Kapitel 5 - Erzwungene Wahrheit
Der nächste Morgen kam mit Regen.
Riedell wachte erst nach Josh auf, der wie immer schon in der Küche klapperte und Frühstück zubereitete. Mit seinen Schlafzotteln und der blauen Jogginghose sah er fast schon knuffig aus.
Er bemerkte nicht, dass Gregor im Bad verschwand und erst eine Weile später, ordentlich gestriegelt wie am Tag zuvor, zu ihm kam, um ein kurzes Gespräch zu suchen, während sein Freund noch schlief.
»Na, guten Morgen!«
»Morgen.« Josh blickte ihn nicht an, denn eine unbeschreibliche Scham stieg in ihm auf. »Ich ... also gestern, da -«
»Das bleibt natürlich unter uns«, unterbrach der Dozent sein Gestammel. »Ich hatte allerdings den Eindruck, dass die Nummer zwischen euch nicht das erste Mal war, kann das sein?«
In Josh krampfte sich innerlich alles zusammen. »Nein, das war das erste Mal!«, log er. »Ich habe eine Freundin! Ihr
Whisky ist mir zu Kopf gestiegen! Ich trinke sonst nie Alkohol und -«
»Schon gut, du brauchst dich nicht zu rechtfertigen.« Riedell lächelte nur. »Nichts für ungut. Ich muss jetzt leider schon los. Die lieben Pflichten.«
›Wahrscheinlich Ehepflichten!‹
, dachte sich Josh und stocherte derb in seinem Rührei herum. ›Würde mich nicht wundern, wenn sich der Kerl jetzt noch zu seiner Frau ins Bett legt!‹
»Also dann, einen erfolgreichen Tag wünsche ich euch beiden! Roi weiß übrigens Bescheid, dass ich früh gehe, deshalb will ich ihn jetzt nicht wecken.«
»Klar, kein Problem! Bye!« Innerlich aufatmend beobachtete Josh, wie sein Dozent ging, und huschte erleichtert wieder zu Rohan ins Bett, sobald die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. Er kuschelte mit seinem noch schlafenden Bruder, bis der seine Augen öffnete und brummte.
»Mmmh ... Josh … hör auf. Du weißt, ich will das nicht mehr!«
»Ach ja? ... Magst du das auch nicht?« Herausfordernd griff er nach Rohans Morgenlatte, bis der anfing zu japsen.
»Hör auf ... haaah ah
… bitte ... aaah
… hör auf.«
Josh beugte sich über Rohan und wisperte ihm zu: »Du willst
mich, das hab ich doch gestern gemerkt. Du musst mich nicht ersetzen. Sag einfach, dass du mich willst!« Während dieser gehauchten Worte rieb er Rohans stahlharten Schwanz immer heftiger, bis der richtig hechelte, die Beine spreizte und Josh keuchend an sich zog.
»Okay ... okay ... scheiß drauf! Fick mich!
«
Das klang wie Musik in Joshs Ohren.
Sofort ließ er ihn los, ging zurück in die Küche und widmete sich wieder seiner Pfanne.
Rohan realisierte erst gar nicht, wie ihm geschah, bis er begriff, dass Josh ihn angetörnt und dann abserviert hatte. Er gestand sich zwar ein, dass er das nach dem gestrigen Abend vielleicht sogar ein bisschen verdient hatte, aber es machte ihn trotzdem wütend. Dank dieses Egomanen hatte er jetzt einen enorm pochenden Betonpfahl. Dafür musste eine Lösung her und die war garantiert nicht
seine Hand!
Er schnappte sich eine lockere Boxershorts, welche seine Latte nicht wirklich verbarg, und eilte Josh hinterher. »Ey, verarsch mich nicht
und komm sofort
zurück!«
»Ich dachte, du willst mein Leben nicht versauen? Also verführ’ mich nicht weiter!«, scholl es ihm herablassend entgegen.
Rohan kochte innerlich. Sein Ständer pochte fordernd gegen den dünnen Stoff, was seinen Adrenalinschub noch befeuerte. »Willst du mich auf den Arm nehmen? Du
wichst mich hoch, lässt mich dann einfach liegen und erzählst mir
jetzt, ich
würde dich verführen? Was soll der Scheiß?«
Josh kämpfte mit aller Macht gegen das in ihm aufsteigende Lachen, aber Rohan sah mit seiner hilflosen Erektion und den verzottelten Haaren einfach zu niedlich aus, und so jemanden konnte er gerade nicht ernst nehmen. Er drehte sich weg, um ihm nicht zu zeigen, dass er sich innerlich totlachte.
»Warum Scheiß
? Das waren deine
Worte, nicht meine
! Du könntest auch einfach zugeben, dass du im Unrecht warst. Immerhin ist es ja offensichtlich, dass du mich noch willst.« Dabei tippte er ihm sogar mit dem Zeigefinger kurz auf die Spitze seines Bolzens.
Rohan fand das alles gar nicht witzig. Er war auf hundertachtzig und definitiv nicht in der Stimmung, Josh anzuflehen
. Aber zugeben, dass er sich selbst belog, konnte er auch nicht. Dann fiel ihm etwas ein. Es war kurz nach sieben. Gregor musste eben erst gegangen sein, war demnach bestimmt nicht weit weg. Also nahm er sich sein Handy und verschwand damit in seinem Schlafzimmer.
Keine fünf Minuten später klopfte jemand wuchtig an die Tür.
Josh öffnete verdutzt. Als er den abgehetzten Riedell erblickte, sagte er schnippisch: »Hatten Sie keine dringenden Pflichten
zu erledigen?«
Rohan kam aus seinem Zimmer, zog Gregor einfach an Josh vorbei in die Wohnung und fasste ihm direkt zwischen die Beine, während er knurrte: »Los!
Fick mich! Jetzt
!«
Sein Lover strahlte wie ein Honigkuchenpferd. So etwas ließ er sich nicht zweimal sagen. Ohne Umwege verschwanden sie im Schlafzimmer, doch hätte er Joshs Blick in diesem Moment gesehen, wäre er wohl tot umgefallen. Schon wenige Minuten später hörte er das laute Keuchen seines Dozenten und die erlösten Schreie seines Bruders.
