Aber Mama ist nicht da.

Wo bist du?

Drinnen. Ich bin zu Hause. Das Haus hat ein Oben und ein Unten. Oben ist es dunkel. Dort schlafen wir. Oben ist mein Zimmer. Jetzt ist es leer. Oben ist auch Omas Zimmer. Oma ist tot. In ihrem Zimmer sind Sachen und die Katze. Wenn Besuch kommt, sperren wir die Katze in Omas Zimmer ein. Einmal ist die Katze wütend geworden. Sie hat aufs Bett gepinkelt. Wenn ich ins Bett mache, verdreht Mama die Augen. Ich bin keine Katze. Ich mache das nicht absichtlich. Aber Mama wird wütend. Sie zieht mir den Pyjama aus. Sie zieht die Bettwäsche ab. Mama zieht die Bettwäsche sehr schnell ab. Mit der Hand tastet sie die Matratze ab. Da ist ein dunkler Kreis,

Ja. Mama hat die Fenster aufgemacht. Sie sagt immer, damit Luft reinkommt. Luft kann nicht reinkommen, wenn die Fenster zu sind. Ich sitze auf dem Sofa im Wohnzimmer. Ich habe eine lila Hose und eine Bluse an. Mama wollte, dass ich ein Kleid anziehe. Aber ich mag das Kleid nicht. Ich mag Strumpfhosen und Hosen und eine Bluse und eine Weste. Mama sagt, ich habe zu viel Kleidung an. Sie lässt mich nicht in der Strumpfhose schlafen. Sie sagt, dass mir in der Weste heiß wird. Sie bügelt meine Bluse. Ich bürste meine Haare. Ich mag es nicht, wenn die Drähte der Bürste meinen Kopf oder Hals berühren. Ich mag Haarebürsten nicht. Ich möchte, dass Mama sich beeilt. Ich mag es nicht, im Unterhemd zu sein. Ich möchte mich anziehen. Heute habe ich Geburtstag. Oma ist nicht da. Wenn die Katze wütend wird, pinkelt sie sich an. Sie ist eingesperrt. Es ist mein Geburtstag, und ich bin hässlich. Ich habe keine Zähne. Ich habe die Zähne verkauft.

Ich stelle mich schlafend. Aber ich bin immer wach, wenn sie kommt. Sie kommt spät. Sie kauft meine Zähne. Zuerst wackeln sie, dann fallen sie aus. Ich möchte nicht, dass sie ausfallen. Papa sagt, es kommt eine Fee. Er sagt, ich muss brav sein. Die Fee wird Geld unter mein Kissen legen. Ich möchte meine Zähne nicht verkaufen. Das ist keine Fee. Feen haben kein Geld, weil sie nicht arbeiten. Wenn ein Zahn nicht ausfallen will, ziehen ihn Mama oder Papa mit einem Faden heraus. Sie heißen Milchzähne. Das sind also Zähne aus Milch. Vielleicht mag meine Fee Milch. Sie isst Zähne. Alle Zähne, denn alle Kinder in meiner Klasse verkaufen sie. Die Fee ist hungrig. Ich fürchte mich. Was ist, wenn ich keine Zähne mehr habe? Die Fee wird kommen und noch mehr wollen. Sie wird meine Haare mitnehmen. Dann wird sie mir die Finger abschneiden. Vielleicht nimmt sie mich als Ganzes mit. Mama sagt, mir werden neue Zähne nachwachsen. Für große Mädchen. Aber Oma war groß. Ihr sind alle Zähne ausgefallen.

Kinder sind gekommen. Nicht so viele. Die Mädchen sind nicht gekommen. Weil ich etwas Hässliches gesagt habe. Ein paar Jungen sind gekommen, die ich nicht kenne. Sie haben sich im Vorzimmer die Schuhe ausgezogen. Ein Junge hat furchtbar stinkende Füße. Er und seine Schwester haben beide keine Zähne. Auch der Sohn vom Nachbarn ist gekommen. Auch der hat keine Zähne. Hat die Fee ihre Zähne mitgenommen? Kommt sie zu ihnen vor mir oder nach mir? Gibt sie ihnen Geld? Vielleicht haben sie eine andere Fee. Eine richtige Fee. Vielleicht sind sie brave Kinder und haben eine gute Fee. Wir lächeln für das Foto. Wir haben keine Zähne. Ich will, dass Mama kommt. Ich will, dass sie mich umarmt. Sie hat das Fenster offen gelassen, damit Luft reinkommt. Papa hat einen Fotoapparat. Und Mama ist nicht da. Mama ist immer weit weg.

