Schon bereute ich es, Danika und ihre Nadel auch nur in die Nähe meines Arms gelassen zu haben. Immerhin sprach einiges dafür, dass sie Crack konsumierte.
Zayne wollte mich? Er liebte mich? Sicher, ich wusste, dass ich ihm sehr viel bedeutete, aber Liebe? Das war doch nun wirklich eine ganz andere Liga.
Ich konnte es einfach nicht glauben, weil es so viele Gründe gab, wieso er mich nicht lieben konnte. Abgesehen davon, dass alle in seinem Clan von Zayne erwarteten, Danika oder eine andere geeignete Wächterin zu heiraten, damit sie viele kleine Gargoyle-Babys zeugten, war ein wesentlicher Punkt, der dagegen sprach, dass er mich noch nicht mal küssen konnte. Okay, er konnte mir zwar nahe sein und stattdessen … andere Dinge mit mir machen, aber es war einfach zu gefährlich.
Den größten Teil des Samstagabends verbrachte ich damit, über die Dinge nachzudenken, bei denen sich unsere Lippen nicht berührten. Auch wenn ich nur wenig Erfahrung mit diesen anderen Dingen hatte, brachte meine rege Fantasie mich auf viele, viele Ideen. Ideen, bei denen Hände eine Rolle spielten oder Finger oder andere Körperteile …
O Gott.
Ich warf mich bäuchlings aufs Bett und drückte mein Gesicht in das Kopfkissen, um mein Aufstöhnen zu ersticken. Den ganzen Tag über hatte ich von Zayne nicht viel gesehen, was daran liegen mochte, dass ich ihm aus dem Weg ging. Aber nach Danikas Äußerungen, die ich ihr nach wie vor nicht abnehmen konnte, bestand die Chance, dass ich anfing, wie eine Hyäne zu kichern, sobald ich mit ihm allein war.
Und das wäre lächerlich gewesen.
Ich selbst war lächerlich.
Aber der Gedanke, diese Dinge zusammen mit Zayne zu erfahren, ließ meinen Verstand rotieren und veranlasste meinen Puls, überall in meinem Körper heftig zu pochen. Bei dem Versuch, mich bequem hinzulegen, zog ich ein Bein an, doch das half auch nichts. Ich schlug die Decke zurück und trat sie mit den Füßen bis an die Bettkante. Trotzdem fühlte sich meine Haut an, als säße sie zu straff auf meinem Leib, so als wäre da keinerlei Platz zwischen meinen Knochen und meinem Fleisch. Seufzend drehte ich mich auf den Rücken und legte mir die Hand auf den Bauch. Es überraschte mich nicht, dass sich meine Haut warm anfühlte. Nach einer Weile stöhnte ich frustriert auf. Ich war völlig durcheinander, denn sobald ich das schwache Feuer in meinen Adern spürte, sah ich Roth vor mir und alles, was wir gemeinsam erlebt hatten. Und wenn ich auf die gleiche Weise an Zayne dachte, kam es mir so vor, als wäre das verkehrt, was natürlich völlig bescheuert war. Schließlich hatte Roth mir unmissverständlich erklärt, dass zwischen uns nichts war.
Mir war zu warm, und ich war zu aufgewühlt, als dass ich hätte schlafen können, also stand ich auf. Ich zog flauschige Overknees an, die mir bis auf die Oberschenkel reichten, und streifte einen dicken Cardigan über mein Tanktop und meine kurze Schlafanzughose.
Meine Haare waren eine Katastrophe, das Gleiche galt für meine Kleidung, trotzdem verließ ich das Zimmer und ging nach unten. Um diese Uhrzeit herrschte im Haus normalerweise Totenstille. Jasmine und Danika schliefen, oder aber sie waren irgendwo mit den Zwillingen beschäftigt. Nur Geoff war anwesend, da er die Bilder der Überwachungskameras beobachtete. Draußen waren sicher ein paar Wachen unterwegs, nur für den Fall, dass irgendetwas Verrücktes geschah. Ich hatte das Haus also weitestgehend für mich allein.
Als ich die Stufen runtereilte, linderte die kühle Luft ein wenig die Hitze, von der ich geplagt wurde. Die Schöße meines Cardigans, den ich nicht zugeknöpft hatte, wehten wie flatternde Flügel hinter mir her.
Dank der dicken Socken bewegte ich mich völlig lautlos durch die Küche und nahm eine kleine Flasche Orangensaft aus dem Kühlschrank. Bevor die Tür zufallen konnte, griff ich noch einmal rein und holte den restlichen Plätzchenteig raus.
Meine Beute fest an mich gedrückt, machte ich mich in Richtung Wohnzimmer auf den Weg, bog dann aber zur Bibliothek ab. Mit der Hüfte drückte ich die schwere Holztür auf, drinnen stellte ich alles auf den Schreibtisch und knipste die altmodische Lampe an. Ein sanfter Lichtschein erfüllte den großen Raum.
