Zweiter Teil

LIEBE

Alice

1

 

Ich brachte es einfach nicht über mich. Ich war schon seit zwei Wochen aus Northumberland zurück, aber noch immer bei Jake, teilte noch immer die Matratze mit ihm, war noch immer seine Freundin. Jeden Morgen beim Aufwachen nahm ich mir vor, endlich mit ihm Schluss zu machen, und jeden Abend beim Zubettgehen hatte ich es wieder nicht geschafft. Die Erkenntnis, dass man das eigene Elend nur beenden konnte, indem man den anderen ins Elend stürzte, war hart, und abgesehen davon scheute ich den Konflikt. Ich hatte schon oft genug gesehen, was passierte, wenn Beziehungen in die Brüche gingen. Es dauerte Monate, den Scherbenhaufen wegzukehren.

Ich konzentrierte mich auf das Schreiben, wie ich es Bo versprochen hatte. Doch es war die reinste Qual. Mir fiel einfach keine richtige Geschichte ein. Alles, was ich zustande brachte, waren Beobachtungen über die Dummheit der Leute, aber das war eher Stoff für Facebook-Statusmeldungen als für einen Roman. Es war schon einige Jahre her, seit ich mir in den Kopf gesetzt hatte, Schriftstellerin zu werden. Irgendjemand hatte mal gesagt, ich gäbe eine gute Dichterin ab; vermutlich aufgrund meines Hangs zu düsteren Obsessionen. Doch vom Gedichteschreiben allein konnte man nicht leben. Nein, ich wollte lieber eine der führenden Autorinnen des einundzwanzigsten Jahrhunderts werden. Ich wollte feinsinnige, bedeutungsschwangere Texte über die Welt und die Menschen in ihr schreiben, und eines Tages würde man mir für meine bahnbrechenden und zukunftsweisenden Erkenntnisse über die Natur des Menschen den Nobelpreis verleihen.

»Schreib einfach, was die Leute lesen wollen«, sagte Jake. »Irgendwas über Sex, einen Mord und eine schöne Frau. Schreib doch über diese Frau, von der du so besessen warst.«

»Welche Frau?«

»Diese Dozentin an der York. Die Shakespeare-Frau.«

»Ich war nicht von ihr besessen. Ich habe sie nur bewundert. Ich war gern mit ihr zusammen.«

»Du hast andauernd von ihr geredet. Und ihr Briefe und so was geschickt.«

»Wahrscheinlich, weil du mir keine geistige Anregung bieten kannst, Jake.«

Das war gemein von mir, doch er lachte nur. »Ja, ich weiß. Ich bin nicht gut genug für eine Frau, die so intelligent ist wie du. Aber im Gegensatz zu dir und deinen Shakespeare liebenden Freunden weiß ich wenigstens, was die Leute lesen wollen.«

Er hatte recht. Ich wollte schließlich einen Bestseller landen.

Ich setzte mich aufs Bett und kritzelte ein paar Ideen in mein Notizbuch: »Kind wird vermisst. Vermutete Entführung. Später stellt sich heraus, dass es die Mutter war. Warum?«

Meine Figuren hatten nie Motive. Das war ein Problem.

Ich ließ meine Gedanken zu Bo wandern. Am Tag nach meiner Rückkehr war ich zum Computerraum der Bücherei spaziert, um ihr eine E-Mail zu schreiben.

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 15. Mai 2015, 11:22

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Hallo

 

Hallo Bo,

bin wieder zurück in Brighton, bei meinem nichtsnutzigen Freund und meiner schäbigen Einzimmerwohnung. Ich vermisse alle aus dem Kurs und wünschte, wir wären noch zusammen. Es war ein Privileg, Sie kennenzulernen, Bo. Ich hoffe, Sie halten mich jetzt nicht für eine Schleimerin, aber ich glaube, Sie haben mein Leben verändert.

Alice

 

Ich las die E-Mail noch einmal durch und verzog das Gesicht. Sie klang total idiotisch. Bo machte nur ihren Job; es war gar nicht ihr Ziel, Leben zu verändern. Ich klickte die E-Mail weg, ohne sie abzusenden. Ich musste Bo hinter mir lassen. Sie war eine berühmte Autorin und längst wieder in ihrer tollen Villa in den Bergen, bei ihrer Familie. Unsere Wege würden sich nie wieder kreuzen. Eine Frau wie sie hatte keinen Grund, mit einer Frau wie mir befreundet zu sein. Und damit wäre das Thema eigentlich durch gewesen.

