Kapitel 12
IN DIESEM KAPITEL
Wenn Sie depressiv sind, steht Ihnen der Sinn nicht unbedingt nach einem Workout im Fitnessstudio oder einer Runde Joggen. Eine Depression ziehen Ihnen alle Energie ab und drängt Sie dazu, wieder ins Bett zu gehen und sich die Decke über den Kopf zu ziehen. Wie Sie aber wahrscheinlich wissen, ist das keine gute Idee.
In diesem Kapitel zeigen wir Ihnen, dass Joggen oder Gymnastik wirkungsvoller sind als alles andere, was Sie tun können, um Ihre Lebensqualität und Gesundheit zu verbessern. Sport vertreibt Depressionen. Wenn Ihre Depression Ihnen sagt, dass Sie dazu keine Kraft haben, verraten wir Ihnen, was Sie Ihrer Depression antworten und wie Sie Ihre Trägheit überwinden können. Außerdem helfen wir Ihnen dabei, die richtige Sportart für sich zu finden.
Patricia wachte um vier Uhr morgens auf und konnte nicht wieder einschlafen. Sie wusste, dass der Schlafmangel ihre Arbeit beeinträchtigen würde. Darüber ärgerte sie sich, was es noch schwieriger machte, wieder einzuschlafen. Dieses frühe Aufwachen musste aufhören. Gestern hatte sogar schon ihr Chef gesagt, dass sie sehr müde aussähe. Patricia wälzte sich noch zwei Stunden im Bett herum und stand dann um sechs Uhr auf. Was für ein schlechter Start in den Tag.
Patricia wurde wegen ihrer Depression schon seit fünf Jahren immer wieder mit Medikamenten behandelt. Ihr Arzt sagte ihr, dass sie wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens Antidepressiva nehmen müsse. Doch letztendlich schienen Medikamente allein nicht richtig zu wirken. Ihre Depression verschlimmerte sich. Zuerst erhöhte ihr Arzt die Dosierung. Als das nichts half, verschrieb er ihr noch ein anderes Medikament, das die Wirkung der Antidepressiva unterstützen sollte. Patricia machte sich allerdings Sorgen wegen der Nebenwirkungen und fragte ihren Arzt nach Alternativen. Er empfahl ihr, regelmäßig Sport zu treiben. (Und wir stimmen ihm zu!)
Auch wenn wir Ihnen empfehlen, Sport zu treiben, möchten wir darauf aufmerksam machen, dass Sport nur ein kleines Teilchen des großen Therapiepuzzles ist. Können Sie sich trotz aller Versuche nicht für Sport begeistern, sollten Sie sich keine Vorwürfe machen. Dieses Buch enthält viele verschiedene Möglichkeiten, wie Sie Ihre Depression bekämpfen können.
Zahlreiche ausführliche Studien haben gezeigt, dass Sport genauso gut für Sie ist wie der gesammelte Inhalt der meisten Medizinschränkchen. Ärzte regen immer wieder dazu an, Sport als wichtigen Teil einer gesunden Lebensweise zu betrachten. Das gilt für Achtjährige genauso wie für 80-Jährige. Diese Empfehlung bleibt jedoch meist unbeachtet. Für die meisten Menschen ist Sport ein Luxus, den man sich nur leisten kann, wenn man viel Zeit hat. In unserer hektischen Welt passt er eben nicht immer in den vollgepackten Zeitplan. Obwohl also Ärzte Sport immer wieder empfehlen, wissen Sie, dass die meisten ihrer Patienten ihrem Rat nicht folgen werden.
Wer möchte sich nicht gut fühlen? Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, um das zu erreichen: durch Lachen, ein tolles Essen, Sex oder einen Spaziergang am Strand. Doch wodurch fühlen sich die Menschen bei diesen Aktivitäten so gut?
