Kapitel 24

An diesem Tag mussten auch junge, freie und wilde Menschen Zugeständnisse in puncto Kleidung machen, wollten sie keinen Hitzschlag erleiden. So hatte selbst Bosse Peters angesichts der rekordverdächtigen Temperaturen auf Lederjacke und Jeans verzichtet, stattdessen zu kurzen Stoffhosen und einem schwarzen T-Shirt gegriffen.

Er trat in die Pedalen, sauste die Promenade Richtung Niendorf hinunter. Die Luft über der Ostsee flimmernd wie in Filmaufnahmen von der Wüste, milchiger Himmel, kein Windhauch, Stillstand, keine Spaziergänger, keine frechen Möwen, dafür ein überfüllter Strand, kaum noch Sand zu sehen zwischen all den bunten Handtüchern. Darauf bewegungslos liegend wie vollgefressene Kegelrobben: Menschen dicht an dicht, ebenso im Wasser, träge dahintreibend, fleischige Bojen in der aufgewärmten See.

Bosse hingegen fühlte sich leicht und beschwingt, zum einen wegen des ungewohnten Outfits, zum anderen wegen des Anschlags auf die Auto-Show. Im Gegensatz zu fast allen Timmendorfern und Gästen freute er sich insgeheim über die erneute Aktion des unbekannten Täters – und der 17-Jährige vermutete, dass es seinen Eltern nicht anders ging. Zwar waren Britt und Meeno entsetzt über die hinterhältige Vorgehensweise und den hohen Schaden – andererseits brachte dieser Vorfall die endgültige Entlastung von Bosse mit sich.

Sein Alibi: Party in der „Tatnacht“, mit seiner Timmendorfer Clique bis zwei Uhr morgens nach einem großartigen Punk-Konzert auf der Lübecker Flori, anschließendes Herumlärmen in der WG von Jonathans Bruder bis kurz vor 5 Uhr, dann hatte ein entnervter Nachbar die Polizei gerufen – nicht die schlechtesten Zeugen.

Der Kiosk „An der Acht“ kam in Sicht. Bosse bremste, kettete sein Fahrrad an den Pfahl eines Steinzaunes, der eine protzige Villa umrahmte – das Schild „Fahrräder anschließen verboten“ an dem hässlichen, mit Steinen gefüllten hohen Drahtkorb ignorierend. 50 Meter weiter links ein klappriges Tor im morschen Jägerzaun, der das Grundstück von Jonathans Oma begrenzte. Der Garten direkt an der Promenade („1A-Lage“ im Immobilienkäufer-Jargon) war mit hohen Kiefern bewachsen, Sichtschutz für ein kleines Wochenendhaus in der Mitte. Jonathans Familie nutzte die Holzhütte selten, verkaufen wollte die Oma dennoch nicht. Dabei hätte sie das auf einen Schlag reich gemacht. Ein Makler hatte Interessenten angekündigt, die drei Millionen Euro für das Areal auf den Tisch legen wollten, Abriss- und Rodungskosten nicht inbegriffen. Nicht zu fassen.

Mias rote Haare leuchteten weithin. Sie trug zwar auch im Hochsommer nur Schwarz, heute war es ein kurzes Kleidchen, ließ jedoch den zentimeterdicken Kajalstrich weg. Sie saß im Schneidersitz unter einem Sonnenschirm auf einer auf dem Rasen ausgebreiteten Decke, neben ihr lagen Jonathan, Laura und Vito wie gefällte Bäume in der Sonne.

„Kommst du auch noch?“, begrüßte Mia Bosse, der ein Handtuch aus seinem Rucksack zog und sich lang darauf ausstreckte.

„Sorry. Ich musste meiner Mutter helfen.“

„Wir haben mit der Besprechung extra auf dich gewartet“, meinte Mia streng. „Aber jetzt können wir ja anfangen.“

„Du bist immer noch bei der Aktion in Groß Timmendorf?“ Bosse hoffte, dass er damit unrecht hatte.

„Ganz genau“, zerstörte Mia diese Träume. „Jetzt, da deine Unschuld einwandfrei feststeht, können wir sicher sein, dass die Polizei kein Auge mehr auf dich hat. Also kann es losgehen.“

„Bist du sicher, dass das eine gute Idee ist?“ Bosse hatte ein mulmiges Gefühl. Der unberechtigte Verdacht gegen ihn hatte ihn spüren lassen, was es bedeutete, Ärger mit den Ermittlungsbehörden zu bekommen. Unschuldig hin oder her – ein zweites Mal wollte er das nicht erleben.

