9. KAPITEL

Frosch am Hals

Ich muss gestehen, ich war geschockt, als ich die Menge von Leuten sah, die sich an diesem Abend versammelt hatte. Die halbe Schule schien sich da rumzutreiben. Einige von den ganz Kreativen hatten Zweikampf-T-Shirts bedruckt und boten sie lauthals zum Verkauf.

Die Menge stand am Rande des Sportplatzes hinter der Turnhalle, wo man nicht von den Lehrern gesehen werden kann, wenn sie zu ihren Autos auf dem Parkplatz gehen.

Als wir dort ankamen, verstummten alle. Die Meute teilte sich und gab den Blick frei auf Prinz Roquefort und seine Ungeheuer, die an einem kunstvoll verzierten Wagen lehnten. Sicher aus der privaten Sammlung des Königs. Auf dem Wagen stand ein riesiger Käfig, in dem vier übellaunig aussehende Schwammfrösche hockten.

»Du kneifst ja doch nicht«, sagte der Prinz, und der Klang seiner Stimme kam aus der Kategorie »Fingernägel auf Tafel«. Seine Augenlider hingen auf Halbmast, dadurch sah er gleichzeitig finster und beschränkt aus. Oder, na ja … vor allem beschränkt.

»Keineswegs. Ich bin zu allem bereit, Euer Brillantinität«, sagte ich und verbeugte mich übertrieben tief. Hinter mir ertönte ein nervöses kleines Quieken von Kevin. Ich spielte hier zwar den harten Hund, aber ich gebe ja zu, ich war genauso aufgeregt wie er. Ich hatte sogar dieses kribbelige Gefühl, als müsste ich dringend pinkeln. Warum will unser Körper bloß immer mit uns zur Toilette gehen, wenn wir nervös werden? Vielleicht liegt es daran, dass man auf dem Klo nicht allzu viel Ärger kriegen kann.

»Ich habe vier unserer besten Schwammfrösche aus den königlichen Stallungen mitgebracht. Und da ich sie liefere, hast du natürlich die Wahl des Reittiers.« Der Prinz genoss seine Rolle sichtlich. »Alles, was recht ist.«

Also ging ich, dicht gefolgt von Joe und einem zitternden Kevin, hinüber zu dem Käfig. Das Ungeheuer, von dem ich ziemlich sicher war, dass es nicht Buddy hieß, öffnete die Tür gerade so weit, dass ich hineingreifen und mir einen Frosch schnappen konnte. Weil mir Mrs. Lockes Rat einfiel, packte ich den größten und fiesesten an einem Horn und zog. Mit dem, was dann passierte, hatte ich allerdings nicht gerechnet.

Der blöde Schwammfrosch wetzte los wie ein ausgebrochener Irrer. Ich klammerte mich an ihm fest. Warum ich nicht losließ, als diese durchgeknallte Amphibie einmal um den Sportplatz hüpfte und mich dabei immer wieder auf dem Boden aufprallen ließ, weiß ich nicht so genau – aber ich tat es nicht. Nie im Leben hätte ich einen königlichen Schwammfrosch entkommen lassen. Das würde mir doch bis an mein Lebensende aufs Butterbrot geschmiert werden!

Joe entriss einem der Ungeheuer ein langes Seil und rannte herbei, um mich nach gängiger Praxis an den Frosch zu binden. Dabei traf ihn ein Riesenschwimmfuß mitten im Gesicht.

Ich hörte, wie seine Zähne aufeinanderschlugen, und sah seine Narrenkappe davonfliegen, aber er ließ sich nicht aufhalten. Er sprang über uns hinweg und wickelte, so gut es ging, das Seil um mich und den Frosch.

Kevin schrie derweil: »Reib ihm die Nase! Reib ihm die Nase! Hab ich im Netz gelesen.«

Ich war total außer Atem. »Frösche ham … ich meine … Frösche ham doch keine Nase, oder?«, keuchte ich.

»Dann reib da, wo normalerweise die Nase sitzen würde. Das beruhigt ihn!«

Also rieben Kevin und ich wie die Blöden an dem schleimigen Gesicht rum, und – das muss ich Kevin wirklich lassen – es funktionierte. Nach kurzer Zeit lag der Frosch einfach nur noch da und schnurrte.

ER SCHNURRTE!

Wer hätte das gedacht?

Wir schnappten alle nach Luft. Mein Gesicht pochte und meine Ohren klingelten.

Ich drehte den Frosch um, bis ich auf seinem Rücken saß. Das Seil verlief straff über meine Oberschenkel. Dann sah ich zu meinen Freunden hinunter, die um mich herum auf dem Boden hockten. Kevin wimmerte leise vor sich hin.

Joes Lippe blutete ganz schön heftig.