Die Antwort dafür liegt zum Teil in unserem Gehirn. Es hat Rezeptoren, die auf Opiate, Stoffe wie Heroin oder Kokain, reagieren. Diese Substanzen lindern Schmerzen und steigern das Wohlbefinden. Der menschliche Körper produziert natürliche Substanzen, die Endorphine genannt werden. Sie wirken im Gehirn wie die Opiate und haben somit eine vergleichbar berauschende Wirkung wie Kokain oder Heroin. Mit dem Unterschied, dass Endorphine natürlich vom Körper produziert werden und deshalb auch ganz legal sind. Sie können Ihren Körper durch Sport oder angenehme Aktivitäten anregen, verstärkt Endorphine zu produzieren. Endorphine erzeugen Gefühle der Freude und des Wohlbefindens, die der Depression entgegenwirken.
Sie können Ihre Endorphinproduktion steigern, indem Sie Sex haben, Schokolade oder scharf gewürzte Speisen essen und (Sie ahnen es sicherlich schon) indem Sie Sport treiben. Natürlich könnten Sie versuchen, Ihre Endorphinproduktion anzukurbeln, indem Sie massenweise Schokolade essen oder ständig Sex haben. Doch diese Möglichkeiten sind dann doch etwas schwierig und wenig empfehlenswert. Bleibt also noch der Sport.
Regelmäßiger Sport regt nicht nur die Produktion von Endorphinen an, er bringt den gesamten Körper auf Trab. Sport leistet Folgendes für die körperliche Gesundheit:
Wer würde schon solche weitreichenden Vorteile ignorieren wollen? Dennoch bauen die meisten Menschen zu wenig Bewegung in ihren Lebensrhythmus ein. Nur wenige können von sich behaupten, dass sie täglich im idealen Umfang Sport betreiben. Das ist wirklich schade, denn Bewegung macht gesünder.
Sport kann Ihnen dabei helfen, sich geistig und körperlich besser zu fühlen. Doch da gibt es ein Problem – durch die Depression ziehen Sie sich zurück. Sie sind wie gelähmt und das Leben verlangt Ihnen jeden Tag große Anstrengungen ab. Deshalb würden Sie sicherlich lieber mit Kopfhörern auf den Ohren im Bett bleiben.
Schon der bloße Gedanke daran, inmitten einer Depression mit Sport zu beginnen, scheint Ihnen unmöglich. Sie können kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Wie können wir dann erwarten, dass Sie jetzt Sport treiben? Ihr depressiver Geist erschafft Gedanken, die jede Motivation im Keim ersticken. Diese Gedanken sagen Ihnen vielleicht, dass Sie niemals in der Lage sein werden, mit einem Sportprogramm zu beginnen. Wir wissen, dass Sie sich so fühlen. Glauben Sie uns, wir wissen, wie schwierig es ist, diese Trägheit zu überwinden. Trotzdem sind wir der Meinung, dass Sie erkennen werden, wie groß der Nutzen für Sie sein wird.
In der ersten Spalte der Tabelle 12.1 zählen wir die häufigsten Gedanken auf, die Sie davon abhalten, Ihre Trägheit zu überwinden. Wenn Sie nur einen dieser demotivierenden Gedanken haben, dann argumentieren Sie mit den motivierenden Gedanken aus Spalte zwei. (In Kapitel 8 finden Sie weitere Vorschläge, blockierende Gedanken zu bezwingen.)
Demotivierende Gedanken |
Motivierende Gedanken |
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Ich bin zu deprimiert, um Sport zu treiben. |
Ja, so »fühle« ich mich, doch das bedeutet nicht, dass es auch wahr ist. Ich kann diesen Gedanken überprüfen, indem ich zehn Minuten laufe. |
Ich komme kaum aus dem Bett. Ich kann sicherlich keinen Sport treiben. |
Ein anderer interessanter Gedanke. Doch ich stehe jeden Tag auf. Wenn ich es aus dem Bett schaffe, kann ich auch ein wenig Sport treiben. |
Sport hilft nicht. |
So fühlt es sich an, doch wissenschaftliche Beweise sagen etwas anderes. Durch sportliche Betätigung fühlen sich Menschen besser. |
Ich mag keinen Sport. |
Stimmt. Ich muss mich ja nicht in einen Kraftprotz verwandeln. Mir hilft es schon, wenn ich nur ein wenig Sport treibe. |
Ich habe keine Zeit für den Sport. |
Ich habe Zeit, mir jeden Tag die Zähne zu putzen. Wenn etwas wirklich wichtig ist, werde ich an ein paar Tagen in der Woche Zeit dafür finden. |
Tabelle 12.1: Demotivierende Gedanken bekämpfen
Vielleicht sind Sie auch jetzt, nachdem Sie Ihre demotivierenden Gedanken entlarvt und angefochten haben, noch nicht motiviert. Und ein paar dieser Gedanken werden sicherlich auch bleiben. Sie müssen erkennen, dass Gedanken nicht zwangsläufig auch der Wahrheit entsprechen.
