Ein letzter Kunde, ein letzter Schornstein, ein letztes Fegen. Dann war Olas Schicht endlich beendet. Den ganzen Tag hatte er Angst gehabt: dass Hillevi, die allein zu Hause war, etwas passieren könnte, und dass die Erzieherinnen in der Kita es schaffen würden, das Jugendamt davon zu überzeugen, dass eine akute Unterbringung beider Kinder in einer Pflegefamilie notwendig wäre.
Quatsch, dachte Ola. So arbeiten die nicht.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass er nicht berücksichtigt würde, wenn die Behörden nach einer Pflegefamilie für die Kinder suchten. In Olas Dasein war alles geordnet, nichts war unsicher.
Ich würde es hinkriegen, dachte Ola. Ich könnte mich gut um sie kümmern.
Er parkte das Auto vor dem Haus in Hamburgsund. Es lag auf der Anhöhe über dem Hafen mit großartiger Aussicht über das gefrorene Meer. Genau wie angekündigt, hatte es endlich aufgehört zu schneien. Bald würden die Wolken abziehen, und es würde eine weitere sternenklare Nacht geben. Zum Glück. Er hatte sich schon an das schöne Wetter gewöhnt.
Ola eilte zu dem Haus und konnte kaum erwarten, dass endlich jemand öffnete, nachdem er geklingelt hatte. Er hat es eilig, seinen Arbeitstag abzuschließen, denn er musste noch etwas erledigen, ehe er Sam in der Kita abholte.
Der Kunde, ein Mann mittleren Alters in Jeans und zu kleinem T-Shirt, ließ Ola herein. Er hatte kein Bedürfnis nach viel Smalltalk, sondern ließ ihn tun, was er sollte, und bedankte sich dann für den Besuch.
Kurz darauf saß Ola wieder in seinem Auto. Er konnte sich nicht beherrschen, sondern schaute aufs Handy, ehe er losfuhr. Wenn jemand ihn gefragt hätte, warum, dann hätte er rasch geantwortet, dass er sich Sorgen um seine Nichte und seinen Neffen machte, doch das war nicht die ganze Wahrheit.
Ola wartete sehnsüchtig darauf, dass August Strindberg auf seine SMS antworten würde.
Ein Bier nach der Arbeit.
Das hatte Ola vorgeschlagen.
Hatte er zu viel Druck gemacht? Hatte er zu viel zu schnell gewollt? Hatte er August verschreckt? Die Sorge trieb ihn um. Wenn August sich nicht mit ihm auf einen Afterwork treffen wollte, dann könnte er sich doch stattdessen wegen der Kiste melden, die Ola in seinem Laden abgegeben hatte. Oder wegen des Buchs, das Ola im Lesekreis vorgestellt hatte. In dieser Situation war ihm alles recht. Er brauchte ein wenig Zerstreuung, und vor allem brauchte er eine Dosis Liebe.
Normalerweise dachte er sehr gerne an August, doch jetzt erfüllte es ihn mit Wehmut und Angst. Begriff er nicht, dass Ola wartete?
Vermutlich nicht, dachte Ola. Vermutlich war ich undeutlich.
Verdammter Mist.
Er startete den Wagen und fuhr los.
Diesmal ging es nach Hovenäset.
Es war an der Zeit, seine Mutter wieder einmal zu besuchen. Patricia würde nicht erzählen, was schiefgegangen war, das hatte Ola jetzt begriffen. Aber jemand musste doch wissen, warum sie Göteborg verlassen hatte und nach Kungshamn gezogen war und was das für eine große Sache war, die sie am Laufen hatte. Und vielleicht fand sich in derselben Geschichte auch die Antwort darauf, warum Sam aufgehört hatte zu sprechen.
Seine Mutter sah erstaunt aus, als sie die Tür öffnete.
»Ja, Ola, bist du das?«
Ihre Stimme klang gedämpft. Ola wurde klar, dass mehrere Tage vergangen waren, seit er von ihr gehört hatte. Er hoffte, dass dies ein Anzeichen dafür war, dass Pflegedienst und Versorgung funktionierten.
