EIS

Ich blies eine Locke meines Haars aus meinen Augen, während ich die Bartheke mit einem feuchten Tuch abwischte. Die rabenschwarze Locke fror am Rande meines Blickfelds ein, und die Eiskristalle aus meinem Atem bedeckten sie wie mit Diamantenstaub. Aber innerhalb von Sekunden taute das dunkle Haarbüschel in der andauernden Hitze des Clubs auf.

Die Hitze war eines der vielen Dinge, die ich an der Arbeit an der Bar von Club Nexus überhaupt nicht mochte. Es gab Orte im Club, die so kalt wie der Unselige Hof waren, den ich einst als meine Heimat bezeichnete – schließlich hatten sie hier etwas für jedes mächtige Feenwesen zu bieten – aber diese Bereiche waren für alle außer dem Hochadel und seinem vertrauenswürdigem Personal gesperrt. Gewöhnliche Mitarbeiter des Clubs wie ich kamen nicht an den Samtkordeln vorbei.

Allerdings könnte eine alberne Absperrung mich nicht von einem der wunderbar eisigen Privaträume des Winterhofs fernhalten. Nein, die wahre Abschreckung bestand aus den schwer bewaffneten Wächtern – ein Greif mit einem messerscharfen Schnabel und ein Irrwicht mit einem besonders bösartigen Charakter, selbst für einen meiner dunklen Feenbrüder. Ich seufzte und schob die Locke von meinem Gesicht hinter eines meiner spitzen, blauen Ohren zurück.

Ich war auf meine spitzen Ohren, schlanke Gestalt und ungewöhnliche Größe von über zwei Meter zehn sehr stolz, denn das zeigte, dass ich zu den hochgeborenen Feenwesen gehörte. Auf meine momentane Lage war ich weniger stolz. Vor langer Zeit war ich in Kleidern aus Spinnenseide durch die Gänge des Winterhofes gewandelt, mein Haar war mit spät blühenden Rosen hochgesteckt, und ich trug Ketten aus Eiskristallen um den Hals. Jetzt trug ich eine Uniform, die mir nicht stand, musste mir betrunkene Anmachsprüche von elenden hellen Feenwesen anhören und dabei meinen Feinden Drinks servieren und hinter ihnen aufputzen. Oh, wie sind die Mächtigen gefallen.

Man hatte mir einen ungünstigen Handel aufgedreht, und nun konnte ich meine Schulden nur dadurch abzahlen, dass ich hier praktisch als Sklave in Club Nexus arbeitete.

Der Mann, der mich hereingelegt hatte, ein berüchtigtes Feenwesen des Seligen Hofs namens Puck, war kaum mehr als ein Zuhälter. Er setzte eine Reihe von hinterhältigen Methoden ein, um Mitglieder verschiedener Rassen in seine Gewalt zu bringen: Vampire, Dämonen, Menschen und Feenwesen. Puck bot in diesem Club Mädchen für Sex, Blut und zum Zeitvertreib an. Ich konnte mich wohl glücklich schätzen, dass er von der Idee fasziniert war, eine Bardame aus dem Unseligen Hof zu haben, die Drinks mit ihrem Atem kühlen konnte, aber meine Stellung als Dienerin ging mir dennoch auf die Nerven.

Einer hochgeborenen Person sollte so etwas nicht zustoßen. Ich drückte den Putzlappen fester, und die schmutzigen Überreste verschütteter Drinks tropften an meinem Handgelenk herab. Ich verzog das Gesicht, als ich die ekelhafte Flüssigkeit sah und warf den Lappen in einen Eimer voll Seifenwasser. Zu schmollen würde mich nicht von dieser ekelhaften Arbeit befreien, aber ein Wort in das richtige Ohr könnte das tun.

