Für ein nachhaltig gutes Zusammenleben bedarf es klarer Regeln, die den Bedürfnissen aller Rechnung tragen. Anders gesagt: Die Katze muss genauso gebändigt werden, wie sie uns bändigt. Bei einigen Dingen stehen wir allerdings auf verlorenem Posten. Katzen sind nicht der Verhandlungstyp. Sie sind eher wie Eltern vom alten Schlag, die einem erklären: »Das ist mein Haus, hier habe ich das Sagen. Entweder du passt dich an, oder da ist die Tür.«
Aber ist es wirklich unmöglich, Katzen zu erziehen? Ich finde, mit der richtigen Methode lassen sich gute Erfolge erzielen, einige Grundregeln einführen, die auch eingehalten werden, und sogar Gepflogenheiten, die für eine Katze unüblich sind.
WIR MÜSSEN NUR VERSTEHEN, WAS IHR WICHTIG IST UND WAS UNS WICHTIG IST, UND EIN GLEICHGEWICHT FINDEN.
Mimas und Rea sind der Beweis dafür. Okay, ich gebe zu, in manchen Fällen haben sie mich anfangs angeguckt, als ob ich irre wäre. Aber dann haben sie es ausprobiert und oft sogar spannend gefunden. Dinge wie das Kratzen am Sofa, das Katzenklo oder meine Abwesenheit, wenn ich verreise, sind jetzt kein Thema mehr: Wir haben uns geeinigt. Dann haben wir weiter experimentiert und mit Erfolg Gewohnheiten etabliert, die vielen Katzenfreunden wie Science-Fiction vorkommen mögen, wie etwa das Baden in der Wanne oder das Spazierengehen an der Leine. Und ja, ich habe es lebend überstanden.
Einige Leute, die die Videos in den sozialen Medien sahen, schrieben mir, ich würde meine Katzen nicht respektieren, sie quälen. Ich bin da anderer Meinung: Mimas und Rea zeigen in solchen Situationen nicht die geringsten Anzeichen von Stress, im Gegenteil, sie genießen es. Ich achte sehr auf ihre Bedürfnisse, und wenn ich auch nur einen Anflug von Abneigung bemerkt hätte, hätte ich sofort damit aufgehört.
Es stimmt schon, Katzen mögen es beschaulich, aber ein gewisses Maß an Neuem in ihrer Routine schätzen sie durchaus, weil es ihre natürliche Neugier und ihren Forschergeist und Jagdinstinkt befriedigt. Der Trick dabei ist, jede Veränderung Schritt für Schritt einzuführen, ohne Eile und ohne Zwang, und immer auf ihre Reaktionen und etwaige Anzeichen von Unbehagen zu achten. Ihr müsst herausfinden, wie weit ihr mit eurer Mieze gehen könnt: Dies impliziert eine gewisse Experimentierfreude und gegenseitige Lernbereitschaft, was eure Beziehung nur stärken kann.
Um eines bitte ich euch: Vergesst eure vorgefassten Meinungen darüber, was die Katze – verstanden als absolutes und universelles Wesen – zu tun oder nicht zu tun hat. Nach meinem Dafürhalten ist die Katze ein Tier, das sich an das Zusammenleben mit uns anzupassen weiß und bereit ist, uns entgegenzukommen. Schließlich hat sie ihre Anpassungsfähigkeit schon dadurch bewiesen, dass sie sich an eine Wohnung in der Stadt gewöhnt hat – sie, die geboren wurde als Geschöpf der Wüste und unendlichen Weiten.
