„Sie wissen genau, warum ich Sie mitgenommen habe“, antwortete Cesare betont unschuldig.
„Wie ich in Ihrem Beisein meiner Großmutter gegenüber erwähnt habe, sollen Sie sich nach den Strapazen der letzten Zeit erholen. Ich bin kein Unmensch, falls Sie das noch nicht gemerkt haben.“
Als er sie damit an den Tod ihrer Mutter erinnerte, wurden Millys schöne Augen ganz dunkel vor Schmerz. Cesare ballte die Hände zu Fäusten.
Immerhin war Milly im Gegensatz zu ihrer Schwester nicht gefühllos, auch wenn sie eine miese kleine Betrügerin war. Jilly hätte demonstrativ einige Tränen über den Tod ihrer Mutter vergossen, aber Cesare konnte sich nicht vorstellen, dass sie auch nur zu einer einzigen Gefühlsregung fähig war. Wenn man sie nach ihrer Familie gefragt hatte, hatte sie lachend erklärt, ihre Mutter sei eine engstirnige Frau und ihre jüngere Schwester sei schwerfällig und langweilig. „Sie sind anders als wir, es lohnt sich nicht, über sie zu reden“, hatte sie hinzugefügt.
Cesare zog die dichten dunklen Augenbrauen zusammen und betrachtete Milly aufmerksam. Sie hatte die Lider mit den langen Wimpern gesenkt, ihre verführerischen Lippen zitterten etwas, und ihre wunderschönen Brüste hoben und senkten sich bei jedem Atemzug. Ja, diese Frau hatte tiefe Gefühle, trotz ihrer offenkundigen charakterlichen Schwächen.
„Kommen Sie.“ Voller Mitgefühl und Bedauern über seine gedankenlose Bemerkung legte er ihr den Arm um die Schulter und dirigierte Milly hinaus. „Beim Wandern können wir uns entspannen.“ Unbewusst streichelte er mit den Fingern ihre warme Haut. Doch als er merkte, was er da tat, zog er rasch den Arm zurück. „Sie wollten wissen, wo ich heute Nacht schlafe. Im Erdgeschoss neben der Küche befindet sich ein kleines Schlafzimmer“, erklärte er spöttisch. „Wenn Sie jetzt enttäuscht sind, brauchen Sie es nur zu sagen. Vielleicht können Sie heute Abend nicht einschlafen und fragen sich, wann ich endlich meinen niederen Instinkten nachgebe und zu Ihnen ins Bett komme.“ Er war selbst überrascht, wie rau seine Stimme auf einmal klang.
„Möchten Sie noch mehr Pasta?“, fragte Cesare.
Milly schüttelte den Kopf. Es überlief sie heiß, und ihr kribbelte die Haut. Das hatte nichts mit der schmackhaften Tomatensoße und den Spaghetti zu tun, die sie gemeinsam gekocht hatten, sondern nur etwas mit den Gefühlen, die er in ihr weckte. Immer wieder hatten sie sich versehentlich mit den Händen berührt, oder er hatte ihren Arm mit seinem gestreift. Sie kam sich vor wie eine Hochseilartistin ohne Sicherheitsnetz.
Natürlich hatte er sie nicht mitgenommen, damit sie sich erholte. Hielt er sie für so dumm, dass sie ihm das glaubte? Der Aufenthalt auf der Insel sollte so etwas wie eine Bestrafung sein, denn er war ja immer noch davon überzeugt, sie sei Jilly, seine ehemalige Geliebte, auf die er sehr zornig war. Schlimm war nur, dass Milly nicht wusste, was für eine Strafe sie erwartete. Die ganze Situation verwirrte und verunsicherte sie.
Warum hatte sie zugelassen, dass sie sich am Nachmittag, als er sie über die Insel führte, nähergekommen waren? Sie hatte sogar viel zu oft vergessen, warum sie hier war und wie sehr sie ihn täuschte. Sie war so entspannt gewesen, dass sie jeden einzelnen Augenblick genossen hatte.