„Wir waren uns doch einig.“ Jonathan setzte sich auf. „Oder hast du jetzt Angst?“

„Nein, schon gut.“

„Wir machen im Grunde nichts Illegales. Ich meine, wir machen nichts kaputt oder so“, sagte Laura. „Jedenfalls nicht viel.“ Die stämmige 18-Jährige hatte sich in eine Art dünnen, braunen Sack gehüllt. „Wir wollen uns nur umsehen.“

„Und wenn wir etwas finden?“, fragte Bosse.

„Dann machen wir Fotos oder filmen. Das Material geht dann an die Polizei, den Amtstierarzt und den Tierschutz“, erläuterte Mia ruhig. „Selbst wenn wir geschnappt werden, was ich nicht glaube – sie können uns keine große Sache anhängen.“

„Du hast ja recht.“ Dennoch fühlte sich Bosse nicht gut. Es war einige Zeit her, dass sie beschlossen hatten, sich heimlich in der Schweinezucht von Ole Martens in Groß Timmendorf umzusehen. Auslöser dieser Idee war ein Bericht über Missstände in einem süddeutschen Bio-Betrieb, der Mia sehr aufgewühlt hatte. Sie hatte ihre Freunde davon überzeugt, dass es wichtig sei, die Betriebe in der Umgebung wenigstens „zu überprüfen“. Nachdem jedoch Bosse ins Visier der Polizei geraten war, hatten sie diesen Plan auf Eis gelegt.

Und wenn es nach Bosse ginge, konnte der Plan dort auch liegen bleiben. Seine Freunde wussten nicht, wie es war, diverse Stunden in der Polizeistation zu verbringen – Bosse schon. Aber er würde Mia, Laura, Jonathan und Vito nicht hängen lassen. Sie hatten auch zu ihm gehalten, als er noch verdächtigt wurde.

„Schön.“ Mia wirkte zufrieden. „Also zunächst die Klamotten: schwarz, logisch, dunkle Turnschuhe, die Sturmhauben bringe ich mit, okay?“

„Wir wollen doch keine Bank überfallen“, sagte Laura.

„Nein. Aber mit Video-Überwachung ist trotzdem zu rechnen“, erklärte Mia.

„Dafür hat Ole gar kein Geld“, warf Jonathan ein. „Würde mich wundern, wenn er überhaupt eine Alarmanlage hat.“

„Doch“, sagte Vito, „hat er. Aber die geht nur los, wenn die Lüftungsanlage ausfällt. Hat mir mein Vater erzählt. Der kauft ab und zu Fleisch bei Ole.“

„Sehr gut. Jonathan, du bringst ein Brecheisen mit, ja?“ Mia fixierte den schmächtigen Jugendlichen mit dem Blick eines berüchtigten Desperados, der einen Überfall auf die Postkutsche plant.

„Ja, läuft“, brummte Jonathan. „Und dann – ich meine, wenn wir drin sind?“

„Dann gucken wir, ob alles seine Ordnung hat“, erwiderte Mia. „Wenn nicht, halten wir das mit unseren Handys fest. Im Gegensatz zu euch habe ich mich bereits mit der Schweinehaltungsverordnung beschäftigt. Es geht unter anderem um die Wasser- und Futtertröge, den Platzbedarf, Bewegungsfreiheit, Liegebereiche, Möglichkeiten zur Beschäftigung, eventuelle Verletzungen der Tiere, das Stallklima, die Beleuchtung …“

„Alter Schwede.“ Bosse sah seine Freundin anerkennend an. „Du hast dich echt reingearbeitet.“

„Natürlich. Was dachtet ihr denn?“

„Nicht, dass du selbst Schweinezüchterin wirst.“

„Das kommt für eine Vegetarierin wohl kaum infrage.“ Mia schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin grundsätzlich gegen Tierhaltung und Tierzucht zwecks Fleischverzehr. Aber wenn es schon erlaubt ist, dann sollten sich die Züchter zumindest an die Vorschriften halten. Und ich kann mir vorstellen, dass diesbezüglich einige Leute Dreck am Stecken haben.“

Das amtierende Timmendorfer Rathaus hatte einfach keinen Stil. Seufzend sah sich Thea Harms in der „Eingangshalle“ um. Sie war nicht mehr als ein verwinkelter Raum mit Tresen und Treppenhaus, der ungute Erinnerungen an die späten 1970er- bis zu den frühen 1980er-Jahren weckte. Thea wäre nicht überrascht, an jeder Ecke einen verknöcherten Finanzbeamten mit Schlaghosen an den Beinen und Gummibaum in der Hand zu treffen. Noch dazu lag die Timmendorfer Verwaltung fast außerhalb, hinten an der Strandallee Richtung Scharbeutz, in einem unattraktiven, knapp 50 Jahre alten Betonklotz. Ein Umzug war mehrfach von Kommunalpolitik und Verwaltung diskutiert worden, die Suche nach einem neuen Domizil geriet jedoch zu einem – selbst für Timmendorfer Verhältnisse beispiellos komplizierten – Desaster ohne Ergebnis.

