Kapitel 16
Mila
„Können wir die Augenbinde schon abnehmen?“, frage ich.
„Gleich“, sagt er. „Wir sind fast da.“
„Weißt du, ich fange an zu glauben, dass Augenbinden eine Art Fetisch von dir sind.“
Er gluckst leise. „Vielleicht sind sie das ja“, flüstert er mir ins Ohr.
Wir gehen noch ein paar Minuten lang weiter, langsam und vorsichtig. Ich bin kein großer Fan davon, mit verbundenen Augen herumzulaufen, und obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass er mich nie gegen einen Pfosten oder in einen Straßengraben führen würde, ist es ganz natürlich, dass ich vorsichtig bin.
„Okay, Stopp“, sagt er.
Mit Schwung nimmt er mir die Augenbinde ab und ich stehe vor dem Florida Aquarium. Es ist eines der größten und besten Aquarien in den Vereinigten Staaten. Vielleicht sogar der Welt. Sowohl die ausgestellten Arten als auch die lehrreichen Präsentationen und Veranstaltungen können sich mit denen anderer Aquarien mühelos messen. Es ist ein Ort, den ich schon lange näher erkunden wollte, aber die einzige Gelegenheit, die sich bisher ergeben hatte, wurde von Alexander zunichte gemacht.
Ich drehe mich zu Logan um und kann meine Aufregung nicht verhehlen. Förmlich auf und ab hüpfend kreische ich vor Freude und mein Herz rast. Ich fühle mich wie ein Kind an
Weihnachten, das vor einem Baum voller Geschenke steht, die alle für mich bestimmt sind.
„Oh mein Gott!“ rufe ich aus. „Das ist unglaublich. Woher wusstest du, dass ich hier schon immer mal herkommen wollte?“
„Welche angehende Meeresbiologin würde nicht gerne das schönste Aquarium der USA besichtigen?“, sagt er und sein Gesicht strahlt vor Freude. „Ehrlich gesagt bin ich überrascht zu hören, dass du zum ersten Mal hier bist.“
Seine Worte treffen mich wie ein Schlag in die Magengrube und nehmen mir den anfänglichen Schwung ein wenig. „Nun, um ehrlich zu sein, bin ich einmal gekommen“, sage ich. „Aber Alexander hat sich gelangweilt und wir sind gegangen, nachdem wir weniger als eine halbe Stunde hier waren.“
Die Erinnerung daran macht mich immer noch wütend. Er wusste, wie sehr ich mich auf die Aktivität gefreut hatte. Ich wollte unbedingt mit den Meeresbiologen sprechen und sie ein wenig ausquetschen. Aber er schmollte und wurde dann schnell wütend, als ich ihn anflehte, zu bleiben. Er sagte, er habe einfach keinen Spaß daran, und ich solle in meiner Freizeit wiederkommen. Als ob er mir jemals eine Solo-Aktivität in meiner Freizeit gestattet hätte.
Logan spürt, dass sich ein Schatten auf meine Stimmung wirft, legt seine Finger unter mein Kinn und hebt meinen Kopf an. Er schaut mich mit seinen schönen Augen an und lächelt aufbauend.
„Dann ist es ja gut, dass wir den ganzen Tag Zeit haben“, sagt er. „Wir können uns nach Herzenslust umsehen. Und ich werde nicht gehen, bevor du dich sattgesehen hast.“
Das zaubert mir ein Lächeln zurück ins Gesicht und lässt mein Herz wieder leicht werden. Wieder einmal bin ich überwältigt von der Freundlichkeit und Fürsorglichkeit dieses Mannes. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie es sich für mich anfühlt, so liebevoll behandelt zu werden, und drücke ihm deshalb einfach einen sanften Kuss auf die Lippen.
