, sah hinauf in seine dunklen Augen, die inzwischen längst nicht mehr so ausdruckslos waren, wie ich es eigentlich von ihm kannte.
»Wünsch mir Glück.«
»Viel Glück! Ich glaube an dich.« Er gab mir einen flüchtigen Kuss. »Ich warte genau hier, und nach der Prüfung habe ich eine Belohnung für dich«, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Ich biss mir auf die Unterlippe, sah ihn noch einen Moment lang an und ging dann den Flur hinunter, um meine Prüfung nachzuholen.
Santiago
Ich war unruhig und rastlos. Mein Blick glitt immer wieder zu der großen Wanduhr, die mir gegenüber hing. Und ich war mir sicher, dass die Zeit heute extralangsam verging.
Natürlich war ich immer noch nicht begeistert, dass Catalina heute unbedingt diese Prüfung nachholen wollte. Aber als sie neben mir auf der Couch gesessen und mich so inbrünstig gebeten hatte, dass ich ihr dieses Stückchen Normalität nicht wegnehmen dürfe, war ich einfach schwach geworden. Ich hoffte nur, dass ich diese Entscheidung nicht bereuen würde.
Aber was sollte schon großartig passieren? Ich hatte sie hierhergefahren und würde sie auch wieder zurückbringen. Die Bank, auf der ich saß, war keine fünfzig Meter von dem Raum entfernt, in dem Catalina ihre Prüfung schrieb. Es war so sicher, wie es eben sein konnte. Jedenfalls sagte ich mir das die ganze Zeit.
Ich war aufgestanden, stellte mit verschränkten Armen vor dem schwarzen Brett und las mir die verschiedenen Aushänge durch, die mir entweder eine Wohnung anboten, mich für Extrakurse begeistern wollten oder mich über die Hausordnung informierten. Als ich gerade bei dem Paragrafen angekommen war, der sämtliche Waffen auf dem Campusgelände verbot, öffnete sich die Tür am Ende des Ganges.
Sofort wirbelte ich herum, und eine erschöpft aussehende, aber lächelnde Catalina trat auf den Flur. Alles andere rückte in den Hintergrund, die ewig lange Wartezeit verschwand ins Vergessen. Meine Hände kribbelten, weil ich Catalina endlich wieder in meine Arme schließen wollte.
Ich ging vorbei an den geschlossenen Türen, die den Flur links und rechts säumten, und auf Catalina zu. Gedanklich war ich schon damit beschäftigt, wie ich ihr gleich in der Sicherheit meiner Wohnung jedes Kleidungsstück einzeln mit den Zähnen ausziehen würde. Plötzlich weiteten sich Catalinas Augen, und sie hechtete nach vorne.
»Santiago!«
Aus dem Augenwinkel sah ich noch den Schatten, drehte mich auf dem Absatz um und riss im letzten Moment den Arm hoch. Die Klinge drang in meinen Unterarm ein, schabte am Knochen vorbei. Ich spürte den Schmerz gar nicht, als ich meine andere Hand zur Faust ballte und sie meinem Angreifer in den Magen trieb. Die dunklen Augen weiteten sich, und er krümmte sich nach vorne.
Sein Vorteil war das Überraschungsmoment gewesen, aber das hatte er verbockt. Ich duckte mich unter dem Arm mit dem Messer hindurch, packte seinen Nacken und rammte den Kerl mit dem Kopf voran gegen die Wand. Sein schmerzerfülltes Stöhnen hallte durch den leeren Flur. Er versuchte, mich erneut zu verletzen, indem er blindlings mit dem Messer nach hinten stach, aber das gab mir nur die Gelegenheit, ihm die Waffe zu entwenden. Ich warf die blutige Klinge auf den Boden, außer Reichweite.
Der Angreifer versuchte, sich umzudrehen, trat nach hinten aus. Aber ich hatte seinen Nacken noch immer gepackt und donnerte seinen Schädel noch einmal gegen die Wand. Knochen brachen, Blut sprudelte hervor und spritzte an die Wand. Ich sah, wie die Prüfungsaufsicht auf den Flur trat, hörte ihren erstickten Schrei und beobachtete, wie sie direkt wieder in dem Raum verschwand. Darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern. Aber das musste ich auch nicht. Denn sie wusste ganz genau, wer ich war, und würde nicht die Polizei rufen. Stattdessen würde sie warten, bis die Luft wieder rein war, und später von Gonzales eine nette Entschädigungssumme erhalten.
Ich griff hinter mich und zog meine Pistole. Das metallische Klicken der Sicherung ließ den Angreifer erstarren, und jegliche Bewegung kam zum Erliegen, als ich ihm den Lauf an den Hinterkopf drückte.
