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Am Sonntag war Saitelhöfer mit seiner Mutter und Kai auf dem Weg ins Tierheim nach Hirschenhain.

»Puh, ist das heiß hier drin. Oder ist es die Aufregung? Schließlich hatte ich seit meiner Kindheit keinen Hund mehr«, sagte seine Mutter, während sie das Autofenster herunterließ. »Da mach dir mal keine Sorgen, Erika«, meinte Kai vom Rücksitz. »Einen Hund zu halten ist fast wie Fahrradfahren. Das verlernt man nicht. Und es ist ja nur ein kleiner Spitz. Wir schauen uns Nellie einfach mal an. Es muss Klick machen. Sonst hat es keinen Sinn.«

»Und wer geht mit dem Hund Gassi oder zum Tierarzt, wenn ich mal nicht kann oder krank bin?«, zweifelte Saitelhöfers Mutter weiter.

»Im Notfall kann Nellie auch zu uns kommen. Und deine Nachbarinnen freuen sich bestimmt, wenn sie ab und zu mal mit ihr spazieren gehen dürfen. Da habe ich schon nachgefragt«, beruhigte ihr Sohn sie.

»Na, du hast ja wirklich an alles gedacht. Mir gehen die Einwände aus«, lachte sie zurück.

Das Tierheim war frisch renoviert und strahlte in einem freundlichen Blau-Weiß.

»Schauen wir mal, was unser Date macht«, sagte Kai und hakte seine Schwiegermutter bei sich unter. Auf einer Bank vor dem Tierheim nahmen sie Platz. Die Tierheimleiterin kam ihnen bereits freundlich lächelnd entgegen und ließ Nellie von der Leine. Die Spitz-Dame ergriff sofort ihre Chance: Zielsicher stürmte sie auf den Entscheidungsträger zu und sprang Saitelhöfers Mutter mit einem Riesensatz direkt auf den Schoß. Von da an ließ sie nicht mehr von ihr ab. Im Handumdrehen hatte sie das Herz der drei erobert. Die Frage, ob der cremefarbene Wirbelwind neues Familienmitglied werden sollte, war bereits nach wenigen Minuten entschieden.

»Das ist wohl Liebe auf den ersten Blick«, sagte die Tierheimleiterin zufrieden. »Ich mache dann noch alles so weit fertig. Wenn Sie wollen, können Sie Nellie schon nächste Woche abholen.«

»Gerne«, antwortete Saitelhöfer für seine Mutter, die geradezu ausgelassen mit dem kleinen Hund Ball spielte.

»So fröhlich habe ich sie schon lange nicht mehr gesehen«, bemerkte Kai.

»Wir sind immer froh, wenn wir die Tiere in gute Hände vermitteln können«, gab sich die Heimleiterin zufrieden. Saitelhöfers Mutter kam mit Nellie auf dem Arm zurück vom Freigehege.

»Frau Saitelhöfer, wir haben die Formalitäten schon geklärt. Sobald Sie wollen, können Sie Ihr neues Familienmitglied abholen«, verabschiedete sie sich.

»Danke. Haben Sie wirklich vielen Dank! Ich freue mich schon sehr auf den Hund«, sagte Saitelhöfers Mutter, und ein paar Tränen blitzten in ihren Augen.