Wo ist Mama?

Mama ist in der Küche. Sie hat eine Torte gemacht. Es ist meine Torte. Ich wollte einen Pinocchio. Ich mag Pinocchio, denn er ist kein richtiger Junge. Er

Schmeckt die Torte gut?

Ich weiß es nicht. Ich hab sie nicht probiert. Ich hab den Geburtstag kaputt gemacht. Ich war böse. Mama hat den Pinocchio in Stücke geschnitten. Sie hat sie in Folie eingepackt, und die Kinder haben meine Torte mitgenommen. Jeder hat ein Stück bekommen. Ich nicht. Ich war böse. Ich hab den Geburtstag kaputt gemacht. Ich sitze auf dem Sofa und schaue die Katze an.

Ja. Ich sitze auf dem Sofa. Die Kinder geben mir Geschenke. Sie sagen: Alles Gute zum Geburtstag! Ich sage Danke. Ich öffne das Geschenkpapier. Papa hält den Fotoapparat. Er will, dass wir lächeln. Wir haben keine Zähne. Wir lächeln. Ich lächle auch. Ein Junge sagt zu mir: Zerreiß das Papier! Aber ich möchte das Papier nicht zerreißen. Ich mache es langsam auf, dort wo das Klebeband ist. Ich passe auf, dass ich das Muster nicht einreiße. Dann falte ich das Papier zusammen. Ich lege es neben mich auf das Sofa. Ich habe ein Bilderbuch bekommen. Ich habe ein T-Shirt bekommen. Ich habe ein Puzzle mit dem Bild von Schneewittchen bekommen. Das Schneewittchen schläft, und neben ihm hockt der Prinz. Sie sind in Stücke geteilt. Man muss sie auseinandernehmen, wenn man damit spielen will. Dann setzt man sie wieder zusammen. Man darf kein einziges Teil verlieren, weil da sonst ein Loch ist. Was sagt man?, fragt mich Papa. Danke, sage ich. Danke schön. Danke schön. Danke. Ich möchte, dass Mama da ist. Ich halte eine Schachtel in der Hand. Ich möchte sie nicht aufmachen.

Sie ist groß. Ich halte sie im Schoß. Das Papier ist golden. Ein schönes Papier. Ich möchte es mir aufheben. Wenn ich das Klebeband abreiße, geht das Papier kaputt. Ich ziehe es langsam ab. Mama ist nicht hier. Oma ist tot. Wenn Oma leben würde, würde sie die Schachtel öffnen. Die Fee würde meine Zähne nicht kaufen. Omas Zimmer ist neben meinem. Sie hört alles. Aber ihr Zimmer ist jetzt leer. Darin ist die Katze, weil wir Besuch haben. Die Katze ist eingesperrt. Auch die Schachtel ist zu. Ich möchte sie nicht aufmachen.

Langsam. Nimm zuerst das Papier ab.

Ich habe das Papier abgenommen. Es glänzt. Ich möchte es für das Häuschen verwenden. Ich habe ein Puppenhäuschen. Oma hat es gekauft. Es hat drei Stockwerke. Das goldene Papier wird eine Tapete. Unten. Oben gibt es keine Tapete. Oben ist es dunkel. Omas Katze stiehlt manchmal Möbel aus meinem Häuschen. Mama hat gesagt, ich muss den Puppen etwas anziehen. Sie können nicht nackt sein. Die Puppen haben keine Zähne. Ihr Mund ist zu. Immer. Wenn mein Mund zu wäre, würde die Fee nicht kommen.

