ANMERKUNG DES VERFASSERS

Der Kunstsammler ist ein Unterhaltungsroman und sollte als solcher gelesen werden. Die in diesem Werk vorkommenden Namen, Personen, Orte und Ereignisse sind Produkte der Fantasie des Autors oder von ihm fiktionalisiert worden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen, Unternehmen, Organisationen, Ereignissen oder Schauplätzen wäre rein zufällig.

Besucher des Sestiere San Polo würden vergeblich Ausschau nach dem umgebauten Palazzo mit Blick auf den Canal Grande halten, in dem Gabriel Allon mit seiner Frau und den noch kleinen Zwillingen eingezogen ist. Auch der Firmensitz der Tiepolo Restauration Company ist unmöglich zu finden, weil dieses Unternehmen nicht existiert. Ebenso wenig gibt es die Wohltätigkeitsorganisation Venice Preservation Society mit Sitz in London. Vini d’Arturo in der Calle dei Assassini gehört zu unseren liebsten Restaurants in Venedig, und das Adagio unweit des Campanile auf dem Campo dei Friari ist ein wundervoller Ort, um sich spätnachmittags un’ombra zu genehmigen. Meine aufrichtige Entschuldigung an das Personal von Hjorts Restaurant in Kandestederne für Gabriels Gereiztheit beim Abendessen. Was den toten Russen am Ende des Dødningebakken betrifft … nun, solche Dinge passieren eben.

Der Roman spielt im Herbst des Jahres 2022. Der faktische Hintergrund dieses Zeitraums – die Lage im Ukrainekrieg, die Sanktionen und Reiseverbote, der Exodus westlicher Ölfirmen aus Wladimir Putins Russland – sind überwiegend zutreffend wiedergegeben. Allerdings habe ich mir notfalls dichterische Freiheit herausgenommen. Außerdem habe ich mehrere Orte und Unternehmen erfunden. Zum Beispiel gibt es in dem exklusiven Moskauer Vorort Rubljowka keine bewachten Wohnsiedlungen, die Balmoral Hills oder Somerset Estates heißen.

Auch gibt es in der Pariser Rue de Miromesnil kein Restaurant namens Brasserie Dumas oder in Antwerpen eine nach einem Berg in der Osttürkei benannte Diamantenbörse. Jørgens Smørrebrød Café in Vissenbjerg ist ebenso fiktiv wie die TwerBank, RusNeft und der dänische Energieversorger DanskOil. Tatsächlich habe ich mich bewusst dafür entschieden, meinen Öl- und Gaskonzern in Dänemark anzusiedeln, damit sie nicht mit anderen Ölgesellschaften verwechselt werden konnte, die Geschäfte mit Russland gemacht haben. Dänemark, der größte Ölproduzent der EU, genehmigt keine Erschließung neuer Nordsee-Ölfelder mehr und will die Förderung fossiler Brennstoffe bis 2050 ganz beenden. Gegenwärtig erzeugt dieses skandinavische Land mit 5,8 Millionen Einwohnern 67 Prozent seines Energiebedarfs nachhaltig, vor allem durch Windkraft.

Die Kurzbiografie des Malers Jan Vermeer aus dem niederländischen Goldenen Zeitalter in Kapitel 10 ist ebenso zutreffend wie die Schilderung des Bilderraubs aus dem Isabella Stewart Gardner Museum im März 1990, dem bis dato größten Kunstdiebstahl der Welt. Auch über drei Jahrzehnte nach der Tat bleibt der Verbleib der dreizehn gestohlenen Gemälde ein Rätsel. Anthony Amore, Sicherheitsdirektor des Gardner Museums, erklärte der New York Times im Jahr 2017, das Diebesgut befinde sich vermutlich im Umkreis von dreißig Meilen um Boston. Der verstorbene Charles Hill, der legendäre ehemalige Scotland-Yard-Detektiv und Kunstfahnder, war jedoch der Überzeugung, die Gemälde seien aus Boston nach Irland gelangt. Allerdings gibt es keinen Beweis dafür, dass sie sich im Besitz des Kinahan-Kartells befanden, einer berüchtigten Dubliner Bande mit Verbindungen zu Camorra und ’Ndrangheta in Italien. Das in der Londoner Courtauld Gallery hängende Selbstporträt mit verbundenem Ohr und Pfeife ist nie gestohlen worden – außer in Die Rembrandt-Affäre, meinem Thriller aus dem Jahr 2010 um den Pariser Kunstdieb Maurice Durand.

Das Atomwaffenprogramm der weißen Minderheitsregierung Südafrikas ist ebenso eine geschichtliche Tatsache wie ihre Entscheidung im Endstadium der Apartheid, auf den Besitz solcher Waffen zu verzichten. Israel hat lange bestritten, Südafrika Hilfestellung geleistet zu haben, genau wie es geleugnet hat, selbst ein großes Kernwaffenarsenal zu besitzen. Die südafrikanischen Atomwaffen – sechs fertiggestellt, eine im Bau – wurden unter internationaler Aufsicht demontiert, aber die schwarze Mehrheitsregierung besitzt noch über zweihundert Kilo hoch angereichertes Uran. Die Regierung Obama hat Pretoria vergebens dazu gedrängt, sich von diesem spaltbaren Material zu trennen. Das eingeschmolzene und in Barren gegossene Material liegt im Pelindaba Nuclear Research Center in einem ehemaligen Silbertresor – ein verlockendes Ziel für Diebe und Terroristen. Nach Auskunft von Fachleuten könnte man eine beachtliche Atomexplosion erzeugen, indem man zwei Stücke dieses Materials gegeneinanderschießt.

