Die Fahrt nach Caspar dauerte knapp eineinhalb Stunden. Während Nakos einige Stunden damit verbrachte, sich das Pferd anzusehen und mit den Züchtern zu reden, wanderte Amy herum und schoss Bilder. Als Nakos schließlich bereit zum Aufbruch war, hatte sie ihrer Sammlung ein paar tolle Motive hinzugefügt.
«Es gibt hier ein Restaurant in der Nähe.» Er wandte kurz den Blick von der Straße ab, um sie anzusehen. «Wir könnten uns ein frühes Abendessen gönnen. Der Laden ist nett, auch wenn ich mir für unser erstes Date etwas Hübscheres gewünscht hätte.»
Date? Er fing schon wieder damit an. Zuerst Frühstück im Bett, gefolgt von dem Kompliment und Blumen. Jetzt Abendessen im Restaurant. Amy kam einfach nicht damit klar – weder mit dieser dominanten Seite von ihm noch mit der Aufmerksamkeit, die er ihr schenkte. Als sie nur befreundet gewesen waren, war es einigermaßen erträglich gewesen. Denn da hatte sie einen gelegentlichen Ausrutscher darauf schieben können, dass er sich nur gut mit ihr stellen wollte. Aber das hier … tja, das war etwas ganz anderes.
Unsicher, wie sie antworten sollte, sah sie aus dem Beifahrerfenster auf die vorbeirauschenden Bäume und Hügel. Das hier, Dating, führte zu Sex. Sie war vor Chris auch mit anderen Männern zusammen gewesen, aber man konnte nicht wirklich sagen, dass sie Erfahrung hatte. Intimität war etwas, das sie lieber vermied. Und weil der Sex selbst nie angenehm gewesen war, war sie auch
nicht besonders gut im Bett. Meistens hatte sie einfach dagelegen und getan, was die Männer von ihr verlangt hatten.
Aber Nakos … er raubte ihr jede Kraft. Sein Kuss allein frittierte ihr schon alle Hirnzellen. Und das passierte ihr zum ersten Mal. Sie hatte versucht, den nötigen Mut – und genug funktionierende Hirnzellen – aufzubringen, um nein zu sagen und sich selbst daran zu erinnern, warum es eine episch schlechte Idee war, mit ihm zusammenzukommen – aber in seiner Nähe ging ihre Vernunft flöten. Noch schlimmer war seine Entschlossenheit. Er hatte offenbar die Entscheidung getroffen, dass sie es mit einer Beziehung probieren sollten, und würde seine Meinung vermutlich nicht mehr ändern. Wenn er wollte, konnte Nakos unglaublich stur und eigensinnig sein.
Irgendwann am frühen Nachmittag war Amy zu dem Entschluss gekommen, dass sie einfach bei allem mitspielen würde, was er vorhatte; dass sie dieser Anziehung einfach ihren Lauf lassen würde. Sich dagegen zu wehren würde Nakos nur ermuntern und ihr Kopfweh bereiten. Wenn sie je zu dem Punkt kamen, wo die Kleider auf dem Boden landeten und sie Sex hatten, würde er schnell feststellen, dass sie ihn nicht befriedigen konnte. Nakos’ Neugier und Verlangen würden einen schnellen Tod sterben.
Nur dass er jetzt auch noch Prince Charming spielte. Wieso konnte er sie nicht einfach ausziehen, sein Ding durchziehen und am nächsten Morgen eilig verschwinden, wie jeder andere Kerl es bisher getan hatte? Das hätte die Sache beschleunigt, sodass sie weniger Gefahr liefe, sich noch mehr an ihn zu verlieren.
