Für Schweiz- und Bahnfans:
Trans Swiss Trail

Land: Schweiz | Länge: 488 km
Schwierigkeit: ** | Budget: €€€ | Jahreszeit: Teilstrecken ganzjährig
Natur: ** | Kultur: *** | Special Interest: Schweizdurchwanderung

 

In der Schweiz gibt es 65 000 Kilometer Wanderwege, gleich sieben nationale Routen durchqueren das ganze Land. Die Qual der Wahl ist also groß! Auf der Via Alpina (1) oder dem Jura-Höhenweg (5) über die Berge wandern oder lieber die Via Jacobi (4) pilgern? Ich entscheide mich nach einigem Überlegen für Nummer 2, den Trans Swiss Trail. Dieser »schweizerischste« aller Wege führt an unzähligen Wahrzeichen vorbei und durchquert alle drei großen Sprachräume des Landes.

Die Mehrsprachigkeit der Alpenrepublik verwirrt mich schon beim Kauf der Bahnfahrkarte zum Ausgangspunkt der Wanderung. Porrentruy heißt auf Deutsch Prunrut, was mir aber erst klar wird, als die App der Schweizer Bahn SBB meine Eingabe hartnäckig korrigiert. Nachdem ich dann am Ende der Strecke durch die französischsprachigen Kantone in Neuchâtel angekommen bin, ahne ich bereits, dass mit Neuenburg dieselbe Stadt gemeint ist. Abgesehen von diesem sprachlichen Durcheinander ist die SBB mein bester Freund auf dem Trans Swiss Trail, denn jeder noch so kleine Ort ist irgendwie mit der Bahn oder dem Postbus erreichbar.

Ich begehe den Weg in zwei Etappen: den südöstlichen im Juli, den nordwestlichen Teil zwei Jahre später im Januar. Als ich in der winterlichen Abenddämmerung den ersten Etappenort Saint-Ursanne erreiche, scheint in den alten Gassen neben der romanischen Stiftskirche die Zeit stehen geblieben zu sein. Nur ein unscheinbares Neonwerbeschild weist mir den Weg zum kleinen Supermarkt, den ich unbedingt heute noch aufsuchen möchte. Denn die Schweiz ist genauso schön wie teuer! Die Kosten für Restaurant und Hotel zusammen übersteigen mein Budget, und da ich jetzt im Winter lieber in einem geheizten Zimmer als im Zelt schlafe, besteht mein heutiges Abendessen aus Brot und Käse mit Schweizer Schokolade zum Nachtisch. Die ist zwar mindestens doppelt so teuer wie in Deutschland, aber man gönnt sich ja sonst nix.

Im Morgennebel starte ich am nächsten Tag auf einem der romantischsten Abschnitte. Zwanzig Kilometer lang folge ich dem Lauf der Doubs, die sich tief in die durchlässigen Kalkschichten des Jura eingefressen hat. Kaum ein Sonnenstrahl dringt in das tiefe Tal, fröstelnd wandere ich auf schlammigen Pfaden am blaugrün schimmernden Fluss entlang. Leider muss ich zu dieser Jahreszeit auf ein ganz besonderes Highlight verzichten, denn die Holzfähre von Tariche ist außer Betrieb. Im Sommer können die Wanderer die traditionelle Barke mit einer Winde heranholen und sich dann durch die Strömung ans andere Ufer befördern lassen. Früher wurden so verschiedene Bauernhöfe miteinander verbunden, heute wohnt fast niemand mehr im Tal.

Beim anschließenden Aufstieg auf das Hochplateau der Freiberge komme ich stärker ins Schwitzen, als mir lieb ist. Ab 1000 Meter Höhe versinke ich abseits der geteerten Wirtschaftswege knietief im Schnee. Im Sommer würde mich der manchmal hohe Asphaltanteil des Trans Swiss Trails ärgern, jetzt hingegen freut er mich, weil die geteerten Zufahrtsstraßen zu den abgelegenen Bauernhöfen im Winter geräumt werden.

Die nächste Etappe muss ich angesichts der Schneemassen am Mont Soleil überspringen. 1992 wurde hier eine der damals größten Fotovoltaikanlagen Europas errichtet, den Namen »Sonnenberg« hatte der knapp 1300 Meter hohe Gipfel allerdings schon lange vorher. Ein Erlebnispfad verbindet das Sonnenkraftwerk mit den Windturbinen am Mont Crosin, beide Anlagen gehören zum Espace découverte Energie, einem »Energieentdeckungspark«, und können mit einer Führung besichtigt werden.

