Kapitel 2
Lena beugte sich nach vorn, um die Details des sich gerade neu gebildeten Blattes zu studieren. Der süße Rosenduft umhüllte sie wie eine Umarmung ihrer Großmutter, die nicht der Typ für Parfums gewesen war, aber immer ein paar getrocknete Blütenblätter in ihrem Kleiderschrank aufbewahrt hatte. Lena nahm einen tiefen Atemzug, als könnte sie so tiefer in die Erinnerung eintauchen. Obwohl sie ihre Großmutter schmerzhaft vermisste, musste Lena lächeln. Sie hätte diesen Garten geliebt.
Nach einem weiteren Blick auf die Blume konzentrierte sich Lena wieder auf ihr Skizzenbuch und fügte ein paar feine schwarze Linien hinzu.
»Wunderschön. Ich liebe die detailgetreue Darstellung der Kelchblätter.« Maggies Stimme ertönte direkt hinter Lena.
Wäre ihr Stift in dem Moment auf dem Papier gewesen, hätte Lena die Skizze ruiniert. Sie hatte weder bemerkt, dass das rhythmische Klappern der Gartenschere aufgehört hatte, noch, dass Maggie zu ihr herübergekommen war. »Vielen Dank. Aber was ist ein Kelchblatt?« Sie war nicht an Komplimente gewöhnt und spürte, wie ihre Wangen warm wurden.
»Die schmalen, grünen Blätter unterhalb der Blüte beziehungsweise der Kronblätter.« Maggie setzte sich auf den Holzstuhl neben dem Rasenstück, auf dem Lena es sich gemütlich gemacht hatte. Sie zog ihre Gartenhandschuhe aus und wischte sich mit einem Stofftaschentuch über die Stirn.
»Willst du Wasser oder Eistee? Ich kann etwas aus meiner Küche holen.« Lena wies auf das Gartenhaus.
»Wasser wäre nett. Aber ich kann es holen. Wenn du nichts dagegen hast, dass ich mich in deiner Küche bediene.« Maggie erhob sich von ihrem Stuhl mit einer Flinkheit, die man von einer Frau ihres Alters nicht mehr erwartete.
»Nein, bleib bitte. Ich habe schon ein schlechtes Gewissen, dass ich dir nicht beim Gärtnern helfen darf.« Lena spannte ein breites Gummiband um ihr Skizzenbuch und steckte ihren Stift in eine Schlaufe. Sie ließ das Buch auf dem Tisch neben Maggies Stuhl zurück und hastete zum Haus.
Der Kühlschrank war nur wenige Schritte von der Eingangstür entfernt und sie holte die große Glasflasche heraus, die sie zum Kühlen hineingestellt hatte. Ansonsten war der Kühlschrank ziemlich leer. Beim Anblick des letzten Restes Biokäse grummelte ihr Magen.
Hatte Maggie eine Mittagspause gemacht? Vermutlich nicht. Sie war genauso in ihrer Arbeit versunken gewesen wie Lena.
Kurz darauf stellte Lena zwei Teller mit Apfelscheiben und Käse auf den Tisch und goss beiden Wasser ein. »Willst du etwas für den Geschmack? Minze?«
»Zitronenmelisse. Danke.«
Maggie hatte dutzende verschiedene Kräuter in allen Teilen des Gartens gepflanzt, aber Lena war sich ziemlich sicher, dass sie die Zitronenmelisse wiederfinden konnte. Ein paar Schritte weiter pflückte sie ein Blatt und rieb es zwischen den Fingern. Hmm. Zitrone
. Sie brachte eine Handvoll Blätter zurück zu Maggie. »Reicht dir das?«
Maggie nickte und tauchte die Hälfte in ihr Glas. »Melissa officinalis.«
In Gedanken wiederholte Lena die Bezeichnung ein paarmal. Sie würde die Pflanze als Nächstes zeichnen und beide Namen notieren. »Kann ich dir heute irgendwie helfen? Etwas Schweres tragen?«
Maggie schüttelte den Kopf und lächelte. »Ich muss mich beschäftigen, um beweglich zu bleiben. Du hast Tai-Chi und Jugend auf deiner Seite. Ich bekämpfe das Alter mit der Hilfe meiner Pflanzen.«
Und das Gärtnern war offensichtlich effektiv. Maggie musste Ende sechzig sein − angesichts der weichen, faltigen Haut und der Haare, die mehr grau meliert als braun waren − aber sie bewegte sich wie eine viel jüngere Frau. Lena hoffte, sie würde in vierzig Jahren genauso fit sein.
