»I ch habe sie verbrannt. Schon wieder.« Ich stelle das rauchende Muffinblech auf den Herd, während Carter mit einem Küchenhandtuch den Rauch wegwedelt.
»Das macht nichts.« Er hustet. »Wir sind alle ein bisschen abgelenkt.«
Ich wollte Muffins für Mateo backen, aber ich war noch nie eine gute Köchin oder Bäckerin. Carter ist geduldig mit mir, aber selbst mit seiner geschickten Anleitung bin ich noch nicht für diese Aufgabe geeignet.
»Ich wollte mich damit ablenken.« Ich sitze an der Insel und reibe mir die Augen, dann schaue ich aus dem Fenster auf die aufkommende Dämmerung. »Aber ich schätze, es hat nicht funktioniert.«
»Wirklich, das macht nichts.« Er wirft das Handtuch über die verkohlten Muffins. »Es war meine Schuld, dass ich weggegangen bin.«
»Solltest du nicht langsam gehen?« Ich zeige auf das Fenster. »Es wird dunkel. Es wird bald nicht mehr sicher sein.«
»Darüber mache ich mir keine Sorgen. Mateo war schon in vielen schwierigen Situationen. Er wird es überleben, wie alle anderen auch.«
Er schöpft die Ramen, die er gekocht hat, in eine Schüssel und stellt sie vor mich hin. »Iss. Du brauchst deine Kraft. Die Lage wird bald angespannt sein.«
»Ich bin jetzt schon angespannt.« Ich rolle mit den Schultern und nehme ihm die Stäbchen ab. »Ich habe einfach Angst, wirklich. Mateo hat mir gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen soll und dass Sonny alles tut, um die anderen Familien auf unsere Seite zu ziehen, aber das wird Sarita wohl kaum aufhalten. Sie ist eine Mutter, die ihre Kinder verloren hat. Das wird sie nie fallenlassen. Ich wäre nicht dazu in der Lage.«
»Aber du bist anders.« Er setzt sich neben mich. »Sarita ist ein ganz anderes Biest. Sie hat Mateos und Litos Eltern verraten, Gott hab sie selig, und sie hat diese Entscheidung getroffen, obwohl sie wusste, was sie das letztendlich kosten könnte. Würdest du diese Entscheidung treffen?«
»Menschen zu verraten, die auf mich zählen? Niemals.«
»Genau.«
Ich rühre die Nudeln um. »Das heißt aber nicht, dass ihre Söhne den Tod verdient haben.«
»Diese Welt gibt uns nicht das, was wir verdient haben.« Er stopft sich ein Pizzabrötchen in den Mund, kaut und zuckt zusammen. »Die sind wirklich schrecklich, nicht wahr?«
Das zaubert ein kleines Lächeln auf mein Gesicht. »Du hast sie noch nie probiert?«
»Nein. Ich möchte die Zeit zurückdrehen.« Er steht auf und nimmt ein Papiertuch, in das er höflich hineinspuckt, bevor er es in den Mülleimer wirft. »Wir tun einfach so, als hätte es sie nie gegeben.«
»Hört sich gut an.« Ich probiere die Nudeln. Wie immer sind sie köstlich.
»Irgendetwas verbrennt hier.« Lito schlendert herein und schnappt sich eine Handvoll Chex-Mix.
»Ich kann nicht backen.« Ich schlürfe meine Nudeln.
»Dafür ist ja Carter da.« Er holt sich ein Bier aus dem Kühlschrank. »Du hast Wichtigeres zu tun.«
»Was zum Beispiel? Hier zu sitzen und mich zu Tode sorgen?«
»Zum Beispiel, deine Kurse für das nächste Semester vorzubereiten.« Er rutscht auf den freien Stuhl neben mir.
Ich höre auf zu schlürfen. »Was?«
»Ich habe mit Mateo zwischen seinen Waffen und Munitionsterminen mit den Soldaten gesprochen und ihm gesagt, dass du wieder zur Uni gehen solltest.«
Mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich mich zu Lito drehe. »Was hat er gesagt?«
»Zuerst Nein.«
»Oh.« Ich verliere die Hoffnung.
»Weil er gesagt hat, wenn du wieder zur Schule gehen wolltest, hättest du ihn gefragt.«
»Wann?« Ich stöhne verzweifelt auf. »Wann hätte ich Zeit gehabt, ihn zu fragen? Nachdem er meinen Bräutigam erschossen hat? Bevor er die Hände eines Mannes an meine Schlafzimmerwand genagelt hat? Wann?«
Carter steht auf und klopft sich auf den Bauch. »Ich glaube, das Pizzabrötchen ist mir nicht bekommen. Entschuldigt mich.« Er verschwindet auf dem Flur.
