NEBENEINANDER, ÜBEREINANDER ­& DURCHEINANDER

Für größtmögliche Artenvielfalt müssen im Garten die Lebensbedingungen vieler verschiedener Tier- und Pflanzenarten erfüllt sein. Alles im Garten bietet Lebensraum – das muss man sich einfach mal klarmachen: Bäume, Sträucher und alle anderen Pflanzen sowie Elemente aus Holz, Stein oder sonstigem Material. Diese Strukturen bestehen aus verschiedenen Materialien, sind lebendig und wachsen oder sind unbelebt und beständig. Auch verschiedene Substrate wie Sand, Kies oder Erde sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere, je nach Nährstoffgehalt, Feuchte und Konsistenz, was besonders für grabende Insekten und andere Tiere wichtig ist. Vertikale Strukturen haben Sonnen- und Schattenseiten, sodass hier verschiedene Mikroklimata entstehen, die wiederum eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren ansprechen.

In der freien Natur ergeben sich diese kleinen Lebensräume manchmal nur für kurze Zeit, manchmal über Jahrzehnte oder sogar noch länger. Tiere und Pflanzen nutzen diese Gegebenheiten, wenn sie ihre artspezifischen Lebensbedingungen erfüllen. Alle Strukturen im Garten bieten für sich oder in Kombination unterschiedliche ökologische Nischen. Je größer die Nischenvielfalt, umso größer die Artenvielfalt.

Viel bringt viel

Ein strukturreicher Garten entsteht ganz einfach über die Gestaltung mit verschiedenen Elementen. Strukturreichtum ist das Zauberwort. Das fängt bei der Entscheidung für einen Obstbaum oder eine gemischte Hecke an und endet keineswegs mit dem Bau einer Trockenmauer. Unter der Hecke könnte es noch einen Reisighaufen geben, am Baumstamm einen Nistkasten und auf der Trockenmauer bietet eine Wurzel Verstecke für eine Vielzahl von Tieren.

Es ist offensichtlich, dass ein Garten mit eintöniger Rasenfläche und eckiger Thujahecke wenig zu bieten hat. Was aber tun, wenn man nun mal eine alte eingewachsene Hecke vom Vorbesitzer „geerbt“ hat? Schon ein mit Naturstein eingefasstes Beet, in dem Sträucher „mit Mehrwert“ für Vögel, also Dornen als Schutz und Beeren als Nahrung, und heimische Wildstauden für Insekten wachsen dürfen, wäre eine sinnvolle Ergänzung zur immergrünen Hecke im Hintergrund. Immerhin brütet vielleicht ein Grünfink in der Hecke! Wer einen Garten neu anlegt, sollte von vornherein anders gestalten und zum Beispiel statt Thuja oder Kirschlorbeer heimische, vogelfreundliche Sträucher wie Hasel, Weißdorn oder Kornelkirsche pflanzen.

Alles im Garten bildet Strukturen – je bunter und abwechslungsreicher, umso vielfältiger.

Strukturen im Garten können immer wieder erneuert, bereichert und ergänzt werden. Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Statt ebenerdigem Gemüsebeet ein Hochbeet mit Natursteinmauer anlegen, schon sind Struktur und Funktion sinnvoll kombiniert. Sehr häufig ergeben sich Strukturen ganz nebenbei, wenn für Konstruktionen Material wie Natursteine oder Holz verwendet werden anstatt Beton, Stahl oder Kunststoff. Eine Wurzel oder eine Steinpyramide sind nicht einfach nur Dekoration, sondern ganz automatisch kommen Tiere, um hier Unterschlupf oder Nahrung zu suchen oder ein sonniges oder schattiges Plätzchen zu finden.

Ein paar Stammabschnitte sorgen für eine wertvolle Struktur und bereichern das Gartenbild.

Strukturen kombinieren, Möglichkeiten potenzieren

Das häufige Argument, Artenvielfalt ginge nur in einem großen Garten, lässt sich leicht widerlegen. Strukturreichtum ist unabhängig von der Größe eines Gartens. Auf kleiner Fläche können viele verschiedene Mini-Lebensräume vorkommen, indem sie miteinander verbunden sind. Durch stehendes Totholz oder Fassadenbegrünung wird der Platz in verschiedenen Höhen ausgenutzt. Holz und Steine lassen sich auch auf kleiner Fläche wunderbar kombinieren. Ein Igelhaus im Steinhaufen mit Wurzel darüber benötigt nicht einmal zwei Quadratmeter. Darüber wächst dann noch ein Holunderbusch, und schon hat man auf kleiner Fläche ein großes Angebot an Versteckmöglichkeiten für Tiere am Boden, dazu Blüten für Insekten, Nistplatz und Beeren für Vögel.

Je strukturreicher ein Garten ist, umso mehr Tierarten können hier Platz zum Leben und Nahrung finden. Vor allem die Wirbellosen, am Ende wiederum Nahrung für Vögel, brauchen diese Lebensräume.