Die meisten kennen Rote Bete als Essiggemüse im Glas – ohne es unbedingt zu lieben. Früher war das Einlegen in saurem Sud gängiges Mittel, um Mikroorganismen und Keime unschädlich zu machen. Im Gegensatz zum intensiven Säurebad, das zwar lange haltbar macht, den Geschmack des Eingelegten aber völlig überlagert, spielt unser Pickle-Rezept mit vielschichtiger Säure: Zur Oxalsäure, die Roter Bete ihre spezifische, spitze Säure verleiht, gesellt sich in den Äpfeln enthaltene frische Zitronen- und Apfelsäure mit einem Spritzer intensiver Essigsäure. Ein Säure-Supergau? Im Gegenteil, erstaunlicherweise addiert sich Säure geschmacklich nämlich nicht. Aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften verhindert z. B. Zitronensäure vielmehr die volle geschmackliche Entfaltung der Oxalsäure und auch das Gefühl der »stumpfen« Zähne wird gemildert.
Zucker ist neben Essig die zweite wesentliche Zutat Roter Bete aus dem Glas: süß-sauer eben. Wir mögen’s feiner: keinen Haushaltszucker, dafür Apfel, dessen Fruchtzucker und natürliche Säuren sich nicht wie der Essigwürzsud als kompakter Geschmacksteppich um alles hüllen, sondern nur punktuell auftauchen – immer gut für eine fruchtig-frische Süß-Sauer-Überraschung, wenn man auf eine Scheibe Apfel beißt. Hier hat jedes Exemplar eine weite Variationsbreite, was den Süß-Sauer-Kontrast angeht: Je unreifer bzw. auch je »grüner« die jeweilige Apfelsorte ist, desto mehr Säure enthält sie. Die Säure nimmt bei reiferen und süßeren Sorten zugunsten von Zucker ab. Zum Süß-Sauer-Fest fehlt noch ein wenig Schärfe: Die Senföle im Meerrettich sorgen für den besonderen trigeminalen Reiz, ein kleines, pikendes Kitzeln in Mund und Nase, das prima zu prickelnder Säure passt.
Schoko-Experiment 2: Rohe Rote Bete mit einem Stück Zartbitterschokolade zerkauen und das Aromenzusammenspiel von Frische und Oxalsäure der Bete mit Schmelz und Süße der Schokolade schmecken. Überzeugt? Dann den nächsten Brownieteig mit geraspelter Roter Bete anreichern!