Wenn ihr die Möglichkeit habt, solltet ihr schon im Welpenalter mit der Sozialisierung beginnen, über die wir im vorherigen Kapitel gesprochen haben. Die Katze richtig zu sozialisieren, heißt nicht nur, sie an den Kontakt mit anderen Lebewesen – ob Menschen, Katzen oder Hunde – zu gewöhnen. Es geht auch darum, sie verschiedene Erfahrungen in unterschiedlichen Situationen ausprobieren zu lassen, damit sie weniger ängstlich ist, wenn sie in Zukunft mit etwas Neuem konfrontiert wird. Um eine ausgewachsene Katze zu sozialisieren, müsst ihr euch klarerweise mehr ins Zeug legen: Vieles wird nicht auf Anhieb klappen, aber die Chancen stehen nicht schlecht. Anfangs wird sie vielleicht fauchen, aber wenn ihr den richtigen Dreh heraushabt, legt sich das schnell.
Wer ein gutes Miteinander erreichen will, darf nicht improvisieren, sonst klappt es nie. Erfolgreich wird sein, wer einige goldene Regeln beachtet. Die wichtigste: Respektiert das Tempo der Katze. Zwingt sie nie zu etwas, wenn sie nicht überzeugt ist. Wappnet euch mit Geduld, lasst ihr freie Wahl und wartet, bis sie den ersten Schritt macht. Wenn die Katze in den ersten Tagen bei euch unterm Bett bleibt und nicht herauskommt, lasst sie in Ruhe. Versucht keinesfalls, sie herauszuziehen und hochzuheben, wenn ihr nicht mit einem zerkratzten Gesicht enden wollt: Sie hat Angst, weil sie das Umfeld nicht kennt und Feinde fürchtet.
Versucht es allenfalls mit positiver Verstärkung: Gebt ihr jedes Mal, wenn sie in eure Nähe kommt, ein paar Belohnungsleckerchen (ihr seht schon, es geht immer ums Futter). Es wird nicht lange dauern, bis sie das Näherkommen mit einer für sie positiven Konsequenz assoziiert.
Wenn auch das nicht hilft, dann tut einfach mal so, als ob sie gar nicht da wäre, und schneller als ihr denkt, werdet ihr sie in der klassischen geduckten Position einer Jägerin durch die Räume schleichen sehen. Dann dauert es nicht mehr lange, bis sie die Miete festlegt und ihr geliefert seid (und auch noch glücklich darüber).
Als ich Mimas und Rea auf die Fähre mitnahm, stellte ich, nachdem ich meinem Sitzplatz gefunden hatte, die Boxen zu meinen Füßen ab und öffnete sie – ohne sie zu drängen herauszukommen: Ich ließ ihnen die freie Wahl, ob und wann sie es wagen wollten. Für mich ist das eine Frage des Respekts. Und da ich sie respektiere, respektieren sie mich und meine Regeln. Sie klettern zum Beispiel nicht auf den Tisch, während ich esse, weil sie wissen, dass sie das nicht dürfen. Aber Mimas, der Sanftmütige, will neben mir auf einem eigenen Stuhl sitzen.
VERSUCHT IMMER, RUHIG ZU BLEIBEN, WENN IHR EINE NEUE GEWOHNHEIT EINFÜHRT.
Werdet nicht nervös, sonst denkt die Katze, dass es tatsächlich Grund zur Sorge gibt. Katzen sind sehr sensibel für unsere Stimmungen: Sie nehmen sie durch unseren Geruch und den Tonfall unserer Stimme wahr. Aber ich bin geneigt zu glauben, dass sie auch unsere Körpersprache lesen können, so wie wir die ihre kennen, zumindest in groben Zügen. Vor einiger Zeit habe ich Mimas und Rea mit in den Urlaub genommen. Wir hatten ein Apartment mit Garten, in dem ich sie problemlos frei laufen lassen konnte, was sie auch taten. Bis ich herausfand, dass Rea, die eher klein gewachsen ist, durch den Gartenzaun auf ein anderes Grundstück spazierte. Ich wurde unruhig und merkte, dass sie das ganz genau spürte. Von da an wurden auch sie und Mimas vorsichtiger und blieben die meiste Zeit im Apartment. In den Garten gingen sie nur noch ab und zu.