Für eine Sekunde wünschte er sich, er wäre bei ihm im Bett geblieben, doch dann wurde ihm endlich etwas klar: Rohan musste sexsüchtig
sein, denn es schien ihm völlig egal
, wer
es war, Hauptsache, er bekam seine Befriedigung?! Josh wollte kein Ersatzbetthäschen
in Riedells Abwesenheit sein. Ganz oder gar nicht! Außerdem war er auch zu stolz, um nach der Pfeife seines jüngeren Bruders zu tanzen.
Es war Zeit. Er musste sich damit abfinden.
Vielleicht hatte Rohan ja doch recht mit dem, was er gesagt hatte. Vermutlich war es tatsächlich besser, wenn sie beide zu ihrem normalen Leben zurückkehrten und einfach weitermachten, als wenn nie etwas zwischen ihnen gewesen wäre.
Beiden war klar, sie würden sich immer zueinander hingezogen fühlen, und ihre Zuneigung würde auch nie einfach so sterben, selbst wenn man sie ignorierte. Doch es ging nicht anders. Eine sexuelle Liebe zwischen Geschwistern würde niemand
gutheißen, auch wenn sie Männer und nur Halbgeschwister waren.
So fasste Josh den Entschluss, Rohans Entscheidung zu
akzeptieren. Es zerriss ihm das Herz und es tat unglaublich weh, zu sehen, dass er mit einem anderen intim war. Einzig das Wissen, dass alle seine bisherigen Sexpartner nie lange geblieben waren, er selbst aber für immer bei ihm bleiben würde, verschaffte ihm einen kleinen Trost.
***
In den folgenden Tagen bemühten sich die beiden, wieder eine relativ normale Geschwisterbeziehung zueinander aufzubauen. Sie sprachen nicht mehr über Vergangenes. Rohan begann endlich selbstständiger zu werden und Josh hinderte ihn nicht mehr daran, auch wenn er bei jedem Kochtopf, den Rohan aufsetzte, bei jeder Wäscheladung und bei jeder Art von Wohnungsputz, die er erledigte, Magenkrämpfe bekam. Aus Angst, es könnte nicht richtig, nicht sauber oder ungenießbar sein. Sein Zwang, ihm bei allem zu helfen, übermannte ihn oft, doch langsam lernte er, sich zu beherrschen.
Er wusste, dass es Zeit wurde, loszulassen.
Alles, was ihm blieb, war das ständige Besorgen von Pflaster, Mullbinden, Kühlpacks und Desinfektionsmittel, und Rohan zu verarzten, wenn wieder etwas schiefgegangen war.
Als Dana bemerkte, dass zwischen Rohan und Josh nach außen hin wieder alles in Ordnung war, freute sie sich sehr. Es hatte ihr große Sorgen bereitet zu sehen, wie sich ihr Freund zurückzog, also bemühte sie sich umso stärker um ihn. Mit Erfolg. Auch Josh fand immer mehr Gefallen an Dana und schließlich kam der Tag, an dem er sie endlich fragte.
So wie inzwischen beinahe jeden Nachmittag, ging er nach dem letzten Kurs mit zu ihr, damit sie gemeinsam lernen konnten. Sobald sie jedoch alleine waren, nahm er ihre Hand und man sah, wie das junge Mädchen kurz den Atem anhielt.
»Dana, ich würde dich gerne etwas sehr Wichtiges fragen, aber dafür ... möchte ich mit dir ausgehen. Tanzen. Hättest du darauf Lust?«
Danas Gesichtsfarbe wechselte. »Au-ausgehen? W-wir beide?« Sie hatte schon gar nicht mehr damit gerechnet und geglaubt, sie säße bei ihm für immer in der Friendzone fest.
Josh zuckte mit den Schultern. »Na ja, wenn du nicht möchtest, ist
es auch okay.«
Dana fuchtelte wild mit den Händen. »Nein, nein! Also doch, ja
! Meine Güte, ich bin nur so überrascht, das ist alles. Puh … ähm … gut! Ja
, ich würde liebend gerne
mit dir ausgehen!«
Josh lächelte und gab Dana einen kleinen Kuss auf die Wange. »Super. Ist dir heute Abend recht? So um zwanzig Uhr? Ich komme dich abholen.«
»Ähm … ja, okay. Um zwanzig Uhr, bei mir … in meiner Wohnung.«
»Genau«, bestätigte er ihr lächelnd und fand es süß, wie verlegen sie durch seine Frage geworden war. Dann ließ er das Lernen ausfallen und ging erst einmal, denn er wollte sich und vor allem ihr ausreichend Zeit geben, sich für das bevorstehende Date zurechtzumachen.
***
Zurück in seiner WG traf er auf Rohan, der mit nassen Haaren und nur einem Handtuch um die Hüften suchend durchs Wohnzimmer tigerte. Riedell saß auf dem Sofa und sah dem verzweifelt wirkenden, jungen Mann etwas genervt zu.
»Verdammte Scheiße!
Wo ist denn bloß ... nein ... und da muss doch noch ... ach, verflucht
nochmal!« Wie ein läufiger Floh irrte Rohan durch die Wohnung und stellte alles auf den Kopf.
»Du sollst nicht fluchen!«, tadelte ihn Josh, der wegen Riedells Anwesenheit schon wieder schlechte Laune bekam.
»Ja, ja! Sag mir lieber, wo mein verschissener Anzug
ist! Der war doch in der blöden Kommode da!«
Josh runzelte die Stirn. »Welchen meinst du? Du hattest noch nie einen Anzug.«
Wie ein Kind stampfte Rohan auf. »Na klar, der dunkelgraue mit den Nadelstreifen!«
Josh räusperte sich. »Das ist meiner!«
»Ist doch egal
, Mann! Her damit!
« Rohan rüttelte Josh unsanft an den Schultern, bis dieser lachte, nachgab und ihn dann am Handtuch in Richtung seines Schlafzimmers zog. Dummerweise war Rohan noch nie gut im Schleifen- und Knotenbinden, daher löste sich das Teil und Josh hielt es gleich darauf in der Hand. Als er bemerkte, dass in dem Frottee kein Kerl mehr steckte, musterte er ihn ungeniert.
