»Ich bin ratlos, völlig ratlos. Ich habe getan, was ich konnte, aber meine Direktion lehnt es ab, neuerlich ein Auge zuzudrücken.« Die junge Frau hinter ihrem Computer seufzte. Die Mutter des Kindes hatte mehrere Schecks ausgestellt, die nicht eingelöst werden konnten, und unter diesen Umständen könne man ihr keinen neuen Kredit geben. Ob ihr bewusst sei, dass sie knapp vor der Privatinsolvenz stand?
»Ich möchte nicht indiskret sein«, fuhr die Angestellte fort, »aber haben Sie Schritte gegen Ihren Ex-Partner eingeleitet? Ich sage es deshalb …«, sie seufzte, »… weil der Kindsvater Sie unterstützen müsste, also wirklich, in Ihrer Situation können Sie Unterhaltszahlungen von ihm verlangen. Waren Sie schon mal bei einem Rechtsanwalt? Ich kenne da eine Anwältin, sehr effizient, sie hat mir bei meiner Scheidung geholfen, rufen Sie sie an und sagen Sie ihr, dass ich sie empfohlen habe!« Und während die Beraterin die Telefonnummer von einer Visitenkarte abschrieb, fragte sich die Mutter des Kindes, wie lange sie noch Geld abheben konnte und was sie machen sollte, wenn ihr Konto definitiv gesperrt wäre.
Die junge Frau begleitete sie noch bis zum Ausgang, jeder mache mal schwierige Zeiten durch, sie beispielsweise habe ihren Mann wegen seines Alkoholproblems verlassen, es gehe ihr jetzt besser, und sie könne sie nur ermutigen, schnellstens diese Anwältin aufzusuchen. »Man muss es nur wollen«, sagte sie zu ihr, »nur wollen.« Was, das erfuhr die Mutter des Kindes nie. Aber der Geldautomat war immerhin bereit, sechzig Euro für sie auszuspucken, die sie in ihrer Aufregung fast vergessen hätte mitzunehmen.