Ich atmete tief ein und inhalierte den intensiven Geruch alter Bücher. Als ich noch jünger war, hatte ich hier in dieser Bibliothek viele Tage und Nächte verbracht. Ich überflog die Titel der unzähligen Bücher und stellte fest, dass ich fast alles hier gelesen hatte. Es waren viele einsame Tage und Nächte gewesen. Das war selbst jetzt noch so.
Ich brach ein Stück Teig ab, ging um den Schreibtisch herum und las die Titel auf den Buchrücken. Ich suchte nichts Spezielles, aber während ich zwischen „gelangweilt genug, um was zu lesen“ und „lieber liege ich frustriert im Bett“ hin und her schwankte, fiel mir ein Band ins Auge.
Methoden und Praktiken zum Umgang mit Kräutern und ihre Wirkung auf Dämonen und Wächter.
Keine leichte Bettlektüre und erst recht nichts, was man in einer von Menschen zusammengestellten Bibliothek finden würde. Aber ich musste an die Phiole in Abbots Hand denken, und damit siegte meine Neugier. Ich zog das Buch aus dem Regal und legte es auf den Tisch, während ich von dem rohen Keksteig abbiss. Das Buch war zum größten Teil handgeschrieben, die Kräuter waren in alphabetischer Reihenfolge aufgelistet und mit Zeichnungen versehen.
Keine zehn Minuten später dröhnte mir der Schädel. Auf der Welt gab es wahnsinnig viele Kräuter, und aus zu vielen von ihnen konnte man eine Zutat für einen milchig weißen Trank herstellen.
Ich griff nach der Flasche Orangensaft und trank einen Schluck, dabei genoss ich es, wie die kühle Flüssigkeit mir die Kehle hinunterrann. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Kein besonders kluger, aber ein sehr faszinierender.
Abbot war so wie die meisten Wächter die ganze Nacht unterwegs. Geoff war zwar im Haus, was ein gewisses Risiko bedeutete, aber … mir war langweilig, und ich war neugierig.
Abbots Arbeitszimmer befand sich ein Stück weiter den Flur entlang, hineingelangen konnte ich auch von der Bibliothek aus. Eine Tür führte von hier in ein kleines Wohnzimmer, das nie jemand benutzte, von dort ging es weiter ins Arbeitszimmer. Ich musste also nicht den Flur benutzen, der wahrscheinlich von Kameras überwacht wurde. Eine Kamera im Wohnzimmer war dagegen eher unwahrscheinlich.
Ich stellte den Orangensaft weg und lief um den Schreibtisch herum. Auf dem glatten Holzboden rutschte ich mit meinen Strümpfen ein paarmal aus. Ich platzte in das Wohnzimmer hinein, das leer und dunkel war, und noch bevor ich es mir anders überlegen konnte, drehte ich den Knauf an der nächsten Tür zum Arbeitszimmer.
Die Tür war nicht abgeschlossen.
Gebannt hielt ich den Atem an und drückte gegen die Tür, die sich knarrend öffnete. Auf dem Schreibtisch stand eine Lampe mit grünem Keramikschirm, die auf dem Tisch und dem Fußboden ringsum Licht verbreitete.
Das Zimmer roch nach Abbot – nach Seife, nach freier Natur und nach einem schwachen Hauch der Zigarren, mit denen er immer spielte. Als ich auf den großen Schreibtisch aus massiver Eiche zuging, spürte ich einen Kloß im Hals. Ich konnte an einer Hand abzählen, wie oft mich der Wächter umarmt hatte, aber wenn, dann war es immer eine warmherzige, wundervolle Umarmung gewesen.
Diese Umarmungen fehlten mir.
Ich schluckte, um den unangenehmen Kloß loszuwerden, und beschloss, mir zuerst den Schreibtisch vorzunehmen. Es gab zahllose Stellen, an denen er das gesuchte Objekt hätte deponieren können – in den Regalen an der Wand hinter ihm, in den Kisten, die fest verschlossen waren, außerdem in einem Dutzend weiterer Regale, die hier und da verteilt waren.
In den ersten Schubladen fand ich nichts, was mich hätte interessieren können – Papiere und Korrespondenz mit Polizei und Regierung, ausgedruckte E-Mails von anderen Clanführern. In der zweiten Schublade lagen Unmengen Kugelschreiber von der Art, bei der ich mich gern bedient hätte. In der dritten hatte er mehr Post-its angehäuft, als selbst Gott hätte gebrauchen können.
Die vierte und unterste Schublade enthielt den Jackpot.
Auf einem dicken dunklen Handtuch lagen Dutzende von kleinen Phiolen, die in Bewegung gerieten, da ich die Schublade aufgezogen hatte. Ich kniete mich hin und nahm eine heraus, die aussah, als wäre sie mit Grapefruitsaft gefüllt. Vorsichtig legte ich sie zurück und suchte weiter, bis ich auf etwas Vertrautes stieß. Ich hob die Phiole behutsam hoch und sah die milchige Flüssigkeit, die in dem Glasbehältnis hin und her schwappte, als ich mich aufrichtete.
