Kapitel 6
IN DIESEM KAPITEL
Unter einer Depression leidende Menschen fühlen sich schrecklich. Sie werden von Traurigkeit überwältigt, sie sind lethargisch, niedergeschlagen und unmotiviert. Wenn man in diesen Gefühlen steckt, fällt es sehr schwer, an eine Besserung zu glauben. Es ist vollkommen verständlich, dass sich die Betroffenen auf der Suche nach Hilfe zuallererst eine Erleichterung dieser belastenden Gefühle erhoffen. Und in der Tat ist diese Erleichterung tatsächlich das Hauptziel derjenigen, die nach einer Behandlung für ihre Depression suchen.
Das ist allerdings das falsche Ziel. Warum? Gefühle und Empfindungen sind wichtige Kommunikationswege zwischen Körper und Geist. Sie prägen und leiten Ihr Verhalten.
In diesem Kapitel erörtern wir den Zusammenhang von Gefühlen, Gedanken und Verhalten. Gefühle sind Reaktionen auf körperliche Empfindungen einschließlich unserer Interpretationen dieser Empfindungen, denen wir dann einen entsprechenden Namen geben. Nehmen wir an, Sie fühlen sich träge und übermüdet. Das kann als Traurigkeit und Depression interpretiert werden. Andererseits kann dieselbe Empfindung auf zu wenig Schlaf zurückzuführen sein. Im Verlauf der folgenden Seiten gehen wir näher auf das Zusammenspiel dieser Empfindungen, Gefühle und Interpretationen ein. Wir geben Ihnen Instrumente an die Hand, mit denen Sie Ihr eigenes Gefühlsleben untersuchen und verstehen lernen können.
Gefühle signalisieren unserem Verstand unsere Reaktionen, körperlichen Empfindungen, Interpretationen und unseren momentanen Zustand. So reagieren wir zum Beispiel auf eine kritische Äußerung mit Scham und fühlen uns traurig oder gar wertlos. Oder wir reagieren empört und sind wütend. Manche Menschen erschrecken beim Anblick einer Spinne, während andere diese Tiere interessant finden und Neugier zeigen.
Oder stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem Sommerabend bei einem lauen Lüftchen draußen und halten einen kühlen Eistee in der Hand. Sie können sich dabei entweder ruhig und zufrieden fühlen oder eher rastlos und gelangweilt – dieselbe Situation, zwei verschiedene Gefühlswelten.
Es ist durchaus möglich, eine voll ausgeprägte klinische Depression zu haben, ohne sich dabei seiner traurigen Gefühle bewusst zu sein. Menschen, denen diese Erkenntnis fehlt, neigen zu vielfältigen körperlichen Symptomen einer Depression, wie zum Beispiel Energielosigkeit, Schlafstörungen, Appetitstörungen und Anspannung. Zusätzlich fehlt ihnen jegliche Motivation und sie sind übermäßig pessimistisch. Andere Menschen mit einer Depression versuchen unangenehme Gefühle zu unterdrücken, zu ignorieren und/oder zu bestreiten. Sie versuchen, sich besser zu fühlen, indem sie nichts fühlen. Diese Strategie kann einen gewissen Sinn haben. Doch sie kann nicht funktionieren und macht alles nur noch schlimmer.
Wenn Menschen bewusst oder unbewusst vermeiden, unangenehme Gefühle und Gedanken wahrzunehmen, flüchten sie sich oft in ihre Arbeit, in Alkohol und/oder in Drogen, um ihren Schmerz zu vergessen. Doch diese Strategie bringt nur eine sehr flüchtige Erleichterung. Letztendlich werden sie dadurch nur noch tiefer hinabgezogen, und die Depression verstärkt sich zusätzlich.
Viele Menschen, ob nun mit oder ohne Depression, haben keinen Zugang zu ihren Gefühlen. Wenn Sie sich Ihrer Gefühle oft nicht bewusst sind oder andere dieser Meinung sind, können Sie das mit etwas Einsatz durchaus ändern.
- Muskelspannung
- Atmung (ist sie schnell, langsam, tief oder oberflächlich?)
- Ein Schweregefühl in der Brust
- Schwindelgefühl
- Körperhaltung (sind Sie entspannt, steif oder angespannt?)
- Übelkeit
- Müdigkeit
- Schlaflosigkeit oder übermäßige Trägheit
- Veränderungen des Appetits
- Gefühl, als würde etwas Ihren Hals zuschnüren
- Andere Beschwerden.