»Was?« Rohan wirkte ein wenig verlegen, als Josh ihn so unverblümt ansah. Dieser aber ging auf ihn zu, gab ihm ein Küsschen auf die Wange und nahm ihn dann bei der Hand mit ins Schlafzimmer, um ihm seinen Anzug herauszusuchen. Aus unerklärlichen Gründen benahm sich Rohan immer verklemmter. Beim Anziehen drehte er sich sogar weg, nicht wissend, dass der Anblick seiner Kehrseite noch wesentlich mehr an Joshs Nerven zehrte.
Nachdem Rohan nackt in die Hose geschlüpft war, tippte ihm Josh auf die Schulter. »Du kannst dich wieder umdrehen.«
»Ich will dich nur nicht in Versuchung bringen.« Bei diesen Worten grinste Rohan verschmitzt und zog dann wie ein kleiner Junge die Nase kraus.
Joshs Lachen hingegen fiel leicht zynisch aus. »Wer von uns beiden war denn immer derjenige, der sich nicht zusammenreißen konnte?« Er legte die Arme auf die Schultern seines Bruders und hauchte ihm direkt ins Ohr: »Du hast mich doch andauernd wahnsinnig gemacht mit deinem überentwickelten Sextrieb.« Seine Hand wanderte zielstrebig auf seinen Schritt und gab diesem einen seichten Klaps. »Willst du dir keine Boxershorts drunter ziehen? Es ist ziemlich kalt draußen.«
Rohan schnaufte mittlerweile vor aufsteigender Erregung, was auch seiner Stimme anzuhören war. »Josh, hör auf, Gregor sitzt nebenan!«
Sein Bruder sah auf und trat einen Schritt zurück. »Keine Bange, ich habe heute ebenfalls ein Date!«
Fassungslosigkeit spiegelte sich in Rohans Blick. »Na toll, ich dachte, das würde länger dauern. Lass mich raten, die verknallte, kleine Püppi?«
»Ja! Und die hat einen Namen, wie du weißt!«
»Daanaaaa«, ächzte Rohan und verdrehte die Augen. »Dana, das Lama mit dem Glubschaugen-Karma! ... Aua
!«
Joshs Ellbogen grüßte saftig seine Rippen.
»Hör auf jetzt!
Ich möchte einfach nur, dass alles wie früher ist! Ich möchte bei dir und für dich da sein, aber es ist besser, wenn wir dabei beide vergeben
sind, ansonsten überfällt es uns vielleicht immer wieder.« Joshs traurige Augen sprachen Bände.
»Okay, na gut.« Rohan umfasste gespielt unbeschwert dessen Gesicht und küsste ihn auf die Wange, um die Stimmung zu retten. »Also, was denkst du? Welche Shorts passt dazu? Schließlich will ich mich jederzeit ungeniert ausziehen können.«
***
Dana wartete bereits aufgeregt in ihrer kleinen WG, als Josh Punkt zwanzig Uhr vor ihrer Tür stand. Ganz der Gentleman: schick in ein weißes Hemd und Jeans gekleidet und mit einer Rose in der Hand. Sobald er geklopft hatte, rannte sie zum Eingang, geriet ins Stolpern und knallte direkt gegen die Tür.
Alles, was Josh hörte, war: Klopfklopf, trippel-trippel,
»Uuuaaahhh!«, RUMS!!!
Er verkniff sich krampfhaft das Lachen, bis Dana die Tür öffnete und noch immer dabei war, ihr gelbes Kleid zurechtzurücken. Sie hatte sich wirklich niedlich zurechtgemacht. Ihr helles Kleidchen und ihre hochgesteckten Haare erinnerten ein bisschen an die 60er und dieser Stil passte gut zu ihrem fröhlichen Wesen, welches so völlig im Gegensatz zu Rohans abgrundtief verdorbener, dunkler Seele stand.
»Ähm ... geht es dir gut? Was ist passiert?«, fragte er, doch als er ihre viel zu hohen, blauen Pumps erblickte, wusste er Bescheid und tätschelte ihr freundlich die Schulter. »Ich hoffe, du hast dir nicht wehgetan. Zieh doch lieber deine Turnschuhe an, wir müssen ein bisschen laufen.«
So etwas war ihm mit Rohan noch nie passiert.
Dana war das alles furchtbar peinlich. »Zu dem Kleid? Nein … ich, ah, warte ...« Sie streifte die Pumps ab, zog sich kleine, weiße Ballerinas an und bedankte sich überschwänglich für die Rose, die sie gleich in eine Vase stellte. Dann trabten sie zu Fuß in eine nahegelegene Disco.
***
Josh war ein guter Tänzer. Bei seinen Fotoshootings hatte er gelernt, sich erotisch zu bewegen, vor allem aber war es Rohan, der ihn immer wieder mal im Wohnzimmer zum Tanzen aufgefordert und von dem er sich so einiges abgeschaut hatte. An dem Gerücht, Homosexuelle seien gute Tänzer, war auf jeden Fall etwas dran. Zum Glück hatte Josh dabei oft genug die männliche Rolle übernommen,
sodass er bei Dana nun Eindruck schinden konnte.
An diesem Abend fühlte sich Josh irgendwie erleichtert. Wie einfach es doch mit einem Mädchen war, wurde ihm erst jetzt so richtig bewusst. Er konnte offen mit seiner Partnerin Hand in Hand gehen und sie schließlich sogar vor allen Leuten küssen, ohne dass er angewiderte Blicke kassierte. Mit Rohan wäre sein Leben ein ewiges Versteckspiel gewesen.
»Dana?«, fragte er endlich, als sie an der Bar standen und sich ausruhten.
»Ja?«, antwortete die und sah ihn schon hoffnungsvoll an, denn sie ahnte, was er vorhatte.
Josh atmete tief durch, nahm noch einen Schluck von seinem Cocktail und gab sich einen Ruck. »Möchtest du mit mir gehen?«
Statt einer Antwort quietschte sie freudig auf und sprang ihm förmlich an den Hals.