Langsam drehte ich die Phiole um und stutzte, als ich auf einem Etikett an der Unterseite etwas Hingekritzeltes sah. „Blutwurz?“
„Was machst du da?“
Kreischend fuhr ich herum und drückte die Phiole an meine Brust, nachdem sie mir vor Schreck fast aus der Hand gerutscht wäre. „Zayne“, sagte ich und atmete erleichtert auf.
Er stand in dem Durchgang, durch den ich hereingekommen war, und trug eine dunkle Hose und ein schwarzes Shirt. Dass es draußen inzwischen recht kühl war, machte nicht viel aus, hatten reinrassige Wächter doch eine Körpertemperatur, die deutlich über der von Menschen und sogar über meiner lag. Er verschränkte die Arme und zog eine Braue hoch.
„Du hast mir ja vielleicht einen Schreck eingejagt.“ Mein Herz raste, aber ich konnte nur an die Phiole in meiner Hand denken. Zayne würde nicht verstehen, weshalb ich mich in Abbots Büro umsah, ganz gleich, wie harmlos meine Absichten auch waren. Als er mich nur weiter anstarrte, versuchte ich, ein Ablenkungsmanöver zu starten, während ich die Arme sinken ließ. „Wieso bist du schon wieder zurück?“
„Was machst du im Arbeitszimmer meines Vaters?“
Ich rümpfte die Nase. „Gar nichts.“
„Gar nichts?“
Die Tischplatte verhinderte jetzt eine freie Sicht auf meine Hände. Ich ließ die Phiole in meiner Handfläche ruhen. Entweder musste ich sie fallen lassen und zum Dalai Lama beten, dass sie dabei nicht kaputtging. Oder aber ich täuschte eine Ohnmacht vor und legte sie schnell zurück. Keine dieser Möglichkeiten erfüllte mich mit großer Zuversicht. „Nö.“
„Mhm.“
Meine Wangen glühten, und ich konnte froh sein, dass der Raum nur so schwach beleuchtet war. „Du hast mir noch nicht gesagt, wieso du so früh zurück bist.“
„Und du hast mir noch nicht gesagt, wieso du wirklich hergekommen bist.“
Ich verlagerte mein Gewicht und machte mich bereit, die Phiole in die Schublade fallen zu lassen. Mir war nur der Name wichtig, und den hatte ich ja jetzt. „Ich konnte nicht schlafen, darum bin ich … Autsch!“
Zayne bewegte sich so schnell, dass es schien, als würde er sich in Luft auflösen und fast im gleichen Augenblick direkt vor mir auftauchen. Bevor ich die Phiole loslassen konnte, hatte er schon seine Finger um mein Handgelenk gelegt.
„Was ist das?“, fragte er und zog meinen Arm hoch.
Ich hielt die Phiole fester umschlossen. „Ähm …“
„Layla.“ Seufzend betrachtete er mich.
Nachdem ich vergeblich versucht hatte, mich aus seinem Griff zu befreien, seufzte ich ebenfalls. „Okay. Vor ein paar Tagen habe ich Abbot mit dieser Phiole gesehen, und ich wollte wissen, was da drin ist. Darum bin ich hergekommen und habe danach gesucht.“
„Um drei Uhr morgens?“
„Ich konnte nicht schlafen und bin in die Bibliothek gegangen, und da ist mir diese Idee in den Sinn gekommen.“ Wieder versuchte ich, seine Hand abzuschütteln. „Ich bin nicht hier, um die Geheimnisse der Wächter zu kopieren oder um Babys zu ermorden. Hier, guck.“ Ich bewegte die Finger, bis die Phiole zum Vorschein kam und er das von Hand beschriebene Etikett lesen konnte. „Ich lüge nicht.“
Verwundert las er ab: „Blutwurz?“
„Weißt du, was das ist?“ Falls ja, wäre ich überglücklich, weil es viel besser war, es von ihm erklärt zu bekommen, als wieder das staubige Buch zu wälzen.
„Ja.“ Er ließ mich los und nahm mir das Behältnis aus der Hand. „Mit solchen Sachen solltest du nicht einfach so rumhantieren.“
„Wieso nicht?“
Behutsam legte er die Phiole zurück und schloss die Schublade. Dann stand er einen Moment lang da und sah mich nur an. „Komm mit.“
Störrisch blieb ich stehen. „Sag mir, was du weißt.“
Zayne ging um den Tisch herum zur Tür. „Layla, komm hier raus, bevor noch jemand nach Hause kommt, dich hier entdeckt und ausrastet.“
Er hatte natürlich recht, also ignorierte ich dieses kindische Bedürfnis, hier und jetzt auf einer Antwort zu bestehen. Ich folgte ihm zurück in die Bibliothek, wo ich an Zayne vorbeiging und auf den Schreibtisch zuhielt, während er noch die Tür hinter uns schloss.