Horchen Sie jeden Tag etwa fünf Minuten lang in sich hinein. Jeder hat irgendwelche Empfindungen. Entwickeln Sie ein Gespür für sich, dann erkennen Sie diese Gefühle, wenn sie auftreten. Versuchen Sie, Worte zu finden, die Ihre körperliche und geistige Verfassung am besten beschreiben. Hier sind ein paar Beispiele dafür:
ängstlich |
reizbar |
besorgt |
melancholisch |
mutlos |
mürrisch |
beunruhigt |
nervös |
verlegen |
besessen |
frustriert |
traurig |
schuldig |
zittrig |
schwer |
düster |
minderwertig |
angespannt |
unsicher |
besorgt |
hoffnungslos |
niedergeschlagen |
Gefühle entspringen nicht nur Ihrem Körper, sondern auch Ihren Gedanken. Das funktioniert gut, solange Ihre Gedanken die Realität korrekt interpretieren. Bei einer Depression decken sich die Gedanken jedoch häufig nicht mehr mit den tatsächlichen Vorfällen und Ereignissen. Lassen Sie uns das an einem Beispiel zweier Personen veranschaulichen, die auf denselben Vorfall reagieren:
Laura und Robert arbeiten für eine Marketingplattform und gehören zum selben Team. Während der Pandemie arbeiten beide von zu Hause aus. Während eines Online-Meetings weist ihre Vorgesetzte darauf hin, dass ihr Team das Datenverfolgungssystem verbessern muss. Lesen Sie hier, wie Laura und Robert darauf reagieren.
Laura denkt: »Gut, wahrscheinlich hat sie Recht mit dem Datenverfolgungssystem. Wir müssen hier und da ein paar kleine Anpassungen und Verbesserungen vornehmen. Auf lange Sicht erleichtert uns dieses Feedback die Arbeit.« Sie fühlt sich durch diese Aufgabe motiviert und angeregt. Ihre Gefühle sind positiv und sie ist bereit, konzentriert an einer Lösung zu arbeiten.
Robert dagegen denkt: »Sie hat uns irgendwie auf dem Kieker. Wir sind nie gut genug. Ich glaube, sie zielt mit ihrer Kritik besonders auf mich. Sie mag mich einfach nicht. Wer weiß, wie lange ich noch in diesem Team bin. Vielleicht werde ich bald herabgestuft«. Robert fühlt sich entmutigt und niedergeschlagen, seine Energie ist erschöpft und es fällt ihm schwer, sich zu konzentrieren. Er kann sich kaum aufraffen, an der Problemlösung zu arbeiten. Seine Motivation stürzt ab. Robert leidet unter einer chronischen Depression.
Gefühle beeinflussen auch das Verhalten. Oft bewegen uns Gefühle zu angemessenem Handeln. Gefühle sind wie Straßenschilder, die uns in die richtige Richtung leiten – zumindest ist das häufig der Fall.
Furcht zum Beispiel verlangt nach Vorsicht und Aufmerksamkeit. Wenn Sie sich vor etwas fürchten, müssen Sie schnell entscheiden, ob Sie kämpfen, fliehen oder in Schockstarre verfallen sollen. Das ist eine wichtige Überlebensstrategie. Wenn Sie beim Autofahren plötzlich eine Sirene hinter sich hören, ist Ihre Aufmerksamkeit alarmiert, und Sie machen sofort Platz für den Notarztwagen. Haben Sie dagegen gerade eine Bank ausgeraubt, werden Sie in diesem Fall das Gaspedal durchtreten.
Ärger als Reaktion auf falsche Behandlung oder Bedrohung durch andere Menschen regt zum Handeln an. Im besten Fall handeln wir konstruktiv und lösen das Problem oder schützen uns vor einer bedrohlichen Situation. Aber Ärger kann auch fehlgeleitet und sogar gefährlich sein.
Angst ist ein Gefühl, dass Sie dazu zwingt, sich auf das zu konzentrieren, was vor Ihnen liegt. Ähnlich wie Furcht kann sie zur Vermeidung von möglicherweise gefährlichen Situationen führen. Aber anders als Furcht motiviert Angst manchmal auch dazu, sich im Voraus auf die Bewältigung einer Situation vorzubereiten. Nehmen wir an, Sie haben Angst davor, einen öffentlichen Vortrag zu halten. Ihre Angst spornt Sie dazu an, Ihre Rede vorher zu üben. Angst kann aber auch auf Abwege führen. Unter Sozialangst leidende Menschen meiden beispielsweise oft den sozialen Kontakt mit anderen. Das kann langfristig dazu führen, dass sie auf andere Menschen abweisend wirken und letztlich einsam und isoliert sind.