Für mich geht es weiter in Saint-Imier, dem Zentrum der Uhrenindustrie. Die Schweiz ist schließlich wertmäßig weltweit das größte Exportland. Auf dem Uhrenpfad erkunde ich die Stätten der Industrialisierung, selbst ein Uhrenmuseum gibt es. Auch einem anderen Ausfuhrschlager kann ich frönen: Hier wird nämlich der Tête de Moine produziert, ein Halbhartkäse, aufgrund seiner runden Form auch Mönchskopf genannt. Er wird nicht geschnitten, sondern hauchfein geschabt. Und so esse ich an diesem Abend in meinem kleinen Pensionszimmer mal wieder Brot und Käse …

Am Neuenburger See reise ich weit zurück in die Schweizer Geschichte. Im Laténium, dem größten archäologischen Museum der Schweiz, kann man von heute bis in die Zeit der Neandertaler zurückwandeln oder im Archäologiepark Nachbildungen der Pfahlbautensiedlungen bestaunen, die einst am Ufer errichtet wurden. Der Trans Swiss Trail überquert den See mit der Fähre und führt mich am Mont Vully zur Rekonstruktion eines römischen oppidum. Bei schönem Wetter muss die Aussicht grandios sein, denn von dem gerade mal 653 Meter hohen Berg überblickt man den Neuenburger, Bieler und Murtensee bis hin zu den Berner Alpen. Leider kann ich an diesem kalten Januartag im dichten Nebel gerade mal den Raureif an den Bäumen vor meiner Nase sehen.

23 Prozent der Schweizer leben in der französischsprachigen Romandie, gut acht Prozent im italienischsprachigen Süden. Doch mit über sechzig Prozent spricht der Großteil der Bevölkerung Deutsch, genauer gesagt Schweizerdeutsch, und wenn die Schweizer so richtig loslegen, verstehe ich kaum ein Wort. Regiert wird der Vielsprachenstaat aus der Bundesstadt Bern. Eine offizielle Hauptstadt gibt es nicht, weil sich die Schweizer 1848 auf keinen passenden Ort einigen konnten.

Während der Trans Swiss Trail – wie alle Schweizer Wanderwege – generell penibel genau mit gelben Rauten und Wegweisern gekennzeichnet ist, darf man sich seinen Weg durch die Altstadt von Bern selbst suchen. Angesichts der vielen Sehenswürdigkeiten und Museen keine schlechte Idee. Die Markierungen beginnen erst wieder am Bärengraben, wo ich die Wappentiere der Stadt in einem Freigehege besichtige, bevor es tierisch weitergeht. Am Tierpark Dählhölzli tummeln sich am Wegesrand Fischotter und Biber, Bergziegen und Wildschweine – Letztere höre ich sonst bloß nachts neben meinem Zelt.

Ziel meiner heutigen Etappe ist das Rüttihubelbad, ein anthroposophisches Zentrum mit Hotel, Wohnheimen für Senioren und geistig behinderte Menschen sowie dem Sensorium, einer Erlebnisausstellung zur Welt der Sinne, die nicht nur Kindern verdammt viel Spaß macht. Da das Restaurant leider geschlossen hat, gibt es mal wieder Brot und Käse. So stimme ich mich immerhin auf die nächste Etappe ein, die mich durch das Emmental führt, Ursprungsort des wohl bekanntesten Schweizer Käses. Zur Herstellung eines Kilogramms benötigt man zwölf Liter Milch, wie ich aus dem Wanderführer lerne. Die Stalltüren der Bauernhöfe am Wegesrand sind verziert mit Kuhglocken und Siegerplaketten der kantonalen Viehschauen. Vor einigen Anwesen kann man Emmentaler sogar in Selbstbedienung aus Kühlschränken erwerben, die bei Tageshöchsttemperaturen unter null Grad aber eher dazu dienen, dass der Käse nicht gefriert …

Als ich abends mein kleines Ferienapartment in Langnau im Emmental erreiche, erwartet mich im Küchenschrank ein komplettes Käsefondue-Set. »Das ist in der Schweiz eine ganz normale Ausstattung«, erläutert mir meine Vermieterin in touristenverständlichem Hochdeutsch. Leider zu spät, sonst hätte ich mir aus dem Supermarkt eine der vielen Fonduemischungen mitgebracht.

