Kapitel 12
Mila
„Halt die Klappe und steig ins Auto“, sage ich.
„Oh, also erteilst du mir jetzt Befehle?
„Gut erkannt.“
„Aha, und wie lässt sich das mit der Tatsache vereinbaren, dass ich am Steuer sitze?“
Ich stampfe mit dem Fuß auf und stoße einen verärgerten Seufzer aus - obwohl ich die ganze Zeit über in mich hineinschmunzle. Er macht einen auf stur - Logans Modus Vivendi eben.
Ich bin jetzt im sechsten Monat schwanger - was bedeutet, dass ich mich die meiste Zeit über wie eine aufgeblasene Seekuh fühle. Das macht mich zugegebenermaßen ein wenig mürrisch. Vielleicht habe ich deswegen das Gefühl, das Logan noch sturer und aufmüpfiger ist als gewöhnlich- aber wohl nur ein bisschen. Denn ‚stur und aufmüpfig‘ ist eine recht treffende Charakterisierung für diesen Mann, ganz ehrlich.
„Wohin gehen wir?“, fragt er.
„Das sage ich dir, wenn wir dort sind.“
„Und was ist mit Otis?“
„Er sieht sich Animal Planet an“, antworte ich. „Er ist gut mit Futter und Wasser versorgt. Und jetzt lass uns gehen.“
Ich stoße ihn von hinten an und zwinge ihn, über die Einfahrt zu seinem Geländewagen zu gehen. Wenn er wirklich nicht gehen wollte, könnte er einfach stehenbleiben, und ich hätte keine Chance, ihn in Bewegung zu setzen. Aber er will sich anscheinend einfach nur um der Sturheit willen stur stellen - aus Prinzip, sozusagen.
Der fast volle Mond steht hoch am Himmel und die Luft ist kühl für eine Märznacht. Die Nacht ist perfekt für diesen Zweck. Da es eine der wenigen Nächte ist, die sich perfekt für meine Zwecke eignen, lasse ich keine Widerrede gelten. Ich habe einen netten, lustigen Abend für uns geplant und will loslegen.
Logan kichert, öffnet mir aber die Tür auf der Beifahrerseite und hilft mir hinein. Mit einem Lächeln gleite ich mitsamt meinem Blähbauch hinein, bevor er die Tür hinter mir schließt. Einen Moment später setzt er sich hinter das Lenkrad, lässt den Motor an und sieht mich an.
„Wohin fahren wir denn jetzt?“, fragt er ungeduldig.
„Den Berg hinunter“, sage ich.
„Und wenn wir den Berg hinuntergefahren sind, wohin fahren wir dann?“
Ich zucke mit den Schultern. „Das sage ich dir, wenn wir unten sind“, antworte ich neckisch. „Wie wäre es damit?“
„Ich bin kein großer Fan von Überraschungen. Das hätte ich dir wahrscheinlich mittlerweile sagen sollen“, sagt er.
Ich zucke mit den Schultern. „Nun, du wirst dich wohl an sie gewöhnen müssen, mein Großer.“
Er lacht, legt den Gang ein und verlässt seine Einfahrt. Die Fahrt den Berg hinunter dauert etwa eine halbe Stunde, und es dauert weitere zwanzig Minuten, bis wir einen Parkplatz finden. Das Gespräch ist jedoch entspannt, locker und zum Glück frei von jeglichem Gerede über Alexander.
Seit fünf Monaten hat sich Alexander nicht mehr gerührt. Hoffentlich war der Anruf nur eine einmalige Sache und er hat keine Ahnung, wo ich bin. Logan ist nach wie vor nicht davon überzeugt, aber ich versuche, optimistisch zu sein. Dem Baby zuliebe - und um meines eigenen Seelenheils willen.
Der heutige Abend fühlt sich tatsächlich wie ein richtiges Date an. Nicht, dass ich viele Vergleichsmöglichkeiten hätte. Ich meine, ich hatte kein richtiges Date mehr, seit ich auf dem College war und Alexander mich umwarb.