***
Ungeduldig saß Rohan zur selben Zeit in dem todschicken Luxusrestaurant, in das Gregor ihn eingeladen hatte, und musterte die extravagante Einrichtung. Er war zum ersten Mal inmitten der High Society und fühlte sich trotz des Anzugs an seinem Körper vollkommen deplatziert. Seine Haare hatte er sich zu einem sauberen Pferdeschwanz zurückgebunden und die Augen hauchdünn, kaum sichtbar, mit Kajal umrahmt.
Er wartete auf Gregor, der mal eben für Königstiger gegangen war, und blätterte unsicher in der edlen Speisekarte. Mit den ausgefallenen Namen für die hochwertigen Gerichte konnte er mal so überhaupt nichts anfangen und die Preise waren für einen Studenten wie ihn einfach nur lachhaft, doch just in diesem Augenblick kam der Kellner und wollte die Bestellung aufnehmen.
»Ich ähm ... ich weiß noch nicht ... äh ...« Rohan stotterte irgendwelches Zeug zusammen, denn er hatte keine Ahnung, was und wie viel von den sauteuren Häppchen er bestellen durfte, und suchte mit leicht panischem Blick nach seinem Freund.
Plötzlich ertönte direkt hinter ihm eine freundliche Stimme. »Ich glaube, der junge Mann wartet noch auf seinen Kollegen«, vertröstete diese den Kellner souverän, worauf der noch einmal verschwand. Als sich Rohan umdrehte, stand Joshs Vater hinter ihm
und stützte sich lächelnd auf die Lehne des Nachbarstuhls. »Gern geschehen. Hey, ich bin beeindruckt! Du siehst ja richtig schick aus heute. Ich hoffe, du hattest gesundheitlich keine Probleme mehr?!«
Rohan stammelte weiter, denn jetzt, wo er wusste, wer
da vor ihm stand, war es ihm ausgesprochen unangenehm, bei ihrem ersten Treffen nackt und dann auch noch so unhöflich gewesen zu sein. »Ähm … Danke ... ich ... äh ... was machen Sie hier?«
Renè tat gespielt überrascht. »Essen?« Diese Antwort hätte von Josh sein können. »Und du, hast du ein Date?«, fragte er freundlich und sah offenbar keine Veranlassung mehr dazu, ihn wie in seiner Praxis zu siezen.
»Ähm ... ja.« Rohan biss sich auf die Lippe. Im Gegensatz zu vorhin betete er nun, dass Gregor nicht
so schnell von der Toilette kommen würde. Natürlich tauchte der direkt in diesem Moment auf, kam aber nicht sofort an den Tisch. Riedell beobachtete den Mann, der sehr vertraut bei seinem Lover stand. Da er wusste, dass Rohan keine männlichen Verwandten hatte, kochte in ihm sofort die Eifersucht hoch. Er war kein Mensch, der seine homosexuelle Neigung versteckte, ganz im Gegenteil. War seine Frau nicht in der Nähe, gab er mit seinen Eroberungen nur allzu gerne an. Als sich der Fremde nun sogar zu Rohan an den Tisch setzte und ein Gespräch begann, brodelte es in ihm. Trotzdem wollte er das Geschehen noch ein Weilchen beobachten.
»Mit ... mit wem sind Sie denn hier?«, fragte Rohan schließlich zurück, wobei ihm
ein Du
nicht über die Lippen kam. Renè war erfreut, dass sich der vorher so pampige Kerl diesmal bemühte, freundlich zu sein, und nicht so furchtbar viel Gift verspritzte wie bei ihrer letzten Begegnung.
»Oh, ich bin mit meiner Frau
hier. Sie ist kurz zur Toilette. Du weißt ja, Nase pudern und so.«
Riedell hielt es inzwischen auf seinem Beobachtungsposten nicht mehr aus. Vor lauter Eifersucht hatte er schon die Gesichtsfarbe gewechselt und schritt nun forsch auf die beiden zu.
Rohan stockte der Atem, als er ihn sah.
Krampfhaft höflich begrüßte Gregor den Fremden, doch bevor er fragen konnte, stellte sich Renè bereits vor: »Ah, guten Abend! Renè Winter, ich bin Rohans Hausarzt. Angenehm!«
Der Dozent atmete erleichtert auf, dann stellte auch er sich vor. »Ah. Freut mich. Gregor Riedell, ich bin sein Lebenspartner!«
Rohan wäre am liebsten im Erdboden versunken, doch Renè blieb freundlich, ja regelrecht belustigt. »Ach, dann hatten Sie
die grandiose Idee mit dem Eiswürfel?« Bevor Gregor irritiert nachfragen konnte, zischte Rohan verzweifelt dazwischen und Renè kicherte. »Nicht? Oh, Verzeihung.«
»Eiswürfel?«, fragte sein Lover daraufhin fast schon ein wenig patzig. »Geht es um den Dreier mit Josh?« Wie versteinert starrten sich Rohan und Renè ins Gesicht. Gregor plapperte jedoch einfach weiter: »Na ja, ist ja auch egal. Lass uns endlich bestellen, Roi! Ich hätte Lust auf ein Steak.«
Während Riedell über seine kulinarischen Vorlieben palaverte und überhaupt keinen Gedanken daran verschwendete, dass Renè wissen könnte, wer Josh ist, sah man, wie es hinter der Stirn des Vaters ratterte. Plötzlich fiel der Groschen und ihm wurde alles klar: Warum Josh so besorgt war, warum er Rohan zu ihm gebracht hatte, und es erklärte auch seine Reaktion auf Goh bei ihrem ersten Treffen.
Renè räusperte sich leicht hustend und klopfte Rohan auf die Schulter. »War ... äh ... war schön, dich wiederzusehen. Ich wünsche euch noch einen guten Appetit!« Dann ging er zu seiner Frau, welche bereits von einem Kellner zu einem freien Tisch begleitet wurde.
Die ganze Sache war Rohan sichtlich peinlich, am liebsten hätte er Gregor eine reingehauen, doch das ging natürlich nicht. Riedell konnte ja nicht wissen, dass der Hausarzt
gleichzeitig Joshs Vater war, und so gab es da eigentlich auch nichts, was man ihm vorwerfen konnte. Bis auf die Tatsache, dass man vor Fremden generell nicht über solch intime Sachen sprach, aber das tat sein Lover ja ständig.
