Kapitel 25

Kicht mehr lange«, raunte Aquilla. Sie lugte über den Rand in die schmale Schlucht unter ihr. Der Boden dort war mit einer verharschten Schneeschicht bedeckt und von den hohen Felswänden hingen Eiszapfen, die so lang und spitz waren wie Speere.

Aquilla lag zusammen mit den Ältesten auf der weiten Eisfläche oberhalb der Schlucht auf der Lauer. Der Rest der Herde kauerte gut getarnt auf den zerklüfteten Berghängen ringsum. Diese Stelle inmitten der Splitter hatten die Pegasus für ihren Überraschungsangriff auserkoren. Hier würde die Armee in Kürze vorbeikommen. Sobald die Soldaten die Schlucht betreten hatten, würden sie ein leichtes Ziel abgeben, denn die Felswände waren auf beiden Seiten glatt und eisbedeckt, sodass es unmöglich war, daran hochzuklettern.

Aquilla hörte die Armee lange, bevor sie sie sah. Das Knirschen von Hufen und Füßen auf dem Schnee hallte durch die Gebirgslandschaft und gebrüllte Befehle wurden von den Felsen zurückgeworfen. Sie hatte schon oft versucht, sich vorzustellen, wie ein marschierendes Heer klang, schließlich kamen sie oft genug in den Sagas vor. Doch jetzt, als sie das Heer, das auf sie zumarschierte, um sie und ihre Herde anzugreifen, mit eigenen Ohren hörte, befiel sie eine überwältigende Angst.

Darauf hatten keine Saga und nicht mal ihre wildeste Fantasie sie vorbereiten können.

Die Vorhut kam in Sicht und Aquillas Angst wurde noch größer. Denn dort unten waren nicht nur ihre Feinde, zwischen ihnen befand sich auch Jaren. Selbst auf die Entfernung konnte sie sein strubbeliges braunes Haar ausmachen und erkennen, welche Mühe es ihn kostete, sich auf dem eisigen Untergrund vorwärtszubewegen.

Halte noch ein kleines bisschen durch, dachte sie.

Die Armee war in Zehnerreihen marschiert, doch als sie die Schlucht betraten, mussten sie ihre Formation aufgeben. Aquilla und einige andere Pegasus beugten sich erwartungsvoll vor. Ein Stück weiter wurde die Schlucht wieder breiter, aber das konnten die Zentauren nicht wissen. Auf diesem Abschnitt jedenfalls wurde die gesamte Truppe deutlich langsamer und das Feld zog sich zunehmend in die Länge.

Der Boden am Fuß der Schlucht war unwegsam und so eisglatt, dass viele Soldaten, egal ob Zentauren, Einhörner oder Menschen, immer wieder ins Rutschen gerieten.

»Noch ein bisschen«, meinte Odelia, die mit angelegten Flügeln neben Aquilla kauerte. Ihr Blick war auf die Enge am Eingang der Schlucht gerichtet, durch die immer noch Soldaten hineinströmten. Der Plan war zu warten, bis sich die gesamte Armee durch den Engpass schlängelte.

Da schallte der Klang einer verärgerten Stimme zu ihnen hinauf. Aquilla drehte den Kopf, um nachzusehen, was los war.

»… nie im Leben richtig. Was führst du im Schilde?«

»Ich schwöre, das ist der richtige Weg!«, beharrte Jaren. »Wenn Ihr zu den Pegasus wollt, müssen wir hier lang.« Aquilla merkte, dass er entschlossen und selbstsicher klingen wollte, aber sie hörte die Angst in seiner Stimme.

»Hauptmann!«, rief ein anderer Zentaur. »Da vorne wird es noch schmaler.«

Der Zentaur, der Jaren angebrüllt hatte, nickte. Sein hoher goldener Helm blitzte im Sonnenlicht. »Wenn du uns auf eine falsche Fährte führst, Mensch, werden wir dich so bestrafen, dass du dir noch wünschen wirst, wir hätten dich im königlichen Gefängnis verrotten lassen.«

»Hier gibt’s ja genug Klippen, von denen man ihn stoßen kann«, knurrte ein anderer bedrohlich. Er tat so, als wolle er Jaren packen, und der wich erschrocken zurück. Die anderen Zentauren lachten.

