Nele und Rouven hätten sich ihren Hochzeitstag nicht besser vorstellen können. Für einen sonnigen, aber knackig kalten Tag Mitte Dezember war es mit zwei Grad Celsius ideal temperiert, und die standesamtliche Trauung im neuen Rathaus war wunderschön.
Ihr Fotograf Thorsten Büthe hatte mit ihnen und den Gästen nicht nur wunderschöne, sondern auch total witzige Fotos in der Rathaushalle geschossen.
Anschließend hatte sich das Brautpaar in dem schneeweißen Tesla von Galaxy bis ins Pelikanviertel vor das Sheraton Hotel chauffieren lassen. Sie waren von dem stylishen Model X und insbesondere von dem Platzangebot sowie den großen Flügeltüren begeistert. Für den Ein- und Ausstieg mit dem cremefarbenen Brautkleid und der langen Schleppe war es ideal.
Das Sheraton Hannover Pelikan Hotel mit der gegenüberliegenden Harry’s New York Bar ist in die stilvoll renovierten Fabrikationshallen der ehemaligen Pelikanwerke integriert. Seit 1906 wurden hier Tinten und Farben hergestellt, und 1929 feierte man die Geburtsstunde des ersten Pelikanfüllers, dem auch heute noch Inbegriff edelster Schreibgeräte. Im Jahre 1993 wurden die Fabrikationshallen und Verwaltungsgebäude in das Pelikanviertel umgewandelt, in dem sich neben der Hotelanlage Eigentumswohnungen, Geschäftsräume und eine vielseitige Gastronomie ansiedelten.
Der Pelikan ist nicht nur unverkennbares Markenzeichen der Pelikan Holding, sondern auch heute dieses modern-historischen Viertels.
Nach der Begrüßung durch die Direktionsassistentin Kira Sievert konnten sich die Jungvermählten in der Hochzeitssuite frisch machen, um anschließend die Party in Harry’s New York Bar mit ihren 60 Gästen zu genießen.
Ihr Chauffeur Benny parkte den Tesla und begab sich in die Bar, um sein DJ-Pult startklar zu machen. Benny war nämlich zugleich DJ des Abends und Geschäftsführer von Galaxy, einer trendigen Veranstaltungsagentur in Hannover, mit der auch der Fotograf Thorsten Büthe kooperierte.
Während die Gäste eintrafen und sich mit ihren Geschenken samt einem farbenfrohen Begrüßungsgetränk in der Bar versammelten, empfingen sie das eintreffende Brautpaar mit einem Riesenbeifall.
Nach der Willkommensrede und einem leckeren Essen moderierte Benny den Eröffnungstanz an, und die Bar bebte.
In einer Tanzpause lud der Bräutigam Rouven seine Jungs an die Bar zu einem spontanen Whisky-Tasting ein.
Nele ging mit ihrer Trauzeugin Anne vor die Tür, eine Zigarette rauchen, als sie von einem Gast angesprochen wurden, den weder Nele noch Anne kannten. Er trug einen dunklen Anzug mit einer modernen Fliege und sah mit seiner Perücke, dem angeklebten Vollbart und der Spiegelsonnenbrille eher aus wie Atze Schröder. „Entschuldigung, wir kennen uns noch nicht. Ich bin Niklas, ein neuer Kollege des Bräutigams“, stellte er sich vor.
Die Braut war zurückhaltend, aber offen. „Hey, Niklas, ich bin Nele, und das ist meine Trauzeugin Anne. Rouven hat noch nie von dir erzählt, auch auf der Gästeliste kann ich mich nicht an dich erinnern“, dabei blickte sie skeptisch sein Outfit an.
„Stimmt. Ich bin relativ neu, und wir kennen uns auch noch nicht so gut. Ich stehe zwar nicht auf der Gästeliste, wir haben aber eine kleine Aufführung geplant und brauchen euch beide. Anne, kannst du den Bräutigam auf die Tanzfläche bitten? Wir benötigen noch circa zehn Minuten und kommen dann gleich mit Nele zusammen rein“, erklärte Niklas und kündigte euphorisch an: „Das wird der Brüller!“ Anne nickte und ließ die beiden allein.
„Nele, kommst du kurz mit? Ich habe noch eine kleine Verkleidung für dich im Auto und dann geht’s los“, forderte Niklas die Braut auf, ihm zu folgen. Er ging um die Ecke auf einen weißen Transporter zu, öffnete die beiden Türflügel und ließ sie einsteigen.
Nachdem Niklas das Licht auf der Ladefläche eingeschaltet hatte, konnte Nele einen langen Kleiderständer ausmachen, auf dem mehrere Jacken und Overalls hingen. Niklas schloss die Türen des Laderaumes. „Soll ich mich jetzt vor dir als Hermes-Bote verkleiden oder was?“, fragte die Braut fast genervt. Plötzlich brach Nele zuckend zusammen. Die Antwort von Niklas nahm sie nicht mehr wahr. „Donnerwetter, der hat aber Power“, stellte der vermeintliche Kollege mit Blick auf den Elektroschocker bewundernd fest, dessen Leistung deutlich über den eigentlich genormten Stromwerten lag.
Im Lieferwagen hatte alles seinen Platz. Niklas ergriff vorbereitete Kabelbinder und fesselte die Braut an Händen und Füßen. Mit einem weiteren Kabelbinder fixierte er einen großen Haushaltsschwamm als Knebel im Mund des Opfers. Niklas öffnete eine Metallkiste am Kopfende des Laderaumes und legte die zierliche Braut auf die dicken Schaumstoffpolster, mit denen der Blechbehälter rundum schalldämmend ausgelegt war. Er verschloss den Deckel mit einem Vorhängeschloss samt Zahlencode und deckte den Kasten mit Malerflies ab. Dieser Ablauf wirkte erschreckend routiniert.
Niklas bestieg den Fahrersitz über einen Durchgang des Laderaumes und fuhr ruhig über die Pelikanstraße und viele kleine Seitenstraßen bis zum Sahlkamp. Dann ließ er das Stadtgebiet hinter sich.