Stunden: 81

Vincent ist weg. Wir haben ihn zur Haustür begleitet und ihm in der Diele viel Erfolg gewünscht.

»Ich schätze, dass ich eine halbe Stunde, maximal eine Stunde bis ins Dorf brauche«, sagte er. »Vielleicht werdet ihr schon heute Abend hier rausgeholt.«

Ich sah an Vincents Augen, dass er wusste, dass diese Wahrscheinlichkeit eher sehr klein war.

Maxime gab ihm einen Frühstücksbeutel mit dem letzten Cracker. »Für unterwegs«, erklärte sie mit belegter Stimme. »Wir haben beschlossen, dass du ihn haben darfst.«

Vincent musste sogar kurz lächeln. »Ich weiß, wie groß dieses Opfer ist, danke.«

Schweigend starrten wir uns an. Maxime biss sich auf die Lippe, Lizzy starrte vor sich hin, und Sami nahm Vincents Hand.

»Unser Held«, sagte er. »Sei bitte vorsichtig.«

»Viel Glück«, sagte Daniel nur.

»Würdet ihr ... würdet ihr zu meinen Eltern gehen, wenn mir was passiert?«, fragte Vincent. »Und ihnen mein Videotape geben? Ich habe etwas für sie draufgesprochen.«

»Ja, klar«, versprach Maxime. Sie weinte jetzt wirklich.

»Danke ... und Daniel?«

»Ja?«

»Passt du gut auf alle auf?«, fragte Vincent. »Sorgst du dafür, dass ihnen nichts passiert?«

»Sicher.« Daniel klopfte ihm auf die Schulter. »Es wird Zeit, Vincent. Wir ... wir sehen uns bald wieder.«

Vincent nickte und ging zur Haustür. »Merkt euch bitte, was ich gesagt habe. Wenn ich morgen Nachmittag noch nicht wieder da bin, dann ... dann ist mir was passiert.«

Die Haustür ging auf, und wir traten einen Schritt zurück. Für einen kurzen Moment befürchtete ich, wir würden niedergeschossen oder irgendein Psychopath würde ins Haus stürmen. Aber es passierte überhaupt nichts. Der Wald wirkte unheimlich friedlich im Nebel.

»Ciao, Amigos«, sagte Vincent und zog die Haustür leise hinter sich ins Schloss.

Wir haben bestimmt eine halbe Stunde lang angespannt in der Diele gestanden und auf einen Schuss oder einen Schrei von Vincent gehorcht. Aber es blieb totenstill draußen. Wir hörten nur den Wind, der wieder aufgefrischt war und in Böen um die Hütte fegte.