›Vielleicht hat er es ja auch gar nicht gerafft
‹, redete sich Rohan ein. ›Und im Notfall kann ich immer noch behaupten, es wäre ein anderer Josh gemeint gewesen!‹
***
Das Essen verlief ruhig und der umwerfende Geschmack der winzigen Köstlichkeiten ließ alle schlechten Gedanken schwinden. Gregor und Rohan sahen aus wie zwei gut verdienende Geschäftsmänner, was sehr gut bei den Damen ankam, wie man an den überfreundlichen Reaktionen der Kellnerinnen und den Blicken
der Frauen im näheren Umfeld bemerken konnte.
»Roi, ich möchte dich gern etwas fragen«, unterbrach Gregor das Schweigen. »Was hältst du von unserer Beziehung?«
Rohan nahm kleinlaut einen Schluck vom Rotwein. »Wie meinst du das?«
Gregor lächelte unbekümmert. »Na ja, du weißt ja, dass ich verheiratet bin.«
»Und?« In dem Punkt blieb Rohan ganz gelassen. »Was geht mich das an?«
»Nun ja, ich würde dich heute gerne mit zu mir nehmen, wenn du nichts dagegen hast. Unsere Beziehung etwas ... intimer werden lassen.« Rohan verstand erst nicht, was noch intimer sein konnte als Sex, aber dann bemerkte er, dass der Dozent nervös wurde. »Meine Frau ... ist ... mit unserem Sohn ... zu ihrer Mutter gefahren.« Er stammelte plötzlich richtig, was gar nicht zu ihm passte, und nahm dann auch noch Rohans Hand. »Wir hatten einen ziemlichen Streit und ich ... na ja, ich brauche dich jetzt einfach in meiner Nähe.«
»Hältst du das nicht für etwas riskant?«, fragte Rohan besorgt, denn die Sache von vorhin gab ihm doch ein wenig zu denken.
»Nein. Sie kommen vor nächster Woche sicher nicht wieder.« Auch er nahm nun einen Schluck aus seinem Weinglas. »Ich habe einen Whirlpool und ein Wasserbett ... das wird dir ganz sicher gefallen! Außerdem habe ich dir einen Morgenmantel aus Seide gekauft und brenne darauf, zu sehen, wie die Farbe zu deiner Haut passt.«
»Du hast echt komische Fetische.« Rohan kicherte und zog Gregor an dessen Schlips zu sich heran. »Na schön. Finden wir es heraus!«, flüsterte er dann jedoch und küsste ihn.
Die anderen Gäste um sie herum tuschelten versteckt und einige entrüstete Blicke trafen die beiden, doch Gregor war das herzlich egal. In diesem Teil der Stadt kannte ihn nämlich niemand.
***
Schon beim Einsteigen in Gregors dunkelblau-metallicfarbene Corvette schwante Rohan, dass dessen Anwesen mindestens genauso protzig sein würde. Seine Vorahnung wurde jedoch von der Wirklichkeit übertroffen. Die Villa am Stadtrand war riesig und wunderschön. Sie stand inmitten eines gepflegten
Gartengrundstücks und Riedell sah mit Freuden, wie Rohan die Augen übergingen.
»Und so was erreicht man als Studententrietzer?«
Riedell lachte. »Na ja, genau genommen habe ich auch einen Doktortitel, aber sagen wir einfach, ich habe bisher eine gute Portion Glück im Leben gehabt, eine nicht bescheidene Erbschaft inklusive.«
Der Whirlpool war riesig. Als das Wasser darin einladend warm blubberte, schälte sich Rohan aus Joshs Anzug und legte ihn vorsichtig über eine Stuhllehne. Dann stieg er ins Wasser und entspannte sich. Romantische Musik drang leise vom Schlafzimmer in das angrenzende Bad, und Gregor, der ihm ein Glas eiskalten Champagner reichte, machte es sich hinter ihm im warmen Nass bequem.
»Na? Gefällt es dir, mein Hübscher?«, flüsterte er in Rohans Ohr, der seinen Kopf nach hinten an die Schulter seines Lovers gelehnt hatte.
»Es ist der Hammer«, gab dieser zu. »Ich hatte noch nie einen so reichen Freund, das ist mal was Neues.«
»Und ich noch nie einen so attraktiven ...« Gregor griff mit seiner Hand unter den Schaum, streifte Rohans harten Bauch, sank zwischen seine Schenkel und massierte ihn dort sanft, während er den Duft seiner Haare tief einatmete.
Sobald sie die Gläser geleert hatten, erhob sich Rohan und stellte sich vor seinen Gastgeber, der sofort seinen harten Schwanz in den Mund nahm. Gregor machte das verdammt gut. Er leckte ihm über die Kuppe, während seine Lippen ihn bereits umschlangen, dabei fuhr er mit den Fingern über seine Enge, die er grob massierte.
Rohan stützte sich auf seinen Schultern ab und keuchte: »Aahh
... nicht ... nicht so fest ... sonst komm ich doch ... sofort.« Kurz darauf verkrallte er sich schon in Riedells Muskeln. Dieser stoppte, nahm ihn mit Leichtigkeit auf den Arm und hievte ihn aus dem Wasser. Er legte ihn bäuchlings über die Kante, sodass Rohans Beine zwar noch im Pool knieten, sein Oberkörper aber über den Rand nach draußen gelehnt war. Dann platzierte er sich hinter ihm, küsste seinen glänzenden, makellosen Arsch und zog seine Pobacken auseinander, um seine Zunge da zu versenken, wo er gleich seinen Schwanz hineinschieben wollte.
Rohan stöhnte herzzerreißend.
Diese Art der Zuwendung bekam er nur von wenigen seiner Liebhaber und das, obwohl dies eine der intensivsten Zuneigungsbekundungen war. Sein heißes Fleisch wurde gegen die kalte Keramik gepresst, doch seine eigene Geilheit brachte ihn beinahe um den Verstand.