Warum fiel ihr immer wieder ein, wie sie sich gefühlt hatte, als er mit seinen schlanken Fingern ihren Arm gestreichelt und ihr den Arm um die Taille gelegt hatte, als sie auf den Klippen oberhalb der Bucht gestanden und den weißen Sandstrand tief unter sich betrachtet hatten?
„Morgen gehen wir schwimmen“, hatte er verkündet. „Wir nehmen genug zu essen mit und verbringen den Tag am Strand.“
Milly war wie betäubt gewesen. Aber nicht weil der schmale Pfad hinunter zur Bucht haarsträubend gefährlich ausgesehen hatte, sondern weil seine starke Hand sich auf ihrer Taille so warm angefühlt hatte. Sie hatte geglaubt, Schmetterlinge im Bauch zu haben. Seine Berührungen hatten verheerende Auswirkungen gehabt, und sie hatte befürchtet, die Beine würden unter ihr nachgeben.
„Sie sind müde, oder? Möchten Sie sich hinlegen?“, fragte er jetzt.
Seine raue, tiefe Stimme ließ die Frage wie eine Einladung klingen, und es überlief Milly heiß. Wäre sie stark genug, Nein zu sagen, wenn es wirklich als Einladung gemeint war? Oder würde sie wie ihre arme betrogene Schwester mit offenen Augen ins Unglück rennen und sich ihm hingeben, nur um am Ende weggeschickt zu werden?
Nein, eine Einladung war es bestimmt nicht. Ehe sie über die Insel gewandert waren, hatte er prophezeit, sie könne vielleicht nicht einschlafen und würde sich fragen, wann er endlich seinen niederen Instinkten nachgeben und zu ihr ins Bett kommen würde. Das konnte nur eins bedeuten: Er fand es abstoßend, mit einer Frau Sex zu haben, die er für eine Betrügerin hielt.
„Ich bin noch nicht müde“, erwiderte sie und versuchte, den Aufruhr ihrer Gefühle zu ignorieren. „Es ist so friedlich, ich möchte noch eine Zeit lang hier sitzen bleiben.“
Friedlich war es wirklich. Sie saßen draußen, und als es dunkel geworden war, hatte Cesare ein Windlicht angezündet und auf den Tisch gestellt. Nur das leise Plätschern der Wellen durchbrach die Stille, die hier herrschte. Es war geradezu paradiesisch. Milly konnte das alles jedoch nicht genießen, weil sie beunruhigt darüber war, wie sehr sie sich zu ihm hingezogen fühlte, und weil sie nicht wusste, was er vorhatte.
„Gut.“ Cesare spürte, wie angespannt sie war. Befürchtete sie, er würde mit ihr schlafen wollen? In dem Glauben hatte er sie absichtlich gelassen, wie er sich eingestand. Irgendwie musste er sich ja dafür rächen, dass sie sich für Jilly ausgab.
Plötzlich wurde der Wunsch, aufzustehen und ihren Nacken und ihre Schultern zu massieren, bis sie sich entspannte, übermächtig. Er stellte sich vor, wie sie sich an ihn lehnte, während er die Hände unter ihr Top gleiten ließ und ihre herrlichen Brüste streichelte. Doch rasch unterdrückte er diese Gedanken. Er wollte sich nicht dazu hinreißen lassen, etwas zu tun, was er später bereute.
Eigentlich hatte er sie an diesem Abend damit konfrontieren wollen, dass er wusste, wer sie war. Und er hatte sie auffordern wollen, ihm zu verraten, wo sich ihre Zwillingsschwester versteckte. Doch aus irgendeinem Grund hatte er es sich anders überlegt.
Er brauchte mehr Zeit, um sie besser kennenzulernen und sich ein Urteil über sie zu bilden, wie er sich einredete. Doch dann verzog er die Lippen. Wahrscheinlich brauchte er mehr Zeit, um seine Reaktionen auf diese Frau zu analysieren. Das kam der Wahrheit näher.
