„Ich will da nicht hin. Sag ihnen, ich nehme einen Erholungstag für Schwangere.“ Ich saß im Schaukelstuhl auf der Veranda hinterm Haus und hatte nicht vor, wieder aufzustehen. Ganz sicher wollte ich meinen Hintern nicht aus dem Stuhl quälen, um an einer Mitarbeiterversammlung teilzunehmen.
June hatte meine Aufgaben übernommen, als meine Schwangerschaft zu weit fortgeschritten war. Es freute mich zu sehen, dass jemand, dem mein Großvater so vollständig vertraut hatte, die Zügel in die Hand nahm, aber diese Neuerungen wie regelmäßige Mitarbeiterversammlungen, waren nichts für mich. Es war nicht meine Absicht, den Nörgler zu spielen, aber ich war kaputt.
Einen Menschen in sich heranwachsen zu lassen, war anstrengend.
„Nein. Du musst da hin.“ Er hielt mir eine Hand hin. „Lass mich dir aufhelfen. Wir kommen sonst zu spät und sie wäre enttäuscht.“
„June hat Kinder. Sie wird es verstehen.“ Warum drängelte er so? Normalerweise unterstützte er mich, mal auf der faulen Haut zu liegen, aber heute hörte er nicht auf zu drängeln.
„Na schön.“ Er drückte sich die Handflächen auf die Augen. „Ich werde dir etwas sagen, aber du musst schwören, dass du so tun wirst, als hättest du keine Ahnung.“
Ich seufzte. „Wovon redest du?“
„Auf der Arbeit richten sie eine Baby-Party für dich aus. Die Mitarbeiterversammlung ist nur ein Vorwand. Wenn ich da nicht mit dir auftauche, dann fließen Tränen – wahrscheinlich meine, wenn June mich in die Finger kriegt. Kannst du dich aufraffen? Wenn nicht, dann rufe ich an, dass du dich nicht gut fühlst. Aber wenn du es schaffen könntest, würde ihnen das viel bedeuten.“
Eine Baby-Party.
Das war fast noch schlimmer als eine Mitarbeiterversammlung, denn ich musste mich freundlich benehmen. Und in letzter Zeit war ich ständig grummelig. Ich war einfach so bereit, das Baby endlich aus mir heraus und in meine Arme zu bekommen.
„Wahrscheinlich wird es mir guttun.“ Ich nahm seine Hand und ließ meinen breiten Hintern von ihm aus dem Stuhl hochziehen. „Ich muss mir vorher noch die Zähne putzen und wenigstens so tun, als hätte ich mir die Haare gekämmt, dann bin ich abfahrbereit.“
Zu meinem Erstaunen gab mir das Zähneputzen und das Gesichtwaschen ein wenig von meiner Energie zurück. Das war gut, denn sobald wir am Restaurant ankamen, schrien alle „Überraschung“ und dann war es an der Zeit für Spiele.
Das erste Spiel hieß Flasche-zu-Flasche. Man musste möglichst schnell Streusel von Baby-Flasche A nach Baby-Flasche B umfüllen. Es sah leichter aus, als es war, und die seltsamen Schütteltechniken der anderen führten zu mehr Gelächter und weniger Umfüllen der Streusel.
„Und der Gewinner ist …“ June simulierte den Trommelwirbel auf dem Tisch und alle fielen mit ein. „Joseph!“
Alle klatschten und pfiffen.
„Und dein Preis ist …“ Sie reichte ihm eine Geschenktüte mit aufgedruckten Baby-Elefanten.
Joseph griff hinein und holte eine Baby-Flasche mit Streuseln heraus. Blauen und pinken Streuseln natürlich.
Alle Spiele waren gleichermaßen albern und unterhaltsam.
„Danke, dass du mich mitgeschleppt hast.“ Ich lehnte mich an meinen Alpha, während Regan den Kuchen anschnitt.
