Kapitel 27
Robin hieb mit einem hölzernen Nudelholz auf den Teigklumpen ein, der auf der Arbeitsplatte lag. Seit der Bürgerversammlung war mehr als eine Woche vergangen, acht ganze Tage, und alle redeten nur noch von Ian und seinen Eigentumswohnungen. Der einzige Vorteil war, dass ihre Umsätze sich deutlich gesteigert hatten. Mit ihrem Gutscheinplan und dem Aufschrei einer leidenschaftlichen Minderheit liefen die Geschäfte bestens. Die Gegner von Bürgermeister Ford schienen zu glauben, dass sie sich am wirkungsvollsten zur Wehr setzten, indem sie Kaffee kauften.
Manche kamen in ihr Café, um ihr ihr Beileid auszusprechen, so als hätte sie schon verloren. Andere machten ihr Mut weiterzukämpfen. Ein paar waren so sauer, dass sie vor Sybils Antiquitätenladen demonstrierten, bis Kyle sie darum bat zu gehen. Trotz ihrer guten Absichten hielten die Leute mit ihren Bannern andere Menschen davon ab, One Life aufzusuchen, und da Sybil sowieso keine Kunden hatte, war die ganze Aktion eher kontraproduktiv.
Doch ein großer Teil der Bevölkerung schien positiv gestimmt zu sein. Wohin Robin auch ging – im Supermarkt, in Val’s Diner, in der Drogerie, bei der Post und sogar beim Friseur, wo sie Caleb die Haare schneiden ließ –, überall wurde spekuliert und es bestand eine Atmosphäre der Vorfreude. Mehr Menschen, als sie gehofft hatte, sprachen von der Sanierung im Süden der Stadt, als wäre sie bereits beschlossene Sache. Als hätte sie bereits eingewilligt, ihr Café zu verkaufen. Aber das hatte sie nicht und vielleicht konnte sie diese wichtige Information rüberbringen, wenn sie Ian fand. Doch er hatte die Stadt verlassen und war noch nicht wieder zurückgekehrt. Was war das für ein Mensch, der eine Handgranate warf und sich dann davonmachte, ohne zu sehen, wie sie explodierte?
»Hat der Teig dir was getan?«
Robin drehte sich um, das Nudelholz in der Hand. Joe sah zur Tür herein.
»Ich lasse nur Dampf ab«, murmelte sie.
»Kannst du vielleicht eine kleine Pause einlegen? Amanda ist hier und fragt nach dir.«
Amanda, die Verräterin. Abgesehen von einer unverschämt kurzen Textnachricht – (in Chicago bei Kelly, bis Freitag) – wusste Robin gar nichts von Amandas Aktivitäten, auch nichts von ihrer Verabredung zum Bankett. »Warum ist sie denn nicht einfach reingekommen?«
Joe zuckte mit den Schultern und verschwand.
Robin wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und folgte Joe. Amanda stand an der Kasse und klopfte mit einem dicken Umschlag auf den Tresen. »Die Lohnabrechnung für meine Lieblingsklientin.«
Fragen, die sich eine ganze Woche lang angesammelt hatten, kamen Robin in den Sinn. Wie war es auf dem Bankett gewesen? Hatte Ian sie nach Chicago begleitet? Waren sie zusammen nach Peaks zurückgekehrt? Aber Robin schluckte all diese Fragen herunter. Amanda würde sie nur falsch verstehen und eine große Sache daraus machen. »Ich wusste nicht, ob du rechtzeitig zurück sein würdest.«
»Ich hatte diese Woche keine Meetings. Und da ich schon auf halbem Weg nach Chicago war, habe ich die Gelegenheit genutzt, Kelly zu besuchen. Es war klasse. Wir waren die ganze Zeit in Klamottenläden auf Schnäppchenjagd und ich habe eine geniale Jeans für nur fünfzehn Dollar ergattert.«
Ein warmer Luftzug wehte durchs Café, als Judy, die Bibliothekarin der Stadt, zur Tür hereinkam. »Joe«, sagte Robin, »könntest du Judy bitte einen Milchkaffee mit Sojamilch machen, nicht aufgeschäumt? Koffeinfrei und kein Zimt.«
Joe legte eine Gebäckzange hin und ging zur Espressomaschine. Judy kam an den Tresen. »Da bin ich ein paar Wochen in Alaska, und wenn ich wieder zurück bin, sind alle ganz aufgeregt. Ich habe von der Versammlung und den Eigentumswohnungen gehört. So was Interessantes ist hier nicht passiert, seit der letzte Bürgermeister beschlossen hat, eine neue Stadtbücherei zu bauen.«
Interessant? Eher ein riesiges Problem.
