Die Soko-Leitung und Thorsten Büthe hatten sich zu einer Abschlussbesprechung mit den Leitern der Mordkommissionen aus Hannover, Celle und Hildesheim getroffen. Sie vereinbarten, die Fälle jeweils durch die ehemaligen Soko-Mitglieder weiter betreuen und den Kontakt zu den Angehörigen bestehen zu lassen. Thorsten hielt die Kooperation nach Bremen aufrecht, wobei entschieden worden war, dass das LKA Bremen auch die Tötung von Greta Holberg in Verden komplett übernahm. Immerhin begann die Entführung in Bremen und sollte mit dem Fall Patrick Holberg in einer Hand bleiben, was auch sinnvoll war.
So kümmerten sich die Unterstützungskräfte um die eigenen Deliktsbereiche in ihren Kommissariaten und wurden nur bei weiteren Fällen oder wesentlichen neuen Erkenntnissen für die Soko Pelikan reaktiviert.
Astrid Wegner von der Kripo Celle hatte sich schnell wieder in ihre Vorgänge eingearbeitet. Sie hatte Samstag Spätschicht im Ermittlungsdienst und fuhr nach Feierabend mit ihrem E-Bike die B 214 in Richtung Hambühren. Etwa 300 Meter vor dem Fuhsekanal sah sie plötzlich ein rosafarbenes Kinderrad neben dem Fahrradweg liegen. In einem Waldweg stand ein heller Lieferwagen mit dem Aufdruck einer Autovermietung. Sie sah sich um, entdeckte aber keine weiteren Passanten oder Radfahrer, die sie ansprechen konnte. Sie überlegte kurz, die Kollegen per Handy zu informieren, wollte sich aber in dieser Situation nicht lächerlich machen. Die sportliche Oberkommissarin stellte ihr E-Bike ab und ging lauschend auf den Transporter zu. Ihre Dienstwaffe hatte sie im Kommissariat gelassen, was sie jetzt bereute. Trotzdem schlich sich die aufmerksame Beamtin an die Fahrertür, spähte durch das offene Fenster, konnte jedoch niemanden sehen. Plötzlich hörte sie eine singende Kinderstimme aus dem Laderaum, näherte sich an die Rückseite des Transporters an und drückte ein Ohr an die Tür.
Als sie hinter sich einen Schatten wahrnahm und sie ein heftiger Stromschlag an der rechten Halsseite traf, brach sie ohne die Chance einer Gegenwehr oder eines Hilfeschreies zusammen.
Der Angreifer öffnete die Tür zum Laderaum, warf die Beamtin hinein und trug das Kinderrad samt E-Bike eilig in den Transporter. Dann startete er das Fahrzeug und fuhr den Waldweg tiefer ins Unterholz. Erst jetzt nahm sich der Fahrer die Zeit, den MP3-Player mit den Kinderliedern auszustellen und Astrid mit mehreren Kabelbindern derart zu fesseln, wie er bei den bisherigen Frauen vorgegangen war. Nachdem der Pelikan sein Opfer verschnürt und geknebelt in die Metallkiste verstaut hatte, passierte er unbefestigte Wald- und Feldwege sowie den Fuhsekanal und warf das Handy der Beamtin in die braune Brühe. Über die B 214 setzte er seinen Weg zu den anderen Opfern ruhig und ungehindert fort. Auf Radio 21 spielten sie gerade den Queen-Hit ‚We Are the Champions‘, den er ausgelassen mitsang, während er sich auf sein Finale freute.
In bewährter Weise brachte er die Polizistin in ein Kellerverlies und kettete die noch handlungsunfähige Oberkommissarin an. Er ließ sie mit Mineralwasser und ein wenig Käse dort zurück und plante den vorletzten Akt.