- Setzen Sie sich auf einen bequemen Stuhl.
- Sagen Sie laut: »Ich kann nicht aufstehen!«
- Sagen Sie weitere zehn Mal mit Nachdruck: »Ich kann nicht aufstehen!«
- Stehen Sie jetzt auf.
Konnten Sie aufstehen? Ihr Geist sagte, dass Sie es nicht können, doch Sie haben es geschafft. Der Sinn dieser zugegebenermaßen etwas verrückten Übung ist es, Ihnen zu zeigen, dass Gedanken nicht immer der Wahrheit entsprechen.
Menschen denken oft Dinge, die nicht wahr sind, handeln aber, als ob sie es wären. Wir sind uns sicher, dass Sie schon oft den Satz gehört haben: »Ich kann nicht aufhören zu rauchen.« Mit dem Rauchen aufzuhören, ist nicht leicht. Manchmal scheint dieses Vorhaben fast unmöglich zu sein. Doch Millionen von Rauchern, die diese Äußerung schon einmal getan haben, schaffen es, aufzuhören. Natürlich glauben es die Raucher, wenn sie sagen, dass sie es nicht schaffen werden, mit dem Rauchen aufzuhören. Wenn Sie unter einer Depression leiden, glauben Sie auch Ihren Gedanken, die Ihnen sagen, dass Sie keinen Sport treiben können.
Mit ein wenig Glück schaffen Sie es allein, mit einem Sportprogramm zu beginnen. Das heißt natürlich nicht, dass Ihnen der Sport leichtfallen wird. Die Depression schwächt Ihren Körper. Deshalb sollten Sie langsam beginnen.
Die meisten Sportexperten empfehlen, fünfmal wöchentlich für mindestens 30 Minuten Sport zu treiben. Vielleicht haben Sie sogar aktuelle Empfehlungen gelesen, in denen Ihnen geraten wird, sich mindestens eine Stunde sportlich zu betätigen. Wir wissen nicht, wie es bei Ihnen aussieht, aber wir können nicht jeden Tag eine Stunde dafür investieren. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass jegliche Art, sich sportlich zu betätigen, besser ist, als nichts zu tun. Deshalb können auch schon zehn Minuten Sport an drei, vier Tagen in der Woche helfen.
- Parken Sie etwas weiter von Ihrem Arbeitsplatz entfernt.
- Gehen Sie lieber die Treppen, anstatt den Aufzug zu nehmen.
- Machen Sie einige kurze Übungen in den Arbeitspausen.
- Wenn Sie ein schnurloses Telefon benutzen, können Sie während des Telefonierens herumlaufen.
- Wenn Sie wieder einkaufen gehen, können Sie ein paar Runden um den Supermarkt laufen.
Es ist ein guter Anfang, etwas weiter zu laufen, die Treppen zu nehmen oder beim Telefonieren umherzugehen. Wenn Sie möchten, können Sie etwas mehr Bewegung in Ihren Tagesplan aufnehmen. Um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, sollten Sie Ihren Körper jeden Tag etwas mehr belasten.
- Häufigkeit: »Wie oft werde ich Sport treiben?« Anfänger sollten sich zwei Termine pro Woche vornehmen.
- Intensität: »Wie schnell werde ich gehen oder laufen? Wie schwer sollen die Gewichte sein?« Den Anfängern raten wir, nicht so schnell und nicht so schwer.
- Zeit: »Wie lange werde ich pro Einheit trainieren?« Beginnen Sie mit zehn Minuten.