Nach Alexanders Anruf haben Logan und ich versucht, ein so privates Leben wie irgend möglich zu führen. Meistens gehen wir ins Kino und bleiben mit Otis zu Hause - nicht, dass mich das großartig stören würde.
Logan öffnet mir die Tür und hilft mir dabei, aus dem Auto zu klettern. Dafür, dass ich eine so starke und unabhängige Frau sein will, muss ich mich in letzter Zeit doch sehr auf Logan verlassen, was meine Fortbewegung angeht. Ehrlich gesagt ist mir das ein bisschen peinlich, aber er ist ja auch mitverantwortlich für diese Situation, also hält sich meine Scham diesbezüglich in Grenzen.
Er schließt die Tür, verriegelt den Geländewagen, und überrascht mich dann, indem er meine Hand ergreift, als wir gemeinsam den Bürgersteig hinuntergehen. Obwohl wir schon seit Monaten gemeinsam zu Arztterminen gehen, gelegentlich ausgehen und uns ständig sehen, kann ich nicht leugnen, dass mein Herz rast und mein Körper kribbelt, während wir uns auf den Weg machen.
„Also“, sagt er. „Wirst du es mir jetzt sagen?“
„Ich glaube nicht, dass das nötig ist“, sage ich. „Spitz einfach die Ohren.“
Ich deute ihm an, stehenzubleiben, neige den Kopf und lausche der Musik, die in der Luft liegt. Ein zaghaftes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus, als er die Geräusche des Karnevals hört, der in vollem Gange ist.
„Ein Karneval?“, fragt er.
Ich nicke. „Das jährliche Frühlingsfest in Pickens“, sage ich. Ein Schatten huscht über sein Gesicht, und seine Mundwinkel wandern nach unten. Er wirkt plötzlich ein wenig angespannt und unbehaglich.
„Was ist los?“, frage ich.
Er stößt einen Seufzer aus. „Früher habe ich Kostümfeste geliebt“, sagt er. „Insbesondere Halloween. Wir haben uns jedes Jahr dafür richtig ins Zeug gelegt.“
„Früher?“
Er nickt. „Ja. Halloween ist die Nacht, in der Shania - starb“, sagt er.
Und mit einem Mal bricht die lustige, unbeschwerte Stimmung, in der wir waren, wie ein Kartenhaus zusammen. Es liegt plötzlich eine Spannung und Schwere in der Luft, die dicker ist als der Nebel am Golden Gate, und Logan sieht so betrübt aus, als hätte ich ihn gerade zum unglücklichsten Mann der Welt gemacht.
„Seitdem habe ich kein Halloween mehr gefeiert und bin auch nicht mehr zu Karnevals oder anderen Kostümfesten gegangen“, sagt er. „All die positiven Assoziationen, die ich mit ihnen verband, waren einfach wie weggeblasen. Ich glaube, wir waren letzten Oktober zu sehr mit Alexanders Telefonanruf beschäftigt, um über meine Vergangenheit zu sprechen.“
Ich möchte mir am liebsten selbst in den Arsch treten oder mir die Haare ausreißen. Vielleicht beides. Ich hatte keine Ahnung, dass seine Verlobte an Halloween gestorben ist, oder dass er Karneval mit ihrem Tod in Verbindung bringen könnte. Ich weiß, dass ich das nicht wissen konnte, aber zu wissen, dass ihm das so viel Kummer und Schmerz bereitet, ist ein Stich ins Herz und sorgt dafür, dass ich mich schäbig fühle.
„Es tut mir leid. Ich dachte, wir könnten ein bisschen Spaß haben“, sage ich betroffen. „Ich habe nicht -“
Er legt seine Finger unter mein Kinn und hebt meinen Kopf an, so dass wir uns direkt in die Augen sehen. In seinen blaugrauen Augen liegt eine Intensität, die mich sofort zum Schweigen bringt und mein Herz in ihren Bann zieht. Wir stehen für einige lange Momente bewegungslos und mit aufeinander fixierten Blicken da. Ich halte den Atem an und warte darauf, dass er etwas sagt oder tut.