Kühe bekomme ich im winterlichen Emmental nur durch die Stalltüren zu sehen. Mich begeistern unterwegs dafür vor allem die kunstvoll überdachten Brücken, die wie hölzerne Kathedralen die Emme überspannen. Obwohl sie teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammen, tragen sie heute noch den Autoverkehr. Die gotisch anmutenden Dächer dienen allerdings nicht der Kunst, sondern bewahren die Hängekonstruktion vor Regen und Schnee.

Der Trans Swiss Trail führt mich auch beim Schweizer Nationalheiligen Niklaus von Flüe vorbei, kurz Bruder Klaus genannt. 1417 in Flüeli geboren, führte er zunächst ein recht weltliches Leben: Er nahm als Offizier am Krieg teil, heiratete und hatte zehn Kinder. Erst im Alter von fünfzig Jahren zog er sich mit Zustimmung seiner Ehefrau Dorothee Wyss als Einsiedler in die Ranftschlucht nahe seinem Geburtsort zurück. Bei dieser Kinderschar im Alter von einem bis zwanzig Jahren frage ich mich allerdings, ob seine zurückgelassene Gattin nicht ebenfalls den Heiligenstatus verdient hätte …

Heute ist seine ehemalige Klause in der engen Schlucht einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der Schweiz. Selbst an diesem trüben Werktag im Januar sitzen mehrere Gläubige in stiller Andacht versunken in der ihm geweihten Kapelle, seine Zelle mit Blick auf den Altar befindet sich in einem Anbau.

Meine Winterwanderung endet mit einem grandiosen Panoramablick über den Vierwaldstätter See auf das verschneite Rigi-Bergmassiv. Als ich den zweiten Teil des Trans Swiss Trails von hier ab im Juli begehe, leuchten mir auf den Gipfeln immer noch Altschneefelder entgegen. Ich bleibe zunächst im Tal und folge dem Ufer der Reuss bis zum Höhepunkt des Trails: dem Gotthardpass! Schon seit 2000 Jahren ist diese Strecke über den Alpenhauptkamm eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen nach Italien, seine Erschließung legte den Grundstein für den Reichtum der Schweiz. Doch bevor die Reisenden in Massen über den Pass strömen konnten, musste erst ein gewaltiges Hindernis überwunden werden: die tief eingeschnittene Schöllenenschlucht. Der Sage nach baute der Teufel hier die erste Brücke über den tosenden Fluss und verlangte als Lohn die Seele dessen, der sein Werk als Erster überquerte. Was machten die schlauen Schweizer? Sie schickten eine Ziege hinüber.

Heute führen so viele Verkehrswege über und unter den Gotthard weg, dass es auf dieser Etappe vorbei ist mit besinnlicher Stille. Der Wanderweg verläuft zwar immer separat, aber teilweise nur wenige Meter entfernt von der Eisenbahn, der alten Passstraße und der Autobahn. Während ich im Sommer bei angenehmer Steigung entspannt stetig höher klettere, quälen sich neben mir die zahnradbetriebene Schöllenenbahn, schwitzende Rennradfahrer in bunten Trikots und voll beladene Lkws den Berg hinauf.

Technikfreaks werden begeistert sein, denn man wandert von einem Rekord der Schweizer Ingenieurskunst zum nächsten: Der Gotthard-Straßentunnel ist mit 16,9 Kilometern der viertlängste Straßentunnel der Welt und der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel für die 2016 eröffnete Flachbahntrasse der längste Eisenbahntunnel. Ein regelrechtes Brückengewirr bestaune ich bei Wassen, wo die alte Gotthardbahn in zwei Doppelschleifen und Kehrtunneln gleich dreimal einen Nebenfluss der Reuss überquert, bevor sie in einem 15 Kilometer langen Tunnel verschwindet – bei Eröffnung der längste der Welt. Als sich die von beiden Seiten vortreibenden Sprengtrupps 1880 in der Mitte trafen, betrug die Abweichung gerade einmal 33 Zentimeter, eine Meisterleistung der damaligen Vermessungstechnik. Beim Durchstich des Gotthard-Basistunnels 130 Jahre später waren es nur noch acht Zentimeter. Glücklicherweise sank in dieser Zeit auch die Zahl der Unfälle. Der Bau der alten Gotthardbahn forderte 199 Menschenleben, die moderne Strecke neun. Denkmäler in Airolo und Erstfeld erinnern an die Toten.

