Land:
Deutschland | Länge:
520 km
Schwierigkeit:
* | Budget:
€€ | Jahreszeit:
ganzjährig
Natur:
** | Kultur:
** | Special Interest:
Bier und Brotzeit
Vielleicht bin ich bei diesem Weg ein bisschen voreingenommen. Ich stamme nämlich aus Franken, genauer gesagt aus Forchheim. Und soweit ich das anhand der Familienbibel und alten Fotoalben nachvollziehen kann, gilt das auch für meine Vorfahren bis zu den Ururgroßeltern. Mein Vater kam auf Montageeinsätzen viel herum, doch zog es ihn immer in die Heimat zurück, denn: »Hier schmeckt das Bier am besten!« Ich kann das leider nicht beurteilen, weil ich kein Bier trinke. In Franken, mit der höchsten Brauereidichte weltweit, quasi ein Sakrileg. Das ist aber nicht der Grund, warum ich als Erste meiner Familie die angestammte Heimat verließ, mich hatte es ganz einfach zum Studium nach Berlin verschlagen.
Wenn ich als Besucherin zurückkomme, wandere ich oft auf dem Frankenweg, einige Etappen habe ich sogar schon mehrfach zu unterschiedlichen Jahreszeiten absolviert. Auf 520 Kilometern durchläuft er Ober- und Mittelfranken. Der nördliche Terminus in Blankenstein ist Endpunkt des thüringischen Rennsteigs, der südliche Terminus in Harburg liegt am Beginn des schwäbischen Albsteigs.
Gleich die erste Etappe des Frankenwegs führt direkt durch die Hölle, in diesem Fall das wildromantische Höllental, eines der schönsten Flusstäler Deutschlands. Hier im Frankenwald war die Forstwirtschaft traditionell wichtig, Flößer brachten die Tannen über Main und Rhein sogar bis nach Amsterdam. Dieser Beruf ist heute zwar ausgestorben, doch in Wallenfels können Sie im Sommer immer noch an einer Flößerfahrt auf der Wilden Rodach teilnehmen. Für dieses spritzige Vergnügen unbedingt Wechselkleidung mitbringen!
Im Flößermuseum in Unterrodach lerne ich, dass den Arbeitern tarifvertraglich fünf Liter Bier pro Tag zustanden. Ob das wohl der Arbeitssicherheit zuträglich war? Wie dieses Bier geschmeckt haben mag, können Sie im Kronacher Antlabräu herausfinden. Dort wird ein spezielles Flößer-Bier ausgeschenkt, ein hefetrübes, untergäriges Vollbier mit Malzaroma. Kunstfreunde werden vielleicht eher im Kaiserhofbräu das Lucas-Cranach-Bier probieren wollen, benannt nach dem hier geborenen Renaissancemaler. Ich kaufe mir lieber im Supermarkt einen Höllensprudel aus dem Höllental und besichtige die Cranach-Gemälde in der Fränkischen Galerie auf der Festung Rosenberg. Sie erhebt sich steil über der Altstadt von Kronach und wurde im Laufe ihrer 800 Jahre langen Geschichte nie erobert.
23 Kilometer weiter erreiche ich Kulmbach, Deutschlands Biermetropole. Um diesen Titel streiten sich noch andere Städte, aber Kulmbach kann mit dem ältesten Bierfund des Landes aufwarten. In einem Gräberfeld wurde eine 3000 Jahre alte Amphore mit dem Gerstensaft entdeckt, heute kann sie im Bayerischen Brauereimuseum besichtigt werden. Das befindet sich – wen wundert’s – auf dem Gelände eines stillgelegten Brauhauses und zeigt die Geschichte des Bieres von den alten Ägyptern, Römern und Kelten über die christlichen Mönche bis hin zur Industrialisierung. Zur Veranschaulichung kann man in der Gläsernen Brauerei in durchsichtige Sudkessel mit Kupferhauben schauen und natürlich einen Schluck probieren.
