Morgen ist ein großer Tag.
Sol 100! Sie sind dann 100 Marstage hier. MfA und NASA haben beschlossen, den Tag gemeinsam zu feiern. Sie sind zwar räumlich getrennt, aber sie werden Kameras und Bildschirme aufstellen und dieselbe Musik spielen. So soll eine virtuelle Party entstehen. Lance räumt im Besprechungsraum dafür gerade eine kleine Tanzfläche frei. Sie brauchen unbedingt mehr Lagerraum, denkt er, vor allem, wenn sie in den kommenden Wochen auch noch die anderen alten NASA-Sonden plündern wollen. Diesmal wird es auch nicht zum Streit kommen: Die MfA-Leute konzentrieren sich nun auf das Material, das alle anderen Nationen auf dem Planeten abgesetzt haben. Das ist eine faire Verteilung, weil die NASA in der Summe deutlich erfolgreicher war als die anderen Weltraum-Agenturen.
»Lance, kommst du mal?«
Sharon ruft ihn aus der Zentrale. Was gibt es denn jetzt schon wieder? Er stellt noch einen Stuhl zur Seite, dann folgt er der Aufforderung.
»Ich habe da ein seltsames Signal«, sagt sie, als er den Raum betritt.
»Sag nicht, es kommt aus Richtung Erde.«
»Kommt es.«
Lance seufzt. In den vergangenen drei Tagen gab es viele Fehlalarme, weil einer der Mars-Orbiter wohl gerade spinnt. Die genaue Ursache versucht Mike gerade herauszufinden.
»Hat Mike denn schon ein Ergebnis?«, fragt Lance.
»Ich glaube nicht, aber er schläft noch. Sollten wir ihn wecken?«
»Lass mal. Das lohnt nicht. Bestimmt wieder so ein Fehler.«
Er spielt das Signal ab. Es ist nicht im NASA-Standard kodiert, nur Rauschen ist zu hören. Er verändert die Kodierung. Plötzlich ist das Rauschen weg.
»Wǒmen yāoqiú liánxì«
Was ist das? Es hört sich an wie Chinesisch. Zum Glück wechselt der Sprecher nun ins Englische.
»Hier ist das Raumschiff Lange Reise 2, wir bitten um Kontaktaufnahme.«
»Ich wecke Mike, sagst du Sarah Bescheid?« Lance läuft, um ihren Kommandanten zu holen.
Das Schiff
der Chinesen ist für eine echte Unterhaltung noch zu weit weg, auf jede Antwort müssen sie vierzig Minuten warten. Außerdem gibt die Besatzung an, Energie sparen zu müssen. Anscheinend ist schon ihr Start nicht mehr ganz regulär verlaufen, und es sind sechs statt geplanter vier Menschen an Bord.
»Können Sie uns etwas zu den Verhältnissen auf der Erde sagen?«, fragt Mike, dann sendet er die Nachricht ab.
In den kommenden Tagen warten sie vergeblich auf Antwort.