»Darf ich reinkommen? Geht das?«
»Selbstverständlich. Du bist immer willkommen.«
Er stellte die Schuhe auf die Ablage und hängte seine Jacke an die Garderobe.
»Ich wollte mir gerade eine Tasse Kaffee eingießen«, sagte seine Mutter. »Möchtest du auch?«
»Ja, gerne.«
Er folgte ihr in die Küche. Sie wirkte erschöpft. Außerdem sah sie traurig aus. Die Augen waren rot und die Wangen bleich, als hätte sie gerade noch geweint.
Seine Mutter goss Kaffee in zwei Tassen, und sie setzten sich einander gegenüber. Es war derselbe Küchentisch, der während Olas ganzer Jugend in der Küche stand. Damals hatten sie feste Plätze gehabt. Ola hatte rechts von Patricia gesessen und auf der anderen Seite des Tisches die beiden Eltern. Nach dem Tod des Vaters war die Ordnung eine andere geworden. Da hatte die Mutter am Kopfende gethront, und Ola und Patricia hatten rechts und links von ihr gesessen.
Seine Mutter rührte mit einem Löffel in der Kaffeetasse. Sie hatte die Angewohnheit, im Kaffee zu rühren, obwohl sie weder Milch noch Zucker hineintat. Das Geräusch des Löffels, der ans Porzellan schlug, riss Ola aus seinen Gedanken.
»Hast du in letzter Zeit mal mit Patricia gesprochen?«, fragte er.
Seine Mutter nahm einen Schluck Kaffee.
»Nein«, antwortete sie. »Aber ich habe eine SMS bekommen. Offensichtlich hat sie die Grippe.«
Auch Ola trank von dem Kaffee. Wie gewöhnlich war er zu stark, und wie gewöhnlich kommentierte er das nicht. So machen wir das, dachte er. Wir schweigen über alles, was uns nicht gefällt.
Wir, die wir eine so schwierige Familie sind.
»Sie denkt nur an sich«, sagte er.
Seine Mutter wandte den Blick ab und trank noch mehr Kaffee.
»Patricia hat es nicht so leicht gehabt«, sagte sie.
Auf Olas Brust drückte und zog es. Dass es immer eine Entschuldigung für das Verhalten seiner Schwester gab.
»Das hatte ich auch nicht«, gab er zurück. »Niemand in unserer Familie hat es leicht gehabt. Aber man kann sich trotzdem vernünftig aufführen.«
Seine Mutter öffnete den Mund, um ihm zu antworten, aber er sprach weiter, ehe sie dazu kam:
»Sam und Hillevi sind jetzt bei mir.«
Seine Mutter sah verwirrt aus.
»Ach ja, das ist ja nett«, sagte sie. »Habt ihr was Bestimmtes vor?«
»Nicht nett, Mama«, sagt er. »Die Kita hat darauf reagiert, dass Sam nicht mehr spricht. Sie haben das Jugendamt eingeschaltet.«
Aus dem Gesicht seiner Mutter wich alle Farbe.
»Und das unterstützt du?«, fragte sie. »Im Ernst, Ola?«
»Es ist gut, wenn sich mal jemand um Patricias Situation kümmert. Denn sie kriegt es alleine nicht hin. Das musst du begreifen. Sie säuft und schlampt rum. Und betrügt. Wusstest du das? Dass sie sich im Smögens Hafvsbad mit einem erfundenen Lebenslauf als Konferenzbetreuerin beworben hat?«
Seine Mutter bekam kein Wort heraus, sondern starrte ihn nur an.
Ola nickte.
»Doch, so war es. Und jetzt ist sie gefeuert worden und liegt nur noch zu Hause und raucht und trinkt. Genau wie Papa.«
Da hatte seine Mutter genug.
»Du sitzt jetzt nicht hier und sprichst schlecht über deinen Vater und deine Schwester«, sagte sie. »Das ertrage ich nicht, Ola, nicht jetzt.«
Ola wurde rot.