Die insgesamt acht Braubetriebe im Kulmbacher Land produzieren die stärksten Biere der Welt. Das EKU 28, liebevoll auch Kulminator genannt, hat elf Prozent, der Kulmbacher Eisbock sogar zwanzig Prozent Alkoholgehalt und wird daher eher wie ein Likör getrunken. Diese Starkbierspezialität wurde durch reinen Zufall – oder Faulheit – »erfunden«. Einer Legende nach vergaß ein fränkischer Braugeselle ausgerechnet im Winter mehrere Fässer Bockbier im Freien, sodass der Inhalt über Nacht gefror. Als er das Eis zerschlug und den flüssigen Rest probierte, schmeckte es ihm nicht nur extrem gut, sondern machte zudem besonders schnell betrunken. Durch das Gefrieren wird dem Bier nämlich Wasser entzogen, und Alkohol, Aroma- und Geschmacksstoffe werden im sogenannten Eisbock konzentriert. Wer das alles genauer testen möchte, kommt am besten Ende Juli zur Kulmbacher Bierwoche, die alljährlich 130 000 Besucher anzieht – allein mit Bier, also ganz ohne Fahrgeschäfte oder sonstigen Tamtam.
Da mir der Sinn eher nach Essen steht, besuche ich das Bayerische Back- und Gewürzmuseum und marschiere im Sinne einer Verkostung einfach in die nächste Bäckerei. Lokale Spezialität sind die ausgezogenen Krapfen, auch Knieküchla genannt, weil der Hefeteig über dem Knie in die charakteristische Hutform gezogen wird. Heute sind sie fast das ganze Jahr über erhältlich, früher wurden sie nur zur Kirchweih oder zu Familienfeiern hergestellt. Selbst ich kann mich noch erinnern, dass anlässlich meiner Erstkommunion eine erfahrene Krapfenbäckerin angeheuert wurde, die in unserer heimischen Küche Dutzende dieser UFO- förmigen Teile in heißem Fett knusprig ausbuk und mit Puderzucker bestäubte. Im Anschluss an diese schweißtreibende Arbeit wollte sie nicht etwa eine Tasse Kaffee, sondern natürlich eine Flasche Bier.
Nach dem dicht bewaldeten und flussreichen Frankenwald geht es nun zur Fränkischen Alb mit ihren trockenen Hochplateaus, die steil zum Vorland abfallen und hervorragende Weitblicke ermöglichen. Damit erreiche ich meine persönliche Lieblingsetappe zur Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen und zum Staffelberg.
Ich starte im Juni schon besonders früh von meinem Zeltplatz am Großen Kordigast. Erstens ist es sehr heiß, zweitens habe ich kaum mehr Wasser, und drittens befürchte ich überraschenden Kinderbesuch vom nahe gelegenen Abenteuerspielplatz. Den alten Steinbruch, in dem Fossiliensucher nach versteinerten Lebewesen aus dem subtropischen Jurameer suchen können, lasse ich links liegen. Die Funde wären sowieso viel zu schwer für mich als Ultraleichtwanderin. Stattdessen steuere ich schnurstracks das Dorf Isling an, wo mir meine Karte einen Brunnen verspricht – nur ist der leider abgestellt. Vor lauter Durst will ich schon an einem der Häuser klingeln, als mir die offene Kirchentür auffällt. Drinnen wird eifrig geputzt, sodass ich schon wieder gehen will. Da dämmert mir, dass die beiden Damen das Putzwasser ja irgendwoher haben müssen …
»Bassens fei bloos auf, des is badscherdnass herinna – Passen Sie bloß auf, es ist patschnass hier drinnen«, warnt mich eine der beiden mit dem Wischmopp in der Hand vor Rutschgefahr. Während das Hochdeutsche alle 26 Buchstaben des Alphabets plus drei Umlaute nutzt, kommt Fränggisch mit etwas weniger zurecht: P und T existieren überhaupt nicht, es gibt nur ein hartes und weiches B und D. Auch das K wird bloß rudimentär verwendet, dafür ist das rollende R umso ausgeprägter. Als ich nun nach Wasser frage, kommt mir sehr zu Hilfe, dass ich den hiesigen Dialekt ausgezeichnet beherrsche. Und so führt mich die Frau freundlicherweise in die Saggrisdai, wo ich mich an einem Wasserhahn bedienen darf.