„Moin, Thea Harms mein Name.“ Sie wandte sich an die unauffällige junge Frau am Empfang. „Ich habe einen Termin im Fachbereich Bauen, wegen der Einsicht in die Bauakten.“

„Ich melde Sie an.“ Die junge Frau griff zum Telefonhörer. „Die nötigen Einverständniserklärungen haben Sie dabei?“

„Kein Problem“, nickte Thea. Sie hatte keine einzige Einverständniserklärung, von wem auch, sie wusste ja noch gar nicht, wonach genau sie suchte. Aber das würde sich schon ergeben.

„Die Treppe hoch, dann den Gang nach links hinunter“, erklärte die Empfangsmitarbeiterin. „Zimmer 46.“

„Danke.“ Während Thea die Treppen hinaufging, dachte sie an das ehemalige Rathaus zurück, an das schmucke Gebäude, einst als „Olgaheim“ Ende des 19. Jahrhunderts am Timmendorfer Platz errichtet und seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht länger ein Ort der Erholung, sondern schönes und zentral gelegenes Rathaus der Gemeinde. Bis zum Abriss in den 1990er-Jahren, wobei heftige Proteste der Timmendorfer dazu führten, dass das „Olgaheim“ rekonstruiert und der Nachbau 1999 eingeweiht wurde. Seither beherbergte das Haus allerdings „nur“ die Tourismus GmbH und die Gemeindebücherei, was Thea zutiefst bedauerte.

Doch damit musste sie sich abfinden. Nicht abfinden wollte sich Thea hingegen mit der Fortsetzung der Anschläge. Wer wusste schon, was dem Täter nach Brandstiftung und Buttersäure noch einfallen würde? Er säte Verunsicherung und Misstrauen im Ort, und Thea Harms würde nicht untätig zusehen, wie jemand ihr geliebtes Timmendorf zerstörte.

Deswegen hatte sie Überlegungen angestellt – allein, denn auf die Unterstützung der ehemaligen Mitstreiter aus der „Soko“ konnte sie nicht zählen. Sie schienen weiterhin auf die Polizei zu vertrauen, obwohl jedes Kind erkennen konnte, dass die Ermittler keinen Schritt weiterkamen. Weil sie Timmendorf nicht kannten, jedenfalls nicht so gut wie Thea.

Ihr war klar, der Täter kannte sich in Timmendorf aus und hatte es auf Veranstaltungen abgesehen, die ein Hauch von Luxus umwehte. Seine Parole war ein Indiz für Neid und den Wunsch, anderen Menschen möge es schlechter gehen – weil, da war sich Thea sicher, es dem Täter auch schlechter ging oder in naher Zukunft schlechter gehen würde.

Was den Kreis der von ihr anvisierten Verdächtigen anging, war Thea jedoch ins Grübeln geraten. Sophie Augsbach, Sigrid Steenkamp, Ole Martens und Martin Schmitz hatten sich in den vergangenen Wochen nicht auffälliger verhalten als andere Timmendorfer. Hatte sie sich getäuscht? Und wenn ja, wer käme außerdem in die engere Wahl? Wer noch hatte größere materielle Verluste erlitten – oder würde sie demnächst erleiden? Und warum?

Geschäftsübernahmen! Das war Thea schlagartig eingefallen, als sie sich eine weitere Tasse ihres höllisch starken Kaffees eingeschenkt hatte. Wer war pleite, wer musste aufgeben, wer wurde aufgekauft? In der Gerüchteküche köchelte aktuell nichts. Wenn überhaupt jemand etwas wusste, dann der Vorsitzende des örtlichen Gewerbevereins – und eventuell Mitarbeiter der Verwaltung, die zusammen mit der Kommunalpolitik größere Vorhaben absegnen mussten. Sie würden einer alteingesessenen Timmendorferin wie Thea Harms gewiss helfen und ihr Akteneinsicht gewähren, sodass sie sich einen Überblick über kommende Projekte und die Betroffenen verschaffen konnte, oder etwa nicht?

