Verdammt. Das ist alles, was ich auf dem Weg zurück zu meinem Büro murmeln kann. Jedes Mal, wenn ich glaube, mein Verlangen unter Kontrolle zu haben, reagiert mein Körper erneut auf die Erinnerung an Zahras Lippen auf meinen.
Es war keine gute Idee, sie darum zu bitten, nach dem Meeting noch im Raum zu bleiben. Die Sache ist eskaliert, als Zahra auf eine Art mit mir gesprochen hat, wie es noch niemand zuvor gewagt hat. Eigentlich hätte es mich verärgern sollen; ich habe mich noch nie zu Menschen hingezogen gefühlt, die meine Autorität untergraben, daher weiß ich selbst nicht recht, was mich an Zahra so fasziniert. Statt auf die Stimme der Vernunft in mir zu hören, habe ich alle Warnsignale ignoriert, ohne nachzudenken.
Ich weiß nicht, warum ich in ihrer Gegenwart nicht klar denken kann. Drohungen prallen an ihr ab, und meine zornigen Blicke bringen sie zum Lachen. Nachdem sie im Meeting vor allen anderen so respektlos mit mir gesprochen hat, war ich mir nicht sicher, ob ich sie feuern oder sie vögeln will, bis sie sich bei mir entschuldigt.
Und die Laute, die sie von sich gegeben hat, als ich mit meiner Zunge in ihren Mund eingedrungen bin … Verflucht. Ich ächze, als das Blut wieder in meinen Schritt strömt. Verzweifelt raufe ich mir die Haare. Verflucht, verflucht, verflucht!
Declan würde mich an den Eiern am Fahnenmast des Schlosses festbinden, wenn er herausfinden würde, dass ich eine Angestellte geküsst habe. Im Kopf gehe ich meine Optionen durch, wie ich mich seiner Predigt entziehen kann, nachdem Zahra mich in der Personalabteilung gemeldet hat, aber es führt kein Weg daran vorbei. Und egal, welches Urteil am Ende über mich gefällt wird, ich habe es verdient. Schließlich bin ich derjenige, der sie geküsst hat. Selbst wenn sie darauf reagiert hat, liegt es in meiner Verantwortung, mich professionell zu verhalten und mich an Regeln zu halten.
Statt mein Büro zu betreten, gehe ich zu meinem Haus am Rande des Dreamland-Parks. Ich greife nach meinem Telefon, um meinen Piloten anzurufen. Ich muss schleunigst von hier verschwinden, ehe ich noch etwas anderes tun kann, das mich von der erfolgreichen Umsetzung meines Projekts abhalten könnte.
Der Kuss mit Zahra hat gezeigt, wie gefährlich Anziehungskraft sein kann, und ich muss mich so weit von ihr entfernen, wie es nur möglich ist. Sie ist gefährlich. Für meinen Plan. Für meine Zukunft. Und für die Stimme in meinem Kopf, die sich fragt, wie explosiv alles andere zwischen uns gewesen wäre, hätten wir nicht aufgehört.
* * *
Die ersten vierundzwanzig Stunden zurück in Chicago waren alles andere als angenehm. Von meinem verspäteten Eintreffen bei einem Termin wegen eines platten Reifens, den mein Fahrer wechseln musste, bis hin zu dem Kaffee, den ein Angestellter mir über das Hemd gegossen hat, ist alles schiefgelaufen. Die Montags-Meetings tragen nur zu meiner wachsenden Verärgerung bei. Die Besprechungen kommen mir vor wie eine Verschwendung meiner Zeit, die ich eigentlich im Dreamland verbringen sollte. Ich berühre meinen Manschettenknopf und drehe das kalte Metall zwischen meinen Fingern. Declan übernimmt die Führung, nachdem mein Vater den Anfang gemacht hat. Mein Bruder spricht über Zahlen, während sich Iris um die PowerPoint-Präsentation kümmert. Declans Assistentin ist auf schlichte Art hübsch. Ihr welliges dunkles Haar hat sie mit einem bunten Band zurückgebunden, das den warmen Ton ihrer Haut zur Geltung bringt. Sie und Declan arbeiten hervorragend zusammen. Obwohl sie noch so jung ist, ist sie verdammt gut in ihrem Job. Er lässt sie sogar manche der Fragen beantworten, was bei ihm eine Seltenheit ist.