»Lass mich wenigstens dabei wichsen«, flehte er, da er es vor Erregung kaum noch aushielt, doch Gregor hatte eine sadistische Ader, die er an diesem Tag zum ersten Mal zeigte.
»Vielleicht später.« Er zog sich von Rohan zurück, packte seine Hände und band sie ihm auf dem Rücken mit dem Gürtel seines Bademantels zusammen. Dann positionierte er sich erneut hinter ihm, umfasste seinen eigenen Schwanz und rieb diesen mit teurem Bio-Duschöl ein. Danach drückte er ihm seine Spitze ganz langsam durch den Schließmuskel. Rohan schnaufte zufrieden, doch schon zog sich sein Sexpartner wieder aus ihm heraus, um ihn abzuwaschen und sein Zungenspiel fortzusetzen.
Rohan hielt es nicht länger aus, er zappelte herum und versuchte, sich zu befreien.
»Na, na, so nicht, mein Kleiner!«, kommentierte Gregor das Vorhaben, nahm ihn erneut auf den Arm und trug ihn letztlich zu seinem großen, ausladenden Wasserbett.
Hier befestigte er Rohans Hände mit Hanfseilen am Bettgestell und winkelte ihm die Beine an, welche er ebenfalls mit Seilen fixierte. Dann nahm er sich eine ordentliche Ladung Gleitgel und holte aus seiner Nachttischschublade eine Analkette hervor, deren starre Kugeln vom Beginn bis zur Halteschlaufe immer dicker wurden. Noch einmal versenkte Gregor seine Zunge in Rohans Eingang, während dieser vor Lust bereits heftig puckerte. Dann drückte er auch schon die erste, kleine Kugel in ihn hinein und ließ die zweite, dritte und vierte rasch folgen.
Rohan stöhnte zutiefst erregt und Riedell brauchte alles an Selbstbeherrschung, um ihm nicht zusätzlich seinen Schwanz hineinzupressen. Stattdessen kniete er sich seitenverkehrt, auf alle viere, über seinen Freund und schob ihm seinen dicken Kolben in den Mund.
Rohan lutschte sofort derart intensiv daran herum, dass sich
Gregor kaum noch auf sein Kettenspiel konzentrieren konnte. Es dauerte nicht lang, bis er das gesamte Teil bis zur größten Kugel in diesen geilen, glitschigen Eingang gedrückt hatte.
Rohan gab ein dumpfes Stöhnen von sich, als er alle Kugeln in sich spürte, und Riedell gelang es nicht mehr, an sich zu halten. Er zog seinen Schwanz aus dem gierig saugenden Mund und presste ihn ohne Rücksicht zusätzlich in die Enge seines Gespielen.
Rohan schrie aufgrund der plötzlich extremen Dehnung auf und japste nach Luft. Diese Spannung erhöhte aber auch den Druck der Kugel, die direkt auf seiner Prostata lag, und als Riedell dann auch noch rhythmisch in ihn stieß, war es um die Beherrschung beider geschehen.
Rohan verbiss sich in Gregors Hals und dieser schnaufte wie ein wilder Stier, als seine Kontraktionen den anderen überschwemmten.
***
Joshs Verabredung verlief perfekt, ganz seinen Vorstellungen entsprechend. Nach dem Clubbesuch brachte er Dana nach Hause, gab ihr einen liebevollen Kuss zum Abschied und das Versprechen, derartige Dinge öfter mit ihr zu unternehmen. Dana war so glücklich wie noch nie. Die Tatsache, dass Josh sie in keiner Art und Weise bedrängte und auch nicht automatisch sofort Sex wollte, nur weil sie eingewilligt hatte, seine Freundin zu sein, wertete sie als unglaublich rücksichtsvoll und bewundernswert.
Auch Josh war so guter Laune wie schon lange nicht mehr. Noch am selben Abend schrieb er seinem Vater eine Nachricht auf dessen neues Handy und erzählte ihm von Dana. Er hatte gar nicht damit gerechnet, schon wenige Sekunden später eine Antwort zu bekommen, doch Renè war offenbar auch noch wach. Allerdings stellte ihm dieser nur eine schriftliche Gegenfrage, die ihn aus allen Wolken fallen ließ.
Was läuft da zwischen dir und deinem Bruder?
Joshs Herz setzte einen Schlag aus und er hoffte inständig, dass sein Vater nur eine unbestätigte Ahnung hatte, die er ihm sofort widerlegen konnte.
Können wir kurz telefonieren?
Kaum fünf Sekunden später klingelte sein Handy und Renè rief an.
»Hallo«, grüßte dieser und seine Stimme klang angespannt. »Also,
bitte sag es mir ehrlich, hattest du Geschlechtsverkehr mit Rohan?«
Okay, da war nun wirklich nichts mehr misszuverstehen. Josh stotterte: Ȁhm ... w-wie ... wa-was? Wie kommst ... wie kommst du darauf
?«
Renè räusperte sich, denn ihm war das Thema überaus peinlich. »Hör mal, es ist in Ordnung, wenn du schwul bist. Damit habe ich kein Problem. Ich habe keine Vorurteile gegen Menschen mit anderen sexuellen Neigungen. Allein schon wegen Goh. Nichtsdestotrotz ist Rohan
dein Halbbruder
! Ich kenne zwar nicht alle Umstände, die euch dazu gebracht haben, aber ...«
Josh war wie versteinert und zunächst überhaupt nicht in der Lage, seinem Vater zu antworten. Dann hatte er sich jedoch wieder einigermaßen gefasst und bemühte sich, ruhig zu klingen. »Wer hat dir davon erzählt?«, fragte er zitternd.
Renè seufzte. »Sagen wir so, Rohans Lover hat sich verplappert, als ich zufällig in der Nähe war.«
Josh knirschte mit den Zähnen.
