Sie faltet eine Plastikplane auf dem Küchenboden auseinander. Klebt mehrere Din-A4-große Blätter aneinander.
Das Kind wird ungeduldig.
»Malen, malen!«
»Immer mit der Ruhe, ich hole die Farben.«
Sie drückt etwas rote Gouache-Farbe auf einen Pappteller, der als Palette herhalten muss.
»Nein, Blau! Ich will Blau, Blau, Blau!«
Sie drückt einen Streifen aus der cyanblauen Tube auf einen zweiten Teller.
Das Kind stürzt sich darauf.
»Warte, warte!«
Sie zieht ihm ein altes T-Shirt als eine Art Schutzanzug an und krempelt die Ärmel seines Pyjamas hoch.
»Zieh auch deine Hausschuhe aus!«
Sie reicht ihm den Korb mit dem Handwerkszeug des perfekten kleinen Malers: diverse Pinsel, Schaumstoffroller, Schwämme, Zahnbürsten …
Das Kind nimmt einen Schaumstoffschwamm, der die Form einer Blume hat, taucht ihn in das Blau, dann ins Rot, ins Blau, ins Rot …
»Siehst du, Schatz, jetzt hast du Violett gemacht!«
Das Kind tupft den Schwamm auf die weißen Blätter, dann auf die Plastikfolie, auf seine Füße …
»Bleib auf dem Papier, pass auf, AUF dem Papier!«
Sie steht auf, um etwas Wasser zu holen, ist nur wenige Sekunden weg, und schon hat sich das Kind eines seiner Spielzeuge vorgenommen, das zufällig in der Küche lag, einen Plastikdrachen in diversen Grüntönen.
»Nein!«
Zu spät. Das Kind hat die Figur schon bemalt, zuerst die symmetrisch ausgestreckten Flügel, dann die Pfoten, die Krallen …
»Warum tust du das? Warum streichst du deinen Drachen rosa?«
»Weil er nicht schön war.«
»Oh, das ist clever, man könnte fast an Jeff Koons denken …«
Das Kind schnappt sich ein Playmobilmännchen, das sich absurderweise in seine Nähe gewagt hat.
Gut, noch ein Playmobilmännchen in Fuchsiarot, aber nur eins!
Das Kind gibt sich Mühe. Sie hat es noch nie so konzentriert gesehen.
Sie drückt den restlichen Inhalt der roten und blauen Tuben auf die Pappteller. Sie setzt sich zu ihm. Nimmt ebenfalls einen Pinsel. Bringt Rot auf das weiße Blatt. Zieht die Farbe auseinander, bis sie fast durchsichtig ist. Atmet ein. Nimmt noch etwas Rot, Blau. Atmet ein. Die Hände ins Mauve, ins Fuchsiarot, ins Violett …
Die Spielsachen häufen sich auf der Plastikfolie an, ganz so, wie sie dem Kind in die Hände fallen, ein Zebra aus Plastik, ein kleines Auto … und die Welt wird rosa.
»Nicht Spiderman, ich hatte gesagt: Spiderman NICHT!«