Auch eine Depression beeinflusst das Verhalten. Wer depressiv ist, neigt dazu, sich zurückzunehmen, abzuschotten und zurückzuziehen. Tatsächlich stoppen Depressionen gewöhnlich zielgerichtetes Verhalten oder erschweren es den Betroffenen zumindest, in Schwung zu kommen. Manchmal ist dieser Rückzug eine gute Bewältigungstaktik, besonders wenn Depressionen ihren Ursprung in Trauer haben. Dann benötigt man Zeit, um zur Ruhe zu kommen und zu trauern. Kurzfristig kann depressives Verhalten Mitgefühl auslösen und zur Unterstützung durch andere Menschen verhelfen. Langfristig kann es jedoch auch andere Menschen wegstoßen.
Bei einer chronischen Depression kann die Neigung zur Untätigkeit oft zu weiteren Problemen führen. Diese handlungshemmenden Gefühle behindern produktives Arbeiten oder die üblichen Alltagsverrichtungen. Untätigkeit erzeugt noch mehr negative Gefühle. So nährt sich die Depression weiter selbst und vertieft sich mit der Zeit.
Studien zeigen, dass unter einer Depression leidende Menschen von vielfältigen negativen Gedanken gequält werden. Diese Gedanken verstärken Gefühle wie Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit. Trotzdem verkünden manche depressive Menschen voller Überzeugung: »Aber ich habe doch gar keine negativen Gedanken in meinem Kopf! Ich fühle mich nur schlecht.«
Wenn das bei Ihnen so sein sollte, glauben wir Ihnen das natürlich, doch wir meinen Gedanken in einem weiteren Sinne. Wir sehen diese Gedanken als Ihre persönliche Interpretation oder Wahrnehmung eines wichtigen Ereignisses in Ihrem Leben an. Es handelt sich also mehr um die Art und Weise, wie Sie bestimmte Geschehnisse betrachten. Mit anderen Worten sind diese Gedanken eher die Bedeutung, die Sie den Dingen, die um Sie herum passieren, zumessen.
Wenn beispielsweise jemand zu Ihnen sagt: »Tolles Outfit!«, sind Sie sich keiner einzelnen Gedanken dazu bewusst. Es löst allerdings ein Gefühl aus, das positiv, negativ oder neutral sein kann. Und das Gefühl kommt nicht aus heiterem Himmel.
Fragen Sie sich, wie Sie dieses Ereignis interpretieren. Haben Sie diese Aussage als einen positiven Kommentar zu Ihrer Kleidung aufgefasst? Oder fanden Sie ihn eher ironisch oder gar sarkastisch? Vielleicht empfanden Sie diese Aussage auch nur als einen Versuch, höflich zu sein. Diese Interpretationen sind Ihre Gedanken. Und alle lösen ein anderes Gefühl bei Ihnen aus.
Vielleicht helfen Ihnen die folgenden Fragen dabei, Ihre Gedanken zu bestimmten Ereignissen aufzuspüren:
Gehen Sie diese Fragen durch und finden Sie mit ihrer Hilfe heraus, mit welchen Gedanken, Wahrnehmungen und Interpretationen Sie auf wichtige Situationen und Ereignisse reagieren. Vielleicht überrascht es Sie, wie sehr Ihr Gehirn damit beschäftigt ist, Ihren Erfahrungen einen Sinn zu entlocken.
Manchen Menschen fällt es schwer, zwischen ihren Gedanken und Gefühlen zu unterscheiden. Fragt man nach ihren Gedanken zu einem Ereignis, ist die Antwort häufig eine Beschreibung ihrer Gefühle. Andere geben statt ihrer Gefühle ihre Gedanken wieder. Hören wir zwei Freunden zu, die – in sicherem Abstand – draußen einen Kaffee genießen:
Emma und Richard sind seit Jahren eng befreundet. Richard erzählt Emma von Problemen mit seiner Freundin. Es geht um einen Streit über Finanzen, den die beiden vor Kurzem hatten und in dessen Verlauf seine Freundin Richard als Schmarotzer bezeichnete.
Emma ruft aus: »Mein lieber Mann, das ist starker Tobak. Wie hast du dich da gefühlt«?