Ich wendete meine Aufmerksamkeit Puck zu, der einen Moment vorher hereingekommen war und nun seinen Kopf nahe an das Ohr eines Vampirs lehnte. Sie bildeten ein ungleiches Paar, das flachsblonde Feenwesen mit dem lächelnden Engelsgesicht und der Vampir mit seinen Fangzähnen, der mit dem Staub des Grabes bedeckt war. Da die Fangzähne des Vampirs nur Zentimeter von seiner Halsschlagader entfernt waren, würde man sich um Pucks Sicherheit Sorgen machen, zumindest, wenn man ihn nicht kannte.

Trotz seines Aussehens war Puck alles andere als ein Engel, und Wesen wie er waren schlimmer als jeder Dämon. Er war ein Trickster, der im Chaos florierte und gerne anderen alles abschwindelte, ganz gleich, ob das ihr Geld, ihr Blut oder ihre Seele war.

Ich bewegte mich unter dem Vorwand auf die beiden zu, das kleine Feenwesen zu füttern, das in einer Glaslaterne weiter hinten in der Bar Beleuchtung lieferte. Ich füllte etwas Honig in eine Wanne im Sockel der Laterne und lauschte.

„Suchst du einen kurzen oder langen Fünfliter?“ fragte Puck. „Ich habe diese Woche eine neue Lieferung Eis erhalten, also kann der Drink wild oder sanft sein. Deine Wahl.“

Ich spitzte die Ohren, als Eis erwähnt wurde – im Winterhof haben wir über dreitausend Bezeichnungen für Eis – aber dann merkte ich, dass Puck nur über die Droge redete, die er bei seiner besonderen Kundschaft einsetzte. Sie diente dazu, Menschen gefügig zu machen und war besonders für Vampire nützlich, die neue Blutsklaven wollten, ohne sich die Mühe zu machen, die Sterblichen fair zu überreden. Die meisten Sterblichen würden es zwar nicht als fair betrachten, wenn sie unter Verwendung von Glamourzauber verführt würden, aber das war ein Spiel, das wir Feenwesen verstehen konnten. Aber die Opfer mit Drogen fast bewusstlos zu machen kam mir wie Betrug vor.

Ich rümpfte die Nase und drehte mich um. Ich mochte weder Vampire noch die umgangssprachlichen Bezeichnungen für das, was Puck verkaufte. „Fünfliter“ war Slang für Menschen, denn das war die Blutmenge in einem durchschnittlichen Erwachsenen, und „Eis“ war eine Schwarzmarktdroge, die zu einer geistigen Betäubung führte. Die Besprechung von Pucks Nebengeschäft zeigte mir, dass ich hier nichts mehr Interessantes hören würde. Puck feilschte, statt belastende Geheimnisse zu enthüllen.

Ich musste etwas erfahren, das ich dazu benutzen konnte, meine Freiheit zu gewinnen, am besten ein so finsteres Geheimnis, dass ich meine Fesseln abwerfen und den Trickster zu ewigem Leid verurteilt sehen könnte. Vielleicht könnte ich ihn irgendwie zu meinem Sklaven machen und ihn dann meine Stiefel lecken lassen, nachdem ich ausgiebig durch Yeti-Kot gestapft war. Aber Informationen über Drogen und Blutsklaven waren nicht genug – ich brauchte etwas wirklich Skandalöses.

Ich ließ die Arme hängen, ging zu meinem Arbeitsplatz zurück und lehnte mich gegen die Theke. Vor lauter Selbstmitleid hätte ich fast die Frau übersehen, die plötzlich auf dem Hocker vor mir zu erscheinen schien. Ich griff nach einem der gepressten Blätter, die wir als Untersetzer verwenden und legte es auf die Theke.

„Was soll‘s denn sein?“, fragte ich.

Ich wendete meine Augen ab und starrte konzentriert auf meine Fingernägel. Es fiel mir leichter, Drinks zu servieren, wenn ich den Gästen nicht zu viel Aufmerksamkeit schenkte. Man kann ja nie wissen, wer durch unsere Türen kommen könnte. Ich würde mich zu Tode schämen, wenn ein anderer Hochgeborener mich hier in meiner Knechtschaft erkennen würde.

