Wir ließen sie also dort im Wohnzimmer zurück, obwohl ich immer noch so viele Fragen hatte.
»Aber warum hat Nanai es ihm nie gesagt?«, fragte ich.
Mum zuckte die Achseln. »Vielleicht war es so einfacher. Sie wollte ihn mit dem Wissen nicht belasten. Sie würde seine Mutter sein, also warum sollte er etwas anderes denken? Und wahrscheinlich war es so auch viel einfacher, in diesem Land akzeptiert zu werden und hierzubleiben.«
Am nächsten Tag vor der Schule sagte Veronique genau dasselbe zu mir. Das hatten sie alle auch vermutet, nachdem Mum und ich gegangen waren.
»Sonst hätte er sich womöglich sein ganzes Leben lang nach seiner richtigen Mum gesehnt«, sagte Veronique. »Und ich hätte mir vielleicht immer meine richtige Großmutter gewünscht.«
»Vielleicht hat Nanai sich schuldig gefühlt«, sagte ich. »Sie hat das Richtige getan, aber es muss auch sehr schwer für sie gewesen sein.«
Veronique nickte. »Wenigstens sind wir jetzt alle zusammen«, sagte sie.
Und dann gingen wir beide durch das Schultor, wo uns die Lehrer und alle Eltern auf die Schultern klopften und die hochgereckten Daumen zeigten. Alle wollten wissen, wie wir den betrügerischen Plan von Mr Baker und Billys Dad, an ein neues Gebäude zu kommen, aufgedeckt hatten. Eine Person war dankbarer als alle anderen zusammen:
Mrs Martin.
Sie war an diesem Morgen in der Schule. Wieder dort, wohin sie gehörte. Sie erinnerte sich sogar an unsere besonderen Grußformeln aus der dritten Klasse und umarmte uns danach fest.
»Aber danken Sie nicht nur uns«, sagte ich, nachdem sie uns losgelassen hatte. »Daisy hat auch mitgeholfen und Lance und Vi. Und ganz besonders haben Sie ihm zu danken«, sagte ich und zeigte zum Tor. »Er war WIRKLICH sehr mutig.«
Und Mrs Martin rannte zu Billy Lee und umschloss ihn in der dicksten Umarmung ÜBERHAUPT.
Am Freitag nach der Schule kam Billy zu mir nach Hause, und wir spielten Subbuteo. Aber zur Halbzeit fiel mir etwas ein, und ich rannte hinunter.
»Mum!«, sagte ich.
»Ja, Cym?«
»Heute ist Kinoabend.«
»Und?«
»Gehst du nicht?«
Mum seufzte. »Heute … nicht, Cym.«
»Warum nicht? Wolltest du nicht sehr viel mehr Zeit mit Stefan verbringen?«
»Nein«, sagte Mum.
»Nein? Aber warum nicht?«
»Na ja, ich habe letztendlich beschlossen, dass ich doch nicht sehr viel mehr Zeit mit ihm verbringen möchte.«
»Wirklich? Warum nicht?«
»Ich weiß nicht. Das Parfüm, das er mir geschenkt hat … Vielleicht hattest du recht. Es roch nicht nach mir.«
»Wie meinst du das?«
»Keine Ahnung. Es ist schwierig, mit allem. Mit dir … mit Stefans Mädchen.«
»Aber sie sind toll!«, sagte ich. »Vor allem die Kleine. Sehen wir sie gar nicht mehr?«
»Was?«
»Und Stefan ist auch toll. Ich dachte, er würde jetzt viel häufiger hier sein. Vielleicht sogar die ganze Zeit!«
»Wollte er! Wir hatten es gehofft … Aber es sah nicht so aus, als ob du das wolltest!«
»Ich? Quatsch. Hast du ihm wirklich gesagt, dass du ihn nicht mehr sehen willst?«
Mum gab mir darauf keine Antwort, sondern sah mich aus irgendeinem Grund komplett ungläubig an. »Ach, Cymbeline!«, sagte sie.
Und machte sich auf die Suche nach ihrem Handy.
Dann ging ich hinauf zu Billy, und wir beendeten unser Spiel.
Charlton 7 : 6 Chelsea.
JA!
Jacky Chapman (die Miniaturausgabe) schoss das Siegtor.