ALLEINERZIEHENDE MUTTER + ABHAUEN. Sie klickt auf den von Beverly eröffneten Thread.
BEVERLY
Ich habe eine vierjährige Tochter. Kurz nach ihrer Geburt habe ich mich von ihrem Vater getrennt. Ich habe schon zwei Kinder von einem anderen Vater, der sie ab und zu besucht, also wenn es ihm mal wieder in den Kram passt. Aber meine Jüngste macht mir das Leben zur Hölle. Sie ist unerträglich und gehorcht nie. Sie schläft noch immer keine Nacht durch, wacht gegen drei Uhr auf und kreischt und schreit, bis ich in ihr Zimmer komme. Gegen fünf Uhr morgens weckt sie das ganze Haus auf mit ihrem Gebrüll. Wir mussten schon umziehen, weil die Nachbarn es nicht mehr ausgehalten haben (wir wohnten damals in einer Wohnung). Immer wieder flippt sie völlig aus, stampft mit den Füßen, wirft sich auf den Boden. Mittlerweile traue ich mich mit ihr kaum noch aus dem Haus, denn es wird immer zu einem Albtraum: Einkaufen, Spielplatz oder Zoo, immer komme ich total leer, entmutigt und verzweifelt zurück. Auch meine beiden anderen Töchter leiden unter diesem tagtäglichen Stress, denn die Kleine kostet mich mein letztes Fünkchen Kraft. Ich habe als Mutter völlig versagt, es hat keinen Sinn mehr, weiterzumachen.
Ich arbeite als Pflegekraft im Krankenhaus, mit unregelmäßigen Arbeitszeiten, und ohne diese Arbeit, in der ich ein wenig Zeit zum Aufatmen finde, wäre ich schon lange am Ende. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an Selbstmord oder ähnlich radikale Lösungen denke. Und ich sage mir, dass es das Beste wäre, wenn ich verschwinde, bevor ich noch eine Riesendummheit mache. Abhauen, weit weg von hier, aus dieser Hölle, sie einfach im Stich lassen, meine drei Kinder und vor allem die Jüngste, die ich einfach nicht mehr ertrage. Mir ist ziemlich egal, was danach geschieht, ob sich der Vater um seine Tochter kümmert oder das Jugendamt. Sollen sie mich doch in den Knast stecken oder in eine Nervenheilanstalt einweisen, wenigstens hätte ich dann endlich Ruhe und wäre vor allem ALLEIN! Das wahre Gefängnis ist hier, es ist dieses Leben, absolut unerträglich und voller Einschränkungen, ohne Freude, in dem ich mich immer nur um die Kinder kümmern muss. Ich will nicht wie meine Mutter enden, die sich ihr ganzes Leben lang für ihre Familie aufgeopfert hat und nie ein Wort des Dankes zu hören bekam. Ich habe meine Entscheidung getroffen und bin am Monatsende weg. Ich würde zu gern hören, wie es anderen Frauen ergangen ist, die den Mut hatten, es durchzuziehen — welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Ich bräuchte dringend euren Rat, eure Unterstützung …
LILOU_62
Es ist schon spät, aber ich muss unbedingt noch schnell auf Ihren Post antworten, Beverly! Wie können Sie nur solch düstere, dermaßen harte Dinge schreiben? Also wirklich!
Sie sprechen ausschließlich von sich selbst, wie egoistisch! Als wäre Ihre Jüngste für das ganze Elend dieser Welt verantwortlich! Also hören Sie mal, sie ist doch noch ein Kind, ein UNSCHULDIGES Kind! Sie hat nichts verlangt! Vor allem nicht, geboren zu werden! Zu Zeiten, da es die Pille gibt oder Abtreibungen möglich sind, hätte man einfach vorher nachdenken müssen! Dieses Kind ist die Frucht Ihrer Liebe, und dazu MÜSSEN Sie jetzt stehen!
Versuchen Sie, sich wie Millionen Mütter zu verhalten, Alleinstehende, Geschiedene, die den ganzen Tag hart arbeiten und abends nach Hause kommen und sich um ihre Kinder kümmern. Kein einziger »normaler« Mensch kann Ihren Wunsch, die Kinder zu verlassen, gutheißen. Mit der Entscheidung, alles stehen und liegen zu lassen, machen Sie es sich allzu leicht!