Wenn sie sich nicht am selben Tag gemeldet hätte. Northumberland war noch keine vierundzwanzig Stunden her. Als ich abends in mein Postfach sah, fand ich eine Nachricht von ihr:

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 15. Mai 2015, 21:43

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Hallo

 

Hallo,

wie geht es Ihnen? Sind Sie wieder wohlbehalten in Brighton gelandet? Ich hoffe, Sie mussten nicht allzu oft umsteigen. Ich bin froh, wieder zu Hause bei meinen Töchtern zu sein, aber hier ist nichts los. Nachdem ich die beiden ins Bett gebracht hatte, ging ich noch eine Runde spazieren. Es war ein herrlicher Abend, die Sonne stand noch warm am Himmel, und ich wanderte Richtung Langdale. Es ist wunderschön dort. Von ganz oben kann man hinunter ins Tal auf den See bei Grasmere schauen, der wie ein glatter blauer Spiegel zwischen den Bergen liegt. Eine eigenartige Stille hing über dem Dorf, wie eine Glasglocke. Als wir damals in den Lake District zogen, hatte ich nach dieser Art von Stille gesucht, aber vorhin erschien sie mir plötzlich erstickend und bedrohlich, als müsste ich aufpassen, nicht von ihr verschlungen zu werden. Kennen Sie dieses Gefühl vielleicht?

Es lag bestimmt nur daran, dass ich die ganze Woche unter Leuten war. Man braucht wohl eine Weile, wieder im Alltag anzukommen, wenn man so viele schöne und anregende Begegnungen hatte.

Wie auch immer, jedenfalls habe ich mich gefreut, Sie kennenzulernen. Ich finde, Sie sind eine sehr talentierte Schriftstellerin. Und ich hoffe, Sie machen weiter.

Melden Sie sich (falls Sie keinen Kontakt halten wollen, sagen Sie es einfach!).

Liebe Grüße

Bo

 

Ich las die E-Mail mehrere Male. Einen Moment lang stieg Panik in mir hoch: Hatte ich die Nachricht mit der Bemerkung, dass Bo mein Leben verändert hatte, etwa doch abgeschickt? Hastig überprüfte ich meinen Gesendet-Ordner. Nein, hatte ich nicht. Gott sei Dank.

Dann las ich Bos Nachricht noch einmal. Sogar ihre E-Mails klangen wie Gedichte. Das war die schönste Nachricht, die ich je bekommen hatte. Aber sie klang auch traurig und einsam. Ihren Mann hatte sie gar nicht erwähnt, nur ihre Töchter, und statt mit ihrem Göttergatten bei einer gepflegten Flasche Wein zusammenzusitzen, wie es sich für ein gut situiertes Ehepaar gehörte, wanderte sie allein durch die Berge und schrieb mir anschließend eine Mail.

Auf einmal erschien sie mir wie eine tragische, geheimnisumwitterte Brontë-Heldin, die einsam durch die Berge zog und wartete, immerzu wartete.

* * *

Ich saß auf der Matratze und machte halbherzig Notizen für einen Roman, als Jake seine Absicht verkündete, feiern zu gehen.

»Es ist Sonntagnachmittag, Jake«, sagte ich.

»Na und? Gestern Abend meinte jemand, dass heute in Hove den ganzen Tag über Party ist. Seit heute Morgen um acht.«

Er meinte natürlich keine Grillparty, wo die Leute im Freien auf einer Wiese saßen und Prosecco tranken, sondern eine, die drinnen stattfand, bei geschlossenen Fenstern und zugezogenen Vorhängen. Es ging nämlich darum, die Sonne auszusperren, aus Protest gegen die ätzende Gewohnheit der Gesellschaft, sich das Leben von Tageslicht und Uhrzeit diktieren zu lassen. Dazu gab es stundenlang dröhnende Musik in stickiger, von Hitze, Schweiß und Zigarettenqualm geschwängerter Luft.

»Kommst du mit?«, fragte Jake.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich muss arbeiten.«

Ich sah ihm nach, als er rausging. Er trug dieselbe Hose wie am Tag zuvor; sie war voller Bier- und Tabakflecken. Sein Anblick widerte mich an. Er würde nie ein berühmter Maler werden. Ich konnte nicht fassen, dass ich mir so lange etwas vorgemacht hatte. Er war so überzeugt davon, es zu schaffen, dass ich ihm einfach geglaubt hatte. Alles nur Illusion. Er war wirklich ein Nichtsnutz.