„Danke, Logan“, sage ich. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie viel das für mich bedeutet.“
„Gern geschehen“, antwortet er. „Ich hoffe nur, dass es kein Problem für dich ist, in deinem Zustand den ganzen Tag auf den Beinen zu sein.“
„Ich komme schon zurecht. Vertrau mir, es geht mir gut.“
Eine Sache, die ich an meiner Schwangerschaft hasse, ist das Gefühl, eine Invalidin zu sein. Manchmal brauche ich Logans Hilfe und selbst dann ist es nicht immer ganz einfach. Aber für diese Gelegenheit - etwas, das ich schon seit einer halben Ewigkeit vorhatte - werde ich einen Weg finden.
„Wenn du müde wirst, gibt es auch Rollstühle...“
Ich zeige ihm den Finger. „Du kannst mich mal“, sage ich und lache.
Er gluckst. „Ich meine es ernst. Ich versuche nicht, mich über dich lustig zu machen“, sagt er. „Ich weiß, was dieser Ort für dich bedeutet, und ich will nicht, dass du früher nach Hause gehen musst, weil du müde wirst. Ich bin gerne bereit, dich in einem Rollstuhl herumzuschieben, wenn du das willst. Schließlich bin ich mitschuldig an deinem Zustand.“
„Da hast du verdammt Recht“, sage ich und drücke ihm einen weiteren Kuss auf die Lippen.
Ich drehe mich um und stelle zum ersten Mal fest, dass wir allein sind. Es ist buchstäblich keine Menschenseele zu sehen. Mein Herz sinkt mir in Richtung Hose, als die Erkenntnis mich trifft wie ein Schlag.
„Verdammt“, sage ich. „Ich glaube, das Aquarium ist heute geschlossen. Außer uns sehe ich niemanden hier.“
Logan gluckst. „Das hoffe ich doch“, sagt er. „Ich habe das Aquarium schließlich nur für uns reserviert.“
Ich sehe ihn an und spüre, wie meine Augen groß werden und mir der Mund offensteht. Sicherlich habe ich ihn nicht richtig verstanden. Ich muss mich verhört haben. Als er meinen Gesichtsausdruck sieht, lächelt er nur noch breiter und lacht schließlich.
„Ja“, sagt er. „Wir haben heute das ganze Haus für uns. Nur wir beide.“
Ich schüttle ungläubig den Kopf. „Logan, das muss ein Vermögen gekostet haben...“
„Darüber musst du dir keine Gedanken machen“, sagt er. „Das ist mein Geschenk an dich.“
Meine Augen brennen, als sie sich mit Tränen füllen. Ich schüttle den Kopf und weiß nicht, was ich sagen soll. Wie dankt man jemandem für so ein Geschenk?
„W - warum würdest du das tun?“, ist alles, was ich hervorbringen kann.
„Weil ich möchte, dass du glücklich bist, Mila“, sagt er. „Ich möchte, dass du jede Minute deines Lebens genießt. Und weil ich möchte, dass du die Chance bekommst, alles zu sehen, was du willst, ohne dich mit Menschenmassen herumschlagen zu müssen. Ich möchte, dass du dich mit den anderen
Meeresbiologen hier unterhältst und zu deiner Leidenschaft zurückfindest.“
Ich schenke ihm ein kleines Lächeln. „Eine Leidenschaft zu haben ist eine Sache“, sage ich mit einem Hauch von Traurigkeit in der Stimme. „Die Mittel zu haben, um es zu verfolgen, steht auf einem ganz anderen Blatt.“
„Nun, ein Schritt nach dem anderen, richtig?“, fragt er.
Ich schaue zu den Eingangstüren des Aquariums und dann wieder zu ihm und spüre ein nervöses Flattern in meiner Brust und in meinem Magen. Ich war schon so lange nicht mehr so aufgeregt und habe fast vergessen, wie sich das anfühlt.
„Wir haben also wirklich das ganze Aquarium für uns allein?“
Er nickt. „Das haben wir.“
„Den ganzen Tag lang?“
„Ganz genau.“
„Oh mein Gott. Das ist einfach unglaublich!“
Ich nehme ihn an der Hand und er stützt mich, während ich auf die Eingangstüren zulaufe - oder eher zügig zuwatschle. Ich kann es kaum erwarten, mich dort drinnen umzusehen. Anfangs ist es ein wenig unheimlich, so ganz allein in der Einrichtung zu sein. Unsere Stimmen hallen in dem riesigen Raum wider, und es fühlt sich fast so an, als wären wir die letzten beiden Menschen auf dem Planeten. Aber das Personal ist natürlich da. Alle lächeln höflich - und die meisten sehen fast ein wenig erleichtert aus, dass sie sich nicht mit den üblichen Besucherhorden herumschlagen müssen.