»Und dann dieser Mann, der dein Café kaufen will. Ich weiß nicht, wie du mit ihm reden kannst, ohne verlegen zu werden.«
Amanda beugte sich über den Tresen, stützte das Kinn auf eine Hand und nickte energisch. »Das sehe ich ganz genauso, Judy. Wie schaffst du es, mit ihm zu reden, ohne ganz verlegen zu werden, Robin?«
Die restliche Wut, die sie wegen Amandas Verrat noch immer verspürte, kochte in ihr hoch. Amanda hielt wie immer alles für einen Witz. Manchmal machte es Robin so wahnsinnig, dass sie ihrer Schwägerin am liebsten einen Tritt in den Hintern versetzt hätte. Dies war jetzt so ein Moment. Judy zog einen Zwanzigdollarschein aus ihrem Portemonnaie und schob ihn über den Tresen. Joe reichte ihr den Becher mit Deckel, während Robin ihr das Wechselgeld zurückgab.
Als Judy gegangen war, ging Robin in die Küche zurück, um ihren Teig weiter zu verprügeln. Leider warf Amanda den Umschlag vor die Kasse und folgte ihr, die Mundwinkel zu einem Lächeln hochgezogen. »Du darfst ruhig fragen.«
»Ich hoffe nur, du hast ihm nichts über Willow Tree erzählt.«
»Was? Du meinst Insidergeheimnisse? Komm schon, Robin, sei nicht albern.«
»Dass du überhaupt mit ihm zusammen verreist bist, ist mehr als albern.«
»Ich habe dich gefragt und du hast gesagt, es sei dir egal.«
Die Türklingel summte und signalisierte den nächsten Kunden. »Natürlich war es mir nicht egal.«
»Aha! Du fühlst dich also doch zu ihm hingezogen.«
Anziehungskraft hatte nichts damit zu tun. Robin nahm das Nudelholz und ließ es auf den Teig niederfahren. »Es ist mir nicht egal, weil du auf meiner Seite stehen solltest. Ich verstehe wirklich nicht, warum du mit einem Mann ausgehen willst, der alles, was wir mit Willow Tree erreicht haben, vernichten will.«
Robin versetzte dem Teig noch einen Hieb. Sie würde backen, bis sie von dem Mehl ganz raue Hände hatte. Bis ihre Theke vor Blaubeercappuccinokuchen überfloss. Oder Käsekuchenschnitten. Vielleicht sogar vor Erdnussbuttermuffins mit Schokoglasur. Und wenn sie fertig war, würde sie Klavier spielen, bis die Musik sie an einen Ort der Ruhe spülte, an einen Ort des Friedens, an dem Ian McKay nicht existierte.
»Erstens«, sagte Amanda, »bin ich immer auf deiner Seite. Zweitens hättest du sagen sollen, dass es dir etwas ausmacht, als ich dich gefragt habe. Drittens bin ich gerne mit Ian zusammen. Es tut mir leid, wenn dich das aufregt.« Sie setzte sich auf die Trittleiter und betrachtete ihre Fingernägel. »Und viertens ist Ian gar nicht der Feind, als den du ihn immer darstellst. Er ist sogar ein ziemlich netter Kerl, wenn man ihn besser kennenlernt.«
»Ich kenne ihn gut genug, vielen Dank. Wie er mit seinen Lachfältchen und den Händen in den Hosentaschen dasteht.« Robin drosch noch zweimal auf den Teig ein und legte dann das Nudelholz beiseite.