Verdammt, sie machte sich solche Sorgen, dass ihre Freundschaft leiden würde. Sie hatte doch nur Kyle, Olivia und Nakos in ihrem Leben. Okay, Kyle war ihr Bruder, aber wenn die Sache mit Nakos
schieflief, würde sie ihn und Olivia verlieren. Nakos war zwar nicht der Typ für schmutzige Trennungen, aber ihre Situation war ja nicht einfach. Allein die unangenehmen Spannungen würden ihn stören. Olivia und Nakos arbeiteten zusammen und standen sich auch sonst sehr nahe. Zwischen Nakos und Nate hatte sich ebenfalls eine Freundschaft entwickelt. Wenn es hart auf hart kam und sie sich entscheiden musste, würde Olivia schon aus praktischen Gründen gezwungen sein, Nakos zu wählen. Und was hätte Amy dann noch?
Gar nichts. Keine Familie bis auf Kyle. Keine Freunde. Zur Hölle, nicht mal ein Dach über dem Kopf.
«Ist das okay für dich?» Seine heisere, tiefe Stimme füllte die Fahrerkabine. «Ich würde wirklich gern mal irgendwo außerhalb von Meadowlark mit dir essen gehen.»
Es war auf jeden Fall besser für seinen Ruf, wenn er in der Stadt nicht mit ihr gesehen wurde. In einer Gruppe zusammen abhängen war etwas vollkommen anderes als ein richtiges Abendessen. Die Leute würden sich das Maul zerreißen.
«Sicher.» Amy drückte ihre Schläfe gegen das Fenster. Ihr war schlecht. Sie wollte Nakos vor allem nicht verletzen. Er war seit fast zwei Jahrzehnten ein Teil von ihr. Es gab nichts, was sie nicht für ihn getan hätte. Wenn er das unvermeidliche Ende ihrer Beziehung nur ertrug, indem sie danach aus seinem Leben verschwand, dann würde sie auch das tun. Selbst wenn das in ihrer momentanen Situation bedeutete, dass sie erst mal auf der Straße landete. «Wir hatten kein Mittagessen. Ich wette, du bist hungrig.»
«Du hast auch nur ein bisschen Obst zum Frühstück gegessen.»
Ja, na ja … sie war sich nicht sicher, wie viel sie im Magen behalten konnte – egal, was sie auch bestellte.
Zehn Minuten später fuhr er auf den Parkplatz des Restaurants. Amy hätte fast gelacht, als eine Kellnerin sie zu ihrem Platz führte. Nakos hatte sich Sorgen gemacht, dass der Laden nicht schön genug war. Aber er war um einiges schicker als alles, was sie mit Chris jemals besucht hatte. Und vor Chris hatte sie noch nie ein Date gehabt. Kein richtiges zumindest. Sie hatte mit ihren früheren Freunden abgehangen, aber zu einem echten Date hatten sie sie nie ausgeführt.
«Was möchten Sie trinken?»
Plötzlich nervös, lächelte Amy die Kellnerin an. «Nur Wasser, bitte.»
Nakos bestellte eine Cola, dann musterte er Amy über die Karte hinweg, als die Bedienung sich entfernte. Er hatte seinen Hut abgenommen, also lag sein Gesicht nicht mehr im Schatten. Diese schwarzen Augen musterten sie forschend, was ihre Nervosität nur verstärkte. Er war kein Fremder für sie, doch sie wusste trotzdem plötzlich nicht mehr, wie sie sich in seiner Nähe benehmen sollte.
Um sich eine kurze Atempause zu verschaffen, blickte sie sich um. Da es erst vier Uhr nachmittags war, war das Restaurant noch nicht allzu gut gefüllt, trotzdem waren ein paar der weißen Lacktische und Sitznischen besetzt. Eine Tapete mit Blütenmuster zierte die Wände, und hier und da hingen verschwommene Drucke von Rosen.
«Du willst schon was bestellen, oder?» Nakos deutete mit dem Kinn auf die Karte neben ihrem Teller. «Bisher hast du dir nämlich noch gar nicht angesehen, was es gibt.»
Um ihn zu besänftigen, griff sie nach der Karte und ließ ihren Blick über das Angebot gleiten. Sie hatte nur sehr wenig Geld dabei, denn gerade hatte sie eine Kreditrate überwiesen, sodass auch ihr Konto
fast leer war. Was bedeutete: Für ein Abendessen hatte sie kein Geld. Nakos würde sie sowieso nicht zahlen lassen, aber sie hatte auch keinen Hunger. «In letzter Zeit interessierst du dich sehr für meine Essgewohnheiten.»