Während er sich auf dem Stuhl zurücklehnte, setzte er eine spöttische Miene auf und beobachtete Milly. Sie griff nach dem Glas Wein. Ihre Hand zitterte jedoch so sehr, dass sie es sogleich wieder hinstellte.
Ihm war aufgefallen, dass sie jedes Mal erbebte, wenn er sie berührte. Sie hatte den Atem angehalten, und ihre Brustspitzen hatten sich unter dem feinen Material ihres Tops aufgerichtet. Bedeutete das, dass sie ihn mit offenen Armen in ihrem Bett empfangen würde? Dieser Gedanke hatte etwas Faszinierendes. Heißes Verlangen stieg in Cesare auf.
Du liebe Zeit, sagte er sich und presste die Lippen zusammen. Solche Regungen wollte er sich nicht erlauben. Er wollte Milly bestrafen, nicht sich selbst.
„Trinken Sie den Wein aus“, forderte er sie kühl auf und erhob sich. „Wir sehen uns morgen.“
Als Cesare ins Haus eilte, atmete sie tief durch. Dann wurde eine Tür zugeschlagen, und Milly überlegte, ob er in das Schlafzimmer im Erdgeschoss gegangen war, das er erwähnt hatte. Warum er plötzlich so zornig gewesen war, konnte sie sich nicht erklären.
Sie fuhr sich mit der Hand über die gerunzelte Stirn, wie um sie zu glätten. Er ist zornig auf Jilly, nicht auf mich, sagte Milly sich. Es war wirklich sehr anstrengend, ständig daran denken zu müssen, dass sie in die Rolle ihrer Schwester geschlüpft war.
Schließlich stand Milly auf und räumte das Geschirr zusammen. Vielleicht gelang es ihr, ihre Schwester irgendwo aufzuspüren, und vielleicht war sie schon über die von Anfang an aussichtslose Affäre mit diesem charismatischen und viel zu attraktiven Tycoon hinweggekommen, sodass sie sich gegen die haltlosen Beschuldigungen wehren konnte. Es würde Jilly sicher gelingen, ihn zu überzeugen, dass er sich geirrt hatte.
Wenn ich aber noch mehr Zeit mit ihm verbringe, werde ich mich am Ende in ihn verlieben, schien eine kleine innere Stimme Milly zu warnen. Ärgerlich verdrängte sie den Gedanken und trug das Geschirr ins Haus. Nachdem sie es abgewaschen und sich die Hände abgetrocknet hatte, stand sie reglos da und lauschte in die Stille, bis sie sich etwas beruhigt hatte.
Auf einmal entdeckte sie die Tür in der gegenüberliegenden Wand, die ihr bisher noch nicht aufgefallen war. Vermutlich führte sie zu dem Schlafzimmer, von dem Cesare gesprochen hatte. Sie konnte den Blick nicht abwenden, als erwartete sie, er würde jeden Moment mit vom Duschen feuchtem Haar herauskommen. Wassertröpfchen würden noch auf seiner nackten und herrlich gebräunten Haut glitzern, und er hätte sich das Duschtuch um die schmalen Hüften geschlungen.
Erwartete sie es nur, oder wünschte sie es sich? Als es sie heiß überlief und heftiges Verlangen sie durchflutete, schämte Milly sich. Rasch drehte sie sich um, faltete das Geschirrtuch sorgsam zusammen und schalt sich wegen ihrer Dummheit und Schwäche.
In dieser Nacht hatte sie von ihm nichts zu befürchten. Dessen war sie sich ziemlich sicher. Sein Verhalten von vorhin ließ darauf schließen. Er würde sie vorerst nicht belästigen und da weitermachen wollen, wo er und Jilly aufgehört hatten.