All diese Wut, wohin würde die sich einen Weg bahnen, wenn seine Mutter nicht mehr war?
»Ich sage ja nur, wie es ist«, sagte Ola. »Und diesmal musst du die Wahrheit ertragen, genau wie wir anderen auch. Patricia ist krank, sie braucht Hilfe. Sie vernachlässigt die Kinder, und sie vernachlässigt sich selbst. So geht es nicht weiter. Deswegen können die Kinder jetzt bei mir wohnen, bis sich alles beruhigt hat.«
Jetzt atmete er rascher. Es sah ihm gar nicht ähnlich, so entschlossen zu sein, das kostete Kraft.
Ich muss es schaffen, dachte er. Ich muss wagen, für mich einzustehen.
Das hatte er in den letzten Jahren zu selten getan, und nun bereute er es. Immer war es Patricia gewesen, die die meiste Aufmerksamkeit verlangt und auch bekommen hatte.
»Warum ist Patricia nach Kungshamn gezogen?«, fragte er.
Seine Mutter zögerte, ehe sie antwortete. Die Wut ließ ihr Gesicht weniger blass wirken.
»Patricia hat uns vermisst«, sagte sie. »Sie hat mich vermisst und dich auch. Das ist ja wohl nicht so verwunderlich. Außerdem bin ich krank. Sie wollte in der Nähe sein jetzt … jetzt wo … wo es bald zu Ende ist.«
Die Stimme seiner Mutter verschwand in einem Flüstern.
Ola holte tief Luft und schüttelte den Kopf.
Seit er zu Hause bei Patricia gewesen war, hatte er wieder und wieder nachgedacht. Über all das, was sie in den letzten Monaten erfunden hatte, und daran, wie sie über Geld geredet hatte, das angeblich unterwegs war.
»Irgendetwas ist passiert«, sagte er. »In Göteborg ist irgendetwas passiert, sodass sie dort nicht mehr bleiben wollte oder konnte.«
Seine Mutter presste die Lippen aufeinander.
»Erzähl es mir«, sagte er. »Erzähl mir, warum Patricia hierhergezogen ist.«
Seine Mutter senkte den Blick.
»Ich weiß es nicht.«
»Blödes Gerede!«
Sie saß lange schweigend da.
»Ich werde nicht gehen, ehe du es mir nicht erzählt hast«, drohte Ola.
Schließlich richtete sie sich auf.
»Ich weiß nicht alles«, sagte sie. »Aber es ging um Sams Papa.«
Ola saß schweigend da. Das hatte Patricia auch zu ihm gesagt.
»Offensichtlich ist er aufgetaucht und hat sie bedroht«, erklärte die Mutter. »Da hat sie natürlich furchtbar Angst bekommen.«
»Moment mal.«
Ola hielt beide Hände in die Luft.
»Glauben wir das?«, fragte er. »Warum sollte Sams Papa so etwas tun? Er hat sich doch niemals weder um Sam noch um Patricia gekümmert.«
Ola nahm einen neuen Anlauf.
»Mama, ich glaube, dass Patricia lügt. Wir müssen …«
»Wir müssen gar nichts«, entgegnete seine Mutter. »Lass ein bisschen Zeit vergehen. Du unterschätzt immer, wie zerbrechlich Patricia ist. Ich habe solche Angst, sie zu verlieren. Schon ganz lange.«
Ola senkte den Blick.
Ich habe solche Angst, sie zu verlieren. Schon ganz lange.
Hier lag nicht Patricias Leben in der Waagschale, dachte Ola, sondern das von Sam.
Oder täuschte er sich?
Sie schwiegen eine Weile. An der Wand tickte eine Uhr, und draußen brach eine vorsichtige Nachmittagssonne durch die Wolkendecke. Hellgelbe Strahlen fanden ihren Weg durch das Küchenfenster.