«Weil du nicht genug isst.»
Sie starrte auf die Karte, bis die Buchstaben vor ihren Augen verschwammen, weil sie Nakos einfach nicht ansehen konnte. «Ich mache eine Diät.»
Er klatschte seine Karte auf den Tisch. «Warum das denn, zum Teufel?»
Genau deswegen hatte sie versucht, diesem Gespräch aus dem Weg zu gehen. «Gewöhnlich macht man eine Diät, um Gewicht zu verlieren. Wenn du es unbedingt wissen willst, ich versuche, ein paar Kilo abzunehmen. Und es ist unhöflich, wenn ein Mann eine Frau solche Dinge fragt.»
«Du hast in den letzten paar Monaten schon zu viel Gewicht verloren.» Sein Zeigefinger landete auf der Oberkante der Karte und drückte sie nach unten, sodass Amy gezwungen war, ihn anzusehen. Er wirkte zutiefst irritiert. «Du brauchst keine Diät.»
Die Kellnerin kam mit den Getränken und fragte nach ihren Wünschen. Nakos bestellte einen Burger mit Pommes, dann starrte er Amy herausfordernd an.
«Ich nehme einen gemischten Salat, bitte.» Sobald die Kellnerin wieder verschwunden war, wechselte Amy das Thema, bevor er weiter damit anfangen konnte. «Wirst du das Pferd kaufen?»
Er musterte sie einen langen Moment, forschend, intensiv, fast sezierend. Irgendwann seufzte er. «Wahrscheinlich. Ich muss noch mit Olivia reden, aber das Pferd kommt aus einer guten Zucht, hat ein
sanftes Temperament und ist gesund.» Die Anspannung in seinem Gesicht löste sich, während er redete. Doch dann hielt er inne, den Blick immer noch auf sie gerichtet. Als er weitersprach, klang seine Stimme fast traurig. «Du musst dich nicht ändern, Ames. Es ist nichts falsch an dir – weder dein Gewicht noch irgendwas anderes. Hat er etwas zu dir gesagt? Dein Ex? Denn du solltest auf keinen Fall auf den Schwachsinn hören, den dieser Typ von sich gegeben hat. So jemandem kannst du nichts glauben.»
«Das war die ganze Zeit über mein Problem. Ich habe ihm geglaubt.» Nicht nur Chris, sondern auch ihren Eltern und allen anderen, die eigentlich keine Rolle spielen sollten. Leuten, denen sie egal war. Sie wandte den Blick ab und starrte ins Leere. «Ich habe ihm geglaubt, als er gesagt hat, er liebe mich und wolle mich heiraten. Als er behauptet hat, er würde die Rechnungen und die Hypothek rechtzeitig bezahlen. Dass er nur bei einem Pokerspiel mit Freunden war, obwohl er immer nach fremdem Parfüm roch und sein Hemd falsch zugeknöpft war. Ich habe ihm alles geglaubt. Ich war so eine Idiotin», murmelte sie. «Das ist das Schlimmste. Ich bin auf seine Lügen reingefallen, bin auf ihn reingefallen. Ich war dumm genug zu glauben, dass er mich wirklich wollte.»
In dem drückenden Schweigen, das auf ihre Worte folgte, sah Amy Nakos an. Er hatte die Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt und starrte mit zusammengebissenen Zähnen aus dem Fenster. Kein Muskel bewegte sich, aber die Sehnen in seinem Hals standen hervor.
Sie schluckte. «Worüber denkst du gerade nach?»
«Mord.» Als müsste er sich dazu zwingen, richtete Nakos langsam seinen Blick auf sie. «Ich wusste nicht, dass er dich zusätzlich zu allem anderen auch noch betrogen hat.»