›Riedell, dieser Penner! Er muss es gewesen sein!‹
»Dad, ich ... also … ähm … wie sag ich das jetzt … Das ist nicht so leicht zu erklären oder zu verstehen. Du weißt, wie Mama war und bis heute ist. Ich habe Roi beinahe allein großgezogen und liebe ihn wirklich über alles, das war schon immer so. Ihm geht es da nicht anders, glaube ich. Wir hatten eine komische Zeit ... waren beide einsam. Es ist ... einfach passiert,
verstehst du? Das Ganze war ein Fehler, aber es wird nie wieder passieren!«
Renè hörte seinem Sohn geduldig zu und kam nicht umhin zu bemerken, dass eine gewisse Wehmut in seiner Stimme mitschwang. Er glaubte Josh, fürchtete jedoch, dass dessen Gefühle für seinen Bruder nicht komplett verschwunden waren. Vielmehr hörte es sich so an, als würde sein Sohn sich möglicherweise sein ganzes Leben damit herumquälen.
»Okay Joshua«, seufzte er. »Solche Ausschweifungen
sind in deinem Alter ... na ja, nicht normal
, aber zumindest keine Straftat
. Ihr zeugt schließlich keine Kinder. Solange ihr es nicht wiederholt
, verliere ich kein weiteres Wort über das Thema! ... Belassen wir es dabei.« Josh hörte, wie sich sein Vater über sein Gesicht rieb. »Du hast vorhin geschrieben, du hättest jemanden kennengelernt?«
Josh lachte leicht verzweifelt. »Das wird jetzt ein super Übergang! Ja, ich habe seit kurzem eine Freundin. Dana heißt sie und ich wollte sie dir gerne vorstellen und fragen, wann du denn Zeit hast.«
Renè atmete erleichtert auf. »Oh, das ist aber schön! Warte mal … ähm … wann ich Zeit habe … ah, da ist mein Terminplaner! ... Du weißt ja, dass ich noch einmal geheiratet habe, und … na ja, Isabella, meine Frau, möchte dich ebenfalls furchtbar gerne kennenlernen. Die Mädchen auch! Was hältst du davon, wenn du mit … Dana
? Wenn ihr beide diesen Samstag zu uns nach Hause zu Kaffee und Kuchen kommt? Dann kannst du auch gleich deine Halbschwestern kennenlernen, wenn du willst.«
»Ja! Sehr, sehr gerne!« Josh freute sich über die Einladung, denn sie überwand seine empfundene Scham. Er hatte sich schon seit einer geraumen Weile gefragt, wie die neue
Familie seines Vaters so war. Deshalb sagte er mit Freuden zu. Doch bevor er auflegte, wollte er noch eines von Renè wissen. »Wer war der Typ, der dir das von mir und Rohan erzählt hat? Weißt du einen Namen?«
Renè lachte. »Na ja, so ein großer Kerl mit einer modischen Frisur, die nicht unbedingt seinem Alter entsprach. Mitte vierzig würde ich sagen. Ich hab zwar den Namen vergessen, aber er war recht forsch in seiner Art.«
»Danke Papa, ich weiß schon, wer es war«, quetschte Josh hervor. »Also, wir sehen uns am Samstag!«
»Ja, gut, bis dann. ... Ach so, wenn es dir nicht unangenehm ist, kannst du selbstverständlich auch Rohan mitbringen. Ich hatte das Gefühl, jetzt, wo er weiß, wer ich bin, tat ihm sein schlechtes Benehmen leid, zumindest scheint er sich mir gegenüber gefangen zu haben, und ich würde ihn ungern ausschließen. Nicht, dass er noch denkt, ich nehme dich ihm weg!«
Die Worte seines Vaters gingen Josh sehr nah und ließen ihn dankbar lächeln. »Vielen Dank für dein Verständnis, es wird ihn sicher freuen, dass du ihn trotz allem mit einlädst.«
»Das ist doch selbstverständlich! Also bis bald!«
»Ja, bis bald!«
Sobald Josh aufgelegt hatte, brach all die bis dahin unterdrückte Wut aus ihm heraus. Es konnte
nur Riedell gewesen sein, der so etwas Intimes ausgeplaudert hatte! Josh wusste jedoch, dass Rohan
mit diesem aufgeblasenen Fatzke ausgegangen war und vorhatte, bei ihm zu übernachten, zumindest war er bis jetzt nicht heimgekommen.
Aufgebracht stapfte er durch die Wohnung und malte sich mehrere, überaus grausame Szenarien aus, in denen er Riedells Leben ein Ende setzte. Gerade begann er mit einer neuen Runde durch die Zimmer, da klickte Rohans Schlüssel im Schloss, die Tür wurde geöffnet und hinter seinem Bruder stand der Verräter. Dessen selbstzufriedenes Grinsen hatte die Wirkung eines roten Tuches. Josh stürmte mit großen Schritten auf den Kerl zu, holte aus und versetzte ihm einen Fausthieb mitten ins Gesicht.
Derart überrumpelt, kippte dieser sofort aus den Latschen, und kaum lag er am Boden, stürzte sich Josh auf ihn. Er setzte sich auf dessen Bauch, packte ihn am Kragen und verpasste ihm einen weiteren Schlag. »Du verdammtes Arschloch!
Was fällt dir ein, meinem Vater
von uns
zu erzählen? Du hast doch keine Ahnung
, was hier abgelaufen
ist!«
Josh war auf hundertachtzig und Riedell von dieser Attacke so überrascht, dass er gar nicht dazu kam, sich zu wehren. Auch Rohan brauchte eine Schrecksekunde, bis er mit aller Kraft versuchte, Josh von seinem Liebhaber runter zu zerren.
So
wütend hatte er seinen Bruder noch nie erlebt! Josh konnte durchaus ziemlich sauer werden, aber noch nie war er derartig ausgerastet. Rohan zerrte ihn unter Aufbietung all seiner Kräfte in die Wohnung zurück und brüllte ihn an: »Josh
!!! Beruhige dich bitte!«
Gerade so schaffte er es, zu verhindern, dass sich sein Bruder noch einmal auf Gregor stürzte, doch Josh war außerstande runterzufahren und schrie seinem Dozenten wüste Beleidigungen entgegen.
»Du dämliches Schwein!