Russland ist natürlich eine gewaltige Atommacht mit den weltweit meisten Kernwaffen, die Wladimir Putin und seine bevorzugten Propagandisten wiederholt gegen die Ukraine einzusetzen gedroht haben. Zu den aggressivsten Befürwortern der nuklearen Option gehört Dmitri Medwedew, der elfenhafte ehemalige Präsident, der früher als dem Westen zuneigender Reformer galt, heute Vizesekretär des russischen Sicherheitsrats. Als er im März 2023 gefragt wurde, ob die Gefahr eines Atomkriegs zwischen Russland und dem Westen abgenommen habe, antwortete er: »Nein, sie ist sogar größer geworden. Jeder Tag, an dem die Ukraine mit ausländischen Waffen beliefert wird, bringt die nukleare Apokalypse näher.«

Solche Brandreden sollen natürlich die Entschlossenheit des Westens schwächen und die Allianz der Ukraineunterstützer spalten, aber sie sind kein leeres Gerede. Oder »ganz sicher kein Bluff«, wie Medwedew es ausdrückt. Die russische Nukleardoktrin ist angepasst worden, um einen Erstschlag als Reaktion auf eine erkannte Bedrohung zu ermöglichen, und die russischen Streitkräfte besitzen etwa zweitausend taktische Kernwaffen – zehnmal mehr, als in US-Arsenalen lagern. Solche kleineren Waffen mit geringerer Sprengkraft könnten helfen, taktische Ziele zu erreichen – beispielsweise die Eroberung der Stadt Bachmut – oder eine »kontrollierte« Eskalation der Ukrainekrise herbeiführen, um Russlands territoriale und geostrategische Ambitionen zu erfüllen.

Als die russischen Truppen im Herbst 2022 bei steigenden Verlusten auf dem Rückzug waren, fürchteten US-Stellen, Putin und seine Militärberater suchten einen Vorwand, um in der Ukraine Kernwaffen einsetzen zu können – oder dass sie durch ein Unternehmen unter falscher Flagge einen Vorwand fabrizieren könnten. Die Spannung eskalierte, als der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu vier NATO-Kollegen anrief – auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin – und ihnen mitteilte, die Ukraine habe vor, auf eigenem Gebiet eine schmutzige Bombe zu zünden, um die Schuld daran dem Kreml geben zu können. Die Ukraine beschuldigte Russland daraufhin, selbst eine schmutzige Bombe mit radioaktivem Material aus einem eroberten ukrainischen AKW zu bauen. US-Präsident Joseph Biden entschloss sich zu dem ungewöhnlichen Schritt, Wladimir Putin öffentlich zu warnen, er mache einen »unglaublich schwerwiegenden Fehler«, wenn er in der Ukraine taktische Atomwaffen einsetze. Wie zu hören war, bereiteten sich im Weißen Haus und Pentagon besorgte Sicherheitsberater und hohe Militärs durch Teilnahme an Computersimulationen auf eine potenzielle Nuklearkrise vor.

Aber würde Wladimir Putin wirklich Kernwaffen einsetzen – und so eine potenziell katastrophale Konfrontation mit den Vereinigten Staaten und den NATO-Verbündeten riskieren –, um in der Ukraine zu siegen? Die meisten Diplomaten, Geheimdienstchefs und Militäranalysten bestehen darauf, das sei unwahrscheinlich, aber dieser Ansicht sind keineswegs alle. Tatsächlich hat ein pensionierter hoher Geheimdienstler mir erklärt, die Wahrscheinlichkeit eines russischen Atomschlags gegen die Ukraine liege »zwischen 25 bis 40 Prozent«. Diese Gefahr würde sich beträchtlich erhöhen, merkte mein Informant an, wenn Putin vor einer schweren militärischen Niederlage stünde, die ihn die Macht und seine unrechtmäßig erworbenen Milliarden kosten könnte.

Wladimir Putin ist jetzt vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Was er nach Ansicht langjähriger Beobachter am meisten fürchte, ist eine sogenannte farbige Revolution – wie die Orange Revolution, die 2004 in der Ukraine ausbrach, oder der Aufstand in Libyen, der den Diktator Muammar Gaddafi stürzte, dessen brutale Ermordung sich Putin zwanghaft immer wieder als Video ansah. Zunehmend paranoid und isoliert setzt er auf ein System interner Repressionen, das es seit dunkelsten Sowjetzeiten nicht mehr gegeben hat. Dissens irgendwelcher Art wird nicht länger geduldet. Gegen den Ukrainekrieg zu sein, ist ein Verbrechen.

Bei Putins selten gewordenen öffentlichen Auftritten sind seine Reden zunehmend realitätsfern. Um den Angriff auf die Ukraine nachträglich zu rechtfertigen, bedient er sich der Sprache der europäischen und amerikanischen Rechtspopulisten, indem er seine durch nichts gerechtfertigte Aggression als heiligen Krieg zwischen dem christlichen Russland und gottlosen westlichen Eliten und Globalisten hinstellt. Das russische Volk kennt jedoch die Wahrheit – dass die Nöte, unter denen Russland leidet, allein Wladimir Putins Schuld sind. Sollte die Geschichte sich auch hier wiederholen, bekommt er seine farbige Revolution vielleicht doch noch.