Ich schaue zu Cal rüber und frage mich, ob ihm auffällt, wie gut sie zusammenarbeiten, aber er starrt auf ein Blatt Papier, das vor ihm liegt. Das ist nichts Neues. Cal hatte schon immer mit seiner Impulsivität und seiner mangelnden Aufmerksamkeit zu kämpfen, obwohl er überaus intelligent ist. In stundenlangen Meetings zu sitzen, raubt ihm jegliche Selbstbeherrschung.
Heute hat er offenbar beschlossen, Drei gewinnt zu spielen, um wach zu bleiben.
Ich greife nach meinem Stift und kritzele auf sein Blatt.
»Arschloch«, murmelt er leise.
Ich schreibe Zuhören oben auf das Blatt.
Als er einen Mittelfinger zeichnet, kritzele ich darunter: Ist das dein Minipenis?
Er stößt ein leises Lachen aus.
Declan räuspert sich, und wir schauen beide auf.
»Gibt es Neuigkeiten über eure Fortschritte?«, fragt unser Vater. Sein Tonfall klingt so neutral, dass ich aufhorche. Wenn er weder höhnisch lächelt noch mürrisch dreinschaut oder mich böse anfunkelt, überlege ich automatisch, wo der Haken ist.
Ich schnippe ein unsichtbares Staubkorn von meinem Jackett. »Das Entwickler-Team wurde zusammengestellt und macht schnelle Fortschritte, was neue Ideen betrifft.«
Vater nickt. »Gut. Ich glaube, es wäre zuträglich, wenn du unserem nächsten Meeting zu den ersten Ergebnissen beiwohnst. Mit zehn Milliarden Dollar hast du ein sehr hohes Budget, und ich bin mir sicher, dass die anderen Vorstandsmitglieder überaus interessiert daran wären, zu erfahren, wie das Geld eingeteilt wird.«
Mistkerl. Ich presse die Zähne zusammen. »Natürlich kann ich präsentieren, wie ich das Budget einteile. Soll ich mich dabei auf irgendetwas Bestimmtes konzentrieren?«
Er schüttelt den Kopf. »Ich glaube, man ist an allem interessiert, was den kreativen Designprozess hinter einer so großen Operation betrifft. Solch umfassende Renovierungen wurden schon seit dem fünfundzwanzigsten Jubiläum nicht mehr vorgenommen.«
Ich schaue ihm in die Augen und suche darin nach einem Hinweis, doch alles, was mir auffällt, ist, dass sie nicht so rot sind wie sonst. Wie merkwürdig. Nun, da ich darüber nachdenke, bin ich mir nicht sicher, ob ich meinen Vater jemals so nüchtern erlebt habe. Er ist ein gesellschaftsfähiger Alkoholiker, und das Einzige, was ihn normalerweise verrät, sind seine geröteten Augen am nächsten Tag. Ich verbuche es als merkwürdigen Zufall. Vielleicht ist ihm gestern Abend der Alkohol ausgegangen, und er war zu faul, um neuen zu kaufen.
»Ich stelle gerne alles vor, woran ich bisher gearbeitet habe.«
Mein Vater hat heute ein Inferno unter meinem Hintern entzündet. Es wird höchste Zeit, dass ich mehr Druck auf das Team ausübe, denn auch wenn sie ihr Bestes geben, genügt mir das noch lange nicht. Nicht, wenn mein Vater mich mit Adleraugen beobachtet und darauf wartet, dass ich scheitere.
Ich werde alles tun, was nötig ist, damit die Entwickler erfolgreich arbeiten können, besonders Zahra. Mit ihr im Team habe ich die beste Chance, mein Ziel zu erreichen und Dreamland endlich hinter mir zu lassen.