Nein, lautete die Antwort auf diese Frage wenig später. Der Sachbearbeiter aus der Bauverwaltung erklärte Thea unmissverständlich, dass sie keineswegs ohne Einverständniserklärung der Eigentümer in irgendeine Bauakte blicken durfte. Nein, auch nicht, wenn sie zehnmal Thea Harms war. Basta.

Immerhin: Der Mann hatte sie auf die Internetseite der Gemeinde verwiesen und gezeigt, wo sie öffentlich zugängliche Informationen finden konnte.

„Politik – Ratsinformationssystem“ hatte Thea sich notiert, und dann: „Recherche – Bauausschuss“. Unter diesem Punkt klappte eine lange Liste auf: Tagesordnungen der zahlreichen Sitzungen mit den verschiedenen Themen, dazu seitenlange Vorlagen und Sitzungsprotokolle.

„Wunderbar“, murmelte Thea, während sie die Strand­allee in Richtung Zentrum marschierte. Zum Glück besaß sie einen leistungsfähigen Computer – und die nötige Entschlossenheit, sich ab sofort zu Hause durch diesen Wust an Informationen zu arbeiten. Irgendwo war der entscheidende Hinweis versteckt, das spürte sie genau.

Die riesigen Sonnenschirme, aufgestellt wie ein kleines, schattiges Wäldchen rund um Britts Kiosk, waren ihr Geld heute ein Hundertfaches wert. Ohne sie hätte es kein Mensch länger als drei Sekunden vor dem weiß getünchten Gebäude ausgehalten, auf das die Sonne gnadenlos herunterbrannte. Lianne spürte die Hitze des Promenadenweges durch die Sohlen ihrer dünnen Sandalen.

Sie schwitzte im leichten Sommerkleid – das sie sich mittlerweile leisten konnte, hatte sie doch drei Kleidergrößen verloren. Eine Elfe machte das nicht aus ihr, doch Lianne war sehr zufrieden. Mit der Person, die ihr jetzt aus dem Spiegel entgegenblickte, hatte sie nicht mehr gerechnet.

Vor der Ausgabe des Kioskes erwartete sie gähnende Leere, vermutlich fehlte den meisten Menschen erneut die Kraft, sich zwecks Nahrungsaufnahme irgendwohin zu bewegen.

„Eine große Traubensaftschorle, aber zackig!“, rief Lianne in die Fensteröffnung.

Britt tauchte auf, sichtlich erschöpft. Ihre blonden Haare standen vom Kopf ab, ihr Gesicht war gerötet.

„Ach du bist es“, meinte sie müde. „Mittagspause?“

„Ja, sieht so aus.“

„Und wer passt auf die Strandkörbe auf?“

„Ein Stammgast – beziehungsweise eine ,Gästin‘, falls es das Wort gibt“, erklärte Lianne. „Inge von Salzen, sehr nett. Sie hat mit ihrem Mann einen Saisonkorb gemietet und kennt sich inzwischen so gut aus, dass sie mich für eine halbe Stunde vertreten kann.“

„Du hast es gut“, seufzte Britt, während sie die Schorle mixte. „Meine Vertretung hat mich hängen lassen.“

„Oje. Kann denn Bosse nicht einspringen?“

„Der hat mir vorhin schon geholfen, als die Getränke geliefert wurden.“ Britt stellte die Schorle vor Lianne auf den Tresen. „Danach wollte er seine Freunde treffen, davon wollte ich ihn nicht abhalten.“

„Jetzt ist er ja auch wieder ein freier Mann, sozusagen. Ich meine, ein Jugendlicher, frei von jeglichem Verdacht, oder nicht?“

„Das stimmt.“ Britt nickte. „Eine große Erleichterung für uns. Wobei die Sache mit dieser Buttersäure wirklich übel ist.“

„Übel ist der richtige Ausdruck.“ Lianne dachte mit Schaudern an den Brechreiz zurück, den der grässliche Gestank bei ihr ausgelöst hatte.

„Was mich wundert: Müsste die Polizei dem Täter nicht über diese Säure auf die Spur kommen?“, fragte Britt.