Gewaltmethoden sind tabu. Wenn die Katze nicht tut, was ihr wollt, bringt es nichts, sie anzuschreien: Damit erreicht ihr höchstens, dass sie erschrickt und vor euch wegrennt. Ein absolutes No-Go ist, sie zu schlagen. Ihr würdet sie derart einschüchtern, dass sie sich nie und nimmer kooperativ zeigen würde. Bestenfalls. Schlimmstenfalls wird sie aggressiv und könnte euch das Leben zur Hölle machen. Eine Katze im ständigen Angriffsmodus ist Hardcore.
Vergesst auch die alte Methode, ihr zur Strafe Wasser auf die Schnauze zu sprühen: Damit beleidigt ihr sie zu Tode (Katzen sind übrigens sehr nachtragend!) und macht sie ein für alle Mal wasserscheu.
Um ihr zu verdeutlichen, dass sie Mist gebaut hat, genügt ein klares Nein, ohne laut zu werden. Sie muss verstehen, dass sie sich danebenbenommen hat. Aber wenn ihr so weit geht, ihr Angst einzuflößen, ruiniert ihr eure Beziehung. Erziehung funktioniert bei Katzen nur, wenn ihr ganz langsam und schön Schritt für Schritt vorgeht.
Bei Mimas und Rea greife ich oft zu ätherischen Ölen: Um sie davon abzuhalten, ihre Krallen am Sofa zu wetzen, sprühe ich es mit Zitrusöl ein. Das mögen sie gar nicht. Zur Entspannung und um ihnen zu signalisieren, dass alles in Ordnung ist, reibe ich ihnen einen Tropfen Lavendelöl unters Kinn, das wirkt beruhigend. Das mache ich auch, wenn ich ohne sie auf Reisen gehe. Ich kann nicht sagen, ob diese Methode immer wirkt, aber bei den beiden funktioniert sie. Und dem Feedback zufolge, das ich auf Instagram bekomme, bei vielen anderen Katzen auch.
Das Wichtigste ganz zum Schluss, damit ihr euch es gut merkt: Was auch immer ihr der Katze beibringt, verändert ihre Routine so wenig wie möglich! Eine Veränderung wird sie akzeptieren, aber wenn ihr das Leben eurer Katze auf einmal komplett auf den Kopf stellt, müsst ihr damit rechnen, dass sie euch vor die Tür setzt.
Bestimmt fragt ihr euch jetzt: Kann ich der Katze alles beibringen? Die Antwort ist Nein. Katzen sind dickköpfig und stolz, vernünftig reden kann man mit ihnen nicht. Es bringt also nichts, zu viele Verbote aufzustellen, sie werden sich ohnehin nicht daran halten. Wir haben es immer noch mit Tieren zu tun: Für Regeln, die gegen ihre Instinkte gehen, sind sie unempfänglich. Es ist sinnlos, Schränke und Regale für sie zum Sperrgebiet zu erklären, denn sie gehorchen nur ihrem angeborenen Instinkt des Springens und Kletterns. Ihr könnt sie aber daran gewöhnen, während der Mahlzeiten nicht auf den Tisch zu springen. Diese Regel habe ich Mimas und Rea auferlegt, und sie halten sich daran. Zugegeben, Mimas springt auf den Tisch, setzt sich aber in eine Ecke, die nicht vom Tischtuch bedeckt ist. Wenn er versucht, sich zu nähern, weise ich ihn zurecht. Dann setzt er sich wieder hin, steckt aber eine Pfote unters Tischtuch, als wolle er sagen: »Na gut, Andrea, ich tu dir den Gefallen, aber nur dir zuliebe. Wenn ich will, kann ich gegen jede Regel verstoßen.«
Wenn etwas gefährlich ist, es ihnen aber gefällt, werden sie es weiterhin tun, draufgängerisch und verwegen, wie sie nun mal sind. Um sie vor Gefahren im häuslichen Umfeld zu schützen, hilft nur eines: Macht eure Wohnung katzensicher. Hier einige Tipps:
KABEL UND PLASTIKGEGENSTÄNDE: Meine beiden knabbern mit Vorliebe an den Verschlüssen für die Müllsäcke. Einmal musste ich Mimas die Zahnseide aus dem Maul ziehen (lasst eure Zahnseide nie auf dem Waschbecken liegen und denkt daran, dass Katzen oft den Mülleimer inspizieren). Ich hoffe, dass euch das nicht passiert, aber nur für den Fall: Wenn ihr die Zahnseide nicht herausbekommt, müsst ihr sofort zum Tierarzt, da ein Teil bereits in den Magen gelangt ist.