»Wer bist du?«, knurrte ich. Blut sickerte durch den Stoff meines Pullovers, tropfte auf den Boden. Durch die vorherigen Bewegungen war auch Blut auf meine Hand geflossen, was zur Folge hatte, dass die Waffe nicht sicher in meiner Hand lag. Ich sollte mich also besser beeilen.
»Fick dich, Arschloch!«
Ich rollte mit den Augen. Immer diese originellen Antworten.
»Ich frage dich noch einmal, und wenn mir deine Antwort nicht gefällt, werde ich die Wände hier mit deiner Hirnmasse neu dekorieren.« Ich presste die Pistole fester gegen seinen Hinterkopf. »Wer bist du?«
»Ich … Ich kenne ihn«, flüsterte Catalina in diesem Moment, die näher an uns herangetreten war.
»Wie bitte?«, fragte ich, sah sie aber nicht an. Ich war heute schon einmal überrascht worden und wollte das kein zweites Mal riskieren.
»Das ist der Typ, der mich entführt hat.«
Die Angst färbte ihre Stimme deutlich. Mein Blick bohrte sich förmlich in seinen Schädel, und ganz langsam breitete sich ein durch und durch sadistisches Lächeln auf meinen Lippen aus.
»Du bist also Alarico Morrell.« Ich konnte die Gänsehaut förmlich sehen, die sich in seinem Nacken ausbreitete. »Wie unerfreulich, dass wir uns kennenlernen. Also für dich.«
Ohne den Blick abzuwenden, sprach ich Catalina an. »Schließ die Augen, mi vida. «
»Nein.« Jetzt klang ihre Stimme wieder fest. »Ich will es sehen.«
»Nein, bitte –«
Alarico kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden, denn ich schoss ihm direkt in den Hinterkopf. Blut, Knochen und Hirnmasse spritzten an die Wand, und ich ließ den leblosen Körper achtlos auf den Boden fallen.
Ich sicherte die Waffe, schob sie wieder in meinen Hosenbund und zog mein Handy hervor, während ich zu Catalina ging und sie in meine Arme zog. Raúl nahm das Gespräch sofort entgegen.
»Es gab einen Zwischenfall auf dem Campus«, erklärte ich. »Wir haben eine Leiche, die entsorgt werden muss. Außerdem muss hier mal gründlich geputzt werden. Und es muss ein bisschen Schweigegeld verteilt werden.«
»Verstanden. Geht es euch gut?« Raúl hinterfragte den Inhalt unseres Gespräches gar nicht erst.
»Ja, uns geht es gut. Wir kommen gleich zu euch.«
Ich blinzelte überrascht, als Catalina mir plötzlich das Handy aus der Hand nahm.
»Raúl? Ja, hier ist Lina. Santiago ist verletzt. Unterarm. Er blutet ziemlich stark. Ruf also bitte einen Arzt. Okay, danke. Bis gleich.«
Damit beendete sie das Gespräch und gab mir das Handy zurück.
»Das war unnötig«, kommentierte ich.
»Nein, war es nicht.«
Sie nahm meine blutige Hand in ihre. »Lass uns verschwinden.«
»Einen Moment noch.« Ich zog Catalina mit mir zu dem Prüfungsraum, dessen Tür verschlossen war. Auf mein Klopfen hin wurde mir vorsichtig geöffnet. Die Prüfungsaufsicht sah mich ängstlich an.
»J-ja?«
»Es ist alles geregelt. Ihnen wird nichts passieren. Aber ich würde vorschlagen, dass sie noch einen Moment hier drinnenbleiben. Gleich wird jemand kommen, sauber machen und Sie für die Unannehmlichkeiten entschädigen.«
Sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum, nickte aber. »In Ordnung.«
Ich wartete, bis sie die Tür wieder geschlossen und verriegelt hatte, bevor ich Catalina an der Leiche vorbei nach draußen führte. Sie hatte ihre Jacke ausgezogen und über meinem Unterarm drapiert, damit meine blutige Wunde verdeckt war.
»Gib mir die Schlüssel«, kommandierte sie, kurz bevor wir das Auto erreichten.
Ich rollte mit den Augen. »Es ist nur eine Schnittwunde, Catalina. Ich kann fahren.«
»Das heißt aber nicht, dass du es auch solltest.«
Vor dem Wagen hielt ich an, zog sie an mich und küsste sie leidenschaftlich. Meine Zunge drang in ihren Mund ein und erkundete sie, als wäre es das erste Mal. Catalina stöhnte und sank gegen mich. Erst nach einer ganzen Weile löste ich mich wieder von ihr.