Als ich den Orangensaft, das Buch und die … die leere Packung Keksteig sah, wollte ich meinen Augen nicht trauen. Ich drehte mich zu Zayne um und zischte ihm zu: „Du hast meinen Keksteig aufgegessen!“
Ein flüchtiges Grinsen umspielte seine Lippen. „Kann schon sein.“
Laut seufzend griff ich nach der Flasche Orangensaft. „Das ist nicht okay von dir.“
Lässig schlenderte er zum Schreibtisch, stützte sich auf die Kante und beugte sich vor, bis er auf Augenhöhe mit mir war. „Ich besorge dir morgen eine neue Packung.“
„Das rate ich dir auch“, gab ich mürrisch zurück, weil es mich wurmte, dass er mir so nah war und ich nur daran denken konnte, was Danika mir gesagt hatte und welche schmutzigen Ideen mir durch den Kopf gegangen waren, die mich letztlich zum Aufstehen veranlasst hatten. Ich wich vom Schreibtisch zurück.
„Du hast ja reizende Laune.“
Ich zuckte mit den Schultern und betrachtete ihn über die Flasche hinweg, während ich einen Schluck trank. Dann ließ ich mich aufs Sofa plumpsen und setzte die Flasche Orangensaft auf dem Beistelltisch ab. „Erzählst du mir jetzt von dieser Blutwurz?“
„Das ist ein Kraut.“
„Dachte ich mir schon“, gab ich zurück und griff nach einem Kissen, das ich mir auf den Schoß legte.
„Es ist sogar ein ziemlich gefährliches Kraut.“ Er kam zu mir, setzte sich neben mich auf die Couch und zog Stiefel und Strümpfe aus. Dann stützte er sich auf die andere Armlehne und streckte sich, so gut er konnte, was bedeutete, dass mir nichts weiter blieb als das Eckchen, auf dem ich saß. „Bei Dämonen zeigt es nicht viel Wirkung, außer dass es sie schläfrig macht. Aber ein Mensch kann daran sterben, und einen Wächter kann man damit für eine Weile außer Gefecht setzen und lähmen.“
Mein Herz setzte einen Schlag aus. „Warum hat Abbot solche Dinge?“
„Ich weiß nicht. Das Fläschchen sieht antik aus, genauso wie die meisten anderen in dieser Schublade. Vielleicht hat er einen Notvorrat angelegt für den Fall, dass ein Wächter außer Kontrolle gerät. So wie damals bei Elijah …“ Er verstummte und schaute zu Boden.
Ich verkrampfte mich unwillkürlich, meine Finger krallten sich in das Kissen. Es war das erste Mal, dass Zayne den Namen meines Vaters aussprach – meines abwesenden Vaters. Er war der Wächter, der mit Lilith geschlafen und dann herausgefunden hatte, dass sie von ihm schwanger geworden war. Danach hatte er eine ganze Reihe von Versuchen unternommen, dieses gemeinsame Kind – also mich – zu töten. Abbot hatte ihn daran gehindert, als ich noch sehr jung war, und jetzt wurde mir klar, dass diese Blutwurz in einem solchen Moment sicher sehr nützlich sein konnte.
„Jedenfalls“, fuhr Zayne fort und sah mich an, „bin ich früher heimgekehrt, weil nicht viel los war. Ach ja, ich bin auch noch mal Roth begegnet.“
Ich bekam ein beklommenes Gefühl in der Magengegend. „Wirklich?“
Er nickte. „Ich schätze, er hat seine nächtlichen Stalking-Aktivitäten drangegeben. Er lief mir unten bei Foggy Bottom über den Weg und wollte wissen, was Abbot von dem Theater mit der Kirche der Kinder Gottes hält.“
Ich reagierte mit einer ausdruckslosen Miene. Roth hätte mir eine SMS schreiben oder mich anrufen können, um das herauszufinden. Andererseits war ich mir nicht sicher, wieso ich von ihm eine solche Reaktion erwarten sollte. „Freut mich zu sehen, dass ihr euch nicht gegenseitig grün und blau geschlagen habt.“
„Ich kann nicht behaupten, dass es eine besonders angenehme Unterhaltung gewesen ist.“ Er rutschte auf dem Sofa hin und her, dabei stieß er mit dem Fuß gegen meinen Oberschenkel. „Was ist los?“, fragte er und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn.
Ich hielt das Kissen fester an mich gedrückt und schüttelte den Kopf. „Gar nichts.“
Nachdenklich ließ er sich gegen die Armlehne sinken und legte sich eine Hand in den Nacken. Unter dem dünnen T-Shirt zeichneten sich deutlich seine wohldefinierten Muskeln ab. „Irgendwas belastet dich doch.“
Manchmal fand ich es schrecklich, dass Zayne mich so mühelos durchschauen konnte. Er musste mich nur so wie jetzt ansehen, und ich bekam das Gefühl, dass er allein mit seinem Blick meine sämtlichen Geheimnisse enthüllte. Aber das hieß nicht, dass ich deswegen auch mit ihm teilen wollte, was mir zu schaffen machte.