Auf dem Weg zur Basilika Vierzehnheiligen wundere ich mich über rostige Metallplatten mit kryptischen Inschriften wie »Katharina Buch Rad Schwert« oder »Erasmus Ankerwinde«. Erst nach einer Weile dämmert mir, dass mit den Schriftzügen auf diesen modernen Skulpturen die vierzehn Nothelfer gemeint sind, einschließlich ihrer Attribute und Marterwerkzeuge.
In dem prunkvollen Rokokobau sind die Skulpturen der vierzehn Heiligen allerdings deutlich figürlicher und dramatischer dargestellt. Direkt neben der Kirche befindet sich – Sie haben es schon geahnt – eine Brauerei zur Stärkung der Wallfahrer. Die meisten der jährlich 500 000 Besucher sitzen wohl auch deutlich länger und inbrünstiger auf den Bier- als auf den Kirchenbänken und trinken den »Nothelfer Trunk Export«. Man sagt, er schmecke, wie die Choräle der Wallfahrer klingen, die vom Tal heraufziehen … Ich hingegen schreie fast »Halleluja«, als ich die riesige Sanitäranlage entdecke. Dort kann ich mich in der geräumigen Behindertentoilette endlich mal wieder einer gründlichen Katzenwäsche unterziehen.
Als der Frankenweg eine große Schleife schlägt, hätte ich die angesichts der sommerlichen Temperaturen beinahe abgekürzt und damit den traumhaften Viktor-von-Scheffel-Blick verpasst. Der Pavillon mit Aussicht auf die Basilika ist so schön, dass ich sogar meine Mittagspause vorziehe, um ihn länger genießen zu können. Viktor von Scheffel, Dichter des 19. Jahrhunderts, verbrachte mehrere Wochen in der Nähe und schrieb dabei das Gedicht »Die Wanderfahrt«, das zum Text der inoffiziellen Frankenhymne wurde: »Wohlauf die Luft geht frisch und rein, / wer lange sitzt, muss rosten. / Den allerschönsten Sonnenschein / lässt uns der Himmel kosten …« Treffender hätte ich diesen wunderbaren Sommertag nicht beschreiben können.
Weiter geht es auf den Staffelberg, den Symbolberg Frankens, wo neben dem Gipfelkreuz die weiß-rote fränkische Fahne weht. Über die gigantische Aussicht auf das Maintal dichtete von Scheffel vor 150 Jahren: »Zum heil’gen Veit von Staffelstein / komm ich empor gestiegen, / und seh’ die Lande um den Main / zu meinen Füßen liegen. / Von Bamberg bis zum Grabfeldgau / umrahmen Berg und Hügel / die breite stromdurchglänzte Au. / Ich wollt’, mir wüchsen Flügel …«
Auch wenn heutige Leser bei der letzten Zeile eher an einen Energydrink denken werden: Oben auf dem Staffelberg gibt es natürlich einen Bierausschank und deftige fränkische Spezialitäten, Bratwürste mit und ohne Kraut, Presssack und Ziebelaskäs. Letzteres ist eine Art Quark mit deftigem Landbrot, gewürzt mit reichlich frischen Zwiebeln, Pfeffer und Salz. Bei mir bleibt am Abend die Campingküche kalt.
In Franken galt lange der Grundsatz cuius regio, eius religio – wessen Gebiet, dessen Religion. Da der Glaube des jeweiligen Landesherrn einfach seinen Untertanen aufoktroyiert wurde und Franken seit dem Mittelalter in Dutzende kleine und kleinste Herrschaftsgebiete zersplittert war, entstand ein Flickenteppich der Konfessionen. Die Route führt deshalb an zahllosen Kirchen, Kapellen und Wegkreuzen beider Konfessionen vorbei, doch das eigenartigste Gotteshaus befindet sich in Dörnwasserlos. Wegen des stacheldrahtgekrönten Doppelzauns halte ich das Gebäude zunächst für den Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses, und tatsächlich befand sich auf dem abgeschiedenen Gelände am Albtrauf von 1960 bis 1990 ein Raketenstützpunkt der NATO . Gemäß dem Motto »Schwerter zu Pflugscharen« wurde daraus nach der Wende das Kloster Marienberg. Die Trappistenmönche bauten ihre Kapelle und einen Glockenturm genau dort, wo früher eine große militärische Antenne in den Himmel ragte. Von hier aus hat man wohl einen besonders guten Draht nach oben. Heute hat die katholische Schönstatt-Bewegung die Anlage übernommen, Wanderer können sich in einem kleinen Café mit Getränken, Kuchen und Eis stärken.