BALKONE UND TERRASSEN: Sagt nicht, dass eure Katze niemals hinunterfallen würde. Wenn sie einem Vogel oder einer Libelle nachjagt, kann sie völlig außer Kontrolle geraten. Sie bekommt den Tunnelblick und ist nur auf die Beute fokussiert. Mit anderen Worten: Eine jagende Katze nimmt nicht wahr, was ringsherum vorgeht. Zäunt eure Balkone ein – vorzugsweise mit weichen Netzen, da Katzen an harten Gittern hochklettern können. Und wer glaubt, »Katzen landen immer auf den Pfoten«, sollte wissen, dass das nur teilweise stimmt. Durch den sogenannten Stellreflex können sie sich während des Fallens orientieren, den Boden lokalisieren und sich um die eigene Achse drehen. Aber Wunder bewirkt dieser Reflex nicht. Ein Sturz aus großer Höhe kann für die Katze schmerzhaft, wenn nicht gar tödlich enden.
FENSTER: Lasst sie nicht offen stehen, zum einen wegen der Sturzgefahr, zum anderen, um zu vermeiden, dass eure Katze mit Tauben, die diverse Krankheiten übertragen, in Berührung kommt. Wenn ihr Moskitonetze in der Wohnung habt, achtet darauf, dass die Katze auf der Jagd nach einer Fliege nicht darauf herumklettert, denn sie könnte sich im Netz verheddern.
SOFABETTEN: Ich kenne viele Geschichten von Katzen, die eingeklemmt wurden. Ein offenes Sofabett ist für die Katze ein attraktives Versteck, also Obacht beim Schließen!
SCHÄDLICHE SUBSTANZEN: Paracetamol, Aspirin, Antidepressiva und Abführmittel sind extrem gefährlich. Schon kleine Mengen können Erbrechen auslösen und sogar zum Tod führen.
SCHÄDLICHE PFLANZEN: Katzen kauen Blätter, um sich der beim Putzen verschluckten Haare zu entledigen, aber einige gängige Wohnungspflanzen sind für sie hochgradig giftig oder zumindest gefährlich. Dazu gehören Calla, Weihnachtsstern, Anthurie, Ficus, Efeu und Monstera. Normalerweise halten sich erwachsene Katzen von diesen Pflanzen fern, aber bei jungen, unerfahrenen Tieren weiß man nie. Zumindest habt ihr eine gute Ausrede, um den Weihnachtsstern loszuwerden, den ihr jedes Jahr am 24. Dezember bekommt und der bald ohnehin immer verdorrt ist.
Achtet auf Anzeichen für das Pica-Syndrom – ein bei manchen Katzen auftretendes Verhalten, an unverdaulichen Gegenständen zu lecken, zu kauen oder sie zu verschlucken, weil sie die Konsistenz oder den Geschmack mögen. Manche Katzen massieren ihr Zahnfleisch, indem sie auf leeren Plastikflaschen herumkauen. Mimas hingegen hat ein Faible für Gummi-Flipflops. Ich weiß, dass er meine zerbissen hat, denn ich habe die Abstände zwischen den von den Zähnen hinterlassenen Spuren mit einem Maßband gemessen und mit seinen Eckzähnen verglichen: Sie stimmten überein.