Die Schachtel ist weiß mit roten Punkten. Alle schauen mir zu. Mama ist nicht da. Mama verziert den Pinocchio. Ich höre sie. Ich bin wie Oma, ich höre alles. Ich habe den Geburtstag kaputt gemacht. Mama ist wütend. Es gibt keine Torte mehr. In meinem Mund wackelt ein Zahn. Ich möchte keine Zähne aus Milch. Das Essen ist schwer. Ich rede komisch. In der Schule will ich nicht reden. Die Lehrerin fragt mich, warum ich noch nicht nach Hause gegangen bin. Der Unterricht ist zu Ende. Sie fragt mich, ob mich jemand abholen kommen soll. Nein, niemand kommt mich abholen. Ich wohne in der Nähe. Ich gehe allein. Ich bin ein großes Mädchen. Die Lehrerin weiß nicht, dass ich ins Bett mache. Ich habe zu ihr gesagt, dass ich groß bin. Meine Nase wächst nicht, weil ich nicht aus Holz bin. Ich kann lügen. Meine Zähne wackeln. Kann ich die Hausaufgabe hier machen? Nein, du musst nach Hause gehen, deine Eltern machen sich bestimmt Sorgen. Ich gehe lange. Ich gehe ums Haus herum. Ich setze mich auf die Schaukel im Park. Es muss mich niemand anstoßen, ich kann schon allein schaukeln. Es kommt auf die Knie an. Im Gras

Warum willst du nicht nach Hause gehen?

Zu Hause ist die Fee. Oma ist tot. Mein Zahn wackelt.

Kannst du die Fee beschreiben? Wie sieht sie aus?

Ich sehe sie nicht. Es ist dunkel. Ich stelle mich schlafend. Die Fee ist groß. Sie stinkt nach Zigaretten. Sie nimmt meine Zähne und legt Geld unter das Kissen. Mir ist kalt. Ich möchte mich zudecken. Die Fee hat große Hände. Sie sind kalt. Und grob. Oma ist tot und hört nichts mehr. In ihrem Zimmer ist die Katze. Die Katze von einem Mädchen aus der Klasse ist gestorben. Sie haben sie in der Waschmaschine eingesperrt, und sie ist erstickt. Manche Kinder haben gelacht. Mich hat das fürchterlich erschrocken. Unsere Waschmaschine ist riesig. Passe ich da hinein?

Noch mal zurück. Wie sind die Hände der Fee?

Grob. Und kalt. Die Fee sucht immer etwas. Sie hat meinen Zahn unter dem Kissen gefunden. Langsam, um mich nicht aufzuwecken. Aber ich bin wach, ich stelle mich nur schlafend. Die Fee lässt mir Geld da. Sie schaut mich gern an. Sie nimmt gern meine Hand. Die Fee ist groß, und ihr Schatten ist an der Wand. Der Schatten hat keine Flügel. Deshalb weiß ich, dass meine Fee keine richtige Fee ist. Richtige Feen haben Flügel, und sie haben kein Geld. Pinocchios Fee hat schöne Hände. Sie kauft nichts. Sie ist eine Zauberin. Meine Fee ist nicht zauberhaft. Sie mag es, meine Hand zu halten. Mir ist kalt. Ich möchte mich zudecken, aber dann würde sie wissen, dass ich nicht schlafe. Ich will sie nicht wütend machen. Wenn die Katze die Tür aufmacht, erschrickt die Fee und geht. Dann decke ich mich zu. Am Morgen lege

Langsam, alles der Reihe nach. Du sitzt auf dem Sofa. Du hältst eine weiße Schachtel mit roten Punkten.

Die Schachtel ist leicht. Papa sagt, ich soll sie aufmachen. Mama ist nicht da. Ich will, dass Mama kommt.

Mach die Schachtel langsam auf.

Ich will nicht. Drinnen ist ein Monster, das herausspringt. Ich habe den Geburtstag kaputt gemacht. Mama wird meinen Pinocchio in Stücke schneiden. Die Kinder werden nach Hause gehen. Mein Zahn wackelt. Ich möchte ihn hinunterschlucken. Aber die Fee wird das erfahren. Sie wird trotzdem kommen. Ich habe Angst. Ich möchte die Schachtel nicht aufmachen. Oma ist gestorben, und sie ist nicht da. Oma hat Mozartkugeln gegessen. Mama war wütend auf Oma. Sie hat gesagt, Oma ist krank, und sie

Ist die Fee böse?

Ja. Sie ist schlimm. Niemand weiß, dass die Fee schlimm ist. Wenn mir alle Zähne ausfallen, wird die Fee nicht mehr kommen. Mein Zahn wackelt. Ich taste mit der Zunge danach. Ich habe Geburtstag, und ich wünsche mir, dass mir der Zahn nicht ausfällt. Nur das wünsche ich mir. Aber aus der Schachtel ist ein Monster gesprungen. Ich bin erschrocken. Der Zahn ist mir ausgefallen. Ich schreie.