Aquilla verspürte einen Stich im Herzen. Ich muss ihn da rausholen.

»Wir sollten jetzt angreifen«, sagte Aquilla zu den Ältesten um sie herum.

»Die Armee ist noch nicht vollständig in der Schlucht«, wandte Odelia ein und deutete mit einem Kopfnicken auf die schwer gerüsteten Einhörner, die sich rempelnd und schubsend auf den schmaler werdenden Pfad drängten.

»Aber sie bedrohen Jaren! Er hat sich für uns schon genug in Gefahr gebracht.« Aquilla sah von einem zum anderen. »Ich lasse nicht zu, dass sie ihm etwas antun.«

Rostro nickte. »Wir haben entschieden, deiner Strategie zu folgen, Aquilla«, sagte er. »Auf dein Zeichen hin greifen wir an.« Die Botschaft wurde durch die Reihen der Ältesten weitergetragen bis zu den Pegasus, die wie Schneewehen auf den umliegenden Berggipfeln kauerten. Aquilla stiegen Tränen in die Augen, als sie sah, wie sich die anderen, ohne zu zögern, erhoben und ihre Stellungen bezogen. Bitte, ihr Sterne, macht, dass unser Plan funktioniert. Bitte macht, dass sie alle überleben …

Sie holte tief Luft, richtete sich auf die Hinterbeine auf und breitete die Schwingen aus. Die Herde folgte ihrem Beispiel. Dutzende Flügel spannten sich um sie herum auf. Graue, weiße, silberne und goldene Federn glitzerten im Sonnenlicht. Dann ließen sich auf Aquillas Kommando alle gleichzeitig auf die Vorderhufe fallen. Mit ihrem vereinten Gewicht brachten sie unter ohrenbetäubendem Knacken den Hang zum Erzittern, auf das ein unheilvolles Ächzen folgte, als wäre der Berg aus tiefem Schlaf erwacht. Gleich darauf brach eine Eislawine los und stürzte in die Schlucht hinab.

Die Soldaten sahen beim ersten Krachen des gesprengten Eises nach oben, doch die weiße Wand raste bereits unaufhaltsam auf sie zu. Aquilla ließ Jarens braunen Wuschelkopf nicht aus den Augen, um sich seine Position genau einzuprägen, während Schnee und Eis Zentauren, Menschen und Einhörner unter sich begrub. Dann war auch Jaren verschwunden und dort, wo er gerade noch gestanden hatte, türmte sich die Schneeschicht meterdick auf.

Einigen Zentauren gelang es, sich aus eigener Kraft zu befreien. Sie zogen ihre Bögen und schossen ihre Pfeile gen Himmel ab, doch Aquillas Herde war darauf vorbereitet. Im Sturzflug sausten die Pegasus hinab und wanden ihnen die Bögen mit Zähnen, schlugen sie ihnen mit den Hufen aus den Händen. Aquilla ignorierte das Kampfgetümmel und hielt den Blick stur auf den Punkt gerichtet, wo Jaren verschüttet worden war.

Während sich die Luft um sie herum mit wütendem Gebrüll und schrillem Wiehern füllte, stieß Aquilla wie ein Falke vom Himmel. Mit Kopf und Hufen grub sie sich durch den Schnee, von Sekunde zu Sekunde verzweifelter. Wie lange würde Jaren dort unten überleben? Sie konnte nicht zulassen, dass er seinen Einsatz für die Pegasus mit dem Leben bezahlte!

Da witterte sie unter dem kühlen, reinen Geruch des Schnees den Hauch von etwas Übelriechendem – eine Mischung aus Plumpsklo und dem muffigen Schimmelgestank aus dem Gefängnis der Zentauren. Sie buddelte darauf zu. Als Erstes tauchte ein brauner Schopf aus dem Schnee auf, dann eine kleine, schmutzige Hand und zu guter Letzt Jaren. Er schüttelte sich den Schnee aus den Haaren und grinste.