Wir gehen durch die verschiedenen Ausstellungen und ich sauge alles in mich auf, spreche mit einigen der
Ausstellungsmitarbeiter und lerne so einiges dabei, das ich noch nicht wusste. Wissensfetzen, die ich einst in der Schule gelernt oder mir auf eigene Faust angeeignet habe, schießen mir durch den Kopf und ich kann nicht aufhören, sie zum Besten zu geben. Ich werfe Logan die obskursten, nutzlosesten Fakten über diesen Fisch und jenen Lebensraum an den Kopf - buchstäblich jedes belanglose Stückchen Information, das mir gerade durch den Kopf schwirrt.
Und während alledem beschwert sich Logan nie. Er hört aufmerksam zu und wirkt nie gelangweilt oder desinteressiert. Es ist so erfrischend, mit jemandem zusammen zu sein, der die Leidenschaft, die ich für diese Tiere und dieses Thema hege, nachvollziehen kann. Ein Mann, der dieses Feuer bereitwillig anheizt, anstatt zu versuchen, es zu ersticken.
Er ist liebevoll, fürsorglich und geht auf alle meine Bedürfnisse und Wünsche ein, und ich weiß, das liegt nicht nur daran, dass ich schwanger bin. Es liegt daran, dass Logan sich um mich sorgt. Selbst wenn ich nicht aufgebläht und schwanger wäre, zweifle ich keinen Moment daran, dass Logan mich immer noch genauso aufmerksam behandeln würde. Und dafür liebe ich ihn.
„Mr. Carter?“
Wir drehen uns um und sehen eine kleine Frau mit blondem, grau meliertem Haar vor uns stehen, die einen Anzug trägt und uns anlächelt. Logan sieht sie an und lächelt erfreut zurück.
„Sarah“, sagt er. „Schön, Sie zu sehen.“
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, sagt sie. „Haben Sie beide Ihren Tag bisher genossen?“
Logan blickt prüfend zu mir herüber und nickt. „Ich glaube schon“, sagt er.
„Auf jeden Fall“, werfe ich schnell ein. „Mehr als genossen.“
„Nochmals vielen Dank, dass Sie uns das ermöglicht haben“, sagt er.
„Gerne“, antwortet sie. „Und glauben Sie mir bitte, wenn ich Ihnen sage, dass das Aquarium Ihre großzügige Spende sehr zu schätzen weiß.
„Es war mir eine Ehre“, sagt er, bevor er mich mit einem Funkeln in den Augen ansieht, das mein Herz zum Schmelzen bringt. „Ich weiß jetzt erst richtig zu schätzen, was Sie hier tun.“
„Ich freue mich sehr, das zu hören“, sagt sie. „Ohne so großzügige Gönner wie Sie würde es diese Einrichtung nicht geben.“
Mir kommt wieder der Gedanke, wie viel es ihn gekostet haben muss, das gesamte Aquarium für einen Tag anzumieten. Wie viel hat er hinblättern müssen? Ich kann mir vorstellen, dass Sarah zu den hohen Tieren der Einrichtung gehört. Die Tatsache, dass sie extra persönlich erscheint, um sich bei ihm zu bedanken, lässt vermuten, dass es eine Menge Geld gewesen sein muss. Aber Logan hat es getan - um meinetwillen und ohne mit der Wimper zu zucken.
„Ich habe mich gefragt, ob Sie beide schon für die nächste Phase Ihrer Tour bereit sind?“
Ich schaue neugierig zu ihm hinüber. „Nächste Phase?“
Sein Lächeln ist so breit und unverwandt, dass ich fast Angst habe, sein Gesicht könnte in diesem Ausdruck einfrieren.