Ich packte meine Sachen und ging. Wenn er zurückkam, wollte ich nicht mehr da sein.

* * *

Auf dem Weg zu meiner Wohnung legte ich einen Zwischenstopp im Internetcafé ein, um nach meinen E-Mails zu sehen. Der Kurs war nun schon zwei Wochen her, aber Bo und ich hatten die Gewohnheit entwickelt, uns täglich eine Nachricht zu schicken. Nichts Besonderes, aber ich freute mich immer und konnte es inzwischen kaum erwarten, von ihr zu hören.

Diesmal gab es allerdings keine E-Mail von ihr. Dafür hatte sie ihren Facebook-Status aktualisiert:

»Die Frau an der Clinique-Theke hat mich doch tatsächlich dazu überredet, High Impact Curling Mascara zu kaufen. Sie meinte, das Zeug würde meine Wimpern zum Wachsen anregen. Natürlich bekam ich sofort Gewissensbisse. Ich war so mit meinem Buch beschäftigt, dass ich völlig vergessen habe, mich um meine Wimpern zu kümmern! Wie konnte ich sie nur dermaßen vernachlässigen.«

Ich klickte auf »Gefällt mir« und hinterließ folgenden Kommentar:

»Nur keine Panik. Der Wunsch zu wachsen muss von den Wimpern selbst kommen; man kann sie nicht zwingen. Aber man kann sie motivieren. Ich empfehle Augenbrauen und die Kunst des sarkastischen Hochziehens, den absoluten Klassiker zum Thema Gesichtshaar-Motivation.«

Das war natürlich total albern, aber ich fühlte mich direkt besser. Als ich das Internetcafé verließ, dachte ich: Ob ich Bo wohl je wiedersehe?

* * *

Eigentlich war ich diejenige, die Jake verlassen hatte, aber nach drei Tagen kam es mir eher so vor, als hätte er mich verlassen. Egal, zwischen uns war es aus.

Wahrscheinlich wäre ich viel frustrierter gewesen, wenn ich nicht überraschend Post von einem Anwalt bekommen hätte, der mich darüber informierte, dass meine Mutter mir 5000 Pfund vererbt hatte. Das war eine Menge Geld – plötzlich stand mir die Welt offen.

Es kam mir gar nicht in den Sinn, das Erbe abzulehnen. Meine Mutter war schon lange für mich gestorben, eine Versöhnung war nie infrage gekommen, auch nicht, als sie todkrank gewesen war, aber deswegen brauchte ich ja nicht auf das Geld zu verzichten. Im Gegenteil: Für mich war es Schmerzensgeld, für all das Leid, das sie mir zugefügt hatte.

Ich unterschrieb das Formular, das mir der Anwalt geschickt hatte, damit er mir das Geld überweisen konnte, und brachte es zur Post. Auf dem Rückweg machte ich kurz im Computerraum der Bücherei halt, um Bo davon zu berichten. In meinem E-Mail-Postfach wartete schon eine Nachricht von ihr.

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 13. Juni 2015, 10:43

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Hallo

 

Hallo Alice,

ich musste gerade an Sie denken und habe mich gefragt, wie es Ihnen wohl geht. Mir graut heute vor der Arbeit. Demnächst soll ich einem renommierten Wissenschaftler ein Interview über Dorothy Wordsworth geben. Hätte ich doch bloß nicht zugesagt. Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, Alice: Vermeiden Sie Interviews mit Wissenschaftlern. Das kann nur nach hinten losgehen.

Was gibt’s Neues bei Ihnen? Schicken Sie mir Ihre neuesten Texte. Ich würde mich freuen, sie zu lesen!

Alles Liebe

Bo

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 15. Juni 2015, 13:32

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Hallo

 

Sie haben es doch gar nicht mehr nötig, die Erwartungen anderer Leute zu erfüllen. Wenn ich so berühmt wäre wie Sie, würde ich nur noch das tun, wozu ich Lust habe. Und diesem Wissenschaftler würde ich sagen, er kann mich mal kreuzweise. (Wobei: Verstehen Wissenschaftler Umgangssprache überhaupt? LOL)

Hier ist alles bestens. Jake ist seit drei Tagen verschollen. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, ihn als vermisst zu melden, aber wenn man ihn findet, habe ich ihn wieder an der Backe. Manchmal kann es ja ganz praktisch sein, wenn der Partner verschwindet, oder? Dann kann man es sich sparen, ihn zu verlassen.