Ihrer Meinung nach war das die geringste von Chris’ Sünden gewesen. Die Zurückweisung und der Betrug hatten sie verletzt, doch härter getroffen hatten sie seine Beleidigungen und die Art, wie er sie einfach ignoriert hatte. Mist! Sie hätte den Mund halten sollen. Jetzt zog sich Alpha-Nakos die metaphorischen Schlagringe über, weil er in vollen Beschützer-Modus geschaltet hatte.
«Das nehme ich ihm nicht mal übel.» Sie zuckte mit den Achseln, als Nakos die Augen zu drohenden Schlitzen verengte. «Wirklich nicht. Ich bin furchtbar im Bett.»
Er blinzelte. Mehrmals. «Diese Lüge hat er dir auch erzählt?»
«Nein.» Ja. Sie rückte ihr Besteck zurecht. «Ich …» Gott, wie peinlich … aber wahrscheinlich war es keine schlechte Idee, Nakos über ihre Unzulänglichkeiten zu informieren. Vielleicht würde er den Hinweis kapieren und sich zurückziehen, bevor ihre Freundschaft Schaden nahm. «Ich bin unfähig, einen Orgasmus zu haben.»
So. Jetzt war es raus. Die Worte schwebten in der Luft zwischen ihnen. Wenn ihre Wangen noch heißer wurden, würde sie sich eine Verbrennung holen.
Nakos presste die flachen Hände auf den Tisch. «Noch nie?» Er sah ihr tief in die Augen, doch sie antwortete nicht. «Du hast noch nie …?» Er räusperte sich. «Nicht mal allein?»
Super. Jetzt sprachen sie auch noch über Masturbation. «Nicht oft. Ich brauche wirklich lange, und, na ja …» Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so dringend den Tod gewünscht. Und es hatte eine Menge Gelegenheiten gegeben, wo sie darum gebetet hatte, dass der Boden sich auftat und sie verschlang.
«War er dein Erster?»
Ihr entkam ein raues, schmerzhaftes Lachen. «Nein. Ich habe
meine Jungfräulichkeit früher verloren als die meisten anderen.»
«Wie früh?»
Die schroffe Frage traf sie unvorbereitet. Auf keinen Fall würde sie dieses Gespräch führen. «Darum geht es nicht. Ich war schon mit anderen Männern zusammen, aber das hat nichts an der Sache geändert. Ich bin verkorkst, Nakos, so ist es nun mal. Deshalb nehme ich Chris zumindest diese eine Sache nicht übel. Du solltest es auch besser aufgeben, bevor wir unsere Freundschaft zerstören.»
Er schüttelte leicht den Kopf, doch es war eher eine verwirrte Geste als ein Widerspruch. «Wehrst du dich deswegen so sehr gegen die Vorstellung einer Beziehung zwischen uns? Weil du absurderweise denkst, du könntest mich nicht befriedigen?»
Das stand definitiv ganz oben auf der Liste. Direkt unter Wird-mich-zerstören-wenn-es-endet
und knapp über Ich-war-nicht-mal-gut-genug-für-meinen-Ex-ganz-zu-schweigen-von-Nakos
.
«Wieso hast du nicht früher etwas gesagt?»
Sie rieb sich frustriert die Augen. «Wann, Nakos? Mit sechzehn, als wir zusammen mit dem Football-Team am Lagerfeuer saßen? Oder während unseres Abschlussballs, mit allen fünfundfünfzig Klassenkameraden um uns herum? Ich weiß. Ich hätte es mit zweiundzwanzig machen sollen, als Olivia dich zu ihrem Vorarbeiter ernannt hat. Ich kann es mir direkt ausmalen: Hey, Nakos. Gratulation. Übrigens, ich kann keinen Orgasmus haben.
Im Ernst. Zwischen uns gab es nie romantische Gefühle. Wieso hätte ich mir die Mühe machen sollen?»
«Jetzt gibt es romantische Gefühle, und wir waren in letzter Zeit unzählige Male allein. Wenn ich es gewusst hätte …»
«Dann hättest du was getan? Früher Mitleid mit mir gehabt? Dich
mehr gegen die Anziehungskraft gewehrt?»