»Steig ins Auto ein, mi vida. Keine Diskussion.«
Sie funkelte mich wütend an. »Nur fürs Protokoll, ich bin nicht glücklich darüber.«
Ich grinste sie an. »Ist vermerkt.«
Catalina
Mein Puls rauschte noch immer in meinen Ohren, als wir vor dem Haus meines Vaters vorfuhren. Inzwischen klebte die Wolle des Pullovers an Santiagos Unterarm, und ich machte mir ernsthafte Sorgen. Er selbst schien hingegen völlig tiefenentspannt und schmerzfrei zu sein. Dabei wusste ich genau, dass das nicht möglich war. Bei der Menge an Blut, die er bis jetzt verloren hatte, musste es sich definitiv um mehr als nur einen Kratzer handeln.
»Es ist alles in Ordnung, mi vida . Versuch, dich zu beruhigen.«
Santiago griff mit seiner blutigen Hand nach meiner und hielt sie fest. Erst jetzt bemerkte ich, wie stark ich zitterte. Das war mir überhaupt nicht aufgefallen, weil ich mich gedanklich so mit seiner Wunde beschäftigt hatte.
Ich nahm einen tiefen Atemzug, als Santiago parkte. »Ich versuche es.« Und das tat ich wirklich. Aber das Zittern wollte trotzdem nicht nachlassen.
Gemeinsam stiegen wir aus dem Auto aus, und sofort wurde die Haustür geöffnet. Mein Vater stürmte heraus und auf mich zu, zog mich in seine Arme und umklammerte mich beinahe schmerzhaft fest.
»Lina, geht es dir gut? Ist alles in Ordnung?« Er packte mich an den Schultern und betrachtete mich eingehend.
»Ja, mir geht es gut. Ich bin nicht angegriffen worden«, murmelte ich mit einem Seitenblick auf Santiago.
Mein Vater folgte meinem Blick und nickte. »Lasst uns reingehen.«
Kurze Zeit später saßen wir alle im Arbeitszimmer meines Vaters. Ich hatte mich in eine Decke gewickelt auf die Couch gesetzt, weil der Schock mich frösteln ließ. Santiago saß neben mir und hatte die Hand des gesunden Arms auf mein Knie gelegt, während unser Arzt sich um die Wunde an seinem anderen Arm kümmerte. Wie ich bereits vermutet hatte, war es doch mehr als ein Kratzer, denn Santiago musste genäht werden.
»Wie lief deine Prüfung?«, fragte mein Vater und unterbrach damit die angespannte Stille. Er hatte sich an die vordere Schreibtischkante gelehnt und beobachtete die ganze Szenerie mit wachsamen Augen.
Ich blinzelte und rieb mir über die Stirn, versuchte, mich an meine Klausur zu erinnern. Worum war es noch mal gegangen?
»Ich, ähm …« Ich räusperte mich. »Ich denke ganz gut. Ich konnte alle Fragen beantworten und fühlte mich eigentlich ganz gut, als ich den Raum wieder verließ.«
Danach senkte sich wieder Schweigen über den Raum, bis der Arzt schließlich verkündete, dass er fertig war, und Santiago noch ein paar entzündungshemmende Medikamente für die nächsten Tage mitgab.
»Ich muss dir ja nicht erklären, wie man mit tiefen Schnittwunden umgeht, oder?«
Santiago grinste schief. »Nein, nicht meine erste, Doc.«
Unser Arzt schüttelte nur stumm den Kopf und packte seine Sachen wieder zusammen.
»Ich überweise dir die übliche Summe auf dein Konto«, schaltete sich mein Vater ein.
»Bis bald«, verabschiedete sich der Arzt, und die Tür fiel mit einem leisen Klicken hinter ihm ins Schloss.
Sofort richtete sich die gesamte Aufmerksamkeit meines Vaters auf Santiago. »Was ist passiert?«
Ich lauschte Santiagos emotionsloser Stimme, als er das Geschehene für meinen Vater wiederholte.
»Jedenfalls ist Alarico Morrell jetzt tot.«
»Endlich mal gute Nachrichten«, kommentierte mein Vater und verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber so kann es nicht weitergehen. Ich kann und werde es nicht dulden, dass die Garcías uns weiter terrorisieren. Und sie haben definitiv eine Grenze überschritten, als sie in das Leben meiner Tochter eingedrungen sind.«
Bei der Erinnerung an meine Entführung kuschelte ich mich an Santiagos Seite, der sofort den Arm um mich legte.
»Wir müssen diese Sache beenden.«
»Was möchtest du tun?«, fragte Santiago.
»Daniel García muss sterben. Eine andere Lösung gibt es nicht. Und mit ihm muss sein ganzes Kartell vernichtet werden. Ich will kein Risiko eingehen. Wir werden an den Garcías ein Exempel statuieren. Und danach wird es niemand mehr wagen, uns anzugreifen.«