Und es gibt noch eine gute Neuigkeit: Ein Anwalt hat mir geschrieben, dass meine Mutter mir 5000 Pfund hinterlassen hat. Ich habe mir sofort Mascara gekauft. High Impact Curling Mascara natürlich, Sie hatten sie ja auf Facebook erwähnt. Dann brauche ich nur noch mit den Wimpern zu klimpern, und alle Verlage reißen sich um mich. Die Mascara hat 17,50 Pfund gekostet. So viel habe ich noch nie für Make-up ausgegeben. Jetzt habe ich noch 4.982,50 Pfund übrig. Mir ist ganz schwindlig vor lauter Reichtum. Ich glaube, als Nächstes kaufe ich ein Stück Regenwald und rette unseren Planeten.

Ich höre jetzt besser auf. Hoffentlich taucht Jake nicht auf. Hoffentlich ist er hackedicht ins Meer gestürzt und wird von der Strömung nach Frankreich getrieben. Bitte verzeihen Sie, dass ich so gemein bin. Sie dürfen mich natürlich dafür verabscheuen, obwohl ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass man wirklich von keiner normalen Frau erwarten kann, mit einem Typen zusammenzubleiben, der Acid nimmt und sich dann vollscheißt. Ich kenne eine Menge Leute, die Acid nehmen, aber so was ist noch keinem passiert.

Liebe Grüße

Alice

 

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 16. Juni 2015, 09:43

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Re: Hallo

 

Alice, ich kann nur hoffen, Sie haben nicht Ihr ganzes Geld für ein Stück Regenwald ausgegeben. Für diesen Planeten sind Sie nicht verantwortlich, und ihn zu retten würde auch weitaus mehr als 5000 Pfund kosten. Behalten Sie das Geld besser. Davon können Sie höchstens ein paar Yuccapalmen kaufen, aber das hilft dem Planeten auch nicht.

Ich sitze in meinem Arbeitszimmer, aber ich habe nicht die geringste Lust zu arbeiten, also schreibe ich Ihnen stattdessen diese E-Mail. Ihr Ratschlag hat mir gefallen. Vielleicht werde ich dem Akademiker tatsächlich mitteilen, dass er mich mal kreuzweise kann. Aber ich glaube, aus Ihrem Mund würde es viel überzeugender klingen.

Ist Jake inzwischen wiederaufgetaucht? Haben Sie schon überlegt, was Sie dann tun?

Alles Liebe

Bo

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 16. Juni 2015, 11:45

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Hallo

 

Nein. Er ist noch immer verschwunden.

 

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 17. Juni 2015, 16:24

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Re: Hallo

 

Was machen Sie, wenn er heimkommt?

Wollen wir uns nicht im Messenger schreiben?

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 17. Juni 2015, 16:26

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Hallo

 

Gute Idee. Ich bin gerade an einem Büchereicomputer, aber die schmeißen mich gleich raus.

 

Bo Luxton

Also?

 

Alice Dark

Wenn er wiederauftaucht, mache ich gar nichts.

 

Bo Luxton

???

 

Alice Dark

Ich schaff es einfach nicht. Ich bin zu schwach. Ich werde mit ihm zusammenbleiben, bis er tot umfällt. Aber das dauert bestimmt nicht lange.

 

Bo Luxton

NEIN! Tun Sie sich das nicht an! Sie haben doch jetzt Geld. Es gibt einen Ausweg!

 

Alice Dark

Okay, ich schick ihm ne SMS.

»Hallo Jake, du armer Schlucker!

Als ich auch noch pleite war, fand ich dich ja ganz süß, aber jetzt hab ich Kohle und was Besseres verdient, und deshalb heirate ich Ben, den reichen alten Knacker.«

 

Bo Luxton

Ein Brief wäre vielleicht angebrachter. Ben würde ich an Ihrer Stelle aber nicht erwähnen (obwohl er Sie bestimmt sofort nehmen würde).

 

Alice Dark

Mal sehen. Vielleicht taucht er ja wirklich nicht mehr auf. Muss jetzt los. Bibliothekarin wirft mir finstere Blicke zu, weil ein wertvolleres Mitglied der Gesellschaft den Computer für seriösere Zwecke verwenden will. Wahrscheinlich Jobsuche. Sollte ich auch mal machen.

P.S.: Glauben Sie wirklich, dass Ben mich nehmen würde?

 

Bo Luxton

Ganz bestimmt.

Seine Frau wäre darüber aber wohl nicht sehr erfreut.

 

Alice Dark

Muss jetzt los. Bis bald.