Er überrascht mich, als er sich plötzlich nach vorne beugt und seine Lippen auf meine presst. Wegen meines wachsenden Bauches kann er mich nicht wirklich an sich ziehen und fest umarmen, also begnügt er sich damit, sich für einen langen Kuss an mich zu lehnen. Gott segne ihn. Der Kuss ist keusch. Sanft. Aber er vermittelt dennoch eine Menge Gefühle. Langsam zieht er sich zurück, und auf seinen Lippen zeigt sich der schwache Anflug eines Lächelns.
Er legt seine Hand auf meinen Bauch und streichelt ihn sanft. Sein Lächeln wird tiefer, ebenso wie der Ausdruck von Liebe und Ehrfurcht, der sich auf seinem Gesicht abzeichnet. Als er zu mir aufschaut, rauben mir seine Augen und sein beinahe verzückter Blick geradezu den Atem.
„Vielleicht ist es an der Zeit, neu anzufangen“, sagt er. „Neue, schöne Assoziationen zu schaffen. Ein neues Kapitel für uns alle zu beginnen.“
Ich habe das Gefühl, dass ich kurz vor dem Hyperventilieren stehe. In seinen Worten steckt so viel Schmerz und Entschlossenheit. Er sagt es nicht auf gönnerhafte Art und Weise oder versucht mich nur zu beruhigen. Es ist offensichtlich, dass er es ernst meint. Ich kann ganz deutlich sehen, wie verletzt er immer noch ist. Er leidet immer noch. Aber ich sehe auch, dass er bereit ist - oder zumindest nahe dran ist -, ein Kapitel seines Lebens hinter sich zu lassen und ein neues aufzuschlagen.
Eines, das mich einschließt.
Als mir das bewusst wird, wird mir ganz schwindelig. Ich kann nicht leugnen, wie glücklich es mich macht.
„Ich denke, das ist eine gute Idee“, antworte ich leise.
„Ich auch“, sagt er und drückt mir einen sanften Kuss auf die Nasenspitze. „Also, lass uns das tun.“
***
Dann springt plötzlich ein Mann mit einer Hockeytorwartmaske aus der Dunkelheit und dreht seine Kettensäge, keinen Meter von uns entfernt. Ich flippe regelrecht aus und stoße einen markerschütternden Schrei aus. Logan überschlägt sich vor Lachen und klopft sich auf die Schenkel, als wäre es das Lustigste, was er je gesehen hat. Ich gebe ihm einen Klaps auf die Schulter und werfe ihm einen finsteren Blick zu, obwohl ich bereitwillig mitlache.
„Das war nicht lustig“, sage ich.
„Du hättest dein Gesicht sehen sollen!“, kräht er.
Wir machen uns auf den Weg durch das Geisterhaus, das extra für den Karneval hier aufgebaut wurde. Da Pickens eine so kleine Stadt ist, fällt das Frühlingsfest insgesamt relativ winzig aus. Es gibt ein Geisterhaus, ein Karussell und eine Reihe von heruntergekommenen Fahrgeschäften, die ich nicht einmal gegen Bezahlung benutzen würde, Schwangerschaft hin oder her. Das Herz des Rummelplatzes ist klein, aber lebendig, mit allen möglichen Buden, aber viele werden gar nicht erst aufgebaut. Die Spielleute machen hier nur eine Nacht lang Halt, um dem Bürgermeister einen Gefallen zu tun.
Wir gehen in ein Labyrinth, und nachdem wir erfolgreich herausgefunden haben, nimmt Logan meine Hand und führt mich zum Hauptplatz, wo wir uns mit Zuckerwatte und etwas zu trinken für den Weg eindecken. Nebenbei amüsieren wir uns köstlich über die Kinder um uns herum, die schreiend und lachend herumtoben.
Logan hält mich bei einer der Spielbuden auf und lächelt mich an. „Ich werde jetzt einen Teddybären für dich gewinnen.“
„Du musst mir keinen Teddybären gewinnen, Logan.“
Er zwinkert mir zu. „Doch, doch. Das werde ich. Keine Widerrede.“
Er gibt dem Mann etwas Geld, nimmt drei Softbälle an sich und reißt dann den Arm nach hinten, um den ersten fliegen zu lassen, verfehlt die Milchflaschenformation jedoch weit. Der Ball prallt harmlos ins Rücknetz, was Logan einen grimmigen Blick entlockt.