Zayne seufzte. „Du bist mir heute den ganzen Tag aus dem Weg gegangen.“
„Ist nicht wahr.“
„Ist wohl wahr.“ Er machte die Augen zu und zuckte flüchtig mit den Schultern. „Irgendwas stimmt nicht mit dir.“
Ich wickelte mir eine Haarsträhne um den Finger und schnitt eine Grimasse, auch wenn Zayne davon nichts sehen konnte. „Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen.“ Was für eine dreiste Lüge. „Das ist bloß deine Unsicherheit, die da aus dir spricht.“
„Wie bitte?“
„Du hast schon verstanden“, sagte ich und versuchte, mein Lächeln zu überspielen. „Ich habe dich nicht ignoriert, ich hatte heute nur sehr viel zu tun.“
Er ließ den Arm auf die Rückenlehne des Sofas sinken und machte auch noch das andere Auge auf. Jetzt hatte ich seine ganze Aufmerksamkeit für mich. „Du hast den ganzen Tag nichts anderes gemacht, als in deinem Zimmer rumzuhängen und Izzy dabei zuzusehen, wie sie versucht hat, dir in den Fuß zu beißen.“
Ich kniff die Augen zusammen.
„Wieso kannst du nicht schlafen?“
„Geht eben nicht“, gab ich zurück und zwirbelte weiter meine Haare.
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Ehrlich gesagt bin ich froh, dass du auf bist. Ich wollte mit dir reden. Es hat mit Roth zu tun.“ Er klang, als würde er von einer üblen Geschlechtskrankheit sprechen.
„Muss das wirklich sein?“
„Ja“, erwidert er stirnrunzelnd. „Hör auf, mit deinen Haaren zu spielen.“
Ich hielt in meiner Bewegung inne und ließ die Hand sinken, dabei sah ich ihn genauso ernst an. „Was ist mit Roth?“
„Ich vertraue ihm nicht. Nicht nur, weil er ein Dämon ist. Es geht auch darum, was er … na ja, was er dir bedeutet oder eben nicht bedeutet.“ Er ließ mich immer noch nicht aus den Augen. „Er ist … Ach, das ist nicht wichtig. Ich weiß, du wirst ihn in der Schule sehen, aber ich möchte nicht, dass du mit ihm allein unterwegs bist.“
Der Frust meldete sich zurück, ließ meine Haut kribbeln und machte Bambi nervös. „Ja, weil das genau das ist, was ich vorhabe.“
„Hör zu, ich sage ja nicht, dass du das machen würdest. Aber ich weiß, du willst mehr über die Lilin herausfinden, und ich möchte nicht, dass du dabei mit ihm allein bist.“
Ich setzte zu einer Erwiderung an.
„Ich will nur nicht, dass er dir noch mehr wehtun kann“, fügte er an. Was sollte ich dazu noch sagen? Aber steckte vielleicht mehr dahinter? Gott allein wusste, worüber Roth und Zayne gesprochen hatten. Und nachdem Zayne nun ganz genau wusste, was mit Roth gelaufen war, konnte ich nur noch raten, was ihm gerade durch den Kopf ging.
Unter meinen Wimpern hindurch beobachtete ich, wie er sich auf dem Sofa räkelte, ganz wie eine Katze, die sich den Bauch vollgeschlagen hatte. Zayne war mein großer Beschützer, aber das hieß noch lange nicht, dass er eifersüchtig war oder dass er mich liebte.
„Außerdem gibt es noch einen anderen Grund, wieso ich so früh nach Hause gekommen bin“, meinte er beiläufig. „Ich war mir sicher, dass ich dir fehle.“
„Wohl kaum.“ Ich warf mit dem Kissen nach ihm, aber bevor es in seinem Gesicht landen konnte, fing er es ab und legte es sich in den Nacken. „Kein bisschen.“
Er musterte mich. „Du bist eine miserable Lügnerin.“ Er konnte nicht wissen, dass er in diesem Moment fast genauso klang wie Roth, aber das würde ich ihm auch nicht verraten.
„Das ist nicht gelogen.“
Seine Lippen zuckten verräterisch. „Klar doch.“
Ich beugte mich vor und stieß seine Beine vom Sofa, aber kaum waren sie auf dem Boden gelandet, legte er sie wieder hoch.
„Sei nicht so ungezogen, Layla, Biene.“
Ich drehte mich weg und atmete tief durch. Meine Ratlosigkeit nervte mich. „Nenn mich nicht so. Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“
„Du kannst mir glauben, dass mir das nicht entgangen ist.“
Ich drehte mich um und wollte etwas Bissiges darauf erwidern, brachte aber keinen Ton heraus. Er hatte keinen Witz gemacht, er meinte es verdammt noch mal ernst. Und dazu dieser Blick … die halb geschlossenen Augen, der leicht geöffnete Mund … all das war ich bei ihm nicht gewohnt. Nur einmal hatte ich ähnliche Reaktionen bei ihm bemerkt – an dem Tag, als er in mein Zimmer geplatzt war, während ich mich umzog.
Schweigend schauten wir uns an. In diesem Moment veränderte sich nichts und zugleich alles zwischen uns. Die Spannung, die in der Luft lag, war beinahe greifbar und hüllte mich ein wie eine viel zu warme Decke. Seine Augen funkelten im Dämmerlicht wie Saphire, was mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ, obwohl mir doch so warm war.
Er setzte sich etwas gerader hin, und wieder musste ich an Danikas Worte denken.
Ich wollte davonlaufen.