«Alles in meiner Macht Stehende getan, um dir zu beweisen, dass du dich irrst.» Nakos stemmte die Ellbogen auf den Tisch und lehnte sich vor, Hitze brannte in seinen schwarzen Augen. «Du reagierst auf mich. Du bist weder verkorkst noch defekt. Offensichtlich hatten deine bisherigen Partner keinerlei Geduld. Dass du länger brauchst als andere, um zu kommen, heißt nicht, dass du keinen Orgasmus haben kannst, anim
.»
Bei allen Heiligen, sie wurde feucht. Sie presste die Schenkel zusammen, weil sie es unbedingt probieren wollte. Doch die Vergangenheit hatte bewiesen, dass ein Orgasmus für sie einfach nicht drin war. Zugegeben, keiner ihrer Liebhaber hatte sie so erregt, wie Nakos es tat, doch anfänglich etwas Lust zu empfinden war noch lange nicht dasselbe wie ein Oh-Gott-jaaaaa!
, während sie dabei waren.
«Bitte schön. Ein gemischter Salat und ein Burger mit Pommes.» Teller wurden vor ihnen abgestellt. «Kann ich Ihnen sonst noch etwas bringen?»
Da Nakos seinen intensiven Blick nicht von ihr abwandte und keinerlei Anstalten machte, der Kellnerin zu antworten, lächelte sie die Frau an. «Nein, danke. Sieht wunderbar aus.»
«Dann guten Appetit.»
Amy beobachtete die Bedienung, bis die Frau hinter dem Tresen verschwunden war, dann sah sie wieder Nakos an.
Der Ausdruck in seinen Augen wechselte von einer Sekunde auf die nächste von intensiv zu brennend. «Diese Kerle, mit denen du zusammen warst? Sie haben was verpasst. Es gibt nichts Befriedigenderes, als zu wissen, dass die Frau, mit der man
zusammen ist, einen Höhepunkt erlebt hat. Das macht es um so viel besser. Also, Herausforderung angenommen.» Er warf ihr einen fragenden Blick zu. «Was?», fügte er hinzu, als sie schockiert die Augenbrauen hochzog. «Hast du damit gerechnet, dass ich die Flucht ergreife? Ich habe es dir schon einmal gesagt: Ich bin nicht wie die anderen.»
Amy hatte keine Ahnung, was sie darauf antworten sollte, und deshalb aßen sie schweigend, bevor sie bezahlten und wieder in Nakos’ Truck stiegen. Auf ungefähr halber Strecke konnte sie das Schweigen kaum noch ertragen. Verlangen kämpfte in ihr mit Neugier, sodass ihr Magen ein harter Knoten war.
Gott, sie war wirklich dämlich genug, ihm zu glauben. Dass es nur Geduld und den richtigen Mann brauchte, um das Ziel zu erreichen. Dabei hatte ihr Hoffnung noch nie etwas Gutes eingebracht.
Sie beobachtete die Landschaft, die am Fenster vorbeirauschte, und erinnerte sich an den ursprünglichen Grund für diesen Ausflug. Dass Olivia Nakos losschickte, um sich Tiere anzusehen, bewies, dass sie ihm in Bezug auf die Ranch vertraute. Daran hatte Amy nie gezweifelt. Nakos war nicht nur seit Jahren mit Olivia befreundet, er arbeitete auch hart und wusste, was er tat. Die Männer respektierten ihn. Außerdem lag ihm die Ranch am Herzen – nicht nur die Tiere und die Arbeiter, sondern auch das Land. Er kümmerte sich um alle Aspekte seines Jobs mit derselben Sorgfalt und gab immer hundert Prozent.
«Hast du je darüber nachgedacht, eine eigene Ranch zu kaufen?» Sie riss ihren Blick von dem hypnotisch verschwommenen Grün los und sah ihn an. «Du bist so gut in dem, was du tust.»
«Ist mir nie in den Sinn gekommen.»