»Du hast ihn angewidert«, lacht Lito »Wie auch immer, ich habe ihm gesagt, dass das alles neu für euch ist, aber wenn ihr euch erst einmal eingelebt habt und«, er winkt mit einer Hand, »ihr Sarita getötet habt, werdet ihr euer Leben beginnen wollen. Euer echtes Leben. Eines, in dem du deine Träume verfolgen kannst.«
»Und er war damit einverstanden?«
»Er hat gesagt, dass du davon träumst, in seinem Bett zu liegen, aber ich habe ihm gesagt, dass er ein Arschloch ist und dass du für Größeres bestimmt bist.«
Ich kann mir das Lächeln nicht verkneifen, das sich auf meinem Gesicht ausbreitet. »Ist das dein Ernst?«
»Ja, Mädchen.« Er probiert meine Nudeln. »Die sind aber scharf.«
»Er hat also Ja gesagt?«
»Er sagte, du musst nur fragen. Aber dann hat er hinzugefügt, dass du nicht auf dem Campus bleiben wirst und dass er jeden dummen Studenten, der es wagt, dich anzusprechen, in die Sauna schleifen wird und so weiter und so fort.«
»Oh mein Gott!« Ich quieke und schlinge meine Arme um Lito und drücke ihn so fest ich kann.
»Vorsicht, du zerdrückst mich.« Er lacht. »Außerdem hättest du das auch ohne mich hinbekommen. Ich habe den Prozess nur beschleunigt.«
»Ich meine, ja, ich wollte ihm sagen, dass ich wieder zur Uni gehen will, aber wir sind noch nicht wirklich an dem Punkt angekommen, an dem wir unsere Zukunft planen. Wir waren bisher damit beschäftigt, uns gegenseitig kennenzulernen, und jetzt versuchen wir einfach, am Leben zu bleiben.« Ich schaue aus dem Fenster, während die Sonne am Horizont verschwindet. Meine Stimmung sinkt, und meine Aufregung wird bitter in meinem Bauch. »Sie kommt, stimmt’s?«
»Ja.« Er schlingt seinen Arm um meine Schulter und zieht mich an seine Seite. »Aber wir sind bereit. Mateo wird das hier gewinnen. Das tut er immer.«
»Aber was, wenn nicht?« Die Sorge verdirbt mir den Appetit, als ich zu Lito aufschaue. »Was passiert dann?«
»Dann kämpfen wir, bis es vorbei ist.« Er küsst mich auf die Stirn. »Wir sind Milanis. Wir gehen nicht einfach unter.«
Die Küchentür öffnet sich, und Mateo blickt Lito an. »Nimm deine Lippen von meiner Braut.«
»Du kannst nicht eifersüchtig auf einen schwulen Mann sein.« Lito rollt mit den Augen.
Mateo zieht mich vom Hocker. »Komm mit mir mit. Ich möchte dir etwas zeigen.«
»Es ist dein Schwanz, nicht wahr?« Lito stöhnt. »Gott, ihr zwei seid so eklig.«
Mateo führt mich aus der Küche und durch den Flur ins Wohnzimmer. Ich komme selten hierher. Es ist schick und wirkt eher wie ein Ort, an dem man vorbeiläuft, als dass man dort verweilt.
Er geht zum verschnörkelten Kamin und dreht sich dann um.
Ich bleibe stehen. »Was …«
Er sinkt auf ein Knie und hält eine Schmuckschatulle hoch. »Ich weiß, dass wir auf dem falschen Fuß angefangen haben.«
»So kann man es auch ausdrücken.« Ich ziehe eine Augenbraue hoch und stelle mich vor ihn hin.
Seine Augen glänzen. »Aber der Tag, an dem ich dich geheiratet habe, war der beste meines Lebens. Ich habe es damals nur nicht gemerkt. Das tue ich jetzt. Du warst für mich bestimmt, Lucretia. Und ich für dich. Ich glaube … ich glaube, ich wusste es irgendwie schon die ganze Zeit.« Er grinst. »Ich wusste, dass ich dich auf mehr als nur eine Art und Weise auslaugen wollte.«
Ich beiße mir auf die Unterlippe.
»Aber so hätten wir anfangen sollen. Mit meinem Antrag. Damit, mich vor dir zu beweisen.« Er öffnet die Schachtel und zeigt mir einen wunderschönen Ring, dessen Mittelstein glitzert und der von einem Band aus Diamanten umgeben ist. »Lucretia Milani, willst du mich heiraten?«
Die Tränen fließen bereits, als ich es ansehe, das Monster, das mich gestohlen hat. »Wir haben so angefangen, wie es vorbestimmt war, und ich würde es nicht anders haben wollen. Und ja, ich werde dich heiraten, Ehemann!«
Er nimmt den Ring aus der Schachtel, zieht den alten Ring von meinem Finger und steckt den neuen an. Ich halte ihn gegen das Licht.
»Er ist wunderschön. Ich liebe ihn.«
Er zieht einen weiteren Ring aus seiner Brusttasche, diesmal einen breiteren mit eingravierten Blättern und wirbelnden Ranken.
Ich nehme ihn ihm ab und tausche ihn gegen den an seinem Finger, dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Er umfasst meine Taille, hebt mich hoch und küsst mich innig, wobei seine Zunge mir den Atem raubt, während er meinen Kopf neigt und mich ganz einnimmt. In diesem Moment gehören wir zusammen, verheiratet in einer Kathedrale, aber auch verheiratet in unseren Herzen.
Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und halte mich an ihm fest, als das Licht verschwindet und wir nur noch zu zweit sind, hoffnungslos verliebt trotz unserer Vergangenheit.
Wir küssen uns immer noch, als die ersten Schüsse fallen.