So, das musste ich Ihnen sagen, Beverly …
Vergessen Sie nicht, dass Sie hier in einem Forum der Solidarität sind: Hier werden Sie niemals allein sein.
MINIBOUBOU
Das Leben ist so was von ungerecht! Mein Mann und ich versuchen seit Jahren, ein Baby zu bekommen, aber es gelingt uns nicht. Ich wäre so glücklich, wenn ich Mutter werden könnte. Ich kann mir schon vorstellen, dass es nicht so einfach ist, Tag für Tag ein Kind großzuziehen, aber ich sage Ihnen, Beverly: Es ist das Schönste, was das Leben Ihnen schenken konnte. Und das Leben ist heilig.
Das Schicksal ist so was von ungerecht. Sie würden gern wieder wie ein junges Mädchen leben, während andere, wie ich zum Beispiel, nur den einen Traum haben: ganz einfach eine Mutter zu sein.
ESMERALDA
Miniboubou, was du da schreibst, ist total daneben. Was hat Beverlys Verzweiflung über ihre Tochter damit zu tun, dass du Schwierigkeiten hast, schwanger zu werden?
Nun zu Ihnen, Beverly: Wenn alle wie Sie wären, na dann prost, arme Kids! In einer Pflegefamilie oder im Kinderheim aufzuwachsen ist echt hart, ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe es selbst erlebt, und es ist eine Erfahrung, die ich keinem wünsche. Ich will Ihnen keine Schuldgefühle machen, sondern Ihnen nur sagen, dass ich selbst mal ein kleines Mädchen in einem Kinderheim war, das sich nie wirklich davon erholt hat, dass es im Stich gelassen worden ist. Überlegen Sie es sich gut, bevor Sie eine Entscheidung treffen, die für Ihre Familie fatal wäre …
GUGUSSE
Da setzt man ohne nachzudenken Kinder in die Welt, und wenn man merkt, dass es anstrengend ist, macht man sich einfach aus dem Staub? Na klasse!
Genau, lass deine Kleine im Stich und verpiss dich!
Miststück, Rabenmutter! Schlampe!
LILOU_62
Oh Beverly, es tut mir leid für Sie, aber diese Antworten dürfen Sie nicht verschrecken. Es ist bestimmt nicht leicht, ein Kind allein aufzuziehen, aber halten Sie sich immer vor Augen, dass Sie, ja genau Sie, dieses hübsche Prinzesschen gemacht haben. Sie ist gesund, das ist das Wichtigste! Sie kriegen das schon hin, liebe Beverly, diese kleine Krise geht vorbei. Sie müssen nur Ihre Sichtweise ändern: Ein Kind ist keine Last, sondern ein Geschenk des Himmels. Ihr Töchterchen ist doch nicht Ihre Feindin! Bald ist das alles nur noch eine böse Erinnerung, und Sie gehen Hand in Hand mit Ihrer Prinzessin spazieren, wie zwei gute Freundinnen. Sie wissen doch, liebe Beverly, dass die Liebe Berge versetzen kann!