„Gut gemacht“, necke ich. „Du hast dem Netz auf jeden Fall eine Lektion erteilt.“
Er wirft mir einen finsteren Blick zu, streckt mir dann die Zunge heraus und wirft mir einen wilden Blick zu, der mich zum Lachen bringt. Logan wendet sich wieder dem Spiel zu und feuert einen weiteren Ball ab. Diesmal trifft er sein Ziel, und die oberste Milchflasche fällt klappernd auf den Teppichboden, während die anderen beiden zwar umfallen, aber auf dem Sockel liegenbleiben und müßig herumrollen.
„Verdammt“, knurrt er.
„Du musst mir nicht beweisen, wie männlich du bist, indem du es ein paar Milchflaschen zeigst“, sage ich und lache. Er grunzt mich missbilligend an und feuert den dritten Ball ab. Er trifft die Kante des Sockels, prallt zurück und trifft dabei fast den Jungen, der das Spiel leitet. Gut, dass der ziemlich schnelle Reflexe hat.
„Möglicherweise ist Ballsport ja nicht so dein Ding“, necke ich ihn. „Wenn du wirklich einen Teddybären für mich gewinnen willst, dann solltest du vielleicht das Spiel mit den Wasserpistolen ausprobieren.“
Er schaut mich feixend an und ich kann die Entschlossenheit in seinem Gesicht sehen. In diesem Moment sehe ich, wie wettbewerbsorientiert er ist, und weiß, dass er nicht eher ruhen wird, bis er einen Teddybären für mich in den Armen hält. Die Erkenntnis bringt mich zum Lachen. Jungs und ihre Egos.
„Du weißt, dass das Spiel manipuliert ist, oder?“, frage ich. „Diese Flaschen sind so beschwert, dass...“
Er hebt die Hand und unterbricht mich, indem er mir sein schelmisches Lächeln zuwirft. „Ich werde dir diesen verdammten Teddybären trotzdem holen.“
Wie ich schon sagte, Jungs und ihre Egos.
Fast eine Stunde und fünfzig Dollar später reckt Logan seine Faust in die Höhe und stößt einen mächtigen Schrei aus, als es ihm endlich gelingt, alle drei Milchflaschen auf einmal vom Sockel zu stoßen. Der Spielleiter unterdrückt ein Schmunzeln, schüttelt nur den Kopf und überreicht Logan seinen Teddybären.
Wie ein siegreicher Held, der aus dem Krieg nach Hause kommt, kommt Logan auf mich zu und überreicht mir seine Beute. Ich lache und knickse, als ich seinen hart erkämpften Preis entgegennehme.
„Vielen Dank, mein Ritter“, sage ich. „Das ist der schönste Teddybär, für den je jemand fünfzig Dollar ausgegeben hat.“
Er lacht und gibt mir einen kurzen Kuss auf die Wange. „Gern geschehen.“
Der Bär ruht sicher an meinem vollen, runden Bauch und wir machen uns auf den Weg, um den Rest des Karnevals zu genießen. Als wir über den Hauptplatz schlendern, vorbei an schreienden Teenagern und kleinen Kindern in Kostümen, sehen wir einen großen, schlaksigen Jungen mit langen, fettigen Haaren, der auf uns zugelaufen kommt.
„Lee Barnett“, sage ich.
„Lee wer?“
„Das ist der Junge mit der Clownsmaske, der in der Nacht, als Alexander anrief und die Hölle losbrach, vor der Bar stand“, antworte ich. „Er wurde von einem Typen angeschossen, an dem er diesen dummen Clownsstreich ausprobiert hat.“
„Das wird ihm eine Lehre sein“, sagt Logan. „Zumindest hoffe ich das.“
Wir bleiben vor ihm stehen, und ich schaue mir sein Bein ganz genau an. Lee sieht ein wenig verlegen aus und schaut mir nicht in die Augen. Seine Freunde gehen weiter und lassen ihn bei uns zurück. Ich kenne Lee eigentlich kaum. Wir sind uns nur ein paar Mal begegnet, aber ich kenne ihn gut genug, um ihn auf den ersten Blick identifizieren zu können - was mir dadurch erleichtert wird, dass er jetzt, fünf Monate später, immer noch deutlich humpelt. Trottel.