„Nächste Phase, richtig gehört“, sagt er und wendet sich dann wieder Sarah zu. „Ja, wenn Sie so weit sind, danke.“
„Auf jeden Fall“, sagt sie.
Wir folgen ihr durch einen der Flure und sie führt uns zu einer Sicherheitstür. Sarah zieht ihre Schlüsselkarte über ein Lesegerät und ein Piepen ertönt, während die Lichter auf dem Gerät grün aufleuchten. Die Tür gleitet auf und Sarah führt uns hindurch.
Wir befinden uns im hinteren Bereich des Aquariums und ich merke, dass dies mehr ist als nur das reguläre ‚Delfine anfassen und hinter die Kulissen schauen‘-Erlebnis. Dabei handelt es sich normalerweise um bis ins kleinste Detail durchgeplante Events, die oft ein wenig künstlich und inszeniert wirken. Was Logan für uns vorbereitet hat, ist hingegen ein echter Einblick in die tatsächliche Funktionsweise des Aquariums. Eine Tour mit den Menschen, die sich Tag für Tag um diese Tiere kümmern - also genau das tun, was ich schon immer tun wollte.
Ich halte mir vor Aufregung die Hände vor den Mund, denn mein Herz scheint Purzelbäume zu schlagen, als mich eine Welle mächtiger Gefühle zu überwältigen droht. Logan legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich fest an sich, während ich meinen Kopf an seine Schulter lehne und versuche, den Moment zu genießen.
Sarah wendet sich mit einem Lächeln an uns. „Sie dürfen sich gerne überall umsehen“, sagt sie. „Ich bitte Sie nur, sehr vorsichtig zu sein und nichts anzufassen, es sei denn, einer unserer Mitarbeiter beaufsichtigt Sie dabei.“
„Natürlich“, sagt Logan.
„Danke, Sarah“, sage ich und kann mir ein strahlendes Lächeln nicht verkneifen. Sarah erwidert es und nickt uns höflich zu.
„Nun, dann lasse ich Sie jetzt allein“, sagt sie. „Viel Spaß.“
Ich verfolge mit fassungslosem Blick, wie sie den Raum verlässt, und wende mich dann an Logan. „Wie zum Teufel hast du das angestellt?“, frage ich.
Er zuckt mit den Schultern und schenkt mir ein rätselhaftes kleines Lächeln. „Ich bin ein Mann mit Beziehungen.“
„Offensichtlich“, sage ich.
Hand in Hand gehen wir durch die hinteren Bereiche des Aquariums und nehmen alles in uns auf. Ich kann meine Aufregung und mein Erstaunen kaum verhehlen. Vor allem, als wir ein Becken erreichen, das eine riesige Vielfalt an Fischen und mehrere Walhaie beherbergt. Die ganze Szenerie wirkt schlicht atemberaubend auf mich. Ich bleibe mehrere Minuten lang bewegungslos stehen und bewundere einfach nur das Bild, das sich mir bietet. Logan steht bei mir und hält meine Hand, während wir schweigend in das Becken starren.
„Ich weiß nicht, wie ich dir jemals für all das hier danken soll“, sage ich mit kaum mehr als einem Flüstern in der Stimme. „Das ist das Großartigste, was ich je in meinem Leben erlebt habe.“
Er drückt mir einen sanften Kuss auf den Scheitel. „Dann müssen wir dir eindeutig mehr schöne Erlebnisse verschaffen.“
Wir verbringen die nächsten Stunden damit, mit einigen der Ausbilder und Meeresbiologen zu sprechen. Am Ende des Tages habe ich das Gefühl, mehr gelernt zu haben als in drei Semestern an der Uni. Wir drehen noch eine Runde, damit ich mir einige meiner Lieblingsexemplare noch einmal ansehen kann. Als wir vor dem Becken mit den Seekühen stehen, kommt Sarah wieder auf uns zu.