»Ach, komm. Er ist doch nicht mit dem Gedanken hier aufgetaucht: Wessen Leben kann ich denn heute mal zerstören?, und hat dann deinen Namen aus dem Telefonbuch gezogen und angefangen, Pläne zu schmieden. Seine Pläne für Eigentumswohnungen wären tatsächlich gut für die Stadt.«
Robin wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Ich bin mir nicht sicher, ob Ians Wohnungen auch nur halb so viel bewirken würden, wie er behauptet. Ich glaube, er führt alle an der Nase herum.« Unter anderem auch die Frau, die auf Robins Trittleiter saß.
Amanda blickte mit gelangweilter Miene von ihren Fingernägeln auf, als hätte sie kein Interesse mehr an dieser Unterhaltung. »Was läuft eigentlich heute Abend im Kino?«
»Ich … keine Ahnung.« Abgesehen von ein paar Kinobesuchen mit Caleb war es schon fünf Jahre her, seit sie sich einen Film angeschaut hatte. Damals hatte sie Micah gegen seinen Willen in den Film Verwünscht mitgeschleift. Er hatte gestöhnt und gejammert und so getan, als hätte der Film ihm nicht gefallen, aber Robin wusste es besser. Sie hatte ihn bei einem breiten Lächeln ertappt, als Giselle und Robert sich auf der Tanzfläche drehten. »Warum?«
Amanda knibbelte an ihrem himbeerfarbenen Nagellack. »Ich gehe heute Abend mit Ian aus. Wir gehen zu Val und wahrscheinlich anschließend ins Kino.«
Robin bohrte die Fingerspitze in eine Ecke des Teiges. Ihr ahnungslose Männer wie Kyle auf einem Silbertablett zu servieren, war eine Sache, aber mit Ian auszugehen? Das war mehr als ein Grund zum Ärgern. Es war schmerzlich und demütigend. »Er versucht gerade, mein Café zu kaufen.«
»Ich weiß.« Amanda erhob sich von ihrer Trittstufe. »Hör auf, das so persönlich zu nehmen.« Dann ging sie aus der Küche und Robin blieb allein zurück, das Nudelholz in der Hand, während die Tür zum Gastraum vor und zurück schwang.
Als die Tür schließlich reglos in ihren Angeln hing, malträtierte Robin den Teigklumpen mit kurzen, heftigen Schlägen, bis er als dünnes unförmiges Rund vor ihr auf der Arbeitsplatte lag. Sie nahm die Dose mit den Plätzchenausstechern, stach die Kekse aus und legte sie auf ein Backblech, das sie anschließend in den Ofen schob. Dann nahm sie einen Laib Sauerteigbrot vom Kühlgitter. Mit wütenden Bewegungen schnitt sie ihn in dicke Scheiben. Nimm es nicht so persönlich? Wie sollte sie es nicht persönlich nehmen? Ausgerechnet …
Ein stechender Schmerz fuhr ihr in den Zeigefinger.
Sie zog die Hand zurück und sog zischend die Luft ein. Das Messer fiel klirrend zu Boden und Blut quoll aus der Wunde. Sie hatte sich mit der Klinge tief in den Finger geschnitten. Wirklich tief. Schnell griff sie zu einem Handtuch, das in der Nähe lag, wickelte es sich um die Hand und drückte es fest an ihre Brust. Sie hasste Blut. Von Schnittwunden wurde ihr flau im Magen. Und wenn sie an die auseinanderklaffenden Hautlappen dachte … Sie fröstelte und zwang sich zu atmen und die tanzenden Flecken wegzublinzeln, die ihr die Sicht trübten.
Sie brauchte Joe.
Also stieß sie die Tür auf und hätte ihn beinahe umgerannt.
Er hielt sie an den Schultern fest. »Hey, Robin, das ist aber eine Menge Blut.«
Sie sah auf das Handtuch. Fehler. Großer Fehler. Plötzlich gab der Fußboden unter ihr nach.
»Das muss genäht werden. Ich fahre sie zum Arzt.« Diese Stimme … sie gehörte nicht Joe. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, das Schwindelgefühl loszuwerden. Als sie die Augen wieder öffnete, stand Ian McKay vor ihr.
* * *
Robins bleiche Haut war schweißnass. »Joe kann mich doch fahren.«
»Sei nicht albern.« Ian kam näher, geschockt von dem vielen Blut. »Wenn Joe dich fährt, musst du das Café vor der Mittagszeit zumachen. Willst du das wirklich?«
Ohne ihr eine Gelegenheit zum Protestieren zu geben, legte er den Arm auf ihren Rücken und schob sie aus dem Café und in sein Auto. Irgendwie war das ganze Handtuch, das Robin um ihre Hand gewickelt hatte, jetzt nicht mehr weiß, sondern rot.
»Das ist absurd. Du kannst mich doch nicht einfach entführen.«
»Schnall dich an.« Als sie nicht reagierte, griff er über sie hinweg und ließ den Sicherheitsgurt einrasten, während er versuchte, die Nähe zu ihr und den angenehmen Geruch nach braunem Zucker, der von ihr ausging, zu ignorieren.
»Ich bin doch kein kleines Kind«, sagte sie.
»Dann benimm dich auch nicht so.« Er setzte den Wagen rückwärts vom Parkplatz und warf einen Blick auf das blutgetränkte Handtuch. Wie sehr konnte ein Finger bluten? »Hast du große Schmerzen?«
Sie kniff die Augen zusammen, und ihr Atem ging ungleichmäßig und schnell. Ihr Gesicht war kreidebleich. Es sah aus, als würde sie jeden Augenblick ohnmächtig werden. »Ich hasse Blut.«
Ihm ging es genauso, vor allem, weil das Blut ihres war. Ian krallte die Finger um das Lenkrad und trat das Gaspedal ganz durch.
* * *
Dr. Dotts machte den letzten Stich an Robins Finger. Das Ziehende, das sie dabei spürte, ließ erneut Übelkeit in ihr aufsteigen, deshalb presste sie sich die gesunde Hand auf den Unterleib und hielt die Augen geschlossen. Warum musste von allen Menschen auf diesem Planeten ausgerechnet Ian hereingerauscht kommen und sie retten? Und warum hatte er sich wie ein Wahnsinniger benommen? Er war völlig durchgedreht. Und das alles nur wegen einer dämlichen Schnittwunde.
Dr. Dotts wickelte Mull um die Verletzung und tätschelte dann Robins Knie. »Jetzt ist es wieder besser.«
Robin hob die Hand und starrte den dicken Verband an. »Wie soll ich denn damit irgendwas machen?«
»Es wird nicht einfach sein.« Der Arzt notierte etwas auf seinem Klemmbrett. »Sie hätten sich beinahe die Fingerspitze abgetrennt. Da müssen Sie aber sehr kräftig zugeschnitten haben.«
Robin wurde wieder ganz schlecht. Und im gleichen Moment wurde ihr etwas bewusst: Wie sollte sie damit Klavier spielen? Sie legte die verbundene Hand auf den Schoß. »Wann werden die Fäden gezogen?«
»Ich möchte, dass Sie in zehn Tagen wiederkommen. Dann sehen wir uns die Verletzung an, wie gut sie heilt. Bis dahin müssen Sie mit dem Finger vorsichtig sein, und das bedeutet nicht Klavier spielen. Ich weiß, wie gerne Sie das tun, aber Sie müssen warten, bis die Wunde verheilt ist.« Dr. Dotts gab ihr einen Beutel mit Mull und eine kleine Tube. »Säubern Sie die Wunde jeden Abend, aber ganz vorsichtig. Anschließend tun Sie eine großzügige Menge Salbe darauf und verbinden den Finger wieder, wenigstens in den ersten zwei Tagen. Danach können Sie etwas Luft an die Wunde lassen. Tylenol dürfte gegen den pochenden Schmerz helfen, wenn die örtliche Betäubung nachlässt.«
Robin versuchte seinen Anweisungen zu lauschen, aber zehn Tage? Ohne Klavier?
Der Arzt sagte etwas, aber Robin hörte es nicht. Sie wollte nach Hause, weg von dieser Katastrophe. Als Dr. Dotts fertig war, hielt Ian ihr die Tür auf. Sie runzelte die Stirn und ging an ihm vorbei. Joe hätte sie fahren sollen. Was machte es schon, wenn sie das Café schließen musste? Wenigstens hätte sie dann nicht mit Ian zusammen sein müssen.