Lee mustert mich lüstern von oben bis unten, seine Augen hinterlassen einen ekligen Schauer auf meiner Haut. Ich habe das Gefühl, dass ich eine Dusche brauche, nachdem mich dieser dreckige Bengel mit seinen Augen beinahe vögelt. Sein Blick bleibt jedoch ungeniert auf mir haften.
„Ich schätze, du hast eine wertvolle Lektion gelernt, was?“, frage ich.
Er seufzt. „Ja, ich denke schon“, sagt er.
„Du hast Glück, dass ich in dieser Nacht keine Waffe hatte“, sage ich. „Ich hätte dich vielleicht gleich vor dem Hail Mary erschossen.“
Er legt den Kopf schief und sieht mich an. „Was meinen Sie?“
„Bitte“, sage ich. „Nachdem du wegen deines blöden Streiches angeschossen wurdest, willst du mir wirklich erzählen, dass du mich in dieser Nacht nicht auch verarscht hast?“
Er schüttelt den Kopf. „Ich war in dieser Nacht nicht in der Nähe des Hail Mary . Aber glauben Sie mir, ich wäre es gerne gewesen. Denn obwohl Sie schwanger sind, sind Sie ziemlich heiß“, sagt er schamlos und mustert mich wieder eingehend. „Ich wurde in der Downing Street angeschossen. Der verdammte Sonny Golens war's.“
„Wie spät war das?“, fragt Logan.
Der Junge sieht Logan an, als würde er ihn zum ersten Mal bemerken - und wirkt erschrocken. Logan ist locker doppelt so groß wie die dürre Bohnenstange von einem Jungen und könnte ihn wahrscheinlich in zwei Hälften reißen, wenn er es darauf anlegen würde. Lee richtet sich ein wenig auf und seine Haltung wird plötzlich wesentlich devoter.
„So gegen neun, halb zehn, schätze ich“, sagt er.
Während ich seinen Worten lausche, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Wenn er zwischen neun und halb zehn angeschossen wurde, kann er in dieser Nacht nicht vor der Bar gestanden haben, denn ich habe den Clown-Mann erst nach zehn gesehen. Ich werfe Logan einen besorgten Blick zu und spüre, dass er die gleichen Gedanken hat wie ich.
Mist. Wenn es nicht Lee Barnett vor der Bar war - wer war es dann?
Ich räuspere mich und werfe ihm einen langen Blick zu. „Ja, vielleicht wird dir das eine Lehre sein, all das dumme Zeug aus dem Internet nicht mehr in der Realität auszuprobieren.“
Er zuckt mit den Schultern und senkt seinen Blick. Er murmelt etwas, das sich wie ‚Ja, vielleicht‘ anhört, und humpelt eilig davon. Offensichtlich will er etwas Abstand zwischen sich und Logan bringen. Ich sehe ihm nach, und ein kleiner Wurm der Angst beginnt, sich seinen Weg durch mein Hirn zu bahnen. Als würde er es spüren, tritt Logan vor und zieht mich in eine enge Umarmung - ein Akt, der durch meine hochschwangere Körpermitte nicht gerade erleichtert wird. Aber wir schaffen es irgendwie.
„Das hat nichts zu bedeuten. Das heißt nicht, dass es Alexander war“, sagt er. „Du hast mir erzählt, dass Lara gesagt hat, mehrere Teenager hätten diese Streiche gespielt. Vielleicht war er es nicht, aber wahrscheinlich war es einer seiner Freunde.“
„Ja, vielleicht“, sage ich, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich daran glauben soll.
***
Ich habe beschlossen, das Angebot von Logan anzunehmen, heute bei ihm zu übernachten. Lara ist heute Abend aus und nach Lees Enthüllung habe ich plötzlich so gar keine Lust mehr, allein zu Hause zu sein. Ich meine, Logan hat Recht - nur weil es nicht Lee war, heißt das nicht automatisch, dass es Alexander auf dem Parkplatz war.