»Aquilla! Du bist gekommen!«

Mit dem Maul schob sie den Schnee von seinen Armen und biss die Seile durch, mit denen seine Hände gefesselt waren. »Natürlich. Du bist schließlich mein Freund.«

Jaren schlang die Arme um ihren Hals und Aquilla prustete ihm zärtlich ins strubbelige Haar.

Doch für mehr war jetzt keine Zeit. »Komm!«, rief sie und Jaren kletterte auf ihren Rücken. Obwohl es sich noch immer ungewohnt und nicht gerade angenehm anfühlte, freute Aquilla sich, als Jaren seine Knie gegen ihre Flanken presste, um sich festzuhalten. Sie schüttelte sich den Schnee aus den Flügeln, stellte sich innerlich auf das zusätzliche Gewicht ein und hob ab. Unter ihr brüllten die Anführer der Zentauren ihren Soldaten Anweisungen zu, noch während sie sich aus der Lawine freikämpften. Diejenigen, die nur unter einer dünnen Schneeschicht begraben gewesen waren, feuerten einen Pfeil nach dem anderen auf die hinabsausenden Pegasus ab. Die Einhörner bäumten sich auf die Hinterbeine auf und erhoben ihre Hörner gegen die Pegasus, die ihnen zu nahe kamen.

Aquilla schnappte erschrocken nach Luft. Selela wurde bei ihrem Angriff auf einen Einhornsoldaten beinahe von dessen spitzem Horn aufgespießt. Zwei weitere Einhörner warfen sich gegen die Pegasusstute und klemmten sie so zwischen sich ein, dass sie ihre Flügel nicht mehr bewegen konnte. Sie saß in der Falle.

Aquilla wollte ihr zu Hilfe eilen, doch da schrie Jaren: »Pass auf!« Sie riss ihren Körper gerade noch rechtzeitig hoch, denn sonst wäre sie von einem Pfeilhagel getroffen worden, der stattdessen gegen die Felswand hinter ihr prasselte. Sie wandte den Kopf, um zu sehen, woher der Angriff kam – irgendwie hatte es eine weitere Reihe zentaurischer Bogenschützen geschafft, sich aus dem Schnee zu befreien und in Kampfformation aufzustellen.

Rostro hatte weniger Glück. Als die Zentauren die nächste Salve abfeuerten, bohrte sich ein Pfeil tief in seine linke Schulter. Sein Schmerzensschrei wurde von den Wänden der Schlucht zurückgeworfen. Seine Flügelschläge wurden hektischer, ruckartiger, wodurch er an Höhe verlor und den Einhörnern unter ihm gefährlich nahe kam. Odelia und Fetos flogen zu ihm hinab und schoben ihn mit vereinten Kräften zum Gipfel hinauf, wo ihn die Bogenschützen nicht mehr erreichen konnten.

Und Rostro war nicht der Einzige, der getroffen worden war. Baros kämpfte sich mit einem Pfeil im Vorderbein zurück auf einen Felsvorsprung, wo bereits zwei weitere Pegasus mit abgewinkelten Flügeln auf der Seite lagen. Ihr Atem ging stoßweise, während Blut den Schnee unter ihnen rötlich golden färbte. Aquilla schnürte es die Kehle zu. Würden die Pegasus jetzt endgültig ausgelöscht werden? Und das alles nur ihretwegen?

»Wir müssen etwas tun!«, rief sie verzweifelt.

»Da drüben!« Jaren zeigte auf einen Berg auf der anderen Seite der Schlucht.

»Was ist damit?«, fragte Aquilla. Der Gipfel war so hoch, dass er vollkommen kahl war; eine graue Felsspitze, die aus dem Schnee und Eis ragte. Aquilla hatte ihn für den Angriff in Erwägung gezogen, aber hier, auf der gegenüberliegenden Seite, war die Schneeschicht um einiges dicker gewesen.