Und genau das machte ich dann auch. Ich sprang auf und strich mir die Haare glatt, wobei ich hoffte, dass ihm nicht auffiel, wie sehr meine Finger zitterten. „Das viele Reden hat mich müde gemacht. Gute Nacht.“
Zayne zog nur eine Braue hoch und blieb auf dem Sofa sitzen.
Ich stürmte regelrecht aus der Bibliothek und rannte die Treppe rauf. Was zum Teufel war da gerade zwischen uns passiert? Ich wusste es nicht, aber ich kannte diesen Druck auf meiner Brust, der mir den Atem raubte. Es musste eine Kombination aus Schlafmangel und meiner überaktiven Fantasie sein.
Zurück in meinem Zimmer, zog ich den Cardigan und die Kniestrümpfe aus, wobei ich mich zwang, an gar nichts zu denken, was aber nicht so einfach war. Gerade schlug ich die Bettdecke zur Seite, da ging die Zimmertür auf. Erschrocken stieß ich einen spitzen Schrei aus.
Zayne kam herein, immer noch barfuß, und verschränkte die Arme vor der Brust. Was, wenn ich nackt hier gestanden hätte? Meine Wangen liefen dunkelrot an, als mir bewusst wurde, dass mein dünnes Tanktop nicht gerade viel Haut bedeckte.
Ich kämpfte gegen den Wunsch an, schützend die Arme vor meine Brüste zu legen, und blieb still stehen. „Was willst du jetzt noch?“
„Gar nichts.“ Er stakste zu meinem Bett, setzte sich hin und streckte die Beine aus. Dann klopfte er mit der Handfläche auf den Platz gleich neben ihm. „Komm her.“
„Zayne …?“ Ich trat von einem Bein aufs andere und wollte aus dem Zimmer stürmen, mich aber gleichzeitig auch zu ihm setzen. „Du nervst echt.“
„Du auch.“ Wieder klopfte er aufs Bett, eine Locke rutschte ihm in die Stirn und über die Augen. „Hör auf, dich so seltsam zu benehmen.“
Ich war diejenige, die sich seltsam benahm? Na gut, wenn er meinte. Ich war vielleicht ein bisschen zappelig. Dass er das Bett in Beschlag nahm, als würde es ihm gehören, war nichts Neues für mich. Vor ein paar Nächten hatte er sogar noch hier geschlafen.
Aber seit Danikas Äußerungen erschien mir mit einem Mal alles anders als zuvor.
„Kommst du her?“, murmelte er und beobachtete mich. Ich holte tief Luft, dann kletterte ich zu ihm ins Bett. Er legte sich auf die Seite, sein Bein berührte meines. „Schöne Shorts.“
Es war ja klar, dass ihm meine Hello-Kitty-Schlafanzughose auffallen würde. „Kannst du aufhören zu reden?“
Er lachte leise. „Du hast heute Nacht echt merkwürdige Laune. Hat das mit dem Keksteig zu tun?“
Ich drehte mich auf die Seite, um ihn ansehen zu können. Zwischen uns beiden war nur wenig Platz. Ich machte den Mund zu, aber etwas höchst Seltsames passierte, als sich unsere Blicke trafen. Mir stockte der Atem, als ich Zayne ansah. Ich kannte sein gesamtes Mienenspiel auswendig, wusste genau, wie er wann reagierte; nur mit dem Gesichtsausdruck, den er jetzt aufgesetzt hatte, konnte ich nichts anfangen. Das war absolutes Neuland für mich.
Und es war unheimlich und beängstigend, da ich nie ernsthaft daran geglaubt hatte, Zayne könnte meine völlig anormalen Gefühle für ihn in irgendeiner Art und Weise erwidern. Es war so beängstigend wegen der Dinge, die ich mit ihm anstellen wollte und konnte. Aber da war noch mehr … da war Roth, und da war das irrationale Gefühl, dass ich etwas Falsches tat. Er hatte sich buchstäblich für mich geopfert und mir dann erzählt, nichts von allem, was er gesagt oder getan hatte, sei in irgendeiner Weise bedeutsam.
Ich drehte mich auf den Rücken und starrte die Decke an. Meine Brust hob und senkte sich mit jedem meiner kurzen, unregelmäßigen Atemzüge. Zaynes Duft stieg mir in die Nase und lähmte meine Sinne.
„Was ist los, Layla, Biene?“, erkundigte er sich.
„Gar nichts“, flüsterte ich.
„Blödsinn.“ Plötzlich stemmte sich Zayne so rasch hoch, dass mir die Luft aus der Lunge gepresst wurde. Er war über mir und sah mich an, die Lippen leicht geöffnet, als wollte er etwas sagen. Aber es schien, dass er vergessen hatte, worum es eigentlich ging. Doch das war nicht weiter schlimm. Ich hatte ja selbst keine Ahnung, worüber wir uns eigentlich unterhielten.
Er war mir so nah, dass seine Haare über meine Wangen strichen. Langsam ließ er den Blick zum Ausschnitt meines Oberteils wandern. Das Tanktop war weit nach unten gezogen und gab viel mehr nackte Haut preis, als es mir angenehm hätte sein sollen. Bambi hatte ihren Kopf wieder mal auf meine rechte Brust gelegt.