»Ich würde so gerne verstehen, wie es so weit gekommen ist«, sagte Ola. »Ich kämpfe darum, das Richtige zu tun, damit die Kinder es gut haben. Vielleicht sollten wir versuchen, mit Kevin zu sprechen? Er ist ein mieser Vater, aber trotz allem der einzige Papa, den Sam hat.«
Ola sah, wie seine Ausführungen die Mutter veränderten.
Sie war äußerst angespannt, und ihr Blick verfinsterte sich.
»Denk. Nicht. Einmal. Daran.«
Ola starrte sie fassungslos an.
»Halt Kevin so weit von Sam entfernt, wie du nur kannst. Und dasselbe gilt für das Jugendamt. Die dürfen auch nicht mit Kevin reden. Versprich mir das.«
»Aber …«
»Versprich mir das!«
Jetzt sah sie wild aus, fast verzweifelt.
Ola wusste nicht, ob sie ihm leidtun oder ob er auf sie wütend sein sollte.
»Du musst mir erzählen, was passiert ist«, sagte er. »Ich stehe hier nicht auf, ehe ich weiß, warum ich nicht mit Kevin sprechen darf. Er ist Sams Papa, er hat eine Verantwortung, ob er sie nun will oder nicht.«
Unter dem Tisch ballte er frustriert die Fäuste.
Seine Mutter senkte die Stimme.
»Ola«, sagte sie.
»Ja?«
»Kevin ist nicht Sams Vater.«
Ein paar Augenblicke vergingen. Machte sie Witze?
»Wie meinst du das?«, fragte er.
»Ich meine, dass der Mann, von dem du und ich geglaubt haben, er sei Sams Papa, überhaupt nicht sein Vater ist. Er hat Patricia aufgesucht, weil er und seine Freundin soeben erfahren hatten, dass er zeugungsunfähig ist. Sie hatten ein Jahr lang versucht, ein Kind zu zeugen, und dann ist er untersucht worden. Und da stellte sich heraus, dass er keine Kinder bekommen kann. Er kann nicht Vater werden.«
Ola schüttelte den Kopf.
»Jetzt warte mal kurz. Wie …«
Er unterbrach sich.
»Patricia ist nicht so wie du, Ola«, sagte seine Mutter. »Sie gerät manchmal auf die schiefe Bahn, und sie hat irgendwie gutgläubig gehandelt. Sie dachte wirklich, Kevin sei Sams Vater, und er hat es gekauft. Aber dann stellte sich heraus, dass ein anderer der Vater ist, und da wurde Kevin so wahnsinnig wütend. Er fühlte sich reingelegt. Und Patricia war verzweifelt. Und deshalb ist sie hierhergezogen. Sie musste mal von alldem wegkommen.«
Ola schluckte.
Er fiel ihm schwer zu verarbeiten, was seine Mutter da sagte.
Sie dachte wirklich, Kevin sei Sams Vater, und er hat es gekauft.
»Das ist doch total krank«, sagte er. »Wie … ich begreife es nicht. Wer ist denn dann der Vater?«
»Ich weiß es nicht. Und Patricia offensichtlich auch nicht. Deshalb kein Wort darüber zum Jugendamt oder zur Kita. Ich will nicht, dass da eine Untersuchung veranlasst wird.«
Ola schluckte. Er versuchte, sich nicht von seinem Erstaunen überwältigen zu lassen, zumal er sich gleichzeitig auch gar nicht wunderte. Patricia war immer unmöglich gewesen, sie hatte einfach nichts im Griff.
Er sah seine Schwester vor sich und die Männer, die sie der Familie im Laufe der Jahre vorgestellt hatte. Den hoffnungslosen Typen mit dem frisierten Moped im Gymnasium; den anderen, der das Auto seines Großvaters geklaut hatte, um Patricia zu einem Fest zu fahren; dann den, der Hasch rauchte, sodass man es auf ganz Hovenäset riechen konnte; dann den anderen, der wegen Bankraubs festgenommen wurde. Sams Vater konnte buchstäblich irgendwer sein.
Und vielleicht hatte sie es die ganze Zeit geahnt oder gewusst. Während der ganzen Schwangerschaft war sie ängstlich und labil gewesen.