«Wirklich?»
Er schüttelte den Kopf, ohne die Augen von der Straße abzuwenden. «Kein einziges Mal. Meine eigene Ranch zu kaufen würde Rücklagen erfordern, die ich nicht habe, und bei der momentanen Wirtschaftslage müsste ich wahrscheinlich nach zwei Jahren aufgeben. Und da ist noch nicht mal eingerechnet, dass ich auch Arbeiter finden und mit bereits bestehenden Farmen in Konkurrenz treten müsste. Außerdem ist die Wildflower Ranch mein Zuhause. Ich bin hier aufgewachsen. Alles, was ich liebe und kenne, ist genau hier.» Er warf ihr einen kurzen Blick zu. «Wieso?»
Sie zuckte mit den Achseln. «Nur so.»
Ihre Antwort schien ihn nicht zu befriedigen, doch er ließ es ihr durchgehen und konzentrierte sich aufs Fahren, während sie ihn aus den Augenwinkeln beobachtete.
Er war so verdammt attraktiv. Er hatte diese ruhige, zurückhaltende Art, die gleichzeitig ansprechend und mysteriös wirkte. Olivfarbene Haut, einen sehnigen Körper mit Muskeln an genau den richtigen Stellen und ein scharf geschnittenes Gesicht. So symmetrisch und stark. Seine Schenkel füllten den Stoff der Jeans perfekt aus. Und die Art, wie seine Oberarme den Stoff des Hemds dehnten, ließ sie wünschen, wieder zwischen ihnen gefangen zu sein. Wie gestern Abend, als er sie gegen die Wand gepresst hatte.
Ihr Verlangen nach Nakos war stärker als alles, was sie je empfunden hatte. Er hatte behauptet, sie bräuchte einfach nur jemanden, der geduldig war. Als er in die Einfahrt fuhr und den Motor ausschaltete, konnte sie nicht verhindern, dass ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging: Auf der ganzen Welt gab es keinen geduldigeren Mann als Nakos.
Statt die Autotür zu öffnen, grinste er sie an, und sofort geriet ihr Herz ins Stolpern. «Küsst du beim ersten Date?»
Da sie noch nie ein echtes Date gehabt hatte, wusste sie das eigentlich nicht. Aber mit ihm? «Ja.»
Er stöhnte, dann legte er die Hand an den Türgriff. Bevor sie auch nur ihren Gurt gelöst hatte, hatte er schon das Auto umrundet und ihr die Tür geöffnet. Schon wieder so eine galante Geste. Sie ergriff die Hand, die er ihr entgegenstreckte. Stark, fest und schwielig von der harten Arbeit. Amy spürte, wie sich ihre Brustwarzen zusammenzogen. Auf der Veranda blieb Nakos stehen. Er versuchte nicht, sie zu küssen, sondern schloss einfach nur die Tür auf und bedeutete ihr vorauszugehen. Enttäuscht schüttelte sie ihre Flip-Flops von den Füßen und ging zur Treppe.
«Nicht so schnell.» Nakos wirbelte sie herum, schob sie nach hinten, und bevor sie sichs versah, lag sie mit dem Rücken auf der Couch, festgehalten durch einen warmen, harten Männerkörper über ihr. «Viel besser.»
«Hey. Hi», hauchte sie. «Ziemlich frech für ein erstes Date, oder?» Nicht, dass sie sich beschweren wollte. Ihre Beine waren mit seinen verschränkt, und ihre Hüfte berührte seine, sodass quasi jeder Zentimeter seines Körpers an ihren gedrückt war. Sein Gewicht lenkte sie wunderbar von ihrem rasenden Puls und ihrer Nervosität ab, und er roch so … verdammt … wunderbar. Erde vermischt mit Leder.
«Okay, ich habe meine Meinung geändert. Ich betrachte Olivias und Nates Hochzeit als unser erstes Date. Wir waren Trauzeuge und Trauzeugin und haben getanzt.» Er stemmte sich auf einen Unterarm und nahm den Hut ab, um ihn zur Seite zu werfen. Sein Blick huschte
über ihr Gesicht, verweilte auf ihrem Mund, und seine Stimme wurde heiser. «Wir haben uns schon geküsst, also ist das hier unser zweites Date.»