BEVERLY
Als ich mich an dieses Forum wandte, dachte ich, ich würde auf mehr Empathie stoßen, und vor allem auf weniger Verurteilungen. Ich kann mit niemandem in meiner Umgebung darüber reden, weder mit Bekannten noch Nachbarn oder anderen Müttern aus meinem Viertel. Es ist wirklich unglaublich, dass die Gesellschaft uns bis zum Erbrechen immer wieder sagt, es gäbe nichts Schöneres, als ein Kind zu haben, und eine Frau, die diesen Wunsch nicht hat, sei quasi abnormal. Da wird einem ständig vorgeworfen, »das hätte man sich gefälligst vorher überlegen müssen, man hätte ja ein Präservativ benutzen oder zur Not abtreiben können …«
Bevor man ein Kind bekommt, hat man nicht die leiseste Ahnung, was auf einen zukommt. Ist es ein Verbrechen, wenn man dann feststellt, dass man es nicht schafft? Und ist es nicht viel besser für das Kind, wenn es von jemandem erzogen wird, der besser mit ihm zurechtkommt? Wäre meine Tochter dann nicht glücklicher? Ich habe zwei ältere Töchter, vierzehn und sechzehn Jahre alt, denen ich immer wieder sage, sie sollen es sich gut überlegen, ob sie wirklich Mutter werden wollen. Sie sehen Tag für Tag, wie schwer ich mich damit tue und wie ich mich abstrample, und ich kann nur hoffen, dass sie ihre Erfüllung in anderen Dingen finden, in ihrem Frausein oder im Beruf …
TIPANDA
Pech für Sie, Beverly, aber heute Abend bekommen Sie nicht die erhofften Antworten, die Sie ermutigen würden, »es durchzuziehen«, wie Sie es ausdrücken. Sie wollen allein leben, ohne Kinder, und das, obwohl Sie gleich drei haben! Sie weinen der Unbekümmertheit der Jugend nach, aber die liegt weit zurück! Das ist vorbei, hören Sie? VOR-BEI!
LAPERLA
Beruhigen Sie sich wieder, Beverly!
Niemand hier in diesem Forum verurteilt Sie, alle versuchen nur, Ihnen mitzuteilen, was sie selbst als Eltern fühlen, das ist alles!
Was mich bei dem, was Sie schreiben, betroffen macht, ist Folgendes: Wie schafft es ein vierjähriges kleines Mädchen, Sie dermaßen fertigzumachen? Stimmt, es ist kein einfaches Alter, aber mal unter uns: Sie werden sich doch von einer Vierjährigen nicht unterkriegen lassen, oder? Wie erklären Sie sich, dass die Kleine das Klima in der Familie so massiv ruinieren kann? Kann es nicht sein, dass Sie in der Vergangenheit allzu nachlässig in der Erziehung waren? Sie ist Ihre Jüngste, vielleicht haben Sie ihr viel zu viel durchgehen lassen, und jetzt haben Sie den Salat … Sie müssen lernen, auch mal NEIN zu Ihrer Tochter zu sagen. Sie sind die Erwachsene und müssen folglich die Zügel wieder in die Hand nehmen, um die Situation in den Griff zu bekommen. Auch dadurch, dass es ab und zu mal einen Klaps auf den Popo gibt oder eine Ohrfeige. Eine ordentliche Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet (natürlich ohne dass Spuren zurückbleiben). Ich habe meine zwei Kinder allein großgezogen und will jetzt nicht behaupten, dass ich ein Vorbild wäre, aber genau wie Lilou_62 (hallihallo, liebe Lilou_62 :-)) habe ich immer versucht, Herrin im Haus zu bleiben. Gut, manchmal bin ich auch laut geworden, ganz klar, aber ich habe die Regeln erklärt und noch mal erklärt, und notfalls habe ich meine Kinder auch mal geschlagen … Ich gebe zu, es kostet viel Energie, man muss sich ständig selbst infrage stellen — aber das gehört nun mal mit zur Erziehung. Wenn ihr Töchterchen Theater macht oder trotzig und eigensinnig ist, ignorieren Sie es; wenn es schreit, schließen Sie es ins Kinderzimmer ein, und wenn sich die Nachbarn wegen des Gebrülls beschweren, weisen Sie sie in die Schranken, also wirklich! Es ist doch überall das Gleiche: Kindererziehung ohne Geschrei und ohne Wutausbrüche, das gibt’s nicht. Es ist ein täglicher Kampf, seine kleine Familie zusammenzuhalten. Ich glaube, meinen Kindern hat es, auch wenn sie ihren Vater nie kennengelernt haben, nie an Grenzen oder an Regeln gefehlt. Falls Ihre Tochter Konzentrationsstörungen hat oder hyperaktiv ist, holen Sie sich Unterstützung. Lassen Sie sie von einem Kinderpsychologen untersuchen, aber sich unterkriegen lassen von einer Vierjährigen, das geht wirklich nicht, wo kämen wir da hin? Wer hat im Endeffekt die Hosen an? Wer ist der Chef im Haus? Die Kleine oder Sie? Also bitte! Ich hoffe, dass Sie sich meinen Beitrag zu Herzen nehmen, es ist doch wirklich an der Zeit, dass man Ihnen mal Dampf macht! Stopfen Sie sich morgen früh mit Vitaminen voll, füllen Sie Ihr Magnesiumdepot auf, und auf geht’s, nur Mut!