„Es tut mir sehr leid“, sagt sie, „aber wir müssen jetzt bald schließen.“
Ich kann den scharfen Stich der Enttäuschung nicht leugnen, der mich durchzuckt. Wenn ich könnte, würde ich hier wohl übernachten. Aber ich weiß, dass dieser Tag dennoch eine Erinnerung sein wird, die ich niemals vergessen werde. Mein Gesicht schmerzt regelrecht, weil ich heute so viel gelächelt habe, und die Leidenschaft, die ich während meines Studiums an der Uni verspürte, ist nun aufgefrischt und glüht heller als je zuvor.
„Danke“, sage ich zu Sarah.
Ich ziehe sie in eine enge Umarmung, die sie zu überraschen scheint. Sie lacht und erwidert die Geste. Als ich zurücktrete, sehe ich Logan an und spüre, wie mein Herz wieder mal einen Purzelbaum schlägt, als er mir sein gewohntes Superhelden-Lächeln zuwirft. Er wirft mir einen wissenden Blick zu, als könne er sehen, dass er meine alte Leidenschaft für mein Studiengebiet neu entfacht hat.
„Danke, Sarah“, sagt er mit seiner tiefen, sexy Stimme. „Ich glaube, wir verdanken Ihnen mehr, als Sie denken.“
„Es war mir eine Ehre, Logan“, sagt sie. „Ich hoffe, wir sehen Sie bald wieder.“
„Verlassen Sie sich darauf“, sagt er.
Sarah dreht sich um und lässt Logan und mich allein zurück. Ich beobachte die Seekühe, die durch das Wasser gleiten, und wünsche mir, ich könnte zu ihnen ins Wasser springen und mit ihnen schwimmen. Die meisten Menschen halten sie für hässliche Geschöpfe, aber ich finde sie zauberhaft.
„Der heutige Tag war einfach unglaublich, Logan“, sage ich und drehe mich zu ihm um. „Danke, dass du mir eine der schönsten Erinnerungen meines Lebens beschert hast.“
Er küsst mich sanft und sieht mir dann in die Augen. „Danke dir, Mila.“
Ich neige den Kopf und sehe ihn fragend an. „Wofür? Ich habe nichts getan.“
Sein Lächeln ist sanft und traurig zugleich. „Das hast du“, sagt er.
„Du hast mir klargemacht, dass das Leben weitergehen kann.“
Das ist eine etwas merkwürdige Bemerkung, die mir eine Million Fragen durch den Kopf gehen lässt. Doch bevor ich auch nur eine einzige davon stellen kann, ergreift Logan schon meine Hand und führt mich aus dem Aquarium in das dämmrige Licht des frühen Abends.
***
Wir gehen zurück ins Hotelzimmer, wo ich die Absicht habe, ihn auf den Boden zu werfen und ihn dort nach allen Regeln der Kunst zu vögeln. Ich fühle mich immer noch, als wäre ich high, angesichts des wundervollen Tages, den wir gerade zusammen verbracht haben, und kann es nicht erwarten, Logan meine Dankbarkeit zu zeigen.
Doch als ich den Raum betrete, sehe ich mehr als ein Dutzend weiße Schachteln mit großen roten Schleifen und eine große Vase mit einem Dutzend langstieliger Rosen auf dem Boden stehen. Ich drehe mich um und sehe Logan an, der einfach nur dasteht - an die Wand gelehnt, die Hände in den Taschen - und mich vergnügt anschaut.
„Was hast du getan?“, frage ich.
Er zuckt lässig mit den Schultern und ein kleines Lächeln umspielt seine Lippen. „Nun, ich dachte, ich lade dich heute
Abend zum Essen ein“, sagt er. „Und da ich dir nicht viel Zeit zum Packen gegeben habe -“
„Du meinst, gar keine Zeit“, sage ich und lache.
„Ja, ich hatte ein schlechtes Gewissen“, sagt er. „Also habe ich mir die Freiheit genommen, ein paar Kleider für dich hochschicken zu lassen.“
Ich schaue wieder auf die vielen Kisten und schüttle den Kopf. Das kommt mir alles so verdammt surreal vor. Er mietet das Florida Aquarium für mich? Bestellt mir eine Schiffsladung Kleider? Welcher Mann macht so etwas? Fast möchte ich mich nach den versteckten Kameras umsehen, weil ich mir sicher bin, dass ich in irgendeiner abgefahrenen Reality-TV-Show oder so gelandet bin und gleich ein abgehalfterter Schauspieler aus dem Nichts auftaucht, um mir zu erklären, dass man mir einen Streich gespielt hat.
