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»Scheiße«, schimpfte Wagner, als er sich an der Hauswand entlang zum vereinbarten Treffpunkt vortastete. Es hatte länger gedauert als erwartet. Die Dunkelheit im Gebäude, die auf sein Konto ging, hatte auch ihn selbst ausgebremst. Und das nur, weil er im Eifer des Gefechts die Taschenlampe im Wagen hatte liegen lassen. Egal, die Geräusche aus dem Zellentrakt sagten ihm, dass die Befreiung ein Kinderspiel sein würde. Das Gefängnis versank im Chaos.
Endlich hatte er den Treffpunkt erreicht, die Schleuse mit der Tür, die … offen stand? Verdammt, er hatte McMillan doch ausrichten lassen, dass er warten sollte. Hatte der schottische Dickschädel mal wieder mit dem Kopf durch die Wand gemusst? Aber womit hatte er die Tür überhaupt geöffnet?
Da hörte Wagner die Schreie. Sie waren lauter als die Stimmen aus dem Hauptgebäude. Und näher. Es waren Schreie, die ihm durch Mark und Bein gingen. Todesschreie. Wo war McMillan? So schnell er konnte, rannte er nach draußen, bog um eine Ecke und sah das Feuer. Auf dem Vordach, etwa fünf Meter über ihm, brannte ein Mensch. Lichterloh. Wie eine Fackel. Schrie, torkelte, ruderte mit den Armen. Aber da war noch mehr. Wagner schluckte. Zwei dunkle Gestalten standen ebenfalls auf dem Dach und sahen ruhig dabei zu, wie der Mensch vor ihnen bei lebendigem Leib verbrannte. Wagner verstand noch nicht, was da genau vor sich ging.
Die brennende Gestalt näherte sich dem Rand des Daches. Nun erkannte er auch die Stimme des Mannes, der so markerschütternd schrie: Es war McMillan. Mit einem letzten, erstickten Laut stolperte der Schotte über den Abgrund hinaus und raste wie ein Feuerwerkskörper auf den Boden zu. Er schlug so hart auf, dass die Funken in alle Richtungen stoben. Wagner wich einen Schritt zurück. Was ihn noch viel mehr schockierte als der Anblick seines brennenden Kameraden, war die Erkenntnis, dass er nun ganz allein war.