Sobald der Güterverkehr im Tunnel verschwindet, wird es schlagartig ruhig um mich herum. Die letzten Kilometer bis hinauf zum Pass auf 2107 Meter Höhe, dem höchsten Punkt des Trans Swiss Trails, sind sogar äußerst beschaulich. Je näher ich dem Scheitelpunkt komme, desto mehr Wohnmobiltouristen parken am Straßenrand, um an diesem sagenumwobenen Ort die Nacht zu verbringen. Mir ist es eindeutig zu zugig und kalt.

Der Gotthardpass ist ein lang gezogener Sattel, verziert mit 13 eiskalten Seen. Schon im 13. Jahrhundert wurde dem niedersächsischen Heiligen Sankt Godehard hier eine Kapelle geweiht, im dazugehörigen Hospiz bekamen die Armen jahrhundertelang ein kostenloses Lager, Suppe, Wein und – welch ein Zufall – Brot und Käse. Angesichts der heutigen Preise bin ich froh, meine eigene Verpflegung dabeizuhaben. Ich hole mir lediglich Wasser aus dem Hahn und beginne dann mit dem Abstieg über das längste Straßenbaudenkmal der Schweiz, die spektakuläre gepflasterte Passstraße Tremola.

Im sanften Abendlicht schlängelt sie sich wie ein helles Band auf knapp 16 Kilometern in 37 Haarnadelkurven vom Gotthardpass hinunter nach Airolo. Eingeweiht wurde die Straße 1832, die heutige Pflasterung stammt von 1951 und schüttelt vor allem Rennradfahrer und Touristen durch. Da die legendäre Straße lediglich zwischen 8 und 18 Uhr für den Autoverkehr geöffnet ist, strampelt jetzt nur noch eine verspätete Mountainbikerin den Berg hinauf. Ich hingegen kürze die zahlreichen Serpentinen auf dem Wanderweg zügig ab. Leider lasse ich dabei alle halbwegs ebenen Zeltplätze links liegen, weil sie von der Straße her einsehbar sind. Wildzelten ist auf dem Trans Swiss Trail aufgrund der dichten Bebauung und des bergigen Geländes generell nicht ganz einfach, aber auf dieser von Autobahnen und Bahnlinien garnierten Etappe doppelt schwierig. Ich lande schließlich viel zu spät auf einer mit Unkraut überwucherten Wiese mit Blick auf Airolo und bin damit im italienischsprachigen Tessin.

Die nächste Etappe folgt der Strada Alta, der Hochstraße, was mich zu der Annahme verleitet, dass ich ordentlich Kilometer machen könne. Doch statt auf einer asphaltierten Straße bin ich auf uralten schmalen Saumpfaden unterwegs, die mit ständigem Auf und Ab hoch oben an der sonnenreichen Seite des Leventinatals entlangführen. Während unten der Verkehr auf der Autobahn entlangrauscht, mache ich in den winzigen Dörfern mit den traditionellen Holz- und Steinhäusern eine kleine Zeitreise. Vom kalten Wind auf dem Gotthardpass ist nichts mehr zu spüren, stattdessen fühle ich mich in den nach Harz duftenden Bergwäldern dem Mittelmeer schon ganz nah. Im Winter sind diese Ortschaften ausgestorben, jetzt herrscht ein wenig touristische Betriebsamkeit. Hitzewellen und Gewitterschauer wechseln sich ab, aber ich kann an den vielen Dorfbrunnen kühles Wasser tanken und in den uralten Steinkirchen Schutz vor Sonne und Regen finden.

Eine der schönsten Stellen des Trans Swiss Trails ist der Abstieg von der Strada Alta bei Biasca. Mit grandiosen Fernblicken geht es über endlose Steinstufen 700 Höhenmeter steil hinunter ins Tal des Ticino – und dort für mich mit hängender Zunge zum nächsten klimatisierten Supermarkt. Dessen Regale sind gefüllt mit Fahnen, Lampions, Pappbechern und Luftschlangen in den Schweizer Farben Rot und Weiß, denn am 1. August wird der Nationalfeiertag begangen, je nach Region mit einem Feuerwerk oder Höhenfeuern auf den Bergen. Als plötzlich ein lauter Knall den Erdboden zittern lässt, glaube ich deshalb schon an verfrühte Festtagsaktivitäten, doch es handelt sich um eine Sprengung in einem der Steinbrüche an den steil aufragenden Bergflanken.

Direkt am Ufer des Ticino wandere ich weiter Richtung Bellinzona. Das wäre eigentlich eine traumhafte Etappe mit großartigen Wildzeltplätzen – wenn auf der anderen Flussseite nicht die Autobahn verlaufen würde. Barmherzigerweise dämpft das tosende Wasser den Verkehrslärm, und der dichte Wald verbirgt die vorbeirauschenden Wagen. Aufgrund seiner strategisch wichtigen Position im Tal des Ticino besitzt Bellinzona gleich drei Burgen sowie die Befestigungsanlage Murata, die als Beispiel für Schweizer Wehrarchitektur zum UNESCO- Weltkulturerbe erklärt wurden. Angesichts der brütenden Hitze schlendere ich lieber unter den Arkadengängen der Piazza Nosetta entlang und flüchte in die kühle barocke Stiftskirche. Erst als die Temperaturen langsam wieder sinken, steige ich 800 Höhenmeter hinauf und wechsle ins Val d’Isone.

Dort erreiche ich zwar pünktlich vor Sonnenuntergang mein anvisiertes Zeltgebiet mit Traumblick auf den Lago di Lugano, stelle aber voll Entsetzen fest, dass es sich um einen Truppenübungsplatz handelt. »Halt! Schießgefahr! Durchgang verboten!«, warnt mich ein dreisprachiges Schild, obwohl der Trans Swiss Trail eindeutig genau hier durchführt. In der Hoffnung, dass so spät am Abend keine Schießübungen mehr stattfinden, renne ich hektisch weiter. Zelten ist mir allerdings zu riskant, obwohl in dem eingezäunten Gelände einige Kühe friedlich grasen. Und so wird auch dieser Tag wieder einmal viel länger als geplant.

Am nächsten Vormittag ist die Landschaft von Nebel und Nieselregen verhüllt. Bei den hochsommerlichen Temperaturen werde ich in meiner Regenkleidung nun sowohl von außen durch den Niederschlag als auch von innen durch den Schweiß nass. Genervt sitze ich unter dem Vordach der Einsiedelei von San Bernardo und trockne meine nassen Klamotten, als endlich der graue Himmel aufreißt und den Blick auf den azurblauen Lago di Lugano und die gleichnamige Stadt freigibt. Plötzlich ist aller Frust vergessen. Nachdem ich durch Wald und Weinberge in das sonnenbeschienene Lugano abgestiegen bin, wähne ich mich zwischen den pastellfarbenen Palazzi und den Cafés voller Cappuccino trinkender Touristen eher in Italien denn in der Schweiz.

Als ich am nächsten Tag tatsächlich die Grenze zum Nachbarland überschreite, bleibe ich schon nach hundert Metern auf dem ersten italienischen Trail in einem undurchdringlichen Brennnesselgestrüpp hängen – und sehne mich sofort zurück auf die tadellos gepflegten und perfekt markierten Schweizer Wanderwege.

Für wen:

  • Der Trans Swiss Trail ist sicherlich nicht der spektakulärste der Schweizer Nationalwege, dafür aber der vielseitigste. Ein absolutes Muss also für alle Schweizfans , die einen Schnelldurchlauf durch die facettenreiche Alpenrepublik bekommen wollen.
  • Käsefeinschmecker wandern durch die Heimat des berühmten Emmentalers und können sich am Nationalgericht Käsefondue erfreuen. Reiche Auswahl an regionalen Spezialitäten gibt es in jedem Supermarkt und manchmal sogar direkt am Wegesrand beim Erzeuger.
  • Bahnfans können sich vor allem an der rekordhaltigen Etappe über den Gotthardpass erfreuen. Und auch sonst ist die Schweizer Bahn SBB hervorragend geeignet, um den Trans Swiss Trail abschnittsweise zu bewandern.