Doch welche Sportart ist für Sie am besten? Wir müssen ganz ehrlich zugeben, dass wir das nicht wissen. Und Sie tun das vielleicht auch nicht. Im folgenden Abschnitt beschreiben wir einige Sportarten, die Sie ausprobieren können. Wenn Sie mehr darüber wissen möchten, als wir hier schreiben, können Sie sich in einem Fitnessstudio beraten lassen oder kaufen Sie sich eine Ausgabe von Fitness für Dummies von Suzanne Schlosberg (Verlag Wiley-VCH).
Wir empfehlen Ihnen, sich erst einige Sportarten anzusehen und sich dann für die zu entscheiden, die Sie am meisten anspricht. Egal, für welche Sportart Sie sich entscheiden – testen Sie sie einige Wochen lang. Wenn sich dann herausstellt, dass Sie diesen Sport überhaupt nicht mögen, versuchen Sie etwas anderes. Sie dürfen ein wenig experimentieren. Dabei werden Sie sicherlich einen Sport finden, der Ihnen guttut. In diesem Abschnitt stellen wir Krafttraining, kardiovaskuläres Training und Yoga vor.
Beim Krafttraining werden Muskeln aufgebaut. Sie können dazu Hanteln stemmen oder an einer Gewichtmaschine trainieren. Doch eigentlich müssen Sie nicht mit Gewichten arbeiten. Es reicht auch, wenn Sie folgende Kraftübungen durchführen, für die Sie keinerlei spezielle Ausrüstung benötigen:
Wir baten einen Fitnesstrainer, uns zu zeigen, was es mit dem Krafttraining auf sich hat. Nach der ersten Woche waren wir uns nicht mehr so sicher, ob es eine gute Entscheidung war, jetzt Krafttraining zu machen. Wir hatten Schmerzen in Muskeln, von denen wir nicht einmal wussten, dass es sie überhaupt gibt. Doch nach einem Monat fühlten wir uns sehr wohl damit. Folgen Sie unserem Beispiel und heuern Sie einen Fitnesstrainer an, der Ihnen den vielfältigen Nutzen eines Krafttrainings für Sie zeigen kann. Wenn Sie von zu Hause arbeiten, können Sie einen Trainer über Zoom finden.
Mit dem kardiovaskulären Training können Sie sehr leicht beginnen. Es erhöht Ihre Sauerstoffaufnahme und steigert Ihre Herzfrequenz. Walking ist eine Form des kardiovaskulären Trainings. Sie müssen beim Gehen Ihr Tempo so steigern, dass sich Ihre Herzfrequenz erhöht. Natürlich können Sie auch andere Arten des kardiovaskulären Trainings wie Joggen, Radfahren oder Inlineskaten wählen. Eine Sportart ist dann als kardiovaskuläres Training geeignet, wenn sie Sie ein wenig aus der Puste bringt.
Wenn Sie an Yoga denken, haben Sie vielleicht Bilder von Körpern, die wie eine Brezel verknotet sind, vor Augen. Oder Sie stellen sich Mönche vor, die im Schneidersitz auf Matten sitzen und »Ommmmmmm … « singen.
Doch heutzutage finden Sie eher Yogalehrer, die im modernsten Sportoutfit stecken und im Fitnessstudio trainieren. Auch wenn einige erfahrene Yogaschüler ihre Körper wie eine Brezel verbiegen können, verlangen die meisten Yogaübungen nicht eine solch hohe Gelenkigkeit. Wir haben vor einiger Zeit mit Yoga begonnen und wir versichern Ihnen, dass wir nicht so biegsam sind.
Sie können einen Kurs besuchen oder sich ein Buch wie Yoga für Dummies von Georg Feuerstein und Larry Payne (Verlag Wiley-VCH) besorgen, um einige Yogaübungen zu erlernen. Auch ein Yogavideo ist dazu geeignet. Wie bei vielen anderen Sportarten ist es auch beim Yoga so, dass Sie nicht wissen, wie es Ihnen gefällt, wenn Sie es nicht selbst ausprobiert haben.