»Siehst du die Risse im Fels?«, fragte Jaren aufgeregt. »An den Stellen kann Eis eindringen und den Stein aufsprengen. Es sieht so aus, als würde die Spitze jeden Moment abbrechen! Das könnten wir nutzen, um einen Steinschlag auszulösen.«

»Bist du sicher?«

»Wenn ich eines gut kenne, dann diese Berge«, erwiderte Jaren. »Ihr Pegasus könnt einfach vor einer Gerölllawine wegfliegen, aber für uns Menschen ist es überlebenswichtig zu wissen, worauf wir achten müssen. Vertrau mir.«

Und das tat sie. Sie hätte es nie für möglich gehalten, aber dieser Mensch war ihr Freund und sie vertraute ihm mit ganzem Herzen.

»Dann sollten wir es probieren!« Sie warf den Kopf in den Nacken und rief die Herde zusammen. Dann legte sie die Flügel an und flog auf den Gipfel zu. Ohne zu zögern, ließen die anderen, die noch kämpfen konnten, alles stehen und liegen und folgten ihr wie eine Wolke rauschender Federn.

»Gleiches Kommando wie im Schnee, aber diesmal hier auf dem Fels! Sagt es den anderen weiter!«, rief Aquilla jedem Pegasus zu, der in ihre Nähe kam. Nur wenige Augenblicke später stand die Herde auf dem Gipfel bereit. Jaren hatte recht, erkannte Aquilla – der Fels war von feinen Rissen durchzogen, und kaum dass sie gelandet waren, brach schon etwas Geröll los. Aquilla stellte sich auf die Hinterbeine und die anderen taten es ihr nach.

Gleichzeitig ließen sie die Hufe auf den Fels krachen. Der Aufprall erzeugte einen dröhnenden Lärm, aber es lösten sich nur einige kleine Felssplitter, die den vereisten Abhang hinabrollten. Tief unter ihnen drangen die Rufe der Soldaten empor, die eilig Befehle erteilten. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie uns entkommen, dachte Aquilla panisch. Denn sie werden nie aufhören, uns zu jagen.

»Noch mal!«, schrie sie und richtete sich auf.

Wieder stampfte die Herde mit voller Wucht auf. Und wieder traten sie nur ein paar vereinzelte Steine los, kaum größer als Kiesel. Verzweifelt blickte Aquilla ihnen nach.

»Die Risse werden größer!«, rief Jaren, der die Arme um Aquillas Hals geschlungen hatte, um nicht abgeworfen zu werden. »Macht weiter!«

Erneut bäumten sie sich auf, wieder und wieder und wieder, bis der gesamte Berg unter ihren Tritten erzitterte. Mit einem Mal ging ein Ruck durch die Bergspitze, gefolgt von einem gewaltigen Donnern, als der halbe Gipfel zerbarst und in riesigen Brocken den Hang hinabpolterte. Aquilla und die anderen schafften es gerade noch rechtzeitig, sich in die Sicherheit des Himmels zu schwingen.

Nur wenige Momente später stieg aus der Schlucht eine gigantische Staubwolke empor. Hustend und mit geblähten Nüstern, kreisten Aquilla und ihre Herde über dem abgebrochenen Berggipfel. Zur ihrer Erleichterung spürte sie Jaren immer noch auf ihrem Rücken.

Als sich der Staub schließlich legte, wurde das ganze schreckliche Ausmaß der Zerstörung sichtbar. Die gesamte Schlucht war ein einziges Trümmerfeld. Hier und da waren ausgestreckte Hände oder halb verschüttete Flanken zu sehen, andernorts blitzte eine Rüstung im Geröll auf.

Die Armee war geschlagen. Die Soldaten außerhalb der Schlucht, die der Lawine knapp entronnen waren, flohen Hals über Kopf aus dem Gebirge nach Süden.

Die Pegasus hatten gewonnen.

Jaren stieß einen Jubelschrei aus, doch die Pegasus blieben stumm. Trotzdem war Erleichterung zu spüren. Wie auf ein unausgesprochenes Kommando hin drehten sie sich um und flogen zu ihrem Schlafplatz zurück. Die stärksten unter ihnen trugen die Verletzten auf dem Rücken.