Der Frankenweg führt als Nächstes durch die Fränkische Schweiz, das »Land der Burgen, Höhlen und Mühlen«. Die Tourismusmanager haben bei diesem Slogan allerdings eine Facette vergessen, denn in der Fränkischen Schweiz gibt es siebzig kleine und mittlere Brauereien, in ganz Oberfranken kommt ein Betrieb auf 5511 Einwohner. Das Seidla Bier, also ein halber Liter, kostet unter drei Euro. In Heiligenstadt ist in einer Braugaststätte sogar jedes siebte Seidla umsonst. Solche Angebote kenne ich sonst nur von den US- amerikanischen Thruhikern, bei denen es aber mehr ums Essen als ums Trinken geht.
Innenarchitektonisch scheinen die meisten dieser Gasthäuser in den 1950er-Jahren stecken geblieben zu sein, zum Glück geht man hier sowieso eher nach draußen auf die Keller. Ja, die Franken gehen nicht »in«, sondern »auf« den Keller, denn vor der Erfindung elektrischer Kühlanlagen wurde das Bier in Felsenkellern im Wald gelagert. Da es ja nun schon mal da war, fügte man einfach ein paar Holztische und -bänke dazu, bot ein paar kalte Speisen an, und fertig war der fränkische Bierkeller. Noch heute darf man in der Regel seine eigene Brotzeit mitbringen, für Autofahrer und Bierverweigerer wie mich wird Mineralwasser und Limonade angeboten. Mit Aussicht auf einen solchen Kellerbesuch konnten sich sogar meine wenig outdoorbegeisterten Eltern für Wanderungen durch die »Fränkische« erwärmen.
Am besten läuft man diese Etappe um Ostern herum, wenn in den Dörfern die Osterbrunnen mit Kränzen, Girlanden und bemalten Eiern geschmückt werden. Der Brunnen in Bieberbach bei Egloffstein hat es mit über 11 000 Eiern sogar ins »Guinness Buch der Rekorde« geschafft.
Zu jeder Zeit schön ist die Felsenlandschaft der Fränkischen Schweiz, die mich immer ein wenig an einen Spielplatz für Riesen erinnert: bizarre Felsformationen, enge Täler und gewaltige Höhlen. Die Route führt sogar mitten durch die 62 Meter lange Oswaldhöhle, aber Achtung: Kopf einziehen! Die Decke ist teilweise gerade mal 1,50 Meter hoch. Wer die beiden Tropfsteinhöhlen am Weg, die Bing- und die Teufelshöhle, besuchen möchte, sollte warme Kleidung mitbringen. Die Temperatur beträgt das ganze Jahr über neun Grad – für mich eine tolle Erfrischung an diesem heißen Sommertag.
Nachdem der Frankenweg den Großraum Erlangen/Nürnberg umwandert hat, macht er in Neumarkt einen kleinen Abstecher in die Oberpfalz. Im Kloster Sankt Josef feiere ich einmal ein sehr ruhiges Silvester. Das Gelände ist so groß, dass ich die Böller und Feuerwerksraketen kaum höre. Viele der 150 Schwestern verbringen hier ihren Lebensabend, in dem Gebäudekomplex ist auch ein Tagungs- und Seminarhotel untergebracht. Zum Jahreswechsel hat außer mir nur ein einziger anderer Gast Abendessen gebucht, und die Köchin ruft extra vorher an, um sich nach meinen Essenswünschen zu erkundigen. Als hungrige und ziemlich durchgefrorene Wanderin weiß ich diese Gastfreundschaft zu schätzen.
Am Silvesterabend serviert sie uns Bratwürste, die fränkische Leibspeise, die von Region zu Region variiert. Um Nürnberg sind die Würste klein und dünn, in Oberfranken eher lang und dick; in protestantischen Gegenden ist die Füllung grob, in katholischen fein. Und manchmal werden die Würste gar nicht gebraten, sondern in Wurzelsud gegart und heißen dann »Blaue Zipfel«. Vorteil für Wanderer: In vielen Metzgereien am Wegesrand gibt es Bratwurstbrötchen zum Mitnehmen.