Richard antwortet: »Ich hatte das Gefühl, dass sie sich mal wieder als Besserwisserin aufspielt und dass ich echte Aussichten auf einen anständigen Job habe und dann richtig gutes Geld verdienen werde«.
Offensichtlich hat Richard seine Gedanken mit seinen Gefühlen verwechselt. Möglicherweise fällt es ihm nicht so leicht, eine Verbindung zu seinen Gefühlen herzustellen. Das geht vielen Menschen so. Es fällt ihnen schwer, zu akzeptieren und zu verarbeiten, wie sie sich fühlen. Wenn Sie Probleme damit haben, Ihre Gefühle zu verstehen, lesen Sie den Abschnitt Gefühle verstehen aufmerksam durch.
Auf der anderen Seite sind manchen Menschen die Gedanken hinter ihren Gefühlen nicht bewusst, wie das folgende Beispiel von Anna und Walter zeigt:
Anna und Walter wandern zusammen durch die Eifel. Sie reden über Walters letzte weniger erfreuliche Leistungsbewertung am Arbeitsplatz. Anna fragt Walter, was er darüber denkt. Walter antwortet: »Ich habe mich schrecklich gefühlt. Ich habe mich über mich selbst und meinen Boss geärgert und mich hilflos und unzulänglich gefühlt«.
Walter fühlt sich eindeutig schlecht, aber was er über seine Bewertung denkt, wird nicht erkennbar. Er denkt vielleicht, dass er seine Stelle verlieren wird. Oder dass er unfair behandelt wird und in dieser Firma niemals befördert werden wird. Oder er glaubt, dass er diese Bewertung verdient hat. Auf jeden Fall gehen ohne Informationen über Gedanken und Gefühle wichtige und nützlich Daten verloren.
Gedanken können die Gefühle sehr stark beeinflussen und Gefühle verändern Gedanken. Deshalb spielen Gedanken und Gefühle bei der Depression eine wichtige Rolle.
Doch das ist nicht alles. Auch körperliche Faktoren können an einer Depression beteiligt sein. Erschöpfung, Krankheit oder veränderte Blutwerte können düstere Gefühle auslösen, die wiederum der Ursprung depressiver Gedanken sein können.
Dieter zum Beispiel wälzt sich die dritte Nacht schlaflos im Bett herum. Er ist sich nicht sicher, was seine Schlaflosigkeit verursacht, doch immer wenn er gerade am Einschlafen ist, juckt es irgendwo an seinem Körper oder seine Lage ist ihm zu unbequem. Dieters Tag beginnt mit einer Autofahrt durch dichten Berufsverkehr. Seine übliche Gelassenheit hat sich in Reizbarkeit verwandelt. Seine Müdigkeit verschlimmert seinen wachsenden Ärger. Er denkt: »Was ist nur los mit mir? Ich werde so keinen weiteren Tag durchstehen. Ich fühle mich schrecklich. Ich kann mich nicht konzentrieren. Ich werde meinen Job verlieren. Was stimmt nicht mit mir?«
Dieters Gedanken schaukeln sich immer mehr auf. Warum? Zu viele Tage ohne ausreichend Schlaf haben seinen Gedanken eine sehr negative Richtung gegeben. Eine Nacht mit ausreichend Schlaf und Dieter wäre wieder ganz der Alte. Oder auch nicht. Manchmal kann ein körperlicher Auslöser eine ganze Kaskade schlechter Gedanken und Gefühle, die auch für eine ganze Weile bleiben können, lostreten.
Man weiß nicht, welche der drei Komponenten (Gefühle, Gedanken, körperliche Faktoren) bei dem Einzelnen den Auslöser der Depression darstellt. Doch man kann den Teufelskreis der Depression mit der kognitiven Therapie durchbrechen. Dabei ist es ganz egal, wodurch sie ausgelöst wurde.
Wie bereits im Abschnitt Gefühle bestimmen Ihr Verhalten erwähnt, bringen Gefühle Menschen dazu, auf eine bestimmte Weise oder gar nicht zu handeln. Furcht und Angst lösen eine Kampf- oder Flucht-Reaktion aus. Freude und Glück rufen häufig den Wunsch hervor, sich einem Ereignis oder einer Situation zu nähern. Eine Depression führt dagegen gewöhnlich zu Rückzug und Vermeidung.
