32. KAPITEL

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Der Sack auf dem Pferderücken gab sich alle Mühe, aufrecht zu sitzen, und endlich erkannte ich George … den Edelritter höchstpersönlich! Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen, jemanden zu sehen.

George, der offensichtlich noch immer sehr schwach war, hob eine Hand über seinen Kopf und brüllte: »AUFMARSCHIERT!« Daraufhin traten an die fünfzig Soldaten der königlichen Armee vor. Ein jeder war mit Pfeil und Bogen bewaffnet – und zielte damit entschlossen auf meinen neuen Busenfreund Klopf-Klopf.

Georges Hand sauste herunter, und seine Stimme donnerte: »FEUER!«

Die Soldaten ließen alle Bogensehnen gleichzeitig schnellen und plötzlich war die Luft erfüllt von Pfeilen wie von einem Bienenschwarm.

Der Drache versuchte, sich in Sicherheit zu bringen, und schrie: »NEIN NEIN NEIN!!!«, aber die meisten Pfeile fanden ihr Ziel.

Man sollte meinen, dass die Pfeile sich für ein Tier dieser Größe tatsächlich anfühlten wie Bienenstiche.

Aber ich bin selbst schon einmal von einer einzigen Biene gestochen worden, daher kann ich dem Drachen wirklich keinen Vorwurf machen aus dem, was jetzt passierte.

Der Drache stieß einen Schrei aus, der so ungefähr klang wie »JIIOOOOOTSCHAAA!«. Das hört sich natürlich total blödsinnig an, aber ich schwöre, genau das sagte er. Dann taumelte er rückwärts, schlug dabei mit seinen gigantisch großen Flügeln um sich und brüllte: »UUUH, DAS TUT WEH! AAAH, BEI ALLEN SCHUPPIGEN DINGEN, DAS TUT TEUFLISCH WEH!!«

Der Strand erbebte und Sand stob auf, solchen Wirbel verursachte der Drache. Schließlich verfing das Monstrum sich in seinem verletzten Schwanz und kippte rückwärts in die Brandung. Es stieß ein Quieken aus, das mich an den Vorfall erinnerte, als Kevin damals hinter der Schule versehentlich auf eine Puddingschlange getreten war.

»ICH HAB SALZWASSER IN DIE WUNDE GEKRIEGT!«, brüllte der Drache. »TOTAL UNCOOL! EINFACH TOTAAAL UNCOOL! «

Ich hörte, wie George seinen Mannen befahl, nachzuladen. In diesem Moment kamen Kevin und Joe neben mich getaumelt. Kevin stolperte umher, las Steine und kleine Felsbrocken auf und warf sie nach Klopf-Klopf – nicht sehr wirkungsvoll, aber der gute Wille zählt ja schließlich auch.

Joe hatte mein Schwert aufgehoben, wo auch immer ich es hatte hinfallen lassen, und schwenkte es über seinem Kopf. Dann ließ er es sinken und hackte mit großer Präzision einen Drachenzeh von der Größe eines Golden Retrievers ab.

Der Zeh zappelte noch ein Weilchen ganz allein durch den Sand, weshalb Kevin losschrie und ich mich innerlich schon wieder wie ein Milkshake fühlte.

Der Drache schrie ebenfalls wie am Spieß und hielt sich den Fuß. »MEIN ZEEEEH! UUUHH, OOOOHH … MEIN KLEINER ZEEEEEEH!«, jammerte er fortwährend.

Er torkelte noch ein bisschen durch die Gegend und schlug mit den Flügeln.

Endlich hob er schwerfällig vom Boden ab. Er drehte eine etwas wackelige Runde über uns in der Luft und warf Joe, Kevin und mir einen Blick voll purem Hass zu, dass mir mein Trollblut in den Adern geronn.

»FAHRT ZUR HÖLLE, IHR BLÖDEN, MIESEN, NICHTSNUTZIGEN, WICHTIGTUERISCHEN … STINKDRACHEN!«, zischte er.

Der Drache holte mit dem verletzten Fuß aus und traf mich so hart an der Stirn, dass ich Sterne sah und rückwärts in den Sand fiel.

Dann flog er in aller Eile davon, verfolgt von einer weiteren Salve von Pfeilen, die die Soldaten abgegeben hatten.

Ich sah an der Felswand hoch und fing Georges Blick auf. Er zwinkerte mir zu und hob den Daumen, als ein weiteres Pferd neben seines trat. Und obwohl alles vor meinen Augen verschwamm, erkannte ich hoch zu Ross doch meine Lieblingsmensafrau.

Als ich wieder zu mir kam, hatte ich Kopfschmerzen, als hätte mir jemand Schniggeldornen in die Augen gestochen. Goldie beugte sich über mich und wischte mir mit einem feuchten Tuch über das Gesicht.

Kevin hüpfte mit wilden Gebärden herum, stieß verschiedene Knurrlaute aus und spielte zum Vergnügen der königlichen Soldaten unseren Kampf nach.

Joe saß neben mir im Sand mit einem Verband um den Kopf und grinste albern. »He, Spotz. Mir ist gerade der perfekte Klopf- Klopf-Witz eingefallen. Willste mal hören?«

Mein Blick muss Bände gesprochen haben, denn sein Lächeln erstarb. Er wandte sich ab und tätschelte mein Bein. »Na ja, macht nix, Kumpel. Ich meine, hast du die Kraft meiner Klopf-Klopf- Witze gesehen? Aber … ach, egal.«

Ich blickte über den Strand zu der Stelle, wo George noch immer auf seinem Pferd hing. Als er meinen Blick bemerkte, breitete sich ein gewaltiges, zufriedenes Lächeln auf seinem Gesicht aus. Er nickt mir zu und formte lautlos die Worte: »Gut gemacht, Kleiner! «

Und dann wurde wieder alles dunkel.