AUF DER HEIMFAHRT TAUCHT ENDLICH das Land wieder vor ihm auf, die Farben im Mondschein, die Sterne an einem dunklen, leichten, unendlich fernen Himmel. Er sieht das Grün und die Hasen, die auf der gemähten Futterwiese springen, die Lichter der Dörfer im Hintergrund, an den Horizont dieser Ebene gedrängt, die nach Salami und Brot duftet. Da er keine Lust hat, nach Hause zurückzukehren, fährt er langsam und nimmt die frischen Gerüche dieses Sommers auf, das frische Heu, den Geruch eines Stalls, der ihm in die Nase sticht, sodass er sich kratzen muss.
Auf einem kleinen Platz etwas weiter vorn hält er an, hört innerlich Miriams Stimme, die sagt, er solle nicht im Auto rauchen, steigt aus und zündet sich an die Kühlerhaube gelehnt eine Zigarette an, betrachtet den Himmel und die Sterne, die Felder und die Bäume, die Schatten, die länger werden auf dem Asphalt, die dunklen Umrisse des Stalls mitten in dieser Landschaft.
Er springt über den Graben neben der Straße, lauscht dem Quaken der Frösche und dem Ruf eines wer weiß wo versteckten Käuzchens, er entsinnt sich nicht mehr, wer ihm gesagt hat, man dürfe diesen Ruf nie nachahmen, das bringe Unglück. Er stolpert und fällt beinahe, rutscht mit einem Fuß auf dem wahrscheinlich vom Tau feuchten Gras aus, weiß nicht, wie spät es ist, schaut zum Horizont, doch die Sonne sieht man nicht, man sieht nicht das Rosa und Orange der Morgenröte, man sieht nur das Dunkel dieser Nacht, gemildert von den Straßenlaternen; er verliert nicht das Gleichgewicht, bleibt aufrecht und geht weiter, unter seinen Füßen die rissige Erde, die Furchen, die die Traktoren und das Wasser, das der Sprenger himmelwärts jagt, hinterlassen haben. Er erinnert sich, wie sein Vater ihn als Kind mitnahm, um die Regenbögen zu sehen, die unter dem Strahl der Pumpen entstanden.
Im Gehen hat er keine Angst vor den Geräuschen der grabenden Maulwürfe, der springenden Hasen, der unweit im Kreis fliegenden Fledermäuse, er sieht nur den Stall, der verfallen zu sein scheint, eines dieser alten Gebäude aus Backstein und Holz, wo zwischen den Ritzen der Schimmel wächst. Er tritt auf die Steine, um das hölzerne Tor zu erreichen, klammert sich mit aller Kraft an den rostigen Riegel, der es zuhält, zieht und hört, wie das Eisen in den Angeln quietscht, während ihm vor Anstrengung der Schweiß den Rücken hinunterläuft. Er blickt um sich und sieht niemanden, nicht sehr weit weg steht ein Haus, er wartet, ob ein Licht angeht, ob ihn jemand gehört hat, und merkt, dass es ihm egal ist, dass er nicht weglaufen würde, wenn jemand aus dem Fenster schaute, sondern demjenigen ganz ruhig erklären würde, warum er hier ist.
Der Geruch drinnen ist zum Ersticken und es ist kalt, Pietro bleibt stehen und schnappt nach Luft, die Hände auf den Knien wartet er, bis sich das Unwohlsein legt, dann geht er weiter durch den Gang zwischen den Boxen, durch die Stille, die ihn umgibt, durch die Atemgeräusche der Tiere, die ihn nicht bemerkt haben, schaut in eins der Abteile und sieht ein Schwein, rosa und schlammbeschmiert, er mustert es und begreift, dass es möglich ist, es zu lieben, er klettert über die Mauer und merkt, dass das Schwein aufwacht, jetzt schaut es ihn regungslos an, anscheinend stört er es nicht. Pietro fasst Mut und streckt eine Hand nach der feuchten, schmutzigen Schnauze aus, hält den Atem an und wartet, was geschieht.
Das Tier rührt sich nicht, riecht an den Fingern, ohne je den Kopf zu heben, und macht die Augen wieder zu. Daraufhin setzt Pietro sich, fühlt, wie seine Hose schmutzig wird, sein T-Shirt schmutzig wird, lehnt sich an das Backsteinmäuerchen, das die Boxen begrenzt, hört Ettores Stimme, die ihm die Geschichte von seinem Schwein erzählt, und schläft ein.
Die Hitze, die durch die Türe hereinkommt, weckt ihn, er ist schweißgebadet, das Schwein schläft weiter, als Pietro blinzelnd aufsteht und sich die Augen reibt, er fühlt sich ausgeruht und ruhig. Er verlässt die Box und geht ins Freie, jetzt ist die Luft frisch, die Sonne noch nicht zu sehen, sie steigt an einem dunstigen Himmel empor, das Auto parkt noch am Straßenrand, das Land rundherum wirkt anders als gestern Abend. Ihm ist, als seien Tage vergangen, er schaut auf das Handy und sieht eine SMS von Miriam, ihr und dem Kind geht es gut, liest er, sie haben fast die ganze Nacht geschlafen, dann steckt er das Handy wieder ein, ohne ihr zu antworten. Er geht, hat einen schlechten Geschmack im Mund, zündet sich eine Zigarette an, die er ausdrückt, bevor er ins Auto steigt, um nach Hause zu fahren.