Verdammt, sie konnte nicht mehr denken. Nicht mit diesen harten Muskeln, die sie auf der Couch festhielten, und seinem attraktiven Gesicht direkt vor ihrem. Ihre Brüste kribbelten, und ihre Mitte pulsierte im Takt seines Herzschlags, den sie an ihrer Brust spürte. Verschwunden war der steife, verärgerte Mann vom Abendessen. An seine Stelle war der Inbegriff von Verführung getreten.
«Ich liebe diesen Ausdruck in deinen Augen, Ames. Den, den du bekommst, kurz bevor ich dich küsse.»
«Was für einen Ausdruck?»
«Du siehst mich jetzt gerade so an.» Ein Lächeln erschien auf seinen vollen Lippen. «Deine Pupillen werden riesig, bis all diese wunderbare Farbe fast verschwunden ist, dann werden deine Lider schwer.» Er ließ seinen Daumen über ihre Unterlippe gleiten und verfolgte die Bewegung mit den Augen. «Deine Lippen öffnen sich leicht, als wolltest du nach Luft schnappen oder könntest den Kuss nicht mehr erwarten.» Er sah ihr in die Augen, sein Blick erfüllt von Lust. «Das ist so verdammt heiß.»
Nakos senkte den Kopf … und jede Antwort, die sie vielleicht gehabt hätte, löste sich in Luft auf. Nakos hatte einen unglaublichen Mund. Feste und doch volle Lippen, die liebkosten statt zu verschlingen. Er baute die Spannung langsam auf, bis Verlangen an die Tür klopfte und Lust die Türangeln zum Zittern brachte. Dann teilte er sanft ihre Lippen und fand ihre Zunge mit seiner. Ein langsames Streicheln, gefolgt von einem Eintauchen. Lockend.
Erregend.
«Leg die Arme um mich. Ich muss wissen, dass du es genauso fühlst, Ames.»
Und … da war es. Kälte breitete sich in ihr aus und erstickte die Flammen. Es hatte keine fünf Minuten gedauert, bis sie ihn enttäuscht hatte. Gott. Sie hatten sich nicht mal ausgezogen, und schon konnte sie nicht mehr mithalten. Ihre Augen brannten, also schloss sie die Lider, um die Tränen zurückzuhalten.
Er hob den Kopf. «Was ist passiert?»
Die Realität hatte zugeschlagen, das war passiert. Hoffnung war ein schreckliches Gefühl.
«Schau mich an.» Er ließ seine Nasenspitze über ihre gleiten, strich mit den Fingern sanft über ihre Schläfen. «Öffne die Augen.»
Sie gehorchte, weil sie einfach nicht anders konnte, und fing seinen zärtlichen Blick auf. «Ich habe dir doch gesagt, dass ich schlecht im Bett bin.»
Mit diesen Worten legte sie einen Schalter um. Plötzlich brannte Wut in seinen Augen. Eine kurze Bewegung, dann hatte er ihre Beine gespreizt und legte sich dazwischen. Er stieß mit der Hüfte vor, drängte seine Erektion gegen ihre Mitte, und sie keuchte, als erneut Hitze ihren Körper durchfuhr.
«Genau, anim
. Das bin ich. Der Mann, dem gefällt, was du tust. Sehr sogar.» Er schluckte schwer, dann entspannte sich seine Miene. «Und wir haben gerade keinen Sex. Wir machen nur miteinander rum. Für alles andere ist es zu früh. Ich werde nicht mit dir ins Bett gehen, bevor ich mir sicher bin, dass du bereit bist. Im Moment möchte ich nur, dass du das hier genauso genießt wie ich.»
Ihre Kehle wurde eng. Sie wusste nicht, was zur Hölle ihm gefallen
würde, hatte keine Ahnung, wie sie einen Mann befriedigen sollte. «Was soll ich tun?»