Sie knabberten schweigend ihre Snacks, bis irgendwo in dem Blumenbeet, in dem Maggie gearbeitet hatte, ein Handy klingelte.
»Ich hol es.« Behutsam suchte Lena einen Pfad zwischen Rosen, Lavendel und einem halben Dutzend verschiedener grüner Bodendecker, deren Namen sie nicht kannte. Sie folgte dem Klingelton, bis er verstummte. Wo war das Handy? Nach einer kurzen Pause läutete es wieder. »Jemand will unbedingt mit dir sprechen.«
»Die versuchen mir immer nur Dinge zu verkaufen, die ich nicht brauche. Mein Name und die Nummer müssen irgendwo auf einer Liste der besonders Leichtgläubigen gelandet sein.« Maggie lachte leise.
Lena schnaubte. Maggie war die wahrscheinlich am wenigsten leichtgläubige ältere Dame, die sie kannte. »Ah, hier ist es.« Sie fischte das Handy aus seinem Versteck unter einem Rosenbusch, der in unglaublichen goldgelben bis blutorangefarbenen Schattierungen leuchtete. »Oh, es ist das Krankenhaus. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes.« Sie beeilte sich, um das Telefon zu seiner Besitzerin zu bringen.
»Vermutlich Jess. Es ist Freitag und der übliche Zeitpunkt, an dem sie unser monatliches Essen absagt.« Die Resignation in ihrer Stimme war nichts Neues.
Lena presste ihre Lippen zusammen und schluckte eine Antwort hinunter. Sie konnte Maggies Tochter nicht verstehen. Wenn Lena so eine tolle Mutter wie Maggie hätte, würde sie nicht die ganze Zeit wegbleiben. Und soweit Maggie ihr das gesagt hatte, gab es keine Probleme oder Streitigkeiten zwischen ihr und ihrer Tochter. Jess war einfach nur zu beschäftigt mit ihrer Arbeit. Als Lena das Telefon an Maggie übergab, hörte es auf zu klingeln. »Oh, entschuldige.«
Bevor Maggie antworten konnte, fing das Handy wieder an zu klingeln und sie nahm ab. »Riley. Ja. Oh. Oh!« Sie erblasste und das Telefon zitterte in ihrer Hand. »Okay. Wie geht es ihr? Kann ich …? Sagen Sie ihr, ich komme so schnell wie möglich. Notaufnahme. Vielen Dank.« Sie legte auf und starrte das Handy an, als würde es ihr mehr Informationen oder Ratschläge geben.
Lena griff nach ihren Händen, die wie ein ängstlicher Vogel zitterten. »Hey, was ist passiert?«
»Jess … sie …« Maggie schaute sie mit weit aufgerissenen Augen an. Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln.
Hatte sie einen Unfall? »Was ist passiert?« Sie wiederholte die Frage in einem sanfteren Tonfall.
»Sie hat ihr Kind bekommen. Ich bin Großmutter.« Als ob sie durch das Aussprechen der Worte ihre Bedeutung erst verstand, verwandelte sich Maggies Gesichtsausdruck. Ein breites Grinsen ließ sie erstrahlen wie die ersten Sonnenstrahlen nach einem Sturm. »Ich bin eine Großmutter!«
Lena konnte gar nicht anders, als auch zu grinsen. »Herzlichen Glückwunsch.« Sie drückte die immer noch zitternden Hände, aber das war nicht genug, um ihre Gefühle auszudrücken. Bevor sie sich das genau überlegt hatte, umarmte sie Maggie.