Diese gefühlsbestimmten Handlungsneigungen sind Teil unseres im Verlauf der Evolution angepassten Überlebensinstinkts. Was sich nicht angepasst hat, sind die Handlungen, denen Gefühle entspringen. Für Menschen mit einer chronischen Depression ist Rückzug keine angepasste Handlung, sondern führt zu einer Verschlimmerung der Depression.
Wenn eine depressive Stimmung Sie davon abhält, Sport zu treiben, dann hat das zwei negative Auswirkungen. Zum einen haben Sie eine Gelegenheit verpasst, sich durch die Ausschüttung von Endorphinen positive Gefühle zu verschaffen. Zum anderen fühlen Sie sich schuldig, weil Sie sich nicht bewegt haben. Beides trägt nicht gerade zu einer Stimmungsverbesserung bei.
Unter einer Depression leidende Menschen möchten häufig warten, bis sie sich besser fühlen, bevor sie aus dem Haus gehen, Sport treiben, Aufgaben erledigen oder sich mit Familie und Freunden treffen wollen. Das kann jedoch lange dauern. Positive Gefühle entstehen selten aus Untätigkeit. Informieren Sie sich in Teil III dieses Buches darüber, wie Sie wieder in Schwung kommen.
Die meisten Menschen, die unter einer Depression leiden, haben zu bestimmten Ereignissen zahllose negative automatische Gedanken. Die Psyche benutzt Gefühle als Hinweis auf oder Beweis für die Richtigkeit dieser Gedanken. Diese Schlussfolgerungen entstehen etwa so:
Nur zu häufig treten solche Gefühle als Reaktion auf die verzerrte Wahrnehmung bestimmter Ereignisse auf. Das Gefühl, das Sie nutzen, um Ihre Gedanken zu prüfen, ist wahrscheinlich zuvor in Verbindung mit einer verzerrten Wahrnehmung entstanden.
Wenn alle, die unter einer Depression leiden, immer nur auf ihre Gefühle hören würden, dann würden nur wenige eine Therapie beginnen. Wenn Sie depressiv sind, fühlen Sie sich wahrscheinlich nicht so, als könnten Sie die Kraft dazu aufbringen, jetzt etwas dagegen zu unternehmen. Wenn Sie sich Ihrem Gefühl der Hoffnungslosigkeit ganz hingeben (siehe Kapitel 3), dann kommen Sie wahrscheinlich zu dem Schluss, dass es keinen Grund für Sie gibt, etwas an Ihrer Situation zu ändern.
Verstehen Sie uns nicht falsch: Gefühle sind sehr wichtig. Positive Gefühle sagen Ihnen, was Sie mögen und was Sie nicht mögen. Negative Gefühle warnen Sie vor Gefahren und helfen Ihnen zu erkennen, dass etwas in Ihrem Leben nicht stimmt. Gefühle machen uns erst zu Menschen. Wir schätzen und respektieren Gefühle. Ein wesentliches Ziel dieses Buches ist es, Ihnen dabei zu helfen, sich wieder besser zu fühlen.
Wir wollen nur, dass Sie nicht Gefühle mit Tatsachen verwechseln, denn eine häufige Folge dieses »emotionalen Denkens« ist, seinen Selbstwert auf diese Gefühle zurückzuführen. Wenn Sie sich schlecht fühlen, glauben Sie, dass Sie schlecht sind. Doch was ist, wenn Sie sich großartig fühlen? Bedeutet es wirklich, dass Sie großartig sind, oder lediglich, dass es Ihnen verdammt gut geht?
Die meisten von einer Depression betroffenen Menschen sind verzweifelt darauf aus, ihr Leid zu verringern, das sich in Form von Traurigkeit, Einsamkeit, Verzweiflung, Abhängigkeit, Schuldgefühlen und so weiter festgesetzt hat. Leider drängen depressive Gefühle sie eher dazu, genau das zu vermeiden, was sie tun müssten, um sich wieder besser zu fühlen. Es braucht schon einigen Mut und geduldige Arbeit, um sich selbst dazu zu bringen, die Depression in Angriff zu nehmen und zu bekämpfen. Irgendwann werden Sie sich zu einer der folgenden Aktionen durchringen müssen:
Wir haben uns in diesem Kapitel darauf konzentriert, die eigenen Gedanken und Gefühle zu verstehen und ihre Wechselwirkung zu erkennen. In den folgenden Kapiteln zeigen wir Ihnen, wie Gedanken verzerrt werden können und wie man sie überdenken kann.