Alice
Meine Augen bewegten sich langsam. Die Lider waren schwer, sie klebten zusammen, öffneten sich nur einen Spalt.
Eine Stimme sagte: »Alice? Alice, mein Schatz, kannst du mich hören?«
Sie klang warm und vertraut. So sanft und besorgt. Ich dachte, es wäre meine Mutter, aber zugleich wusste ich, dass das unmöglich sein konnte.
Die Person kühlte mein Gesicht mit Wasser.
»Du bist sehr schwer verletzt worden, Alice, aber jetzt bist du in Sicherheit. Ich bin bei dir. Ich kümmere mich um dich. Wir bringen dich ins Krankenhaus. Alles wird gut. Glaub mir. Alles wird gut.«
Mein Gesicht war völlig zerschunden. Die Augen blutunterlaufen und geschwollen, die Wangen aufgeschürft, die Lippen aufgeplatzt, ein Schneidezahn abgebrochen.
»Was ist denn mit mir passiert?«, flüsterte ich.
Eine Stimme antwortete. Ich erkannte sie wieder. Es war Bos Stimme.
»Ein junger Mann hat das getan. Aber mach dir keine Sorgen. Die Wunden werden wieder heilen. Du bist noch immer schön.«
Ich ließ mich zurück ins Kissen sinken und schloss die Augen.
Ich hatte keine Ahnung, was los war.
Zuerst kehrten die Gefühle zurück: Anspannung, Liebeskummer, Angst. Es war so ähnlich wie damals in Brighton, als ich oft schamerfüllt mit einem grässlichen Kater aufgewacht war, ohne die geringste Ahnung, warum ich mich so schämte. Ich hatte dann Stunden damit verbracht, die vorangegangenen Ereignisse wie Puzzleteile zusammenzufügen, um herauszufinden, was ich möglicherweise verbrochen hatte.
Nun spürte ich beim Aufwachen ein gebrochenes Herz und eine undefinierbare Angst. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah die wunderschöne Frau neben mir. Ich wusste nur, dass sie Bo hieß, dass ich sie geliebt hatte und dass etwas Schreckliches zwischen uns vorgefallen war.
Ich griff nach Bos Hand. »Danke, dass du hier bist«, flüsterte ich.
»Woran erinnerst du dich, Alice?«, fragte Bo.
»Ich erinnere mich an dich«, sagte ich.
Ich erinnerte mich tatsächlich an sie. Ich sah sie ganz deutlich vor mir. Bo. Die wunderschöne, wunderbare Bo.
Und nun war sie zu mir zurückgekehrt und umsorgte mich so liebevoll und zärtlich wie eine Mutter.
Ja, natürlich erinnerte ich mich an sie.
Ich schloss die Augen und schlief wieder ein.
Als ich erneut aufwachte, war Bo immer noch da und schaute mich an. Ihr Blick war besorgt. Sie hatte Tränen in den Augen.
»Wir haben uns gestritten«, sagte ich.
Bo nickte. »Ja, das stimmt. Aber jetzt ist alles wieder gut.«
Doch das stimmte nicht. Als wir uns gestritten hatten, hatte die Erde gebebt, und alles Leben auf ihr war vernichtet worden.
»Du kannst ruhig nach Hause gehen«, sagte ich. »Du brauchst nicht zu bleiben.«
»Aber ich möchte gern bleiben«, sagte Bo. »Meine geliebte Alice. Du hast so viel durchgemacht.«
Ja, dachte ich. Und das habe ich alles dir zu verdanken.