Maggie erwiderte die Umarmung, als wären sie Freunde oder Familie und nicht Hausbesitzerin und Mieterin. Der Duft von Kräutern, warmer Erde und Sommer umhüllte sie und Lena wollte nie wieder loslassen.
Aus eben diesem Grund trat sie einen Schritt zurück, nachdem sie erneut ihre Glückwünsche gemurmelt hatte. Sie konnte sich nicht die Illusion erlauben, ein Teil einer glücklichen Familie zu sein, wenn die Realität dem Gegenteil entsprach.
»Danke.« Maggie wischte über ihre dreckverschmierte Jeans. »Ich muss mich umziehen und zum Krankenhaus fahren.« Sie blieb wie angewurzelt stehen. »Ich habe kein Geschenk. Die Decke ist noch nicht fertig. Blumen? Vielleicht sollte ich ein paar Blumen pflücken.« Sie griff nach einer Rose und stach sich an den Dornen. »Autsch.«
»Vorsicht. Warum ziehst du dich nicht um und ich kümmere mich um die Blumen?« Lena hatte immer gedacht, dass nichts Maggie aus der Ruhe bringen konnte. Sie hatte sogar Haltung bewahrt, als ihre Nachbarin direkt hier im Garten einen Herzinfarkt bekommen hatte. Maggie hatte sich um ihre Freundin gekümmert und einen Krankenwagen gerufen, als hätte sie für solch ein Ereignis trainiert.
Maggie nickte dankend und hastete dann zum Haupthaus.
Lena beschloss, die Blumen schnell zu pflücken, damit sie noch genug Zeit hatte, sich selbst umzuziehen. Auf keinen Fall würde sie Maggie in einem solchen Zustand allein zum Krankenhaus nach Seattle fahren lassen. Am Ende würde sie noch einen Unfall haben.
Überraschenderweise überließ ihr Maggie die Autoschlüssel ohne Protest.
Maggies Auto war ein süßer Prius. Hinter dem Steuer eines leisen Wagens zu sitzen, war eine angenehme Abwechslung für Lena, da störte noch nicht einmal der Feierabendverkehr. Was für ein Unterschied zu ihrem alten, sterbenden Ford.
Maggie blickte auf ihre silberne Armbanduhr. Sie drängelte nicht, rutschte aber auf dem Beifahrersitz hin und her.
»Du hast gar nicht erwähnt, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.« Lena versuchte, sie abzulenken. »Hat sich deine Tochter schon für einen Namen entschieden?«
»Ein Mädchen.« Sie seufzte. »Jess war noch unsicher, was den Namen anbelangt, soweit ich weiß.« Maggies Tonfall war betont neutral.
Oh, oh! Sie wollte Maggies Gedanken eigentlich in eine positive Richtung lenken. »Hattest du dir ein Mädchen gewünscht, als du Jess bekommen hast?«
»Als ich mit ihr schwanger war, hatte ich eigentlich auf einen Jungen gehofft. Nicht weil mir Jungs lieber wären, sondern weil ich dachte, es wäre für meinen Mann einfacher.« Sie lachte leise. »Aber die beiden haben das auch so ganz gut hinbekommen. Eigentlich mehr als nur ganz gut. Sie ist ihm immer nachgelaufen und er hat sie ermutigt. Ihr Lieblingsversteck war sein Sprechzimmer, wenn er gerade einen Patienten hatte. Ich werde wohl nie erfahren, was für altersunangemessene Dinge sie durch die Gespräche dort gelernt hat.«
»Dein Mann war auch Arzt?«
»Ja, er war Kardiologe, genau wie Jess. Er hat aber überwiegend in seiner Praxis gearbeitet, nicht im Krankenhaus. Mehr Zeit zum Golfspielen.« Sie sagte den letzten Teil in einem scherzhaften Tonfall.
Lena hatte Maggies Ehemann nie getroffen, da er gestorben war, bevor sie sich kennengelernt hatten.