Aber hätte ich überhaupt etwas dagegen, dass er zu mir kommen würde? überlegte Milly. Wenn ein Schlüssel im Schloss gesteckt hätte, hätte sie vorsichtshalber die Schlafzimmertür abgeschlossen.
„Wir wollten schwimmen gehen. Schon vergessen?“
Als Cesares sanfte Stimme ertönte, schreckte Milly aus dem Schlaf auf. Sie setzte sich auf, und erst jetzt fiel ihr ein, dass sie nichts anhatte. Rasch zog sie die Decke über ihre Brüste und bereute in dem Moment zutiefst, dass sie sich gestern Abend nach dem Duschen entschlossen hatte, nackt zu schlafen. Vor lauter Verlegenheit errötete sie und blickte ihn mit ihren grünen Augen abweisend an.
Betont ungezwungen hatte er sich an den Türrahmen gelehnt. In den perfekt sitzenden Jeans und dem olivgrünen T-Shirt wirkte er ungemein sexy. Milly hielt den Atem an beim Anblick seines schlanken, muskulösen Körpers. Er lächelte verführerisch, und seine dunklen Augen waren unter den halb gesenkten Lidern mit den langen dichten Wimpern verborgen.
Wenn ihre weltgewandte, erfahrene Schwester, die schon als Teenager jeden Mann um den kleinen Finger hatte wickeln können, schwach geworden war und ihm nicht hatte widerstehen können, wie sollte es dann ihr gelingen?
Jilly hatte beinah jeden Mann haben können, der ihr gefiel, und sie war jeden Mann rasch wieder leid gewesen, ohne auch nur einem einzigen Verehrer eine Träne nachzuweinen. Doch dieses Mal war sie jemandem begegnet, der ihr gewachsen war. Offenbar hatte sie sich zum ersten Mal richtig verliebt, und Milly konnte gut nachvollziehen, warum.
Wieder fiel ihr Jillys letzte Ansichtskarte ein. Sie musste sie geschrieben haben, kurz bevor sie die Stelle als Gesellschafterin der Signora Saracino antrat. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie in Zukunft genug Geld haben würde und die Schulden zurückzahlen konnte. Anscheinend hatte sie fest damit gerechnet, ihr neuer Liebhaber würde bald ihr Ehemann sein.
„Machen Sie sich fertig. Wir frühstücken am Strand“, erklärte er und beobachtete fasziniert, wie ihr noch mehr Röte in die Wangen stieg. Doch dann zwang er sich, den Blick abzuwenden, ehe ihn diese kleine Betrügerin zu sehr aus der Fassung brachte. Sie versuchte krampfhaft, ihren nackten Körper unter der dünnen Decke zu verbergen. Aber sie schaffte es nicht ganz, denn ihre langen, schlanken Beine blieben bis zu den Oberschenkeln unbedeckt. Er mahnte sich, sich zu beherrschen und sich nicht ablenken zu lassen. Heute wollte er ihr einige Fragen stellen und einiges klären.
Nachdem er den Raum verlassen hatte, seufzte Milly erleichtert auf. Sie konnte kaum glauben, wie verletzlich sie sich gefühlt hatte. Cesare hatte sie so interessiert betrachtet, als könnte er durch die dünne Decke hindurchblicken. Darüber wollte sie jetzt jedoch nicht nachdenken. Ich mache meine Sache gut, und er hält mich immer noch für meine Schwester, sagte sie sich und stand auf. Solange er glaubte, sie sei Jilly, würde er die richtige Jilly nicht suchen.
Glücklicherweise hatte er bisher noch nicht versucht, Milly zu nahezukommen. Doch falls er es irgendwann einmal tat, musste sie ihn zurückweisen, egal was sie in dem Moment empfand.