Die Chancen stehen gut, dass es einer von Lees dummen kleinen Freunden war.
Aber ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mich das nicht verdammt beunruhigt.
Nervös tigere ich in Logans Wohnzimmer umher. Otis liegt faul auf der Couch und seine Augen folgen mir, während ich ziellos hin und her laufe. Ich bin sicher, dass er mich inzwischen nervig bis anstrengend findet. Aber ich weiß wirklich nicht, was ich mit mir anfangen soll.
Ich versuche, mich abzulenken und mich nicht auf diese Sache zu fixieren. Der ganze Stress kann schließlich nicht gut für das Baby sein. Alles in allem war der Abend wunderbar. Ich habe Logan noch nie so viel lachen gesehen und gehört wie auf dem Jahrmarkt. Ich war mir nicht sicher, ob er es wirklich kann. Ich nahm schon an, er hätte womöglich Angst, dass sein Gesicht zu Bruch geht, wenn er einmal aus vollem Hals zu lachen beginnt, oder Schlimmeres.
Die Tatsache, dass er sein Bestes tut, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, nach vorne zu sehen und an seine Zukunft zu denken - eine, von der ich womöglich ein wichtiger Teil sein werde - rührt mich zutiefst.
Ich hätte nie erwartet, mich so bald wieder an jemanden zu binden. Zwar habe ich gehofft, dass ich vielleicht irgendwann in ferner Zukunft wieder Platz für einen besonderen Menschen in meinem Leben machen könnte. Aber ich habe absolut nicht erwartet, dass das in absehbarer Zeit passieren würde.
Doch hier bin ich. Hier sind wir. Wir können es entweder annehmen oder wir können davor weglaufen. Ich entscheide mich dafür, diese Wendung des Schicksals zu umarmen, und es macht mich wahnsinnig glücklich zu sehen, dass Logan das auch zu tun scheint.
Und da wir gerade von umarmen sprechen...
Ich lächle, als mir ein verruchter Gedanke durch den Kopf schießt. Logan ist unter der Dusche, und ich habe noch jede Menge unruhige Energien in mir loszuwerden, also warum nicht? Otis hebt neugierig den Kopf, als ich mich auf den Weg in den Flur mache, der zu den Schlafzimmern im hinteren Teil des Hauses führt.
„Sei ein guter Junge und schnüffele nicht herum“, ermahne ich ihn schmunzelnd.
Er lässt seinen Kopf zurück auf die Couch fallen und seufzt lange. Entweder schlummert er ein oder er ist völlig vertieft in seine Eisbärenreportage im Fernsehen - ich bin mir da nicht so ganz sicher. Leise schleiche ich den Flur entlang - was zu diesem Zeitpunkt meiner Schwangerschaft eher einem anmutigen Watscheln entspricht - und husche in Logans Schlafzimmer. Ich kann die Dusche immer noch rauschen hören, und als ich innehalte, um zu lauschen, höre ich etwas, das meine Aufmerksamkeit erregt - ein leises Grunzen und Stöhnen.
Könnte er da drin sein und masturbieren? Angesichts des Mangels an Aufmerksamkeit, den ich ihm in letzter Zeit schenken konnte, würde mich das nicht überraschen.
Bei dem Gedanken an Logan, der seinen prächtigen Schwanz wichst, werde ich ganz schnell sehr feucht. Schnell streife ich mir die Kleider vom Körper, stürme ins Badezimmer und winke die Dampfwolken davon, die mich umwabern. Sein Badezimmer ist riesig. Die Dusche ist begehbar und hat keine Türen. Ich schleiche mich an den Rand der Duschwand und luge verstohlen um die Ecke.
Logan steht mit dem Rücken zu mir, den Kopf an die Fliesen gepresst, und ich nehme mir einen Moment Zeit, um die Aussicht zu bewundern. Die Muskeln in seinem Rücken kräuseln und spannen sich, während er sich bewegt - ganz offensichtlich ist er dabei, es sich selbst zu besorgen.