«Was auch immer du willst. Hör auf zu denken und fühle einfach. Tu, was sich gut anfühlt. Ich verspreche dir, ich werde alles genießen, was dir einfällt.»
Er starrte sie an, wartete auf ihre Antwort, ohne sich zu bewegen oder die Kontrolle an sich zu reißen. Sie hatte den Eindruck, dass er die ganze Nacht so liegen bleiben und auf sie warten könnte. Und da sie bei Nakos ein wunderbares Gefühl der Sicherheit empfand, ließ sie ihren Blick über sein Gesicht schweifen, während sie versuchte, darauf zu lauschen, was ihr Körper sagte.
Mit zitternder Hand umfasste sie seine Wange, weil sie es liebte, seine glatte Haut zu spüren. Das schien ihr ein guter Anfangspunkt zu sein. Seine Nasenflügel blähten sich, und er stöhnte. Ermutigt von seiner Reaktion, sah sie ihm in die Augen. Die Zärtlichkeit, die sie darin erkannte, spornte sie an weiterzumachen.
Sie lauschte tiefer in sich hinein und richtete ihren Blick auf sein Haar. Schon immer hatte sie diese dichten, dunklen Strähnen geliebt – und jetzt, wo sie etwas länger waren als sonst, galt das besonders. Doch Nakos hatte sein Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Er trug es nur selten offen. Aber sie hatte schon so oft davon geträumt, ihre Finger durch die Strähnen gleiten zu lassen. Sie hob die andere Hand und zog sanft den Haargummi heraus, sodass die schulterlange schwarze Mähne sein Gesicht umspielte.
Nakos hielt den Blick auf sie gerichtet, doch sie konzentrierte sich lieber auf sein Haar, bevor sie den Mut verlor. Sie legte die Hand in seinen Nacken, dann schob sie ihre Finger langsam in die seidige Glätte. Sofort beschleunigte sich Nakos’ Atmung. Stolz stieg in ihr auf
und verband sich mit dem Glück, das sie bereits erfüllte. Sie hätte eine Ewigkeit so weitermachen können. Bevor ihr wirklich klar war, was sie da tat, vergrub sie beide Hände in seinem Haar und packte fester zu.
Wieder drängte Nakos sich ihr entgegen, und sie spürte sein tiefes Stöhnen an ihren Brüsten. Er senkte den Kopf und murmelte an ihrem Mund: «Wenn du glaubst, ich wäre vorher schon erregt gewesen … Jetzt, wo du mich berührst, verliere ich fast den Verstand.» Er ließ seine Lippen über ihre Wange gleiten, dann über ihr Ohr. «Tag oder Nacht, ich will dich.»
Ein Zittern überlief Amys Körper und erweckte auf seinem Weg jede ihrer Nervenzellen zum Leben. Dieses Verlangen. Gott, dieses Verlangen. Zwischen ihren Schenkeln. In ihren Brustwarzen, wo sie sich an Nakos rieben. Unter ihrer Haut, wo die unerträgliche Hitze brannte. Überall. Sie wimmerte, weil sie irgendetwas brauchte, ohne benennen zu können, was genau. So war es noch nie gewesen, und sie hatte keine Ahnung, wie sie diesen süßen Schmerz bekämpfen sollte. Instinktiv hob sie die Hüften und sorgte so dafür, dass seine harte Erektion das Pochen für einen Moment beruhigte. Doch es war nicht genug.
Nakos keuchte überrascht an ihrem Ohr. «Hihcebe, anim.
Du lernst schnell.» Er zog mit seiner Zunge einen Pfad über ihren Hals, um dann seinen Kopf in ihre Halsbeuge zu schmiegen. «Wieso duftest du immer so gut?» Er küsste ihre Kehle, dann die Seite ihres Halses und die Stelle, wo ihr Puls pochte, bevor er an ihrem Ohrläppchen knabberte.
Und dann fand sein Mund ihren, und das Tier brach aus dem Käfig aus.