Ich wartete auf die Antwort der Frau, aber sie kam nicht. Mit einem lauten Seufzer blickte ich nach oben, um das Gesicht im Schatten unter der Kapuze eines Mantels zu sehen, der so dunkelblau wie der Nachthimmel war. Der Mantel war wunderschön, aber die Frau, die er umhüllte, war noch beeindruckender.

Augen wie Ebenholz blickten aus einem Gesicht mit blasser, kristallklarer Haut und Lippen, deren Farbe an zerdrückte Tintenbeeren erinnerte. Ich wusste, dass ein Kuss dieser Lippen so giftig war, wie die bitteren Früchte, denen sie ähnelten.

„Meine H-h-h“, stammelte ich.

Meine Herrin, wollte ich sagen, aber die Worte froren mir im wahrsten Sinne auf der Zunge ein. Die Frau, die vor mir saß, war niemand anderes als Königin Mab, die Herrscherin des Unseligen Hofs. Meine Königin war seit hundert Jahren verschwunden, tauchte aber nun in Club Nexus auf und hatte meine Lippen zufrieren lassen.

„Sei still, mein Kind“, sagte Mab. „Ich will noch nicht, dass mein Aufenthaltsort bekannt wird. Unser Volk ist während meiner Abwesenheit schwach geworden, und ich benötige deine Dienste, damit unser Hof wieder seinen alten Glanz gewinnt. Wirst du deiner Königin helfen?“

Ich nickte, und eisige Tränen fielen aus meinen Augen und zerschellten auf der harten Bartheke.

„Gut“, sagte sie. „Ich glaube, dass meine Aufgabe dir gefallen wird. Puck, Oberons ehemaliges Schoßhündchen, hat in dieser Stadt zu viel Macht gewonnen. Töte ihn schnell und unauffällig. Ich biete dir deine Freiheit, Beryl. Verschwende dieses Geschenk nicht.“

Mein Herz schien anzuschwellen. Endlich frei! Eigentlich wollte ich diesen Trickster einen langsamen und schmerzhaften Tod sterben lassen, aber wenn die Königin von Luft und Dunkelheit das so wollte, würde ich Puck schnell töten.

„Du wirst dich natürlich nicht an unser Gespräch erinnern“, sagte sie. „Meine Anwesenheit im Reich der Sterblichen darf noch nicht enthüllt werden. Aber du bist dennoch an unsere Abmachung gebunden. Erledige Oberons Schoßtier, um deine Freiheit zu erhalten.“

Ich blinzelte und rieb mir die Augen. Dabei fragte ich mich, warum sie beschlagen und meine Wangen nass waren. War ich bei der Arbeit eingeschlafen? Ich blickte mich rasch um und hoffte, dass Puck das nicht bemerkt hatte. Als ich das letzte Mal während der Arbeit eingeschlafen war, hielt er meine Hand über eine offene Flamme. Das Schwein wusste, wie sehr ich Feuer hasse, und er spottete dauernd darüber. Glücklicherweise war Puck zu sehr mit seinen eigenen Dingen beschäftigt, um meinen Lapsus zu bemerken. Er verließ gerade die Tanzfläche mit einer kurvenreichen Menschenfrau am Arm.

Ich wischte geistesabwesend die Theke vor mir und versuchte, beschäftigt zu wirken, während ich mir die neue Eroberung des Tricksters ansah. Sie hatte mehrere Tätowierungen an ihren nackten Armen, aber sie schienen keine Brandmarken oder andere Markierungen von Feenbesitzern zu sein. Als ich ihr Gesicht anblickte, sah ich, dass sie stark geschminkt war, aber ihre Augen waren noch hell und wach. Die Frau hatte kein Eis zu sich genommen, aber wenn Puck sie betäuben wollte, würde das nicht lange dauern. Das würde lediglich einen schnellen Taschenspielertrick erfordern, während er ihr einen Drink bestellte, und schon wäre sie eine weitere Sklavin in seiner Vorratskammer.