 

Bo Luxton

Bis bald, meine Liebe. xxxx

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 19. Juni 2015, 13:17

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Alles in Ordnung, Schatz? (fragte sie besorgt und reichte ihr einen Tee)

 

Sie haben sich gar nicht mehr gemeldet. Geht es Ihnen gut? Ist Jake wieder da? Ich freue mich auf ein Lebenszeichen!

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 19. Juni 2015, 14:53

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Alles in Ordnung, Schatz? (fragte sie besorgt und reichte ihr einen Tee)

 

Jake ist wiederaufgetaucht. Er war in irgendeinem Club. (Ich gehe nicht mehr in Clubs, hab immer nur so getan, als ob es mir Spaß macht. Ich war froh, als ich mit fünfundzwanzig verkünden konnte, dass ich zu alt für diesen Scheiß bin.)

Dort warf er sich alle möglichen Drogen ein, traf irgendwelche Typen und hat dann fünf Tage lang mit ihnen gefeiert. Muss ein Supertrip gewesen sein. Auf so was fährt er voll ab, im Gegensatz zu mir, deshalb hat er mich auch nicht gefragt, ob ich mitkomme.

So sieht’s aus. Er ist leider nicht ins Meer gefallen und nach Frankreich getrieben. Ich wohne ab jetzt in meiner Einzimmerwohnung. Das reinste Loch, total deprimierend. Aber hier kommt er garantiert nicht hin. Also werden wir uns einfach nicht mehr sehen.

 

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 20. Juni 2015, 08:16

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Nur nichts überstürzen

 

Ihre letzte Nachricht klang reichlich deprimiert. Nehmen Sie sich Zeit. Gewöhnen Sie sich erst einmal in Ruhe an die neue Situation. Und vergessen Sie nicht, dass Sie jetzt 5000 Pfund besitzen (minus Mascara-Investition). Das Geld könnten Sie dazu verwenden, sich eine schönere Bleibe zu suchen, vielleicht ein WG-Zimmer bei Leuten, die mehr auf Ihrer Wellenlänge liegen? Sie sind viel zu gesellig, um allein zu leben. Kein Wunder, dass Ihnen die Decke auf den Kopf fällt.

Falls Sie Abstand von Brighton und Jake brauchen, können Sie uns gern besuchen. Die Mädels würden sich jedenfalls freuen (ich habe den beiden von Ihnen erzählt, und sie waren ganz begeistert davon, dass Sie pinkfarbene Stiefel tragen). Und Gus wollte wissen, ob Sie gut aussehen (natürlich habe ich Ja gesagt). Er würde Sie auch gern kennenlernen. (Keine Sorge, er ist nur ein alter Knacker.)

Soweit ich mich erinnere, haben Sie kein Auto, aber wenn Sie hierherkommen möchten, können Sie den Zug bis Carlisle oder Oxenholme nehmen (je nachdem, was am praktischsten für Sie ist), und dann hole ich Sie ab. Bleiben Sie eine Woche. Ich kann Ihnen nichts Aufregendes versprechen; mein Alltag beschränkt sich darauf, mich um die Mädchen zu kümmern und mein nächstes Buch zu schreiben, aber es wäre nett, wenn Sie hierherkämen. Der Lake District wird Ihnen bestimmt gefallen.

Alles Liebe

Bo xxxx

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 20. Juni 2015, 12:37

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Liebste Bo,

haben Sie mich tatsächlich eingeladen, Sie in Ihrem Haus im Lake District zu besuchen, oder haben Sie sich vertippt?

 

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 20. Juni 2015, 12:38

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Ich habe Sie tatsächlich eingeladen.

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 20. Juni 2015, 12:40

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Dann würde ich sehr gern kommen, wenn es okay ist. Wann würde es Ihnen denn passen?

 

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 20. Juni 2015, 12:42

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Wir sind die ganze Zeit hier. Kommen Sie, wann immer Sie wollen. Gern schon morgen.

 

 

 

Von: AlicetheEighth@gmail.com

Datum: 20. Juni 2015, 12:44

An: Bo@BoLuxton.co.uk

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Morgen ist Sonntag, da gibt’s immer Chaos bei der Bahn. Wie wär’s mit Dienstag? (Sind Sie wirklich sicher?)

 

 

Von: Bo@BoLuxton.co.uk

Datum: 20. Juni 2015, 12:46

An: AlicetheEighth@gmail.com

Betreff: Re: Nur nichts überstürzen

 

Dienstag passt hervorragend. Ja, ich bin wirklich sicher. Bis dann. Hurra! Ich kann es kaum erwarten!