26. Kerstin

A ll die Menschen, die mir am wichtigsten sind, befinden sich in diesem Raum. Okay. Fast alle. Kristina fehlt, aber die hat ihr Kommen für später angekündigt.

Ich könnte mich rundum glücklich fühlen. Tue ich auch. Aber … ich habe etwas gemacht, wovon ich nicht weiß, wohin es führt. Ich bin ein großes Risiko eingegangen.

Ob die Idee, die ich umgesetzt habe, gut war, werde ich wohl innerhalb der nächsten Minuten erfahren. Ein bisschen Angst habe ich schon, ehrlich gesagt. Ich bin müde und ausgepowert. Die Stunden, bis wir Lena endlich in unseren Armen halten konnten, haben sich schrecklich gezogen. Birgit hatte solche Schmerzen, dass ich es kaum ertragen konnte. Birgit war so stark und ich … habe so ziemlich alle Klischees erfüllt, die man nur erfüllen kann. Bei jeder Wehe habe ich geheult wie ein Schlosshund und als Lenas erste Schreie den Raum erfüllt haben, bin ich umgekippt wie ein Baum, wenn eine besonders starke Windböe an seinem Stamm und seinen Ästen zerrt. Einfach so. Bumm. Und ich lag auf dem Boden.

Dabei hatte ich eigentlich stark sein wollen. Tja, ich bin also doch nicht so stark wie gedacht.

Birgit schaut mich an. In ihrem Blick ruhen tiefe Liebe und Zärtlichkeit.

»Ich liebe dich.«, formen ihre Lippen.

Vorsichtiges Klopfen an die Zimmertür lenkt unsere Aufmerksamkeit voneinander weg. Zeitgleich schauen wir zur Tür, die langsam auf geschoben wird. Mir wird heiß und kalt. Birgit macht den Mund auf und klappt ihn wieder zu. Ihr ungläubiger Blick irrt von mir zu der Frau, die im Türrahmen der offenen Tür steht und wieder zurück. In ihren Augen schwimmen Tränen.

»Steffi.«, haucht sie und behält ihre ehemalige beste Freundin im Blick.

Aus ihren Augen lässt sich nicht ablesen, was in ihr vorgeht und wie sie sich fühlt.

Birgit streckt ihre Arme aus. Steffi kommt mit kleinen Schritten auf sie zu.

»Biggi, ich … «, haucht sie und schluckt.

»Ich habe dich so vermisst.«, sagen Birgit und Steffi wie aus einem Mund.

Sie liegen sich in den Armen. Birgit streichelt über Steffis Rücken, Steffi über Birgits.

»Wer ist das?«, höre ich Torben an Hennes und Ida gerichtet fragen.

»Das ist Steffi. Die beste Freundin von Birgit.«, gibt Ida bereitwillig Auskunft.

Sie wiegt Lena weiterhin in ihren Armen. Obwohl sie genetisch nicht miteinander verwandt sind, weiß ich schon jetzt, dass Ida und Hennes ganz wunderbare große Geschwister sein werden. Hennes wird sie gegen größere Kinder verteidigen und Ida wird sie in Sachen Jungs und Make-up beraten. Ich freue mich auf unsere Zukunft.

Ich bin so müde, dass mir die Augen zufallen.