Ich schlüpfe hinter ihm in die Dusche und komme mir vor wie in einem schlechten Porno, aber das ist mir im Moment vollkommen egal. Als ich meine Arme um seine Hüften schlinge, versteift sich mit einem Mal sein ganzer Körper, überrascht von meinem plötzlichen Auftauchen. Er dreht sich jedoch nicht um, und als ich nach seinem pochenden Schwanz greife, stöhnt er leise auf.
„Warum lässt du mich dir dabei nicht helfen?“
Er wirkt erst verlegen und sagt nichts, aber als ich anfange, seinen Schwanz zu streicheln, lässt er ein leises Keuchen hören. Ich presse meinen Körper an seinen, so fest ich kann, und lasse das Wasser auf uns herabregnen, so dass meine Haut glitschig und schlüpfrig wird. Meine Hand gleitet unterdessen an seinem dicken Schaft weiter genüsslich auf und ab.
Logan versucht, meine Hand wegzunehmen und sich umzudrehen. Aber ich habe nicht die Absicht, ihm das zu erlauben. Obwohl ich selbst unheimlich geil bin, habe ich das Bedürfnis, ihm meinerseits ein paar schöne Gefühle zu bereiten.
„Nicht bewegen“, sage ich. „Entspann dich einfach und genieße es. Du kannst es später wieder gutmachen.“
Er schweigt, hört aber auf, sich mir zu widersetzen. Ich wichse ihn weiter und halte seinen Schwanz dabei so fest umklammert, dass ihm der Atem in der Kehle stockt.
„Scheiße“, sagt er. „Du bringst mich noch zum Kommen.“
„Darum geht's doch, oder?“
„Ich will dich“, knurrt er.
„Und du wirst mich haben“, sage ich. „Aber nicht jetzt.“
Ich bearbeite seinen Schwanz wie eine Verrückte und meine Erregung steigt, während er sich dem Höhepunkt nähert. Da ich mich nicht länger zurückhalten kann, schiebe ich meine andere Hand zwischen meine Schenkel und beginne, gierig meinen Kitzler zu reiben. Es dauert nicht lange, bis wir beide stöhnen und unsere Stimmen von den Kacheln um uns herum widerhallen. Ich spüre, wie sich mein eigener Höhepunkt anbahnt, während Logans Körper sich deutlich anspannt und er offensichtlich kurz davor ist, zu ejakulieren.
So etwas habe ich bisher noch nie gemacht, aber die schiere Intimität und Erotik des Moments raubt mir den Atem und den Verstand. Als Logans Schwanz in meiner Hand heftig zu pulsieren beginnt, beginnt mein Herz zu rasen, und ich spüre, wie ich an den Rand meines Orgasmus getrieben werde.
Er wirft seinen Kopf zurück und stöhnt laut auf, als ich ihn schließlich über die Klippe seines Orgasmus springen lasse. Ihn so intensiv kommen zu sehen, ist zu viel für mich, und ich schreie mit ihm vor Lust, während eine Bombe in mir zu explodieren scheint, die meinen Körper zittern und beben lässt.
Wir stehen ein oder zwei Minuten so da, bis sein zuvor so hartes Glied schlaff zu werden beginnt und mein rasendes Herz beginnt, sich zu beruhigen. Langsam dreht er sich um, und ich lasse ihn gewähren. Er zieht meinen Körper so nah an seinen heran, wie er nur kann, beugt sich zu mir herunter und küsst mich innig. Der Kuss ist zart, süß und voller Gefühle.
„Du bist der Wahnsinn“, sagt er mit leicht heiserer Stimme.
Ich schenke ihm ein teuflisches Grinsen. „Du hast ja keine Ahnung.“
Wir verharren unter der Regendusche und lassen das Wasser weiter auf uns herabregnen, während wir uns in einer festen Umarmung halten. In diesem Moment bin ich davon überzeugt, dass mich nichts und niemand jemals wieder wird verletzen können. Nicht, solange ich Logan habe. Solange er bei mir ist, bin ich in Sicherheit.
Und nicht nur das: Ich bin schlicht und einfach so glücklich, wie schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr.