Handy-Bildschirm von Reed Stewart

Mein lieber Junge, ich muss mich kurz fassen, weil meine Phalaenopsis amabilis gerade bewertet wird. (Und, wenn ich das sagen darf, höchstwahrscheinlich in mehreren Kategorien gewinnen wird. Das ist keine Angeberei von mir, sondern einfach die Wahrheit. Ich weiß nicht, was mit den Orchideenzüchtern von heute los ist. Sie scheinen jeglichen gesunden Menschenverstand verloren zu haben.)

Deine jüngste E-Mail fand ich höchst amüsant. Nicht dass ich kein Mitgefühl für deine missliche Lage hätte – es ist nie angenehm, wenn man mit seinen romantischen Avancen abgewiesen wird.

Die Lösung für dein Problem ist allerdings offensichtlich. Und dennoch kannst du sie scheinbar nicht sehen … oder bist noch nicht bereit dafür.

Lies dir die letzten E-Mails durch, die du mir geschickt hast. Du hast die Lösung selbst niedergeschrieben.

In jungen Jahren sind wir vielleicht zu blind, um zu erkennen, was unser Herz am meisten begehrt, selbst wenn es direkt vor uns liegt. Ich frage mich manchmal, warum das so ist. Ist es fehlgeleiteter Stolz oder der Wunsch, ein aufregenderes Leben zu führen als unsere Eltern und Großeltern?

In deinem Fall glaube ich, dass ein Teil von dir Angst hat, den Weg zu gehen, den das Schicksal für dich bestimmt hat, weil du denkst, dass dieser Weg dich nur an einen dunklen und düsteren Ort führen wird – einen Ort, den du schon viele Male zuvor besucht hast und der dir schon als Kind missfiel.

Allerdings scheint dir nicht bewusst zu sein, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg geht, mit seinen individuellen Biegungen und Wendungen, die ihn an sein eigenes Ziel bringen. Dein Weg muss nicht zwangsläufig an diesen dunklen und düsteren Ort führen, selbst wenn es dir, jedenfalls oberflächlich, so erscheint. Dein Weg kann dich ganz woanders hinführen … an einen besseren Ort, als du dir jemals vorgestellt hast.

Solange du das nicht erkennst, Reed, wirst du immer unglücklich sein und dein endgültiges Ziel niemals erreichen.

Gerade kam der Aufruf, dass die Siegerehrung gleich beginnt. Ich vertraue darauf, dass du die richtige Entscheidung treffen wirst. Schließlich tust du das scheinbar immer, obwohl ich sagen muss, dass du dir verdammt viel Zeit damit lässt. Viel Glück.

Von: Reed Stewart@reedstewart.com

Datum: 17. März 13:25:15

An: Lyle Stewart@FountainHill.org

Betreff: AW: Sie

Lieber Onkel Lyle,

danke für deine E-Mail. Ich bin dir wirklich dankbar dafür.

Aber falls du dachtest, deine Antwort würde für mich hilfreich sein beziehungsweise einen Sinn ergeben, tja, nichts von beidem trifft zu. Ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Welcher Weg? Was für ein düsterer Ort?

Soll das irgend so eine seltsame Jedi-Philosophie sein? Oder was Buddhistisches oder so?

Trotzdem, nochmals danke für deine Mühe.

Ich hoffe wirklich, dass deine Orchidee gewinnt.

Liebe Grüße von deinem Lieblingsneffen

Reed