W ir treffen Lito im Hausflur. »Bleib die ganze Zeit bei ihr. Weiche nicht von ihrer Seite. Bring sie in den Schutzraum, wie wir es besprochen haben.«
Lito nickt und nimmt ihren Arm, dann zieht er eine Waffe heraus. »Nach oben. Dort werden wir sicher sein.«
»Es wird alles gut werden.« Ich drücke ihre Hand.
Sie ergreift mich, zieht mich für einen weiteren Kuss herunter, und ihr süßer Geschmack bleibt auf meinen Lippen. Soldaten rennen mit ihren Gewehren im Anschlag und meinem Befehl im Kopf an uns vorbei. Sie wissen, was zu tun ist.
Ich unterbreche den Kuss und schaue ihr in die Augen. »Pass auf dich auf. Ich komme dich holen, wenn es vorbei ist.«
Sie nickt, und dann zieht Lito sie weg, aber sie dreht sich noch einmal zu mir um, als sie die Treppe hinaufgeht.
Ich nicke ihr zu und betrachte sie, bis sie außer Sichtweite ist. Dann drehe ich mich um, laufe in mein Büro und hole meine Ausrüstung: zwei Pistolen, mehrere Messer, eine Schrotflinte und ein langes Gewehr, das ich mir über die Schulter hänge.
»Uns geht es gut. Sie haben die Wachen am Tor erschossen«, ruft Red aus dem Flur.
»Kontaktiere Benny auf der Rückseite.«
Ich höre Reds Funkgerät klicken, und Bennys Stimme ertönt. »Sie schleichen sich hier hinten an uns an. Sie tun so, als könnten wir ihre dummen Ärsche nicht durch die Bäume sehen. Wir haben schon ein paar erwischt, aber es sind sehr viele.«
Sonny hat in den letzten vierundzwanzig Stunden versucht, die anderen Familien mit der Nachricht von Vincenzos Verrat abzuschrecken, aber es scheint nicht geklappt zu haben. Zumindest nicht vollständig. Sarita selbst hat nicht die Anzahl Männer für diese Art von Angriff. Das müssen ihre, Vincenzos Truppen und mindestens die einer weiteren Familie sein – wenn ich raten müsste, die der Fontanas mit einer kleinen Armee von Söldnern, die wahrscheinlich mit Lucretias Brautpreis finanziert wird. Scheiße .
»Sag ihm, er soll sie weiter abknallen und uns Bescheid geben, wenn sie die Mauer durchbrechen«, sage ich zu Red und gehe an ihm vorbei zur Vorderseite des Hauses.
Meine Gedanken schweifen nach oben zu Lucretia, aber ich muss mich daran erinnern, dass sie in Sicherheit ist. Lito würde eher sterben, als zuzulassen, dass ihr jemand wehtut. Das würde ich übrigens auch.
»Keine Gefangenen. Sie kamen zu uns, um uns zu töten . Wir lassen keinen von ihnen ungeschoren davonkommen«, rufe ich.
»Ja, Sir!«, antworten meine Soldaten unisono.
Einige von ihnen strömen durch die Vordertür hinaus, während andere durch die Hintertür gehen, um Benny zu unterstützen. Red ist nur wenige Schritte hinter mir, zweifellos wurde er von Sonny geschickt.
»Wächter am Eingangstor?«, frage ich ihn.
Er schüttelt den Kopf. »Nein.«
Ich schaue aus einem der vorderen Fenster. Das Gelände ist ruhig, aber ich weiß, dass Männer in den Bäumen sind. Wir haben seit fünf Minuten nichts mehr vom Eingangstor gehört. Das sind fünf Minuten zu viel.
Wir sind auf uns allein gestellt. Keiner unserer Verbündeten ist uns zu Hilfe gekommen. Daran werde ich mich erinnern, sobald ich Vorsitzender des Rates sein werde, aber ich nehme an, sie glauben nicht, dass ich hier lebend herauskomme. Wie falsch sie doch liegen.
Weitere Schüsse ertönen aus den Bäumen, und dann wird das Geräusch lauter. Die Armeen greifen außerhalb meiner Sichtlinie an, obwohl ich hier und da Mündungsfeuer sehen kann. Sarita kommt. Wenigstens in diesem Punkt steht sie zu ihrem Wort.
