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Alice

Ich stand vor dem Krankenhaus und wartete auf mein Taxi zum Bahnhof. Ich sah noch immer furchtbar aus, aber nicht mehr ganz so schlimm. Sie hatten meine Zähne gerichtet, und die Schwellungen an den Augen und am Mund waren verschwunden. Die Blutergüsse allerdings waren noch da. Ich sah aus, als wäre ich in eine Schlägerei geraten, und es fühlte sich seltsam erniedrigend an, sich so in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Aber ich lebte noch. Und es ging mir sogar recht gut.

Am Morgen hatte ich meinen Rucksack ausgeschüttet, Bos Romane genommen und angefangen, sie zu zerreißen. Anfangs genoss ich es, doch als der therapeutische Effekt nachließ, wurde es mir zu mühselig. Stattdessen warf ich ein Buch nach dem anderen in den Abfalleimer. Jedes Mal, wenn eines davon auf dem Eimerboden landete, gab es einen dumpfen Knall. Ein befriedigendes Geräusch. Als würde Bos Kopf gegen die Wand schlagen.

Am Tag zuvor hatte man sie festgenommen, doch sie war gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Nun musste ich nur noch auf den Prozess warten.

»Sie wird sich bestimmt einen guten Anwalt besorgen«, sagte der Polizeibeamte, »aber die Beweislage ist klar. Sie wird dafür ins Gefängnis kommen.«

Ich nickte. Eigentlich hatte ich erwartet, Genugtuung zu empfinden, doch so war es nicht.

Inzwischen hatte ich mich wieder so weit beruhigt, dass ich kaum noch Wut verspürte. Wahrscheinlich war ich so erschöpft, dass ich einfach keine Energie mehr hatte, überhaupt etwas zu fühlen. Und was Bo betraf, hatte ich inzwischen eingesehen, dass sie verrückt war. Eigentlich gab es keinen Grund dafür, dass es mir gut ging.

Vielleicht lag es an der Aussicht, endlich Abstand zu Bo zu bekommen. Ich war wieder Herrin meiner Sinne und dabei, mich auf den Weg zu machen und nach vorn zu schauen. Ich hatte erkannt, wer Bo Luxton wirklich war: eine grausame, manipulative, zutiefst gestörte Frau. Und ich wollte sie nie wiedersehen.

»Du darfst kein Mitleid mit ihr haben«, hatte Anna mich gewarnt. »Sie verdient kein Mitleid.« Und mir war klar geworden, dass sie recht hatte. Es spielte keine Rolle, warum Bo so geworden war. Fakt war: So war sie, sie war böse, und ich musste fort.

Das Taxi kam an und blieb vor mir stehen. Ich nahm meinen Rucksack und stieg ein.