Ich hätte sie warnen können. Ich hatte das mehrmals getan, um Pucks Spielchen zu vereiteln, aber nicht heute Nacht. Mir war das Schicksal dieses schwächlichen Menschen egal. Ich hatte wichtigere Dinge zu tun, obwohl ich mir nicht ganz klar war, was diese Dinge waren. Einen Moment lang schien der Raum sich um seine Achse zu kippen, und kühle Luft flüsterte an meiner Haut entlang. Ich schüttelte den Kopf und wischte weiterhin die Theke ab.

Meine Hand stieß gegen einen harten Gegenstand, und als ich hinunter blickte, sah ich einen reich verzierten Dolch vor mir. Das war seltsam. Ich erinnerte mich nicht daran, dass hier Kunden saßen, von denen er stammen könnte. Meine Augen glitten von der Waffe zu Puck, der in meine Richtung kam. Ich grinste breit, da ich die Chance sah, auf die ich gewartet hatte. Ich hatte immer von einer ausgedehnten, langsamen Rache geträumt, aber in diesem Moment erfüllte die Idee, den Trickster schnell zu töten. mich mit enormer Freude. Ja, er musste eliminiert werden. Heute Nacht.

Als Puck an mir vorbei lief, warf ich den Putzlappen über den Dolch und zog ihn über die Theke. Sobald er weg war, steckte ich die Klinge in die Tasche meiner Schürze, und der eiskalte Griff fühlte sich in meiner schwitzenden Hand beruhigend an. Das plötzliche Erscheinen der Waffe musste ein Zeichen sein. Ich packte den Dolch fest und glitt in einen Schatten in der Nähe.

Mein Aufpasser war durch die Tür links von der Bar gegangen, die zu den hinteren Lagerräumen führte. Ich wusste, was er da unten in den alten Weinkellern tat, und ich hielt von seinen Sonderkunden und ihren Perversionen Abstand.

Aber jetzt sah ich die Tür voller Sehnsucht an und wünschte, ich könnte sie öffnen. Normalerweise würde ich so tun, als ob ich Vorräte holen musste, aber laut Puck war es eine „spezielle“ Nacht, und er hatte die Türen für alle verschlossen, mit Ausnahme zahlender Gäste.

Ein Vampir nach dem anderen hatte sich mit neu aus Eisen geschmiedeten Schlüsseln hereingelassen. Ich weiß nicht, wie Puck den Vampiren die Schlüssel übergab, ohne eine Eisenvergiftung zu erleiden, aber seine Sicherheitsmaßnahmen zahlten sich aus. So konnte ein Feenwesen unmöglich einen dieser Schlüssel stehlen und Zugang zu dieser speziellen Blutsauger-Party erlangen.

Ich starrte immer noch die Tür wütend an, als der Südstaaten-Vampir, der an der Theke gesessen war, aufstand und auf das Hinterzimmer zuging. Als er einen Schlüssel aus der Tasche seiner Lederjacke nahm, kam mir eine Idee und ich lächelte. Mein Herz klopfte schneller, als ich einen Stapel Küchentücher nahm, einen nicht ausgetrunkenen Drink auf sie ausleerte und dann zu ihm eilte.

„Entschuldigung“, sagte ich. „Könnten Sie die Tür aufhalten? Ich muss die gegen saubere Handtücher austauschen, sonst reißt mir Puck den Kopf ab.“

Auf dem Gesicht des Vampirs erschien ein Ausdruck der Abscheu, entweder wegen des aufdringlichen Verhaltens eines Dieners oder weil Puck erwähnt wurde. Ich war mir nicht sicher. Vielleicht war er nur verärgert, dass ich sein Abendessen verzögerte. Was auch immer der Grund für das verkniffene Gesicht war, hielt mir der Vampir dennoch die Tür auf, während ich vorbei eilte. Sobald er mir gefolgt war, lief er weiter.