„Warum?“

„Na, bei ,Update‘ stand doch, dass man das Zeug ganz leicht im Internet ordern kann. Dann müsste man doch auch herausfinden können, ob jemand hier aus der Gegend so etwas bestellt hat.“

„Eigentlich ja“, pflichtete Lianne ihr bei. „Wahrscheinlich wird das auch schon überprüft, denke ich. Aber was, wenn es zig Anbieter gibt? Das dauert bestimmt. Und was, wenn der Täter die Säure schon vor längerer Zeit bestellt hat, vor einem Jahr oder so? Das sind dann eine Menge Leute, die kontrolliert werden müssen. Oder wenn er sie sich gar nicht unter seinem richtigen Namen hat schicken lassen?“

„Tja.“ Britt zuckte mit den Schultern. „Ich dachte ja nur. Es wäre schön, wenn der Spuk endlich ein Ende hätte.“

„Finde ich auch“, ertönte eine ruhige Männerstimme hinter ihnen. Lianne drehte sich um. Steco. Der mittelgroße Mann trug ein weißes T-Shirt und graue Cargoshorts und wirkte von der Hitze ebenfalls mitgenommen. Tiefe Falten in seinem scharf geschnittenen Gesicht, die dünnen, graublonden Haare allerdings wie stets korrekt zurückgelegt.

„Steco, grüß dich“, sagte Britt. „Auch eine Erfrischung? Der heutige Tagestipp ist Traubensaftschorle.“

„Da sage ich nicht Nein.“ Steco lächelte. „Oder störe ich?“

„Ach was.“ Lianne winkte ab. „Wir haben nur über das ewige Topthema gesprochen, dieses Mal mit dem Schwerpunkt Buttersäure.“

„Eine hässliche Geschichte.“ Steco wurde ernst. „Nach allem, was ich über diese Säure weiß, ist sie sehr gefährlich, sie kann schwere Gesundheitsschäden verursachen.“

„Kann ich mir vorstellen.“ Lianne stürzte die Hälfte ihrer Schorle hinunter, als müsste sie nach einer Wüsten-Wanderung eine Dehydration ausgleichen, während Steco nach seinem Glas griff.

„So gesehen können wir alle froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist“, meinte Steco.

„Noch nicht“, unkte Britt. „Aber es ist ja kein Ende in Sicht.“

„Leider.“ Steco seufzte. „Wir können nur hoffen und der Polizei gute Gedanken schicken, damit sie diese … nun, diese zerstörte Seele bald findet. Sie hat wahrhaftig genug schlechtes Karma gesammelt.“

„Vor allem hat sie – oder er – genug schlechtes Karma verbreitet“, erklärte Lianne trocken.

„Ja, das sicher auch.“ Steco schwieg einen Moment.

„Ich bin aber wegen einer anderen Sache hier“, sagte er dann. „Ich werde am Freitag am Strand-Treff zu einer großen Sause laden – und ich brauche Unterstützung.“

„Unterstützung?“, fragte Britt.

„Hilfe beim Ausschank“, präzisierte Steco. „Es sind so viele Leute eingeladen, ich habe auch eine Live-Band gebucht, es wird mit Sicherheit eine der besten Partys der Saison. Aber die beiden Studentinnen, die sonst bei mir arbeiten, sind an diesem Wochenende nicht da, und allein schaffe ich es nicht. Da habe ich an euch gedacht.“

„An uns?“ Lianne zog die Augenbrauen hoch. „Wegen unserer jugendlichen Studentinnen-Ausstrahlung, oder weshalb?“

Steco lachte. „Nun, ich finde euch durchaus noch sehr jugendlich. Vor allem aber hat mich euer Einsatz beim Cocktail-Ausschank beeindruckt, ihr wisst schon, an dem Abend bevor das Polo-Zelt brannte. Ich glaube, ihr könntet auch am Freitag mit der Meute fertigwerden.“

„Dein Vertrauen ehrt mich.“ Britt verzog das Gesicht. „Aber ich kann am Freitag nicht, ich muss zum Elternabend. Nachdem Bosses Weste wieder rein ist, will ich nicht gleich wieder unangenehm auffallen – indem ich diese hochwichtige Zusammenkunft schwänze.“

„Verstehe. Und wie sieht es bei dir aus?“ Steco sah Lianne fragend an. „Ich zahle natürlich einen anständigen Stundenlohn.“

„Hm.“ Lianne überlegte. Das Geld war ihr egal, und eigentlich hätte sie den Freitagabend lieber auf ihrer Couch verbracht. Aber sie mochte den freundlichen, unaufdringlichen Steco.

„Also gut, ich mach’s.“ Sie hob ihr Glas. „Wann soll ich zum Dienst antreten?“

„Toll, wirklich, danke!“ Steco strahlte. „18.30 Uhr reicht völlig – oder bist du dann noch nicht mit den Strandkörben durch?“

„Das geht schon. Ich habe inzwischen eine zuverlässige Aushilfe an der Hand.“

„Super.“ Auch Steco hob sein Glas. „Das wird mit Sicherheit eine wunderbare Feier, das gibt es nur in Timmendorf – und wir müssen endlich wieder positive Energie in den Ort zurückbringen.“