Normalerweise ist das Pica-Syndrom eine Art nervöser Tick bei Katzen, wenn sie ängstlich sind oder sich langweilen, ähnlich wie wir, wenn wir mit unseren Haaren spielen oder Fingernägel kauen. In schweren Fällen kommt es sogar dazu, dass die Katze Textilien frisst, was sehr gefährlich sein kann.
ES GIBT NOCH EINE SACHE, AUF DIE IHR ACHTEN SOLLTET, LIEBE MENSCHEN: AUCH WENN WIR WIE GÖTTER ERSCHEINEN, SIND WIR LEIDER NICHT UNSTERBLICH. WIR ARBEITEN DARAN, ABER BIS DAHIN MÜSST IHR UNS EIN WENIG HELFEN. WENN WIR ÄLTER WERDEN, KÖNNEN AUCH DINGE, DIE FRÜHER KEINE GEFAHR DARSTELLTEN, ZU EINER SOLCHEN WERDEN. WENN IHR MERKT, DASS WIR UNS SCHWERTUN, STELLT TRITTLEITERN ANS FUSSENDE VON SOFA UND BETT, DAMIT WIR BESSER KLARKOMMEN.
Sehen wir uns nun an, wie sich einige häufige Probleme lösen lassen. Zunächst einmal das Kratzen. Eine gut sozialisierte Katze setzt niemals die Krallen ein: Tut sie es dennoch, dann nur, weil wir sie in die Enge getrieben und alle ihre Vorwarnungen ignoriert haben. Wir sollten uns fragen, was wir ihr angetan haben, dass sie so reagiert.
Anders verhält es sich bei Katzen, die noch nicht richtig sozialisiert sind. Vor allem junge Kätzchen wissen noch nicht, wie sie ihre Krallen einziehen und die Kraft ihrer Bisse beim Spielen dosieren können. Sie könnten uns also unabsichtlich verletzen. Außerdem scheinen Hände, Füße und Knöchel eine magische Anziehungskraft auf sie zu haben. Am Ende laufen wir völlig zerkratzt herum und müssen peinliche Erklärungen abgeben, wenn uns wer fragt, was passiert ist. Mein Tipp: Erlaubt der Katze nicht, mit euren Händen und Füßen zu spielen, wie es ihr Jagdinstinkt verlangen würde, sonst behält sie diese Angewohnheit auf ewig bei. Sagt in festem Ton »Nein«, zieht euch zurück und unterbrecht das Spiel, bis sie sich wieder eingekriegt hat.
Wenn das Problem hingegen das Kratzen an Möbeln und Sofas ist, könnte das, wie bereits erwähnt, ein Versuch sein, das Revier zu markieren. Schimpft nicht mit ihr. Niemals! Findet heraus, ob es eine Ursache gibt, etwas, das sie verunsichert und dazu veranlasst, ihre Präsenz behaupten zu müssen. Stellt einen Kratzbaum auf und gebt der Katze zu verstehen, dass sie ihre Krallenpflege dort zu verrichten hat. Es gibt auch Kratzbretter, die man am Sofa befestigen kann. Kunststofffolien zum Aufkleben auf Möbel sind aufgrund der glatten Oberfläche für Katzen unattraktiv, weil zum Krallenwetzen ungeeignet. Manche Leute überziehen ihre Möbel mit Alufolie, die Katzen gar nicht mögen. Falls sie am Pica-Syndrom leiden, könnten sie jedoch daran knabbern.
Für das Pinkeln außerhalb des Katzenklos kann es verschiedene Ursachen geben: ein Kätzchen, das von seiner Mutter nicht gelernt hat, sein Geschäft an einem bestimmten Ort zu verrichten, eine erwachsene Katze, die ihr Revier markieren will, oder auch ein gesundheitliches Problem. Ihr müsst der Sache auf den Grund gehen und der Katze verständlich machen, was von ihr erwartet wird. Versucht, sie mit einem Spielzeug anzulocken und ihr jedes Mal eine Belohnung zu geben, wenn sie in die Katzentoilette steigt, selbst wenn sie sich vielleicht bei diesen ersten Malen noch nicht erleichtert. Bis sie es gelernt hat, stellt Näpfe mit Wasser oder Futter an den Stellen auf, an denen sie am häufigsten pinkelt.