„Es gefällt ihr wohl, sich so hinzulegen, nicht wahr?“ Zaynes Stimme klang rau.
„Ich nehme an, es ist schön weich.“ Kaum hatte ich das ausgesprochen, hätte ich mich am liebsten geohrfeigt. „Gott“, brachte ich ächzend hervor. „Manchmal muss ich einfach …“
Zayne legte einen Finger auf mein Kinn, damit ich aufhörte zu reden. Diese federleichte Berührung löste eine Flut von Gefühlen in mir aus – Begierde, Verlangen, ein so intensives Sehnen, dass es mich bis in mein Innerstes erschütterte. „Das klingt überzeugend.“ Er verstummte und musste schlucken, während sein Blick jedes Detail des dämonischen Tattoos erfasste. „Ich möchte wetten, dass das ein weiches Ruhekissen ist.“
Die Unterhaltung war … O Mann, mir fehlten die Worte. „Warum trägst du immer noch diese Halskette?“, fragte er und strich mit den Fingern über die Glieder.
Es kostete mich Mühe, ihm zu antworten. „Ich … ich weiß nicht.“
Sein Gesicht wirkte einen Moment lang wie versteinert, doch dann schien er sich wieder zu fassen. Dass ich die Kette nach wie vor trug, hatte in Wahrheit gar nichts mit meiner Mutter zu tun. Auf einmal bewegte er die Hand und strich mit den Fingern über meinen Hals, über den Ansatz meines Schlüsselbeins und von dort geradewegs zu Bambi, bis er nur noch zwei Zentimeter von ihrem Kopf entfernt war.
O mein Gott.
Mein Herz raste so schnell, dass ich fürchtete, es müsste mir jeden Moment aus der Brust springen. Zärtlich streichelte er Bambi.
Sie reagierte wie ein Hund, der nicht genug Streicheleinheiten bekommen konnte, und drehte den Kopf in seine Richtung. Ich atmete langsam ein und fuhr mit der Zunge über meine Unterlippe. Sollte ich darüber entsetzt sein, dass er mich so intim berührte oder dass es Bambi war, die diese Liebkosungen von ihm erhielt? Und sollte ich mich darüber aufregen, dass sie sich jetzt nicht von meinem Körper löste und versuchte, ihn zu verschlingen? Letztlich war das alles egal, denn jedes Nervenende in meinem Leib schien zu vibrieren.
Er zeichnete die feinen Schuppen rund um Bambis Nasenlöcher nach. Als ich erschauerte, sah er mir in die Augen, und es war nur allzu offensichtlich, was in ihm vorging.
Es war so wie in der Nacht, als er mich nur in meinem BH gesehen hatte.
„Es fühlt sich nicht so an, wie ich es mir vorgestellt habe. Die Haut ist ein wenig erhaben, aber sie wirkt wie eine richtige Tätowierung.“
Mein Mund war wie ausgedörrt, ich machte die Augen zu, und er bewegte seinen Finger weiter über ihren Kopf. Dabei näherte er sich der schmalen Spitzenborte am Saum meines Tanktops. Darunter trug ich nichts mehr, und er war so nah, so unfassbar nah.
„Gefällt es ihr?“, fragte er und hauchte seinen warmen Atem auf meine Lippen.
Ich nickte, auch wenn es nur eine Vermutung war, weil sie nicht versuchte, ihn zu töten.
„Dir auch?“
Diese Frage fegte wie ein zerstörerischer Hurrikan durch mich hindurch. Ich riss die Augen auf, mein Atem kam stoßweise. Er war mir immer noch so nah, seine Haare kitzelten mich im Gesicht, während er seinen Finger weiter in südliche Richtung wandern ließ, da er unverändert dem Verlauf der Schlange folgte, die unter meinem Top verschwand.
Sekunden später richtete er den Blick wieder auf mein Gesicht, und wir sahen uns in die Augen. Ich hatte keine Ahnung, wie wir in diese Lage geraten waren. Plötzlich hielt er inne und wartete. Was die treibende Kraft hinter seiner unausgesprochenen Frage war, ließ sich einfach nicht leugnen. Wenn ich Nein sagte, würde er sich zurückziehen. Sagte ich Ja, dann … Ich konnte nicht mal im Ansatz über die damit einhergehenden Möglichkeiten nachdenken.
Wenn ich Ja sagte, würde sich damit alles ändern, und zwar auf eine Weise, die ich nicht mal erahnen konnte. Veränderungen von der Art, die ich zwischen uns beiden niemals ernsthaft für möglich gehalten hätte. Mein Herz schlug viel zu schnell, und eine sonderbare Hitze sammelte sich tief in mir drin.
„Ja“, hauchte ich leise, doch Zayne hörte mich.