»Was macht Jess’ Partner? Ist er auch Arzt?«
Maggie lachte. »Es gibt keinen Partner. Auch keine Partnerin. Jess hat beschlossen, allein ein Kind zu bekommen. Ich habe keine Ahnung, warum sie denkt, dass es bei ihrem Job und den ganzen Überstunden eine kluge Entscheidung ist, eine alleinerziehende Mutter zu sein.«
Lena war Maggies Meinung, hatte aber das Gefühl, dass es ihr nicht zustand, das zu sagen. Sie hatte ihren Vater auch nie gekannt und die kurze Zeit, in der sie mit ihrer Mutter gelebt hatte, war auch keine Werbung für eine Bilderbuchfamilie gewesen. Für einen Moment zwickte die Erinnerung an das, was sie verpasst hatte, wie eine alte Narbe. Aber die Vergangenheit ließ sich nicht ändern.
»Oh?« Mehr konnte sie nicht antworten, ohne ihre Gedanken preiszugeben.
»Es tut mir leid, das war gemein. Jess ist einfach so überzeugt davon, alles allein schaffen zu können. Sie ist zu stur und zu unabhängig und steht ihrem eigenen Glück im Weg. Ich hoffe aber für sie, dass sie recht behält.«
Je mehr Lena über Jess erfuhr, desto mehr fragte sie sich, warum sie so anders als ihre Mutter war. Wahrscheinlich war das nicht fair. Sie hatte bestimmt genügend positive Eigenschaften, die Lena nur nicht kannte.
Die elegante Stimme des Navis kündigte an, dass sie gleich den Highway verlassen sollten, und Lena konzentrierte sich auf die unbekannten Straßen, bis sie schließlich das Krankenhaus erreichten. Sie hielt vor dem Haupteingang an.
»Geh schon rein, ich parke das Auto. Ich warte dann in der Eingangshalle, bis du fertig bist.«
»Auf keinen Fall. Komm mit rein, ich stellte euch einander vor. Und wer kann schon einem neugeborenen Baby widerstehen?« Maggie sprach schnell und mit einer untypisch hohen Stimme.
Eigentlich war Lena nicht scharf darauf, Jess kennenzulernen, aber sie liebte Babys. Und hinter den Gründen, die Maggie aufgezählt hatte, verbarg sich vermutlich der Wunsch nach moralischer Unterstützung. »Du hast recht, ich kann nicht widerstehen.«
Sie hatte Glück und fand einen Parkplatz in der Nähe. Die Eingangshalle war kühl und leer. Ihre Schritte hallten auf dem Steinfußboden. Lena folgte Maggie zum Empfangstresen der Notaufnahme, wo eine gelangweilt wirkende junge Frau hinter einer Glasscheibe saß.
»Guten Tag, mein Name ist Riley. Ich bin hier, um meine Tochter zu besuchen, Dr. Jessica Riley.«
»O mein Gott! Ja!« Der übergroße Dutt der Frau wackelte, als sie nickte. »Diana … ähm, ich meine Dr. Petrell hat das Baby ganz alleine im Garten zur Welt geholt. Halb nackt! Sie hat sich ihr Oberteil vom Leib gerissen wie eine Superheldin, um das Baby einzuwickeln. Das war krass. Kommen Sie rein!« Sie drückte auf einen Knopf und die Tür öffnete sich. »Sie sind in Raum sieben.«
Garten? Das hatte Maggie nicht erwähnt und so, wie sie jetzt erblasste, hatte sie es vermutlich auch nicht gewusst. Sie stand wie angewurzelt vor dem Empfangstresen.
»Raum sieben, vielen Dank.« Lena lächelte der Frau zu.
Da Maggie sich immer noch nicht bewegte, nahm Lena ihren Arm und führte sie durch die Tür. Der Geruch von Desinfektionsmittel und Angst übermannte sie, sobald sie die Schwelle zur Notaufnahme überschritt, und erinnerte sie an den letzten Tag mit ihrer Großmutter.
Sie beugte ihren Kopf näher an die Rosen in ihrer Hand und atmete tief ein, bis sich der Knoten in ihrem Magen löste. Konzentrier dich!
Schilder mit Nummern und Pfeilen wiesen sie in die richtige Richtung. Sie erreichten Raum sieben, ohne jemanden zu treffen. Lena war sich nicht sicher, wie man sich in der Notaufnahme verhielt, aber Höflichkeit war nie falsch. Sie klopfte.