BEVERLY
Mut habe ich keinen mehr.
Jedes Jahr verschwinden hunderte Menschen. Ich tue es nicht aus einer Laune heraus, ich trage mich seit langem mit diesem Gedanken, nur so konnte ich überhaupt bis jetzt durchhalten. Irgendwann werde ich morgens abhauen. Das ist alles. Es ist nur noch eine Frage von Tagen. Ich werde einfach wieder von vorn anfangen, woanders, so weit weg wie möglich. Endlich mal wieder Spaß haben, die Zeit genießen. Und ihr sagt mir, ich müsste dieses Leben weiter ertragen? Mich weiter mit Tranquilizern betäuben?
Väter können auch mal die Verantwortung für ihre Brut übernehmen und diese Schinderei mitmachen, die sie mir die ganzen Jahre über zugemutet haben.
Ich will mich endlich darüber freuen können, eine Frau zu sein, nicht nur Mutter. Die Zeiten, in denen die Frau brav zu Hause blieb und sich um die Kindererziehung kümmerte, sind vorbei. Heute darf eine Frau, wenn sie will, wählen, arbeiten, Sport treiben. Aber in den Köpfen hat sich nichts geändert. Klar bin ich eine Rabenmutter, aber was ist mit dem Vater? Von dem spricht komischerweise keine von euch! Ihm macht man keinen Vorwurf. Er hat seine Tochter seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Monsieur arbeitet im Schichtdienst, Monsieur hat eine Freundin. Monsieur ist sehr beschäftigt. Und ich amüsiere mich damit, mich den ganzen Tag in einem Krankenhaus abzuhetzen. Seit fünfzehn Jahren kümmere ich mich um die beiden Großen, und das mache ich keine weiteren fünfzehn Jahre mit der Kleinen mit. Ich bin über vierzig und habe es so satt, mich aufzuopfern. Dann lieber gleich damit aufhören! Was ist denn mit der Gleichheit von Männern und Frauen? Ich finde, die Männer kommen dabei ganz gut weg. Als es um die Zeugung ging, waren sie gern zur Stelle! Aber wie viele übernehmen letztendlich Verantwortung? Ich hätte in diesem Forum zu gern die Meinung einer Frau gehört, die tatsächlich das Handtuch geworfen hat, die Meinung einer Frau, die sich befreit hat.
ESMERALDA
Warum schreiben Sie in diesem Forum und bitten um Rat, wenn Sie auf niemanden hören wollen? Alle bemühen sich, Ihnen zu helfen, und was machen Sie? Sie bleiben dabei, dass Sie Ihr Kind verlassen wollen, das ist es doch. Wir vergeuden unsere Zeit mit Ihnen. Ich denke vor allem an dieses arme kleine Mädchen … Und Sie, Sie sollten sich am besten schnellstmöglich an einen Psychiater wenden.
BEVERLY
Ein Seelendoktor ändert auch nichts. Wenn die Sitzung vorbei ist, kehrt der in seinen Alltag zurück, und ich ärgere mich weiterhin mit meiner Tochter herum.
Nicht ich brauche einen Psychiater, sondern unsere Gesellschaft, die so schlecht aufgestellt ist, und wenn ich lese, was ihr schreibt, verstehe ich auch, warum.
Eure Worte verletzen mich nicht, weit gefehlt — sie machen mich nur sehr wütend …
ANONYMA
Guten Tag.
Kontaktieren Sie ein Kindererziehungsheim. Dort kann man Ihnen helfen, Ihren Kindern und Ihnen.
PROFIL UNTERDRÜCKT
Es gibt keine Kindererziehungsheime mehr. Für Fälle wie Beverly gibt es aber noch Tierheime.
MODERATOR
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