Unter Jillys Sachen fand sie einen schwarzen Bikini, der aus wenig mehr als aus drei winzigen Stückchen Stoff bestand. Den hat bestimmt Cleo in den Koffer gelegt, als sie mir beim Packen geholfen hat, überlegte Milly und errötete. In so einem winzigen Bikini würde sie sich niemals zeigen. Sie warf ihn achtlos in den Koffer zurück. Dann setzte sie sich hin und zwang sich, den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Jilly würde keine Sekunde zögern, dieses winzige Etwas zu tragen, und wenn ich die Rolle weiterhin überzeugend spielen will, muss ich mich so kleiden und benehmen wie meine Schwester, mahnte sich Milly leicht deprimiert. Schließlich zog sie den Bikini an und darüber zartgelbe Shorts und eine ärmellose Seidenbluse in einem etwas dunkleren Gelb, die sie unter ihren Brüsten zusammenband, sodass ihre Taille nackt blieb. Dann schlüpfte sie in elegante flache Sandaletten und ging hinunter in die Küche.
„Kaffee?“ Cesare schob einen Becher mit heißem schwarzem Kaffee über den Küchentisch in Millys Richtung. Mit ausgestreckten Beinen saß er da und hatte außer verwaschenen Jeans nichts an.
Der Anblick seiner gebräunten Haut und der muskulösen Brust war mehr, als sie ertragen konnte. Die Kehle war ihr plötzlich wie zugeschnürt, und unter seinem durchdringenden Blick überlief es sie heiß. Sie nahm den Becher in die Hand, durchquerte den Raum und lehnte sich an den Türrahmen. Um Cesare nicht ansehen zu müssen, schaute sie sich mit gespieltem Interesse die Umgebung an und bemühte sich, entspannt zu wirken. Er spielte ein Spiel, dessen war sie sich sicher. Doch was für eins?
Ehe sie auf der Insel angekommen waren, hatte er Milly verächtlich und kühl behandelt, und in seinen Augen hatte es immer wieder zornig aufgeblitzt. Er hatte sie nur deshalb nicht angezeigt und sie in die Villa zurückgeholt, weil seine Großmutter die lebhafte junge Gesellschafterin wirklich gern hatte. Das Glück und das Wohlergehen der älteren Dame lag ihm sehr am Herzen und war ihm wichtiger als alles andere.
„Es ist ein wunderschöner Tag, finden Sie nicht auch?“
Milly hatte nicht gemerkt, dass Cesare sich hinter sie gestellt hatte. Beim Klang seiner tiefen, verführerischen Stimme stockte ihr der Atem, und heiße Schauer liefen ihr über den Rücken.
Sie trat zur Seite und stellte den Becher auf den Tisch. „Ja, stimmt“, brachte sie hervor. Was hatte er vor? Und wann würde er seine Karten aufdecken? Die Ungewissheit war zermürbend.
Ich brauche dringend frische Luft, sagte sie sich. Sie trat hinaus ins Freie und atmete tief ein. Dabei nahm sie den Duft nach Meer und den Kräutern wahr, die hier in üppiger Fülle wuchsen.
„Machen wir uns auf den Weg?“ Cesare war ihr gefolgt. Den Rucksack hatte er über die Schulter gehängt, er trug bequeme Mokassins, und seine gebräunte Haut schimmerte in der Sonne wie Seide.
Mit weichen Knien hielt Milly sich dicht hinter ihm. Der Pfad, der auf die Klippe führte, wurde immer schmaler, und wenn sie aufs Meer hinunterblickte, kam ihr der Abgrund noch beängstigender und der Aufstieg noch gefährlicher vor als am Tag zuvor.
„Geben Sie mir Ihre Hand.“
„Danke, ich schaffe es allein.“ Milly wollte unbedingt jeden Körperkontakt mit Cesare vermeiden.
Er ignorierte jedoch ihre Weigerung, nahm ihre Hand, die ihr stark und kräftig vorkam, und half ihr so liebevoll und fürsorglich, als wäre sie seine beste Freundin oder seine Geliebte. Seltsamerweise gefiel ihr diese Vorstellung, und sie wünschte sich sekundenlang, sie wäre wirklich seine Geliebte.