Das fränkischste aller Gerichte ist wohl das Schäuferla, ein krosser Braten aus dem flachen Schulterstück des Schweins mit Knochen, Fettabdeckung und Schwarte, eine Besonderheit fränkischer Metzgerkunst, denn nur hier wird das Fleisch so geschnitten. Zwei bis drei Stunden brutzelt das Schäuferla im Ofen, dabei übergießt man es immer wieder mit Bier und serviert es schließlich mit Kartoffelklößen und Sauerkraut. Meine Eltern liebten dieses Gericht mit dem zarten Fleisch und der knusprigen Schwarte so sehr, dass sie ihren 65. Hochzeitstag in einer abgelegenen Dorfgaststätte mitten in der Fränkischen Schweiz feierten, eben weil es dort das beste Schäuferla gab. Aber keine Sorge, auf dem Frankenweg kommt man an genügend Wirtschaften mit entsprechendem Angebot vorbei!
Das Kalkgestein der Frankenalb sorgt für hartes Wasser, das glücklicherweise recht gut zu den dunkleren fränkischen Bieren passt und zu interessanten Naturphänomenen führt. Die Steinerne Rinne bei Wolfsbronn ist eine bis zu 1,60 Meter hohe Kalktuffrinne, entstanden durch den ausgefällten Kalk des Quellwassers. Noch heute wächst sie jedes Jahr um ein paar Millimeter. Der Frankenweg folgt ihr auf den gesamten 130 Metern Länge steil bergab, im Frühling begleitet durch den intensiven Geruch von Bärlauch.
Bei Weißenohe hat das kalkhaltige Wasser der Lillach sogar ganze Sinterterrassen geschaffen, die Flussquelle wird im Frühjahr als Osterbrunnen geschmückt. Zur Stärkung der Besucher gibt es im nahe gelegenen Kloster Weißenohe natürlich eine Brauerei, die nach dem Wegzug der Mönche heute in privater Hand ist und im Rahmen einer Führung besichtigt werden kann. Wie schon seit Jahrhunderten kommen Braugerste und Hopfen aus der Umgebung, das Wasser aus der Lillach. Dass die Braukunst vor allem in Klöstern florierte, hat mehrere Gründe: Die Mönche hatten das nötige Fachwissen, konnten die notwendigen Rohstoffe in ausreichender Menge selbst produzieren und lagern, und vor allem nutzten sie das nahrhafte Bier als Fastengetränk getreu dem Motto: »Flüssiges bricht das Fasten nicht!«
Am südlichen Ende des Frankenwegs ändert sich die Landschaft noch einmal. Jetzt wandere ich durch das Fränkische Seenland, dessen künstlich angelegte Gewässer die ungleiche Verteilung zwischen dem »nassen« Süd- und dem »trockenen« Nordbayern ausgleichen sollen. Der 1977 angelegte Hahnenkammsee lockt mit einem wunderbaren Badestrand, doch mich zieht es weiter zur wohl originellsten »Tankstelle« des ganzen Frankenwegs, der Wallfahrtskirche Maria Brünnlein bei Wemding. Dort muss ich zum Wasserholen nicht in die Saggrisdai, sondern finde mitten in der barocken Kirche hinter dem Gnadenalter den namensgebenden Brunnen mit Quellwasser. Wer sich lieber mit Bier statt wundertätigem Wasser stärkt, kann das nebenan im Gasthof mit dem passenden Namen »Zur Wallfahrt« tun.
Es gibt Dutzende anderer solcher Kleinode entlang des Frankenwegs, vom Römerkastell in Weißenburg über mittelalterliche Burgruinen in der Fränkischen Schweiz bis zu den modernen Thermen in Treuchtlingen und Bad Staffelstein – von den vielen weiteren Bieren und kulinarischen Schmankerln ganz zu schweigen. Was mich am allermeisten erstaunt: Der Weg wird trotzdem nur sehr wenig begangen. Dabei hat der Dichter Karl Immermann bereits 1837 so treffend geschrieben: »Franken ist wie ein Zauberschrank; immer neue Schubfächer thun sich auf und zeigen bunte, glänzende Kleinodien, und das hat kein Ende. Wer Deutschlands geheimste jungfräuliche Reize genießen will, muß nach Franken reisen.«
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