Er atmete hastig ein, dann ließ er die Hand zum schmalen Träger meines Tanktops wandern. „Darf ich den Rest der Schlange sehen?“ Meine Herzfrequenz erreichte Infarktregionen. Träumte ich das nur? Oder war ich die Treppe runtergefallen und hatte mir den Schädel aufgeschlagen? So etwas kam mir jedenfalls wahrscheinlicher vor als das hier. Den Rest von Bambi zu sehen bedeutete, den Rest von mir zu sehen. Oder zumindest die Hälfte vom Rest von mir.
Ich setzte zu einer Antwort an, aber kein Ton kam über meine Lippen. Mein Blick konzentrierte sich auf die Konturen seines Mundes, auf die Art, wie sich seine Lippen teilten – und unwillkürlich begann ich mich zu fragen, wie sich diese Lippen wohl anfühlten und wie sie schmeckten.
Wie durch einen Nebel drang der Gedanke zu mir durch, dass ich ihn kosten wollte, aber nicht seine Seele.
Bambi ließ ihre Schwanzspitze an meiner Taille entlangzucken, so als würde sie allmählich ungeduldig und könne es nicht erwarten, vorgeführt zu werden. Da ich nicht genug Mut fand, einen Ton herauszubringen, nickte ich einfach wieder.
Zayne ließ seinen fiebrigen Blick über meinen Körper gleiten, als er mir die Träger von den Schultern streifte und das Top hinunterschob.
Ich spürte deutlich seine Blicke, als er jedes Detail von Bambi – und von jeder Stelle meines Körpers, die nicht länger von Stoff bedeckt war – in sich aufnahm. Es war wie eine Liebkosung, als er dem langen, eleganten Hals der Schlange zwischen meinen Brüsten bis hinunter zu meinen Rippen folgte, wo sie sich um mich gewickelt hatte.
„Layla“, stieß er hervor, und seine Stimme klang so rau, dass sich meine Zehen verkrampften.
Ich stellte das Atmen ein, als seine Hand Bambis Lage unter meiner Haut folgte. Das Verlangen und die Begierde steigerten sich, bis ich das Gefühl hatte, unter Strom zu stehen. Alles um mich herum hörte in diesem Moment auf zu existieren – alle Probleme, alle Sorgen, einfach alles. Das alles verschwand, als er seine Hand bewegte und ich den Rücken durchdrückte. Erregt keuchte ich auf.
Seine Berührungen waren leicht, fast ehrfürchtig. Er war so zärtlich, als wäre es das erste Mal für ihn, obwohl ich wusste – oder zumindest glaubte –, dass das nicht der Fall sein konnte. Mit seinem Aussehen und seiner Persönlichkeit musste es Gelegenheiten gegeben haben, wenn er auf der Jagd gewesen war. Es musste Frauen in seinem Leben gegeben haben.
Aber das war mir egal, weil er in diesem Moment seine Lage veränderte, bis seine Lippen sich in Höhe von Bambis Kopf befanden. Es bestand das Risiko, dass sich das hier in eine verheerende Richtung entwickelte, aber ich ballte meine Fäuste und biss mir so fest auf die Lippe, dass sich ein metallischer Geschmack in meinem Mund verteilte, gerade als er hauchzart meine …
Die Schlafzimmertür flog auf und knallte mit einer solchen Wucht gegen die Wand, dass der ganze Raum wie bei einem Donnerschlag erzitterte. Mit einem Satz sprang Zayne vom Bett und wirbelte zur Tür herum, während ich mich aufsetzte und mir in aller Eile das Top hochzog. Mein Herz raste vor Panik. Wir waren ja so was von aufgefallen, und auf uns wartete unglaublicher Ärger.
Als ich dann aber zur Tür sah, stand dort niemand. Durch die Öffnung konnte ich nur den langen, düsteren Flur mit allen Schatten der Nacht erkennen.
Zayne durchquerte das Zimmer und hielt die Tür fest, während er in den Flur spähte. Schließlich machte er sie zu und drehte sich kopfschüttelnd zu mir um. „Da draußen ist niemand.“
Ich erschauderte, als mir ein eiskalter Hauch über die Haut wehte. Zwar sah ich mich im Zimmer um, aber ich konnte nichts Ungewöhnliches entdecken. „Das war …“ Ich musste mich räuspern. „Das war sehr seltsam.“
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, den Fingern, mit denen er mich eben noch berührt hatte. Angestrengt atmete er durch und machte einen Schritt auf mich zu, blieb aber gleich wieder stehen. Die Art, wie er mich ansah, ließ mich rot anlaufen. „Ich … ich sollte wohl besser gehen.“
Das wollte ich nicht. Ich wollte, dass er wieder zu mir kam, aber das wäre nicht die vernünftigste Lösung gewesen. Es war besser, ihn gehen zu lassen, also zog ich die Decke bis zum Kinn hoch und zwang mich zu nicken.
Zayne sah mich noch einen Moment lang an, schluckte einmal angestrengt und verließ dann leise mein Schlafzimmer. Ich blieb auf dem Bett sitzen, wo mich augenblicklich die kalte Wirklichkeit der Situation einholte. Ganz gleich, was wir füreinander empfanden, es war einfach zu gefährlich, eine Beziehung mit Zayne anzufangen.
Dazu durfte es niemals kommen.