Aus lauter Verwirrung oder Verlegenheit wegen der dummen Gedanken stieg ihr Röte in die Wangen. Sobald sie den weißen Sandstrand der kleinen Bucht erreicht hatten, zog sie die Hand zurück. Sie ärgerte sich darüber, dass sie sich auf dieses Spiel eingelassen hatte. Wie lange soll das so weitergehen, und wie kann ich aus der Sache herauskommen? fragte sie sich, während sie Cesare beobachtete. Er stellte den Rucksack in den Schatten neben einen Felsblock. Dann drehte er sich zum Wasser um, neigte den Kopf zurück und ließ sich die Sonne auf den halb nackten Körper scheinen. Wie er so dastand in der leichten Brise, die vom Meer herwehte, wirkte er ungemein erotisch.
Milly konnte den Blick nicht abwenden. Dieser Mann war schlicht und einfach viel zu faszinierend. Als er sie ansah, raubte sein unwiderstehliches Lächeln ihr beinahe den Atem.
„Kommen Sie, wir gehen schwimmen.“ Mit den langen, schlanken Fingern öffnete er den Gürtel seiner Jeans.
In dem Moment erinnerte sich Milly daran, wie winzig der Bikini war, den sie unter den Shorts und der Bluse trug. Sie fühlte sich unbehaglich und überlegte, ob sie sich weigern sollte, ins Wasser zu gehen. Niemand konnte sie zwingen, mit diesem Mann im Meer herumzuschwimmen.
Aber Jilly würde natürlich keine Sekunde zögern, ihren perfekten Körper zur Schau zu stellen. Mit so einem begehrenswerten Mann würde sie sich voller Begeisterung ins Wasser stürzen, das stand außer Frage.
Hier auf dieser einsamen Insel und ganz allein mit dem Mann, den sie liebte, würde Jilly hoffen, ihn dazu zu bringen, seine Meinung zu ändern und sie vielleicht doch zu heiraten. Sie würde ihn verführen und ihre Unschuld beteuern, was die angeblich gefälschten Unterschriften auf den Schecks betraf. So weit wollte Milly natürlich nicht gehen, das war viel zu gefährlich. Ihre Zwillingsschwester musste ihm selbst erklären, wie sich die Sache verhielt. Und verführen wollte Milly ihn auch nicht. Doch wenn sie in ihrer Rolle als Jilly glaubhaft wirken wollte, musste sie sich zumindest annähernd so verhalten wie ihre Schwester.
Während sie die Bluse öffnete, bemerkte sie, dass Cesare die Jeans schon ausgezogen hatte und nur eine winzige Badehose trug. Sie schluckte und kehrte ihm den Rücken zu. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Warum musste dieser Mann so attraktiv sein? Widerstrebend streifte sie die Bluse ab und forderte ihn auf: „Sie brauchen nicht auf mich zu warten. Gehen Sie schon ins Wasser, ich komme nach.“
Cesare rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Er spürte, wie unbehaglich sie sich fühlte und wie angespannt sie war. Sie hatte die Daumen unter den Bund der Shorts geschoben und zögerte, sie abzustreifen. Mitgefühl durchflutete ihn. Hatte ihre egoistische, hartherzige Schwester sie zu diesem Rollentausch gezwungen? Es sah beinahe so aus. So rücksichtslose Frauen wie Jilly Lee schreckten vor nichts zurück, um zu bekommen, was sie haben wollten.
Er ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, als Milly schließlich die Shorts auszog. Fasziniert betrachtete er ihren festen Po und die langen schlanken Beine. Sie hatte einen fantastischen Körper. Als sie sich halb zu ihm umdrehte, wurde ihm der Mund trocken. Der Bikini war unverschämt winzig, und das Oberteil, das von dünnen Trägern gehalten wurde, bedeckte kaum mehr als ihre Brustspitzen.
