immer noch 2 Jahre vor dem Ereignis –,

sagte Kemal zur gleichen Zeit

in London. Er sagte oft: »SO « – nach anfänglicher ironischer Verwendung war es ein Tick geworden. Gerade hatten die Freunde auf einer Herdplatte Nudeln gekocht,

die Luft war feucht und roch nach Tomatenmark, und wenn Kemal an eine bessere neue Welt dachte, dann stellte er sich den Zustand vor, in dem er sich seit Wochen befand. Nah mit anderen Menschen, die er irgendwie mochte, nicht mehr allein mit der Ratlosigkeit und

dem verzweifelten Wunsch, die Einsamkeit loszuwerden. Darum stellten die Menschen Familien her und Karrieren, gingen kegeln oder tanzen, marschierten in Kriege und alles, um sich abzulenken von der Frage: »Und nun?«

Kemal hatte in den letzten Wochen studiert.

Was Leute wie er so unter Studieren verstanden.

Er hatte sich im Netz das Vokabular von Ökonomie, Volks- und Rechtswissenschaften angeeignet. Was nicht besonders schwierig war, denn an den meisten Universitäten wurde Wirtschaft auf der Basis der großen liberalen Denker, Friedrich Hayek – und dem Vertreter der Chicagoer Schule Milton Friedmann, gelehrt. Friedmann war der Berater von Margaret Thatcher und Ronald Reagan.

Wirtschaftswissenschaften oder Ökonomie zu studieren, war ohnehin ein unbedachter Spaß.

Wollte man nicht in den Redaktionen einer Onlinezeitung landen oder eine Autovermietung eröffnen nach dem Studium, kamen nur wenige Hochschulen infrage – die sogenannten Kaderschmieden, in denen überwiegend weiße männliche Jungen studierten, die aus Familien stammten, deren männliche weiße Vorfahren meist auf derselben Universität gewesen waren und das Prinzip der Gier erlernt hatten. Die Elite der Firmenchefs, Wirtschaftsanwälte und CEO s weltweit blieb seit Generationen unter sich.

Die Harvard Business School warb nicht mit Sätzen wie: »Bei uns lernen Sie die Grundlagen Ihres späteren Wohlstands: Steuervermeidung und Aktienhandel« – sondern

sie versprach den Absolventen, Teil eines lebenslangen Netzwerks zu sein und nach dem Abschluss mit einem Gehalt von hundertfünfzigtausend in ihr Leben zu starten, das aus der Vermehrung von Geld bestehen würde.

Willkommen in der Verzweiflung,

dachte Kemal, als Rachel ihm die Websites der Firmen zeigte, die AG -Mäntel verkauften. Das pure Elend schrie einen von dem Wordpress-Massaker an. Fantasiewappen, goldene Schrift auf schwarzem Grund – Hallo, kaufen Sie diese prächtige Pferdeleiche. Sie riecht noch nach dem Ruin ihres Vorbesitzers – eines windschnittigen Anfangzwanzigjährigen mit einem Porsche-Leasingvertrag, der davon geträumt hatte, im großen Stil Steuern zu hinterziehen. Nichts da. Firma vor die Wand gefahren, und los geht es wieder von vorne. Gym, Krawatte um, kalt geduscht und die gebleichten Zähne gezeigt.

Mäntel sind das neue Gründen.

Sagte Kemal und kaufte noch einige, um zusammen mit Rachel eine solide Finanzarchitektur für die Gruppe zu errichten.

»Fertig.«

Sagte

Ben.

Die Einladung war raus

und nach ein paar Wochen,

also