Anwesende: Belinda Schwarz, polizeiliche Sachbearbeiterin, Bernhard Scherrer, Beschuldigter, sowie Pflichtverteidiger Markus Kerner

»Sagt Ihnen der Name Peter Lanzmann etwas?«

»Nein.«

»Sie haben ihn noch nie gehört?«

»Ich habe keine Ahnung, wer das sein soll.«

»Ihre Frau hat sich ebenfalls mit ihm getroffen, seit Anfang November, sie waren zusammen intim. Er war ihr zweiter Liebhaber.«

»Ich kann das nicht glauben.«

»Sowohl Ihre Frau wie auch Peter Lanzmann haben bestätigt, dass sie bei Ihnen zu Hause im Ehebett Sex miteinander hatten.«

»Sie haben mit meiner Frau darüber gesprochen?«

»Ja.«

»Sie hat zugegeben, dass sie eine Affäre hatte?«

»Zwei Affären. Nicht von Anfang an, sie hat es zunächst geleugnet. Sie sagte – ich verlese aus dem Protokoll: ›Bei der ersten Einvernahme dachte ich, das hat nichts mit der Sache zu tun, es sei nicht wichtig, es zu sagen.‹ Später erklärte sie wörtlich: ›Ich hatte zwei außereheliche Beziehungen.‹«

»Sie haben sie zu dieser Aussage gedrängt.«

»Nein, wir haben ihr einzig die Abschriften ihres

»Und warum reiben Sie mir das unter die Nase? Warum freuen Sie sich darüber, dass ich der betrogene Ehemann sein soll?«

»Ich freue mich nicht darüber, dass Sie betrogen wurden. Mich interessiert einzig, ob Sie davon wussten.«

»Ich weiß nichts davon und ich will es auch nicht wissen. Ich will Ihnen nicht glauben.«

»Ihre Frau hat einen Mann mit nach Hause genommen, mit in Ihr Bett genommen, und Sie wollen nichts davon gemerkt haben?«

»Nein, verdammt noch mal! Ich bin wohl nicht der erste Mann auf dieser Welt, der nichts davon mitkriegt, dass seine Frau fremdgeht. Und wenn es stimmt, was Sie behaupten, dann hat das ja gerade erst angefangen, das war ein Ausrutscher, das hatte nichts zu bedeuten, wie hätte ich da was merken sollen?«

»Können Sie sich vorstellen, warum Vera sich gleich zwei außereheliche Beziehungen gesucht hat?«

»Nein. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass sie das getan hat. Hat sie Ihnen den Grund dafür genannt?«

»Sie sagte Folgendes aus, ich zitiere: ›Ich fühlte mich allein und von meinem Mann vernachlässigt. Die anderen Männer schenkten mir Aufmerksamkeit, ich fühlte mich wohl bei ihnen, mit ihnen konnte ich über alles sprechen. Es ging nicht nur um Sex, sondern auch ums Zuhören. Mit meinem Mann konnte ich keine solchen Gespräche führen.‹ Was sagen Sie dazu?«

»Was soll ich dazu sagen? Falls das stimmt, macht es mich traurig. Vielleicht hätte ich aufmerksamer sein sollen. Aber ist das nicht in allen Beziehungen so, dass man nach vielen Jahren nicht mehr so viele Gesprächsthemen hat wie noch

»Sie haben diese ›neue Aufregung‹ nie gesucht?«

»Nein. Ich war Vera immer treu.«

»Und Sie behaupten, nichts von Veras Untreue gewusst zu haben?«

»Ich wusste nichts von irgendwelchen Liebhabern.«

»Ist es nicht eher so, dass Sie bloß nicht zugeben wollen, dass Sie sehr wohl Bescheid wussten? Weil Sie damit über ein Motiv für die Tat verfügen? Sie wussten, dass Ihre Frau Sie betrog, dass sie Sie verlassen und ein neues Leben beginnen wollte – darum töteten Sie die Kinder, damit Vera sie nicht mit sich nehmen konnte. Sie sollte nicht das haben, was sie Ihnen wegnehmen wollte. Das gönnten Sie Ihrer untreuen Frau nicht, Sie hätten es nicht ertragen. Vielleicht haben Sie die Tat gar nicht geplant. Vielleicht war es eine Kurzschlussreaktion.«