Ja, dieser Bikini passte zu Jilly. Offenbar glaubte Milly, er sei schon im Wasser, denn als sie ihn sah, errötete sie und warf ihm einen ärgerlichen Blick zu. Dann lief sie ins Wasser. Langsam folgte Cesare ihr. Es gefiel ihm gar nicht, dass er sich an diesem unwürdigen Spiel beteiligte und sie quälte. Nachdem sie auf der Insel angekommen waren, hätte er ihr gleich sagen müssen, dass er wusste, wer sie war. Und er hätte sie auffordern müssen, ihm zu verraten, wo er ihre Zwillingsschwester finden könne.
Cesare hatte sich nie für Jilly interessiert. Ihre frivole Art und die aufreizenden Outfits hatten ihn abgestoßen. Doch ob es ihm passte oder nicht, er musste sich eingestehen, dass er sich zu Milly, die viel feiner, sanfter und zurückhaltender war als ihre Schwester, sehr stark hingezogen fühlte.
Als Milly in das kühle Wasser eintauchte, entspannte sie sich etwas. Sie war davon überzeugt gewesen, er hätte nicht auf sie gewartet. Aber er hatte die ganze Zeit hinter ihr gestanden und sie beobachtet, während sie sich auszog. Hinten war sie so gut wie nackt, und vorn sah die Sache auch nicht viel besser aus. Die kleinen Stoffstücke bedeckten kaum etwas.
Sie durfte gar nicht daran denken, wie er sie angesehen hatte. Es war zu beschämend. Mit kräftigen Zügen schwamm sie auf die Landzunge zu, die die Bucht begrenzte. Sie war eine gute Schwimmerin, hatte während der Schulzeit mehrere Wettkämpfe gewonnen und Jilly, die körperliche Anstrengung generell lieber vermied, weit übertroffen.
Zum ersten Mal, seit sie die folgenschwere Entscheidung getroffen hatte, Cesare glauben zu lassen, sie sei Jilly, fühlte sich Milly wohl. Im Wasser war sie in ihrem Element. Doch sosehr sie sich auch anstrengte, sie kam der Landzunge nicht näher. Wenn sie so weitermachte, würde sie diese erst in einer Woche erreichen.
Plötzlich rang Milly nach Luft. Eine große Welle rollte über sie hinweg, und sie hatte das Gefühl, sie würde von einem Riesentintenfisch oder dergleichen angegriffen. Sie wand sich hin und her, bis Cesares Kopf neben ihr auftauchte. Das Wasser lief ihm in kleinen Bächen übers Gesicht, und er legte die Arme fest um sie.
„Was soll das? Was machen Sie da?“, fuhr sie ihn empört an. Offenbar war er ihr gefolgt. War das Meer nicht groß genug für sie beide? Nur weil sie kurze Zeit hatte allein sein wollen, war sie so weit hinausgeschwommen. „Lassen Sie mich los!“, forderte sie ihn auf. Es war schlimm genug, dass er ihr die Freude verdarb und es ihr unmöglich machte, sich frei und unbeschwert zu fühlen. Noch schlimmer war jedoch, dass ihre Körper sich berührten. Milly spürte seine muskulöse Brust an ihren Brüsten, und das war mehr, als sie ertragen konnte. Ihr Herz klopfte heftig, während sie sich bemühte, sich zu beherrschen. Am liebsten hätte sie sich an ihn geschmiegt, ihm die Arme um den Nacken und die Beine um die Hüften gelegt.
„Ich habe Sie vor dem Ertrinken gerettet“, erklärte er angespannt. „Die Strömung ist gefährlich. Ich wollte Sie warnen, aber Sie waren schon weg, ehe ich dazu kam.“ Ungeduldig schüttelte er den Kopf. „Wir müssen zurück, so rasch wie möglich.“
Als Milly bewusst wurde, dass die Strömung, gegen die sie, ohne es zu ahnen, angekämpft hatte, sie immer weiter mit hinausgezogen hatte, erbebte sie. Zutiefst erschrocken, nahm sie alle Kräfte zusammen und schwamm die ganze Strecke zurück an den Strand. Sie war Cesare unendlich dankbar dafür, dass er an ihrer Seite blieb, denn seltsamerweise fühlte sie sich sicher, solange er neben ihr war.