Als sie bei seinem Wagen angekommen waren, öffnete er ihr auch noch die Wagentür und grinste süffisant. »Muss ich dich wieder anschnallen?«
Sie nahm den Gurt und ließ ihn einrasten. Dann legte sie die Hände auf den Schoß, während Ian auf der Fahrerseite einstieg. Aus dem Augenwinkel musterte Robin sein Profil. Dichte Wimpern. Gerade Nase. Kantiges Kinn. Gebräunte Haut und Fältchen um die Augen, die ihn noch attraktiver machten. Zu ärgerlich. Er legte die Hände ums Lenkrad und bog auf die Straße ab. Seine Finger erinnerten sie an seine Kochkünste und den tiefen, samtigen Klang seines Lachens an dem Abend in ihrer Küche. Ihr Herz hämmerte so sehr, dass es in ihren Ohren rauschte.
Herr, was ist nur mit mir los?
Ians Lippen verzogen sich zu einem entspannten Grinsen, so als wüsste er, dass sie ihn anstarrte. Sie wandte sich zum Fenster um und tastete nach ihrem Ringfinger. Nur dass sie nicht auf glattes Platin stieß, sondern auf warme Haut. Sie blickte auf ihre Hand hinunter. Wo war ihr Ring? Sie hatte ihn an diesem Morgen angesteckt. Das wusste sie, also wo war er? Sie kehrte ihre Taschen nach außen und fand nur ein paar Fusseln.
»Was ist?«
»Mein Ring ist weg.« Sie beugte sich vor und suchte den Fußraum ab, während sie sich den Verlauf des Tages in Erinnerung rief. Hatte sie den Ring abgelegt, bevor sie mit dem Backen angefangen hatte?
»Entspann dich.«
»Sag mir nicht, dass ich mich entspannen soll!« Panik rührte sich in ihrer Magengegend. Sie wusste, dass sie überreagierte, aber irgendwie konnte sie sich nicht beherrschen. Nicht Klavier spielen zu können, war schon schlimm genug – musste sie jetzt auch noch ihren Ring verlieren? Alles schien ihr zu viel, zu wichtig. Sie musste aussteigen, nur weg von diesem Mann, der Gefühle in ihr auslöste, die sie nicht haben wollte.
Ian hielt am Straßenrand. »Ich habe deinen Ring, Robin.«
Sie hielt in ihrer hektischen Suche inne.
»Dr. Dotts hat ihn abgenommen, bevor er deine Hand untersucht hat. Erinnerst du dich denn nicht daran?«
Nein, sie erinnerte sich überhaupt nicht.
Er griff in seine Tasche und zog den Ring heraus. Er hatte ein paar Blutspritzer abbekommen und funkelte auf der Spitze seines kleinen Fingers. Das Herz hämmerte in ihrer Brust. Ian streckte den Arm aus, nahm ihre verbundene Hand und legte den Ring hinein. »So. Jetzt ist alles wieder in Ordnung.«
Sie entzog sich seiner Berührung und lehnte sich an die Beifahrertür.
»Du solltest ihn reinigen lassen.«
»Das werde ich.« Sie fingerte an ihrem Verband herum, und die Angst, die sie gerade noch empfunden hatte, wich der Verlegenheit. »Tut mir leid, dass ich gerade so panisch reagiert habe. Es ist nur …«
»Dein Mann hat ihn dir gekauft. Glaub mir, das verstehe ich. Du brauchst es nicht zu erklären.«
Aber er verstand es eben nicht, jedenfalls nicht ganz. Robin wollte es richtigstellen, ihm erklären – dass der Ring ihrer Mom gehört hatte, lange bevor Micah ihn Robin an den Finger gesteckt hatte. Es war einer der Gründe, warum sie ihn nur selten ablegte. Aber die Worte kamen ihr einfach nicht über die Lippen und so saßen sie schweigend in Ians Auto zwischen dem Park, in dem Micah ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, und dem Café, das Ian kaufen wollte. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie die Tür aufreißen und gehen oder bleiben und mit diesem Mann reden sollte, der so niedergeschlagen aussah. »Ian?«
»Ja?«
»Warum warst du heute Morgen in meinem Café?«
»Ehrlich?« Er blickte aus dem Fenster, vorbei an den Straßenlaternen und den Bahnschienen und dem Mississippi River, als läge das, was er suchte, hinterm Horizont. »Ich bin mir nicht sicher.«