Wenn ihr Gäste habt, die keine Katzenfreunde sind, brüskiert die Hausmieze nicht, indem ihr sie in ein Zimmer sperrt: Denkt daran, dass sie ihr Revier ständig kontrollieren muss. Schmeißt lieber eure Gäste raus! Ich habe nur selten Leute zu Gast, die keine Katzen mögen, aber wenn doch, erkläre ich Mimas und Rea nur, dass sie diesen Menschen nicht nahe kommen sollen. Der Rest ergibt sich von selbst. Es genügt mir zu wissen, dass sie den Gast nicht attackieren werden. Eine Katze greift nie jemanden an, der Angst hat, außer sie hat das Gefühl, in Gefahr zu sein. Dasselbe gilt für Kinder: Katzen merken, dass es junge Wesen sind, und verhalten sich ihnen gegenüber toleranter, solange ihnen nicht wehgetan wird.
WIR SIND ECHT FASZINIERT VON LEUTEN, DIE ANGST VOR KATZEN HABEN (ÜBRIGENS GIBT ES DAFÜR DEN FACHBEGRIFF AILUROPHOBIE). WIR KÖNNEN SIE AN IHREM GERUCH ERKENNEN, ALSO NÄHERN WIR UNS, SCHNUPPERN SIE AB UND SPRINGEN AN IHNEN HOCH. DAS IST UNSERE ART, IHNEN ZU VERSTEHEN ZU GEBEN, DASS SIE NICHTS ZU BEFÜRCHTEN HABEN. ABER IN WAHRHEIT KÖNNEN WIR MENSCHEN NICHT AUSSTEHEN, DIE UNS KEINE AUFMERKSAMKEIT SCHENKEN, SO HOLEN WIR SIE UNS EINFACH. KATZENPHOBIKER, SEID GEWARNT: BEACHTET UNS, WENN IHR EINTRETET, LASST UNS AN EUCH RIECHEN, STREICHELT UNS, GEBT UNS LECKERES – UND VIELLEICHT VERSCHONEN WIR EUCH DANN.
Nun zu dem, was wir tun können, um die Bedürfnisse der Katze zu respektieren. Verwendet besser keine intensiven Parfüms, zumindest nicht zu Hause: Die Mieze verlässt sich sehr auf ihren Geruchssinn. Auch laute Geräusche stören sie, etwa laute Musik. Ihr könnt den Staubsauger benutzen, aber achtet darauf, die Katze schrittweise an das Geräusch zu gewöhnen.
Oft werde ich um Rat gefragt, was hilft, wenn Katzen »etwas aus Protest« machen, etwa in der ganzen Wohnung Urinspuren hinterlassen, wenn sie zu lange allein gelassen werden. Einmal überraschten mich Mimas und Rea bei meiner Rückkehr von einer Reise mit einem Haufen Kot hinter der Tür. Eine klare Warnung, es nicht wieder zu tun. Aber erinnern sich Katzen wirklich an erlittenes Unrecht und sind sie auch viel später immer noch böse auf uns? Und wie!
Wir alle kennen die kalte Schulter, die sie uns zeigen, als Mittel psychologischer Kriegsführung, um uns für etwas zu bestrafen, das ihnen gegen den Strich geht, zum Beispiel wenn wir einen ganzen Tag lang verschwinden, ohne auch nur einmal anzurufen. Und wenn wir es allzu bunt getrieben haben, sind sie noch Stunden später eingeschnappt. Die Botschaft an uns lautet: »Mensch, ich bin sauer auf dich. Besser, du stellst dich eine Zeit lang tot.«
Das Gehirn einer Katze ist mit dem eines zwei- bis dreijährigen Kindes vergleichbar. Zudem verfügen Katzen über ein Kurz- und ein Langzeitgedächtnis. In Ersterem speichern sie Details, die ihnen in ihrem Revier bei der täglichen Patrouille auffallen, oder Stellen, an denen sie erstrebenswerte Beute erblicken. All das merken sich Katzen 16 Stunden lang.