Nachdem sie aus der Strömung heraus waren, schwamm er vor ihr her, und als er Grund unter den Füßen spürte, richtete er sich auf. Das Wasser reichte ihm bis zur Taille. Seine finstere Miene ließ Milly befürchten, dass ihr ein Donnerwetter bevorstand.
Langsam schwamm sie auf ihn zu. Von der Anstrengung, die es gekostet hatte, sich nicht von der Strömung mitreißen zu lassen, war sie immer noch atemlos. Schließlich legte Cesare ihr die Hände unter die Arme und stellte Milly auf die Füße.
„Machen Sie so etwas nie wieder!“ In seinen dunklen Augen blitzte es zornig auf, und er packte Milly an den Schultern. „Sie hätten ertrinken können, Sie kleiner Dummkopf!“
Er hat sich selbst in Lebensgefahr gebracht bei dem Versuch, mich zu retten, dachte sie. Doch sein vorwurfsvoller Ton und sein Zorn reizten sie zum Widerspruch. Obwohl sie immer noch Herzklopfen hatte und ihre Brüste sich bei jedem Atemzug hoben und senkten, hob sie das Kinn und fuhr ihn genauso zornig an: „Das konnte ich nicht wissen! Und hören Sie gefälligst auf, mich so anzufauchen!“ Um sich aus seinem Griff zu befreien, wand sie sich hin und her.
Statt sie loszulassen, legte er ihr die Hände auf die Taille und zog Milly an sich. „Du kleine …!“, stieß er hitzig hervor, ehe er die Lippen ärgerlich und stürmisch auf ihre presste. Zugleich drückte er Milly mit einer Hand so fest an sich, dass sie seine Erregung spürte. Mit der anderen Hand umfasste er ihren Kopf. Sie war ihm völlig ausgeliefert und hatte keine Chance, sich von ihm zu lösen.
Das wollte sie auch gar nicht. Heißes Verlangen durchflutete sie, und sie hatte das Gefühl, dahinzuschmelzen. Noch nie zuvor hatte sie so etwas erlebt.
Milly legte ihm die Arme um den Nacken und öffnete instinktiv die Lippen, wie um ihn willkommen zu heißen. Cesare stöhnte leise auf und fing an, sanft und behutsam ihren Mund zu erforschen. Dann senkte er den Kopf und ließ die Lippen über ihren Hals zu ihren Brüsten gleiten.
Anschließend führte er Milly langsam zum Strand. Sie klammerten sich aneinander und nahmen um sich her kaum noch etwas wahr. Immer wieder küsste er sie sanft. Er war fasziniert von ihrem perfekten Körper, ihrem schönen Gesicht, der feinen Haut und dem schlanken Hals, und er zögerte nicht, ihr das winzige Bikinioberteil abzustreifen. Atemlos betrachtete er ihre wunderschönen vollen Brüste und fühlte sich wie verzaubert. Als er sie zu streicheln begann und mit den Fingern die aufgerichteten Spitzen liebkoste, warf sie den Kopf zurück, schloss die Augen und presste sich mit den Hüften fest an seine.
Und als er den warmen Sand unter seinen Füßen spürte, ließ er sich langsam auf den Boden gleiten, ohne Milly loszulassen. Immer wieder küsste er sie heiß und voller Verlangen und stöhnte auf, als sie ihm die Beine um die Hüften legte.
Es war der helle Wahnsinn, wunderbar und einzigartig. Milly begehrte ihn, und er wollte sie haben.
„Meine Schöne …“