Du ahnst nicht, wie schlimm es ist.
Das hatte sie gesagt, als Ola sie zur Rede gestellt hatte.
Diesmal hast du dich wirklich selbst übertroffen, Schwesterherz, dachte er. Denn es sind ja nicht nur die Väter der Kinder, bei denen du den Überblick verloren hast.
»Patricia hat zu Hillevi gesagt, sie hätte was Großes am Laufen. Etwas, das eine Menge Geld bringen würde. Weißt du was davon?« fragte er.
Seine Mutter schüttelte schweigend den Kopf.
»Okay«, sagte Ola leise. »Eine Sache noch. Etwas richtig Ernstes. Sam hat verraten, dass er in der Nacht, als Axels Bootshaus abgebrannt ist, hier auf Hovenäset war. Er spricht immer noch nicht, aber er hat auf einen Zeitungsartikel über den Brand gezeigt, und als Hillevi fragte, ob er dort gewesen sei, hat er genickt.«
Genauso gut hätte er seine Mutter schlagen können. Sie wurde so schnell bleich, dass Ola es mit der Angst bekam.
»Entschuldige«, sagte er leise. »Entschuldige, aber ich glaube ihm. Er war hier. Warum, das verstehe ich nicht, und sogar Patricia muss kapieren, dass das ein Fehler war.«
»Was willst du damit sagen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass Sam und Patricia hier waren, als es brannte. Sams Haare haben nach Rauch gerochen. Und … Hillevi hat ein paar blutige Handschuhe gefunden. Aber Sam hat keine Wunden an den Händen, woher also kommt das Blut?«
Seine Mutter sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
»Das fühlt sich wirklich schrecklich an«, flüsterte sie. »Es fühlt sich schrecklich an, seinem Tod so nahe zu sein und zu wissen, dass die eigenen Kinder nicht für sich selbst sorgen können, obwohl sie schon erwachsen sind.«
Olas Sichtfeld verschwamm.
Teufel auch. Teufel, Teufel, Teufel auch, dass alles so schwer sein musste.
Eine Bewegung draußen vorm Fenster lenkte sie beide ab. Ola wandte den Kopf und sah eine Frau mit lockigen Haaren auf dem Fahrrad vorbeifahren.
»Die sah aus wie die Polizistin Maria Martinsson«, sagte seine Mutter.
»Nein«, entgegnete Ola. »Das war sie nicht.«
»Ich weiß, aber sie hätte es sein können.«
»Um ein Verhör zu halten?«, fragte Ola.
Seine Mutter lächelte schwach.
»Oder um Strindberg zu besuchen.«
Ola wandte wieder den Kopf.
»August? Warum das denn? Hat er sich irgendwas zuschulden kommen lassen?«
»Nein, nicht doch«, sagte seine Mutter. »Es ist sicher gut, wenn du dich in diesem Lesekreis engagierst, damit du mal ein bisschen Tratsch mitbekommst. Die sind doch ein Paar.«
Ola merkte, wie ihm der Boden unter dem Stuhl weggezogen wurde.
Die Übelkeit fuhr wellenartig durch seinen Körper.
»Wer ist ein Paar?«, fragte er leise, obwohl er es gar nicht wissen wollte.
»August und Maria«, erklärte seine Mutter. »Die glauben, sie könnten es geheim halten, aber das geht natürlich nicht, wenn es Nachteulen wie mich in der Nähe gibt. Ich habe Maria schon mehrmals mitten in der Nacht mit dem Fahrrad von Hovenäset wegfahren sehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle es wissen.«
Ola spürte, wie der Druck über der Brust stärker wurde.
Dann überkam ihn die Trauer. Die Trauer über alles, was er nicht verstanden hatte, weder bei seiner Schwester noch bei seiner großen Liebe.
Die Leere pochte in ihm, drohte ihn in Stücke zu reißen.
Ich bin so dumm, dachte er. So rettungslos, riesenhaft dumm.
»Und jetzt weiß ich das auch«, flüsterte er.