An Dinge, die in ihrem Langzeitgedächtnis gespeichert sind, erinnern sie sich zehn Jahre oder länger. Mit anderen Worten: War unsere Verfehlung sehr schlimm, nehmen sie sie uns ihr Leben lang übel (im Gegensatz zum Hund, dessen Langzeitgedächtnis etwa 200-mal kleiner ist). Das heißt leider auch, dass eine misshandelte Katze oft ihr ganzes Leben traumatisiert bleibt. Ebenso gibt es Katzen, die »Gastgeber«, von denen sie gut behandelt wurden, noch Jahre später wiedererkennen. Das Langzeitgedächtnis hat die Aufgabe, dem Tier beim Überleben zu helfen, indem es Informationen über Chancen und Gefahren in seiner Umgebung abspeichert. Daher erinnern sich Katzen nicht an alles, sondern nur an das, was in zwei Kategorien fällt: »Dinge, die ich unbedingt noch einmal machen möchte« und »Dinge, die ich mir merken muss, um sie zu vermeiden«.
Ein »Protest« kann also mit etwas zu tun haben, das der Mieze missfällt. Hütet euch aber davor, der Katze böse Absichten zu unterstellen, die sie in Wirklichkeit nicht hat: Protestaktionen sind keine Ressentiments uns gegenüber, sondern weisen auf Unbehagen hin. Die Mieze will uns nicht bestrafen, sondern zu verstehen geben, dass ihr etwas nicht passt. Deshalb muss als Erstes die Ursache für ihr Verhalten gefunden werden. Vielleicht kommen wir darauf, dass das, was wir für Rache oder Vergeltung hielten, gar nichts mit uns zu tun hat.
Rea, die normalerweise sehr reinlich ist, hatte einmal eine Phase, in der sie an die unmöglichsten Stellen pinkelte, unter anderem in den Mülleimer. Das machte mich stutzig, und ich begann, sie zu beobachten. Bald schon bemerkte ich, dass sie Anzeichen von Unwohlsein zeigte und oft auf die Katzentoilette ging, ohne sich zu erleichtern. Ich brachte sie sofort zum Tierarzt, der Nierensteine feststellte und sie behandelte. Hätte ich sie fürs Pinkeln bestraft und sonst nichts unternommen, wäre ihr Problem vielleicht lange unbemerkt geblieben.
ANDREA, MOMENT MAL. WIR MÖCHTEN ZU DIESEM KAPITEL AUCH NOCH WAS SAGEN. WENN WIR UNS WIRKLICH GUT VERSTEHEN WOLLEN, GIBT ES DREI DINGE, DIE DU NIE TUN DARFST, ODER WIR SETZEN DICH VOR DIE TÜR.
STÖRE UNS NIEMALS, WENN WIR UNS AUSRUHEN! NIEMALS, VERSTANDEN? FRAG DICH SELBST, WARUM DAS DIE REGEL NUMMER EINS IST.
PACKE UNS NICHT AM NACKEN. OKAY, MAMA HAT DAS FRÜHER AUCH GEMACHT, ABER DAMALS WOGEN WIR EIN HALBES KILO. JETZT BRINGEN WIR VIER KILO ODER MEHR AUF DIE WAAGE. DIESE ART VON GRIFF DULDEN WIR HÖCHSTENS VON EINEM TIERISCHEN GEGNER, DER UNS BEWEGUNGSUNFÄHIG MACHEN WILL.
STARRE UNS NICHT IN DIE AUGEN. DAMIT FORDERST DU UNS HERAUS.