Ich erinnere mich nicht mehr so genau, wann es uns wirklich klar wurde. Erst lachten wir noch darüber. Entschuldige mal, was ist das denn für eine bekloppte Nachricht? Das ist doch ein dummer Scherz, komm schon! Wir wollten es alle nicht glauben. Konnten es nicht glauben.

Ich schätze, erst als Vincent kam, nahmen wir es ernst.

Ich stand am Fenster und sah ihn als Erste. Seine Jacke war offen und sein Hoodie dunkelrot vor Blut. Er stolperte an der Sitzkuhle vorbei, durch den Sand auf die Haustür zu. Mit den Fäusten hämmerte er gegen das Holz. Und dann brach er zusammen und blieb wie ein angeschossenes Tier liegen.

Es hätte mich nicht gewundert, wenn er tot gewesen wäre.

„Wir müssen ihm helfen!“, rief Lizzy.

Daniel fuhr sie an, wir sollten keine übereilten Entscheidungen treffen. Schließlich hätten wir ja keine Ahnung, wer der Kerl war und woher er kam.

Doch Lizzy hörte nicht auf ihn und rannte zur Haustür.

„Bist du verrückt geworden?“, rief Daniel noch, doch sie hatte den Jungen schon unter den Achseln gepackt.

Wir trugen ihn ins Haus und legten ihn vorsichtig aufs Sofa. Ich weiß noch, dass ich dachte: Sollten wir nicht lieber erst einen Müllsack auf die Couch legen? Aber ansonsten schien sich niemand wegen eventueller Blutflecke auf den Polstern Gedanken zu machen.

„Alle Abstand halten!“, rief Daniel.

Wir taten, was er sagte.

Nach einigen Minuten ächzte der Junge auf dem Sofa und murmelte etwas Unverständliches.

„Kannst du das noch mal wiederholen?“, fragte Daniel.

„Etwas ...“, flüsterte er. „Draußen ...“

Und dann wurde es still.

Man könnte sagen, dass unsere Geschichte genau in diesem Moment begann. Oder endete.