Vor dem Tor wundert er sich einen Augenblick, dass Briciola ihm nicht entgegenspringt, dann sieht er seinen Vater auf der Bank vor der Türe sitzen; er lässt das Auto im Hof stehen, steigt aus und schiebt die Hände in die Hosentaschen, schaut im Gehen auf den Boden, ohne Ettore anzublicken, der schweigend nach vorn gebeugt dasitzt, wartend, die Hände zwischen den Beinen verschränkt.
Dann endlich entschließt er sich und fragt Pietro, wo er gewesen sei, was er gemacht habe.
Schöne Zeit, um nach Hause zu kommen, sagt er.
Pietro sagt nichts, zieht den Schlüssel aus der Tasche und versucht, ihn ins Schloss zu stecken, um die Tür aufzusperren, und jetzt steht sein Vater auf, die Stimme klingt verzerrt vor Wut, als er ihm die Hand auf die Schulter legt, als er ihn zwingt, innezuhalten, sich umzudrehen, ihn anzusehen, wie er da neben ihm steht, kleiner als er, in die enttäuschten Augen zu blicken, die ihn fixieren, die auf seine Reaktion warten.
Am liebsten würde er gar nichts tun, nur stumm dastehen und warten, dass der Griff seines Vaters sich lockert, dass er ihn gehen lässt; er versucht, die Hand abzuschütteln, aber es gelingt ihm nicht, also packt er den Vater, der schweigt und sich nicht rührt, am Handgelenk.
Er drückt zu, so fest er kann, zieht und fühlt, dass der Griff den Halt verliert, nachlässt. Sie stehen voreinander und starren sich mit wilden Augen an, reglos, es scheint, dass keiner von beiden nachgeben will, und reglos ist der jetzt blaue Himmel über ihren Köpfen.
Schließlich lässt Pietro das Handgelenk los und hört seinen Vater aufatmen, schnaufen und Luft ablassen, dann dreht er sich um und versucht erneut, ins Haus zu gelangen, so zu tun, als sei nichts geschehen, als sei sein Vater gar nicht da, als seien sie beide nicht da, er tut so und atmet tief durch, seine Hände zittern, als er den Schlüssel nimmt, ihn im Schloss dreht und seinen Vater sagen hört, du bist wie deine Mutter, du bist genau wie sie.
Pietro dreht sich um, und seine Hand, die vorher das Handgelenk festhielt, hebt sich, legt sich auf Ettores Hals, und Ettore erschrickt und reagiert, als er die Finger fühlt, die stärker zudrücken, als er fühlt, dass die Wut seines erwachsenen Sohnes gefährlich wird.
Er hebt jetzt ebenfalls die Hände und befreit sich, es ist beinahe einfach, genauso einfach ist es, seinem Sohn eine Ohrfeige zu versetzen, die im Sonnenlicht hinter ihnen in der Stille nachhallt, während Pietro stürzt und sein Vater über ihn herfällt.
Er zerrt an seinem T-Shirt, schlägt zu, wieder und wieder, schlägt ihm mit der flachen Hand ins Gesicht, und Pietro regiert nicht, er hält still, weint nicht und bleibt liegen, bis er schließlich auch eine Hand hebt, um die nächste Ohrfeige abzufangen, um zu sagen, es reicht.
Und Ettore sieht seinen Sohn an, sieht, wie er sich auf Knien aufrichtet, sich mit der Hand über den Mund fährt, das Blut an seinen Fingern betrachtet, aufsteht und langsam hinters Haus geht. Ettore folgt ihm, würde ihn gern rufen und sich entschuldigen, ihm zittern die Hände, die Beine, die Lippen, während Marisa auf dem Balkon erscheint und sieht, wie Vater und Sohn in der Garage verschwinden, Pietro vorne und Ettore dahinter.
Er schaut zu, wie sein Sohn die Kisten wegschiebt, die im Weg stehen, und dann auf die Kartons zustrebt, die auf dem von ihnen gemeinsam zusammengeschraubten Metallregal gestapelt sind, er schaut einfach nur zu.
Er schaut seinen Sohn an und denkt daran, wie er als Kind war, schaut ihm ins Gesicht und sieht die Spuren, die er darauf hinterlassen hat, die geröteten Backen, die geschwollenen Lippen, er schaut zu, wie Pietro hinaufklettert und balancierend mit einer Kiste in der Hand wieder herunterkommt, und merkt, dass er die Hände zu Fäusten geballt hat, die Nägel in die Handfläche gebohrt.
Er sieht, wie sein Sohn sich nähert, ihn mit der Schulter anrempelt und hinausgeht.
Er folgt ihm nach draußen, er schwitzt, trocknet sich die Stirn, lockert die Hände und bewegt die Finger, um den Kreislauf wieder in Gang zu setzen, um das Gefühl dieser Ohrfeigen loszuwerden, das Geräusch seiner Hände auf dem Gesicht seines Sohnes, der jetzt in der Mitte des Hofs kniet, die Kiste öffnet und das Tagebuch seiner Mutter herausholt.
Ettore sieht zu, wie er die Seiten herausreißt, und dabei verändert sich das Gefühl in seinen Fingern, er fühlt nicht mehr die Haut seines Sohns, sondern den weichen Stoff jenes Nachthemds, hat den versengten Geruch jenes Abends in der Nase. Er geht auf Pietro zu, der schluchzend die Seiten zerreißt, legt ihm eine Hand auf die Schulter, sagt, er solle aufstehen, und als der Sohn aufsteht und seinen Vater ansieht, der jetzt vor Rührung weint, fallen sie einander in die Arme und drücken sich, wie sie es nie getan haben.