»Was ist denn jetzt schon wieder?« Eine ungehaltene Stimme kam von der anderen Seite der Tür.
Das schien Maggie aus ihrem Schock zu reißen. Sie öffnete die Tür. »Jessica Eleanor Riley. Ist das eine Art und Weise, auf ein Klopfen zu reagieren?« Ihr Tonfall war eher entnervt als verärgert.
Lena musste ein Kichern unterdrücken, als sie Maggie in den Raum folgte. Das war exakt der Tonfall, den ihre Großmutter bei ihr benutzt hätte. Das letzte Mal war es allerdings notwendig gewesen, als sie vierzehn Jahre alt gewesen war.
Eine Frau Ende dreißig lag auf einer Untersuchungsliege. Das Kopfteil war so eingestellt, dass sie fast saß, und sie hielt ein gut eingepacktes Bündel in den Armen. Ihre dunkelblaue OP-Kleidung kontrastierte mit ihrem blassen Teint. Das dunkle, kurze Haar war lockig, wo es der Schweiß an die Stirn geklebt hatte. Ihr kritischer Blick entspannte sich, als sie ihre Besucherin erkannte. »Hi, Mom.«
Und dieser peinlich berührte Tonfall war genau derselbe, in dem Lena vor fünfzehn Jahren geantwortet hätte. Endlich etwas, das sie gemeinsam hatten.
»Darf ich vorstellen? Ella. Deine Enkelin.« Ein stolzes Lächeln breitete sich auf Jess’ Gesicht aus und sie strahlte mit dem ganzen Glück einer frischgebackenen Mutter. Es verwandelte sie vollständig. Jetzt maskierte ihre natürliche Attraktivität ihre Erschöpfung und ihre Augen funkelten in demselben Kornblumenblau wie Maggies.
Lena konnte nicht anders, als auch zu lächeln.
Vorsichtig nahm Maggie ihre Tochter und Enkelin auf einmal in den Arm. Nach einem Moment lehnte sie sich zurück und streichelte Jess über ihr Gesicht. »Oh, Jessi, du siehst müde aus. Ist alles in Ordnung?«
Die Liebe in ihrer Stimme stach Lena wie die Dornen der Rosen in ihrer Hand. Ihr Brustkorb verkrampfte sich, bis sie kaum noch atmen konnte. Sie musste hier weg. Das war ein privater Augenblick und sie hatte kein Recht, ihn zu teilen. Sie trat einen Schritt zurück und stieß mit jemandem zusammen.
Kräftige Hände packten sie an den Schultern und stützten sie. »Vorsicht. Schöne Rosen.«
Lena drehte sich um.
Die Frau, mit der sie zusammengestoßen war, lächelte freundlich. Sie war groß und trug die gleiche dunkelblaue OP-Kleidung wie Jess. Ihre dunklen Haare waren zu einem kurzen Pferdeschwanz gebunden, aber einige Strähnen hatten sich gelockert und gaben ihr ein zwangloses Aussehen. »Hi, ich bin Dr. Petrell. Sie müssen zur Familie gehören.«
Familie?
Kein noch so starkes Wunschdenken würde Lena so schnell wieder Teil einer Familie werden lassen. »Nein, nein. Ich bin nur eine Freundin von Maggie, sie ist die Familie.«
Maggie folgte der Unterhaltung mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich muss jetzt gehen. Ruf mich an, wenn du etwas brauchst, ich nehme den Bus nach Hause.« Ohne Maggie anzuschauen, hielt ihr Lena die Blumen und den Autoschlüssel hin.
Sobald Maggie ihr beides abnahm, floh Lena aus dem Zimmer. Es ist nicht deine Familie.
Sie war allein und das war ihre Entscheidung gewesen. Jetzt musste sie dazu stehen.
Den ganzen Weg nach draußen ballte sie ihre Hände zu Fäusten und biss sich auf die Wangeninnenseite, um ihre Tränen zurückzuhalten.