»Hören Sie auf!«

»Hat Ihre Frau Ihnen an Heiligabend eröffnet, dass dies Ihre letzte gemeinsame Weihnacht sein wird? Dass sie mit den Kindern ausziehen werde? Das konnten Sie nicht zulassen. Also sind Sie mitten in der Nacht aufgestanden und haben zuerst die Kinder erstickt und danach einen Einbruch fingiert, um von sich abzulenken. Sie legten sich zurück ins Bett und warteten darauf, dass Ihre Frau aufwachte.«

»Schweigen Sie!«

»Ich frage mich, warum Sie Ihre Frau nicht auch gleich getötet haben. Weil es schwieriger ist, einen Erwachsenen umzubringen als ein wehrloses Kind? War das Ihr ursprünglicher Plan gewesen, nach dem Mord an den Kindern Ihre Frau und schließlich sich selbst zu töten? Doch dann hatten Sie nicht mehr den Mut oder die Kraft dazu?«

»Oder war Ihre Absicht perfider, dachten Sie, Sie könnten notfalls Vera die Schuld zuschieben, falls man Ihnen den Einbruch nicht abkaufen sollte?«

»So ein Unsinn, meine Frau würde das nie tun, niemand würde glauben, dass sie es war.«

»Ich möchte Sie zu einem anderen Vorfall befragen.«

»Vorfall?«

»Ist es richtig, dass Sie von Ihrer Frau mit einer Geliebten ertappt worden sind? In flagranti?«

»Wer behauptet das?«

»Ist es richtig?«

»Nein!«

»Ist es richtig, dass es zu einer Handgreiflichkeit zwischen den beiden Frauen gekommen ist?«

»Welchen beiden Frauen? Was reden Sie da?«

»Sagen Sie mir, um welche Frau es dabei ging. Früher oder später werden wir es sowieso herausfinden.«

»Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden und worauf Sie hinauswollen.«

»Wir haben dazu eine klare Aussage. Bestreiten Sie noch immer, eine außereheliche Affäre oder Beziehung geführt zu haben?«

»Ich hatte keine Affäre. Nie!«

»Das allein wäre kein Verbrechen, Sie können es ruhig zugeben.«

»Nein, ich kann das nicht ruhig zugeben, weil es gelogen wäre. Ich hatte keine Affäre. Und ich lüge hier nicht rum. Es ist die Wahrheit, was ich Ihnen sage.«

»Über wie viele Mobiltelefone verfügen Sie?«

»Eines.«

»Nicht ein privates und eines fürs Geschäft?«

»Nein, nur eines.«

»Sie werden nichts herausfinden, weil es nichts herauszufinden gibt. Ich hatte ein Handy. Das haben Sie beschlagnahmt. Mehr gibt es nicht.«

»Behaupten Sie auch weiterhin, dass da ein Einbrecher war?«

»Ja, weil es anders nicht gewesen sein kann.«

»Dann nennen Sie mir bitte einen einzigen Grund, warum ein Einbrecher Ihre Kinder töten sollte.«

»Es ist unerklärlich. Vielleicht, weil sie aufgewacht sind und ihn gestört haben. Das habe ich Ihnen doch schon erzählt.«

»Wäre er da nicht eher so schnell wie möglich wieder verschwunden?«

»Ich weiß es nicht, weiß es wirklich nicht. Vielleicht war er auch ein Psychopath, ein Kranker, psychisch gestört. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum jemand meine Kinder tötet.«

»Morde an Kindern sind in vielen Fällen familiäre Delikte.«

»Nicht in diesem Fall.«

»Väter töten Kinder aus Rache an der Frau, aus einer Verlustangst heraus, oft vor Trennungssituationen.«

»Es ist mir egal, was andere Väter tun. Ich kann nur für mich sprechen. Und ich sage Ihnen: Ich habe meine Kinder nicht umgebracht.«

»Sie tun sich keinen Gefallen, wenn Sie nicht gestehen.«

»Ich kann nicht gestehen, was ich nicht getan habe. Warum begreifen Sie das nicht? Ich hatte keine Affäre, ich wusste nichts von den Affären meiner Frau und ich habe Sophie und Noah nicht getötet.«

»Wenn Sie es nicht waren, dann muss es Ihre Frau gewesen sein.«

»Sie irren sich.«