Der Kuchen hatte die Form eines Babys, was ziemlich gruselig war. Aber es handelte sich um Schokoladenkuchen mit einer Schoko-Haselnuss-Buttercreme-Füllung, daher hatte ich überhaupt kein Problem damit, ein Stück des süßen Babys zu vernaschen.
„Ich freue mich, dass du Spaß hast.“ Er legte mir einen Arm um die Schultern. „Sag mir einfach Bescheid, wenn du müde wirst und früher nach Hause möchtest. Keiner macht dir einen Vorwurf.“
„Alles gut. Es ist schön, hier bei meiner Familie zu sein.“ Denn das waren sie alle für mich geworden.
Großvater hatte seine Angestellten immer als Familie bezeichnet. Ich hatte immer angenommen, dass er das einfach so bei jedem sagte. Wie sehr hatte ich mich geirrt. Dies war eine Familie, eine starke Familie, die sich sehr liebte und gemeinsam daran arbeitete, den Gästen mehr zu bieten als nur eine Mahlzeit.
Ich watschelte hinüber zum Tisch, um mir noch etwas Kuchen zu holen. Gehen gehörte der Vergangenheit an, ebenso wie der Anblick meines Schwanzes, aber ich versuchte, möglichst nicht daran zu denken. Ich wusste, er war da, und Joseph achtete darauf, mich regelmäßig daran zu erinnern, dass er noch funktionierte.
Es war in letzter Zeit schwierig für ihn, seine Finger bei sich zu behalten. Es mochte harte Arbeit sein, mich aus dem Stuhl zu kriegen, aber sein Verlangen nach mir zu fühlen, war es nicht.
Er gab mir das Gefühl, sexy, geliebt und geschätzt zu sein.
Ich nahm zwei Stück Kuchen und suchte mir einen Platz am Tisch.
Joseph kam zu mir und setzte sich neben mich. „Ist das für mich?“
„Versuchst du gerade, dich zwischen einen schwangeren Mann und seinen Schokokuchen zu drängen?“
„Nein, ganz und gar nicht.“ Er stand auf und holte sich selbst ein Stück.
Kluger Alpha.
„Es ist fast schon Zeit für die Geschenke“, verkündete June, als ich gerade mein zweites Stück Kuchen verdrückt hatte und überlegte, ob ich noch eins essen sollte.
„Geschenke?“, flüsterte ich zu Joseph. „Ist denn diese Party nicht das Geschenk?“
„Ich glaube nicht, dass das so läuft.“ Er gluckste. „Und streng genommen sind die Geschenke wohl eher für unseren Nachwuchs und nicht für dich.“
June kam und schob mich in einen kleinen Nebenraum, in dem wir kleinere, private Feiern ausrichteten. Zwei Tische waren zusammengestellt worden und darauf stapelten sich Geschenke. Am anderen Ende des Raums stand ein Liegesessel mit einer Schleife drum.
„Der Sessel ist ein Geschenk für uns“, sagte Regan. „Der kommt in dein Büro, sodass du uns besuchen kannst mit dem Baby und einen bequemen Sitzplatz hast.“ Er holte sein Handy heraus und tippte auf das Display, dann hielt er es mir hin.
Auf dem Display erkannte ich mein Büro, aber es sah ganz anders aus. Großvaters großer, klobiger Schreibtisch war ersetzt durch einen kleineren, um Platz zu schaffen für den Sessel und ein tragbares Laufgitter.
„Das soll dich nicht unter Druck setzen, bald wiederzukommen, aber er ist da, wenn du vorbeikommst und im Büro arbeiten oder einfach nur mit uns abhängen willst.“ June drückte meine Schulter. „Und mach dir keine Sorgen, Marcos Tisch ist noch hier. Wir haben ihn vorübergehend in den Lagerraum geschoben.“
„Ich glaube, ich muss gleich heulen, wenn ihr nichts dagegen habt.“ Es war einfach zu viel, auf wundervolle Weise einfach zu viel.
„Es ist deine Party.“ Joseph küsste mich auf die Wange. „Ich schätze, du kannst heulen, wenn du willst.“
Alle Anwesenden stöhnten hörbar und das mit Recht.