Wie konntest du es wagen
, du Arschloch
? Du hast keine Ahnung,
du Wichser
! Keine
!!!« Er schnaubte vor Wut, also packte ihn Rohan schließlich und drückte ihn auf das Sofa. Zwischendurch brüllte er Riedell zu, er solle abhauen, und dieser rappelte sich auch schon fluchend auf und hielt sich die blutende Nase, bevor er, ohne ein lautes Wort zu sagen, die Tür zuknallte und die Treppen hinabstieg. Hätte Rohan nicht
daneben gestanden, wäre er wohl allein seines Stolzes wegen auf Josh losgegangen, doch so riss er sich zusammen und verschwand einfach.
Rohan presste Joshs Hände gegen den weichen Stoff des Sofas und küsste ihn, um ihn endlich zum Schweigen zu bringen. Es dauerte eine Weile, bis Rohans intensiver Zungenkuss seine Wirkung zeigte und Josh runterkam. Trotzdem konnte er ihn nicht loslassen, denn er wäre Riedell garantiert hinterhergestürzt.
»Wo ist er? Wo ist dieser Drecksack?«, begann er auch gleich wieder, als er eine Sekunde Luft hatte, und Mordlust spiegelte sich in seinen Augen.
»Beruhige dich. Bitte! Er ist weg
, okay?«
Joshs Wut wandelte sich in Verzweiflung, und als die erste Träne über seine Wange lief, hätte Rohan am liebsten mitgeheult. Er versuchte ihn, und sich selbst, zu beruhigen, indem er ihn immer wieder küsste: auf die Stirn, die leicht geröteten, tränenfeuchten Wangen und auf die Lider, welche unter seinem Schluchzen ein wenig zitterten. Als er ihn wieder auf den Mund küsste, befreite Josh seine Hände und drückte Rohan so fest an sich, wie er nur konnte. »Es … es tut mir leid, ich wollte nicht -«
Rohan streichelte sein Gesicht und flüsterte ihm beruhigend ins Ohr: »Shhht … ist schon gut! Ich bin dir nicht böse! Er hat es verdient.«
Das brachte Josh zum Lächeln, auch wenn ihm immer noch die Tränen liefen.
Auf einmal klingelte es. Rohan drückte sofort seinen Mund wieder auf Joshs, dann packte er ihn ganz fest und flüsterte: »Falls er es ist, überlass den Rest bitte mir, ja? Bleib du hier liegen, versprich es mir!«
Josh zögerte, er wollte nicht, dass Rohan ihn wieder losließ, denn es war zu lange her, dass er ihn so festgehalten hatte. Doch dann nickte er und sein Bruder lief zur Tür.
Bei seinem Anblick, die Haare zerzaust, seine Schminke verschmiert, riss Dana die Augen auf. »Ich ... ähm ... ich habe lautes Gebrüll bis auf meine Etage gehört ... und Doktor Riedell gesehen ... mit ... blutiger Nase ...?«
Rohan überlegte, sah für einen Moment auf den Boden und trat
schließlich zur Seite. »Geh zu ihm, er braucht dich jetzt.«
Dana zögerte, eilte dann jedoch sofort zu Josh, welcher sich schnell die Tränen aus seinem Gesicht wischte. Sie umarmte ihn fest, doch gegen die Intensität von Rohans Umarmung kam sie nicht an. Josh sah zu seinem Bruder rüber. Der stand im Türrahmen und lächelte bedrückt, dann ging er in sein Zimmer und schloss die Tür, um die beiden alleine zu lassen.
»Was ist passiert?«, fragte Dana besorgt, doch ihr neuer Freund ging gar nicht darauf ein und sah sie nur mit leicht glasigem Blick an.
»Mein … mein Vater hat uns übers Wochenende zu sich eingeladen. Willst du, dass ich dich ihm vorstelle?«
»Äh ... natürlich
!«, quietschte sie völlig überrascht und drückte Josh erneut, der über ihre Schulter hinweg traurig auf die soeben geschlossene Tür starrte.
»Okay. Das ist schön.« Er rappelte sich auf. »Ich hatte gerade eine kleine Auseinandersetzung mit … Herrn Riedell
.« Den Namen würgte er nur so hervor. »Ich muss erst mal wieder runterfahren, ist das in Ordnung für dich?«
Dana gab sich verständnisvoll. »Aber klar doch!«, verabschiedete sie sich, küsste ihn und verschwand aus der WG.
Josh stand vom Sofa auf und ging Rohan hinterher. Als er das Zimmer betrat, fand er seinen Bruder deprimiert auf dem Bett sitzend vor. »Ist Dana schon wieder weg?«, fragte dieser gleich verwundert. »Oder warum kommst du mir nach?«
»Sie ist wieder weg.« Josh setzte sich neben ihn auf die Matratze. »Roi?«
»Hm?«
Ein wenig verlegen betrachtete Josh seine Füße. »Mein Vater hat gefragt, ob du mit mir … und
Dana am Wochenende zu Besuch zu ihm nach Hause kommen möchtest?! Seine Familie kennenlernen und … na ja.« Josh lachte kurz. »Nebenbei kannst du dich mit Kaffee und Kuchen vollstopfen.«
Rohan grinste. »Wundert mich ja, dass er mich jetzt noch einlädt, nachdem er das mit uns beiden weiß.«
Josh nickte. »Ich glaube, er mag dich, obwohl du so ätzend zu ihm warst. Aber er versteht inzwischen deine Gründe. Denke ich zumindest.«
»Hm. Na gut, ich komme mit. Mal sehen, was passiert.« Rohan fuhr sich durch die Haare und Josh hätte ihn am liebsten wieder umarmt, doch er fürchtete, dass er erneut nicht würde aufhören können und weiter ging, als es für sie beide gut war. Darum gab er ihm nur einen zaghaften Kuss auf die Wange.
»Danke! Mir ist wesentlich wohler, wenn du auch mitkommst! Hey ... hast du Hunger? Ich könnte uns ein paar Mitternachtswaffeln machen, wenn du willst.«
»Klar, gute Idee. Aber warum willst du
sie unbedingt machen? Lass mich doch!«
Josh schüttelte lachend den Kopf. »Nee, lass mal. Für deine beschränkten Kochkünste habe ich heute Nacht keine Kraft mehr!«
Daraufhin tat Rohan beleidigt und schleuderte Josh ein Kissen ins Gesicht. »Du bist so fies!«
Der streckte ihm die Zunge raus. »Ich weiß ...«