»Freut ihr euch denn gar nicht?«, fragte Jaren, als Aquilla neben den anderen unter dem Felsüberhang landete. »Das war unglaublich!«

»Wir sind froh, dass wir gewonnen haben«, erwiderte sie bedrückt, »aber wir feiern den Tod unserer Feinde nicht.«

Odelia, die hinter Aquilla gelandet war, nickte. »Wir haben getan, was getan werden musste, um weiter in Frieden leben zu können. Das genügt.«

Jaren wandte sich ab. Er wirkte betroffen und ein wenig beschämt. Odelia betrachtete ihn nachdenklich. »Sobald die Verwundeten versorgt sind, rufe ich die Herde zusammen«, sagte sie. »Es gibt einiges zu besprechen.«

Die Leichtverletzten waren schnell versorgt, aber einige Pegasus waren so schwer getroffen, dass es mit ein paar Kräutern nicht getan war.

»Sie werden sich nicht mehr erholen«, erklärte Odelia mit erstickter Stimme, als sie den Rest der Herde um sich geschart hatte. »Wir werden hierbleiben und für sie sorgen – bis sie keine Fürsorge mehr brauchen.« Die anderen nickten traurig. Nach der Schlacht wäre die vernünftigste Entscheidung gewesen, sofort weiterzuziehen, aber die Verwundeten im Stich zu lassen, kam nicht infrage. Odelia wandte sich an Jaren. »Wir haben dich falsch eingeschätzt«, sagte sie. »Und dafür möchten wir uns aufrichtig entschuldigen. Du hast dich als wahrer Freund erwiesen – nicht nur für Aquilla, sondern für alle Pegasus.«

Aquilla plusterte ihre Federn auf und stupste Jaren mit der Nase gegen die Schulter. »Sag was«, flüsterte sie.

»Ich … äh, vielen Dank«, stotterte Jaren.

Odelia war noch nicht fertig. »Obwohl es so etwas noch nie gegeben hat, schlage ich vor, dass wir diesen Menschen in unsere Herde aufnehmen, denn er hat bewiesen, dass er das Herz eines Pegasus in sich trägt.«

Aquilla und Jaren sahen einander überrascht an, während Odelia zur Abstimmung aufrief. Rostro sprach sich von seinem Krankenlager aus weichem Moos für eine Aufnahme aus und alle, die nach ihm kamen, schlossen sich ihm an. Andächtig übersprangen sie die Namen der drei sterbenden Pegasus – die Rangfolge der Herde würde erst nach ihrem Tod angepasst werden. Die Stimmung löste sich jedoch ein wenig, als Aquilla an der Reihe war und so überschwänglich »Ich stimme dafür!« rief, dass sie dabei ein Stück vom Boden abhob.

Das Votum ging ohne Gegenstimmen über die Bühne. Odelia bat Jaren zu sich. »Hiermit ernenne ich dich, Jaren, zum Hundertsten der Herde. Möge dein Herz für immer mit den Sternen fliegen.« Sie legte ihre samtene Nase sanft an seine. Als Jaren danach an Aquillas Seite zurückkehrte, grinste er von einem Ohr zum anderen und tanzte ausgelassen um sie herum.

Sie lachte und strubbelte ihm sanft mit dem Maul durchs Haar. Sie hatte es geschafft, ihre Herde und ihren Freund zu retten, und jetzt würde sie sich nie wieder zwischen den beiden entscheiden müssen. Sie versetzte Jaren einen spielerischen Stups mit dem Flügel und dann gesellten sie sich zum Essen zu den anderen. Es gab Kaninchen und Berggans. Aquillas Glück war beinahe perfekt – und doch schwebte immer noch diese dunkle Wolke aus Angst und Sorge über ihr, aus der jederzeit ein Gewitter losbrechen konnte. Wo steckte Aquoro?

Hatte der alte Mann recht gehabt? Konnte Aquoro wirklich in die Fänge eines Minotaurus geraten sein?

Eigentlich war das unmöglich: Minotauren waren seit Jahrhunderten ausgestorben. Aber es war der einzige Hinweis, den sie hatte.

Der Kampf gegen den Rest von Cavallon war gewonnen, doch Aquilla fand trotzdem keine Ruhe. Sie würde nicht aufgeben, bevor sie ihren Bruder gefunden hatte.