Der Vampir raste an mir vorbei, so dass ich nur eine verschwommene Bewegung wahrnahm, da er keine Zeit verschwenden wollte, die Treppe hinunter zu kommen. Ich erschauderte und drückte die Handtücher fest gegen meine Brust. Der Mann hatte wahrscheinlich seine Fangzähne bereits in den Hals eines armen Opfers gebohrt.

Die Tür klickte zu, und ich atmete zitternd aus, wobei ich die schmutzigen Handtücher auf einem niedrigen Stapel von Kartons legte. Der Vampir hatte sich bei seinem eiligen Lauf in die Krypta nicht einmal die Mühe gegeben, das Licht anzuschalten, und ich würde das sicher nicht tun. Der Raum war dunkel, aber meine unseligen Augen waren daran gewöhnt, im Schatten zu lauern. Zudem wollte ich weder Puck noch einen der Vampire, die mit Blut und Sex unterhalten wurden, auf mich aufmerksam machen.

Ich schlich auf Zehenspitzen zur der Tür, durch die ich eben gekommen war. Nachdem ich mein Ohr gegen das Holz gelegt hatte, um zu hören, ob jemand kam, lehnte ich mich vor und blies einen eisigen Dunst ins Schloss. Als das Schlüsselloch mit Eis gefüllt war, drehte ich mich zur Treppe hinten im Raum hin.

Ich wich den Kisten und Kästen geräuschlos aus, überquerte den Raum und ging die Treppe hinunter. Unten angekommen hörte ich Bewegungen und das trockene, hackende Lachen eines Vampirs. Dahinter nahm ich Geräusche der Agonie wahr: Stöhnen, Heulen und Angstschreie. Ich schluckte aufgeregt und richtete mich zu meiner vollen Höhe von zwei Meter zehn auf.

Bald würde ich aus diesem Gefängnis entkommen, und obwohl die Straßen zum Winterhof geschlossen waren, würde ich eine neue Heimat finden, wo die Schmerzensschreie von Feenwesen des Seligen Hofs stammten, wie es sein sollte. Ich stelle mir Puck in Ketten vor, wie er von einem der kunstvoll geschnitzten Balkone des Hofs hing. Wie Mab über so eine Szene lachen würde. Sie genoss immer den süßen Geschmack der Rache.

Ich unterdrückte eisige Tränen, als ich an meine verlorene Königin dachte – wenn sie nur zu uns zurückkehren würde – und zog den Dolch aus meiner Schürze. Seltsamerweise fühlte ich mich dank der Waffe meiner Herrin näher.

Ich bewegte mich vorwärts, aber als ich gerade um die Ecke in den Weinkeller gehen wollte, hörte ich das leise Schlurfen von Stiefeln auf der Treppe. Ich duckte mich in die tiefere Dunkelheit hinter einem Regal mit Weinflaschen, verschwand im Schatten und hielt den Atem an.

Sekunden später kam ein Mann in einer altmodischen Weste in Sicht. Ich verzog das Gesicht und sah mir den Mann an, als er die Treppe hinunter ging. Wie hatte er die verschlossene Tür oben geöffnet? Das Eis, mit dem ich das Schloss eingefroren hatte, hätte nicht so schnell schmelzen können.

Ich erhielt meine Antwort, als ich Flammen in den Augen des Mannes flackern sah. Der elegante Herr war ein Dämon.

Nachdem sich der Dämon umgesehen und an seinen Handschuhen gezogen hatte, ging er weiter. Ich lauschte und fragte mich, ob ich mich verziehen sollte, bevor weitere Partygäste durch die Tür und die Treppe herunter kamen. Ich grub meine Fingernägel in meine Handfläche und versuchte, das Schwindelgefühl zu unterdrücken, das mich zu überwältigen drohte. Wenn man mich entdeckte, würde Puck mich mit großem Genuss bestrafen.