Reds Funkgerät brummt auf, weil jemand schreit. »Es sind zu viele!«
»Ich bin’s, Carlo.« Er reckt sein Kinn in Richtung der Bäume vor dem Haus.
Ich nehme das Funkgerät. »Carlo, geh zurück zum Haus. Lauft alle wie der Teufel!«
Ich zeige auf die nächste Reihe von Soldaten. »Los. Jetzt.«
Sie verstreuen sich aus dem Haus und gehen an der Vorderseite in Stellung, verstecken sich hinter Büschen und der Reihe von Autos, die wir als Barrikade errichtet haben.
Ich folge ihnen nach draußen und drücke mich mit dem Rücken an einen Geländewagen. »Sobald ihr einen Feind seht, drückt ihr den verdammten Abzug!«, befehle ich.
»Ja, Sir!«
Red kauert sich neben mich, als die Schüsse näher kommen und meine Männer aus den Bäumen auftauchen und schnell nach vorn laufen.
Ich nehme ihm das Funkgerät ab. »Benny, was hast du da hinten?«
»Mehr von ihnen. Wichser.« Der Klang eines Schusses dringt durch den Lautsprecher. »Sie sind überall.«
Sarita hat jeden einzelnen Mann zusammengetrommelt und schickt sie alle auf mich zu wie Wellen ans Ufer.
Einige meiner Männer fallen, sie werden von hinten abgeknallt.
»Schießt auf die Bäume!«, rufe ich.
Die Schüsse um mich herum werden lauter, und die Bäume zittern im Mondlicht, als die Kugeln durch ihre Blätter pfeffern.
Als die zurückweichenden Männer sich hinter den Autos versteckt haben, winke ich mit der Hand. Meine Männer hören auf zu schießen.
»Wartet.« Ich starre auf den Wald und beobachte, ob sich etwas in der Dunkelheit bewegt.
»Mateo.« Saritas Stimme knistert durch das Funkgerät.
Red reicht es mir.
»Bist du bereit, dich zu ergeben?«, frage ich.
Ihr Lachen ist wie eine Nagelpistole in meinen Ohren. »Das ist deine letzte Chance, Mateo. Komm raus und liefere dich aus, dann muss niemand mehr sterben. Aber wenn du dich weigerst, werde ich diesen Ort dem Erdboden gleichmachen und jeden töten, den ich finde. Das gilt auch für deine frisch angetraute Braut.«
Obwohl ich koche, weil sie Lucretia bedroht, bleibt meine Stimme kalt und ruhig. »Vorsichtig, Sarita. Das würde deinen Freunden, den Fontanas, nicht gefallen.«
»Oh, du würdest dich wundern. Sie haben ihrem Tod bereits zugestimmt, solange sie einen Drittel deines Besitzes beanspruchen können.«
Ich halte das Funkgerät so fest, dass es knackt. Ihre Eltern haben sie wieder verraten. Ich bin nur froh, dass sie nicht hier ist, um es zu hören, um zu wissen, wie wenig man sie schätzt. Diese gottverdammten Narren. Sie war das größte Kapital, das sie je besaßen, und jetzt ist sie meine .
»Bist du noch da?«, stichelt sie.
»Ja, und ich werde immer noch hier sein, wenn das alles vorbei ist, auch wenn ich das von dir nicht behaupten kann. Es wird mir Spaß machen, dich zu töten, so wie ich es mit deinen Söhnen getan habe.«
»Du Hurensohn!«
Ich halte das Funkgerät von mir weg, als sie kreischt, dann bricht der Ton ab.
»Hey, Junge. Wie läuft’s da drüben?« Vincenzos Stimme umschlingt mich wie eine Würgeschlange.
Red schüttelt den Kopf mit etwas, was nach Enttäuschung aussieht.
»Uns geht es gut. Warum rufst du deine Schlampe nicht zurück und ihr geht alle nach Hause?«
Sarita schimpft im Hintergrund, während Vincenzo antwortet: »Ich fürchte, das kann ich nicht tun. Ich bin voll dabei.«
Ich habe schon vorher gekocht, aber jetzt durchströmt mich die Wut und verwandelt mein Blut in pures Feuer. »Du hast alle Fäden. gezogen, stimmt’s, Vince? Sag mir einmal in deinem verkommenen Leben die Wahrheit.«
»Werd jetzt nicht päpstlicher als der Papst, Kleiner. Das ist nur ein Geschäft. So wie es damals war. Du weißt, wie es ist, und du spielst dasselbe Spiel wie ich.« Er seufzt schwer. »Gib einfach auf. Du bist besiegt und du weißt es. Es ist vorbei. Du hattest einen guten Lauf. Jetzt sei ein Mann und rette deine hübsche kleine Frau, indem du dich übergibst.«
»Wenn du mich so sehr willst, musst du mich holen kommen. Aber Vince, du musst wissen, wenn du tot bist, werde ich dafür sorgen, dass sich niemand mehr an dich erinnert. Ich werde dir nicht einmal ein Grab geben. Keine Frau, die um dich trauert, keine Kinder, die dich vermissen. Es wird so sein, als hättest du nie existiert. Das nächste Mal, wenn du mich siehst, wird dein letztes Mal sein.« Ich schleudere das Funkgerät auf den Gehweg und zerschmettere es beim Aufprall in Stücke.
»Augen auf, Waffen bereit!«, rufe ich.
Der Wald ist immer noch in Bewegung, und dann fliegen mindestens ein Dutzend Kanister durch die Luft und landen im Gras, wo sie in Rauch aufgehen. Unsere Sicht ist komplett versperrt, als die Geschosse die Autos und die Fassade des Hauses treffen, Glasscheiben zerschlagen und Steinbrocken auf uns herabregnen lassen.
»Halt!«, schreie ich.
Red kniet mit einem Feuerzeug in der Hand neben mir. »Komm schon. Lass es uns tun.«
»Warte«, beiße ich heraus.
Ich beobachte den weißen Rauch und halte Ausschau nach Bewegungen, nach Körpern. Als ich endlich einen Blick auf eine grobe Reihe von Männern erhasche, die sich nähern, gebe ich Red ein Zeichen. Er zündet das Feuerzeug an, die Flamme leuchtet orange, und dann hält er es an eine Zündschnur. Sie sprüht Funken, schießt unter dem Auto weg ins Gras, und verschwindet.
Red lässt sich auf den Boden fallen und schaut unter das Auto, um zu sehen, wo die Schnur nicht gezündet hat.
»Was zum Teufel …?«, will ich wissen. »Sie ist ausgegangen.«
»Sie sollte funktionieren.« Er schüttelt den Kopf. »Sie muss verdammt nochmal funktionieren!«
Der Beschuss wird intensiver, die Autos werden zerschmettert, und die Fassade des Hauses wird zerstört.
»Red!«, schreie ich.
»Es wird funktionieren!«, schreit er zurück.
»Feuer erwidern!«, rufe ich, und meine Männer beginnen, zurückzuschießen, wobei sie hier und da ein paar der rauchigen Gestalten ausschalten. Aber das ist nicht genug. Wir werden bald überrannt werden.
»Da!«, schreit Red und zeigt auf etwas.
Der Funke ist noch lebendig und schlängelt sich wie eine Schlange durch das Gras. Als er den Vorrat an Schießpulver und Kügelchen erreicht, der in einer Reihe unter frischem Rasen vergraben ist, rufe ich: »Runter!«
Wir gehen alle in Deckung, als die Explosion den weißen Rauch und den dunklen Himmel erhellt. Sie verläuft über die Vorderseite des Hauses und dezimiert die Reihe der angreifenden Soldaten. Sie endet in einem Crescendo aus Schreien, und als ich den Kopf hebe, ist keine Bewegung mehr im grauen Rauch zu sehen.
»Macht sie fertig, Jungs!«, schreie ich und renne los, um meine Männer ins Schlachtfeld zu führen, als eine weitere Reihe von Saritas Soldaten aus den Bäumen auftaucht. Eine ganze Schar von Männern, mit denen wir nicht gerechnet haben.
Verdammte Scheiße.
Das ist es. Das ist alles, was es gibt. Ich feuere und schieße einen Mann nach dem anderen nieder, während meine Soldaten an meiner Seite stehen und wir alle um unser Leben kämpfen.