Das Geräusch eines Streits und Pucks angespannte Stimme brachten mich dazu, zu bleiben. Diesmal klang der Trickster nervös. Außerdem konnte ich das Gefühl nicht loswerden, dass ich eine Pflicht erfüllen musste.

Ich drückte die Lippen zusammen und schlich mich hinter den Weinregalen hervor, so dass ich dem Dämon ganz langsam folgte. Aus der ersten offenen Tür hörte ich, dass sich der Dämon und Puck stritten. Ich warf einen Blick in den Raum und zog meinen Kopf sofort wieder zurück.

Ich spürte, wie langsam ein Lächeln auf meinem Gesicht erschien. Nach so vielen Jahren der Knechtschaft fühlte es sich seltsam an, dass meine Lippen sich nach oben verzogen. Der Dämon umkreiste Puck, lenkte ihn ab und verwirrte ihn. Ich hatte keine Ahnung, worüber sie sich stritten – Geld, ein Mädchen, einen geplatzten Drogendeal – und es war mir auch egal. Was ich in dem Raum sah, war eine Gelegenheit.

Ich steckte eine Hand in meine Schürze und ergriff den juwelenbesetzten Dolch. Das war meine Chance.

Mit einem wilden Schrei und einem kläffenden Lachen rannte ich in den Raum. Ich hob den Arm und stieß mit dem Dolch auf Pucks Herz – falls der Bastard überhaupt eines besaß – wurde aber zur Seite gerissen, als ein Vampir vor mir erschien.

Der Südstaaten-Vampir aus der Bar, dachte ich, als mein Blickwinkel sich verengte und Schatten vom Rande heranflogen. Ich versuchte, mich zu Puck zu bewegen, aber dann traf mich der Schmerz. Ich würgte und fiel auf die Knie.

Der Vampir fauchte und hielt einen blutigen, leblosen Arm hoch. Ich blickte verwirrt nach unten und sah, dass mein Arm fehlte und Blut aus meiner Schulter spritzte. Langsam verstand ich, was los war, und ich lächelte. Egal, was jetzt passierte, würde ich nicht mehr in der Gewalt von Puck stehen.

Ich griff mit den Fingern meiner verbleibenden Hand in meine Schürze, obwohl die Muskeln bereits langsam und schwach wurden. Der Dämon stritt sich weiter mit Puck, und der Vampir quasselte darüber, dass es nötig sei, den Beißclub zu schützen, oder so einen Unsinn. Mein Kopf dröhnte, und ich konnte nicht mehr deutlich sehen.

Ich hatte nicht mehr viel Zeit.

Ich zog den Eispickel aus der gerissenen Naht, wo ich ihn für den Tag verborgen hatte, an dem ich meine Freiheit gewinnen würde. Das war nicht so elegant wie der juwelenbesetzte Dolch, aber das musste reichen.

Es gelang mir, einen Fuß unter mich zu bringen, und dann sprang ich und trieb den Eispickel nach oben. Ich spürte, wie das Silber durch Muskeln und Rippen in Pucks Herz stieß. Seine Augen wurden vor Überraschung groß, und ich lachte.

Als der Adrenalinschub nachließ, hing ich schlaff in den Armen des Vampirs, der mich gepackt hatte. Ich leckte mir die Lippen und blickte in das hektische Gesicht des Vampirs. Die Kreatur biss mir in den Hals und bohrte seine Fangzähne in meine Halsschlagader, aber das war mir jetzt egal.

„Ich habe deinen Auftrag erfüllt, meine Königin“, keuchte ich.

Ich konnte nur noch einen winzigen Lichtpunkt sehen, und mein Körper fühlte sich angenehm kalt an. Ich entspannte mich und lächelte noch. Ich hatte meiner Königin gedient, und mein eigener Wunsch war erfüllt worden. Ich würde nicht mehr in einem überhitzten Nachtclub an der Bar stehen. Keine weiteren Jahrzehnte der Knechtschaft unter dem allmächtigen Puck, der nun neben mir in dem schimmligen alten Weinkeller starb.

Ich war frei.