„Schau ruhig rein“, sagt er.
Betäubt vor Unglauben gehe ich zu den Kartons und öffne den ersten. Darin befindet sich ein jadegrünes Kleid im Vintage-Stil. Es hat kurze Ärmel, einen Rundhalsausschnitt und einen ausgestellten Rock. Es ist umwerfend. Ich hatte noch nie das Geld für schöne Kleider - und schon gar nicht für etwas so Extravagantes. Ich habe mich immer mit Fundstücken aus dem Secondhand-Laden begnügt und Ähnlichem.
Ich lebe sehr sparsam. Das war schon immer so. Ich hatte noch nie viel Geld für luxuriöse oder schöne Dinge. Die meisten meiner Kleidungsstücke stammen aus Discountern oder Second-Hand-Läden. Als ich den Stoff des grünen Kleides berühre und bewundere, wie weich er ist, wird das surreale Gefühl, das ich bei all dem habe, noch stärker.
„Wie gefällt es dir?“, fragt er.
„Es - es ist wunderschön“, sage ich und meine Stimme strotzt dabei vor Emotion.
Bevor ich überhaupt merke, dass Logan sich bewegt hat, spüre ich ihn hinter mir stehen. Seine Hände liegen auf meinen Schultern und er dreht mich sanft zu ihm um. Ich sehe zu ihm auf. Meine Sicht ist verschwommen und meine Augen brennen vor Tränen.
„Was ist los?“, fragt er.
„Nichts“, sage ich und schüttle den Kopf. „Alles ist - perfekt. Zu perfekt.“
Sein Lächeln ist zärtlich, als er mir einen weichen Kuss auf die Stirn drückt. „Logan“, sage ich. „Ich kann das nicht annehmen. Die Anmietung des Aquariums und all das hier - ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie viel Geld du dafür ausgegeben haben musst -“
Er unterbricht mich mit einem erneuten, sanften Kuss auf meine Lippen. Ich weiß, dass er versucht, mich abzulenken, aber so leicht lasse ich ihn nicht vom Haken. Als er schließlich von mir ablässt, nehme ich den Faden wieder auf.
„Du kannst nicht so viel Geld für mich ausgeben, Logan“, sage ich. „Ich habe...“
„Es ist mein Geld“, unterbricht er mich. „Und ich werde es ausgeben, wie ich es für richtig halte.“
„Logan, ich...“
„Stopp“, sagt er und legt seinen Finger auf meine Lippen. „Lass mich dich verwöhnen, Mila. Du hast es verdient. Dir ist zu viel Schlechtes in deinem Leben widerfahren. Es wird Zeit, etwas Gutes zuzulassen. Wie ich schon sagte - du hast es verdient.“
Eine einzelne Träne kullert über meine Wange, doch er wischt sie schnell mit seinem Daumen weg. Ich bin noch nie von jemandem verwöhnt worden und weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. All das ist so ungewohnt für mich, so fernab meiner Komfortzone, dass ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Ich habe fast das Gefühl, dass ich ihn ausnutze, und das ist ein Gefühl, das keiner von uns beiden jemals haben sollte.
Als ich ihm in die Augen schaue, fühle ich, wie mein Inneres regelrecht zerschmilzt und mein Widerstand zu schwinden beginnt. Logan beugt sich hinunter und küsst mich heftig, schiebt seine Zunge in meinen Mund und raubt mir fast den Atem. Als unser Kuss immer inniger wird, spüre ich, wie mein Körper vor Verlangen beinahe zu schmerzen beginnt.
Ich lege das Kleid zurück auf den Karton, während Logan um mich herumtritt und die Träger meines Sommerkleides von meinen Schultern streift. Sein Bart kratzt an meiner Haut, als er meine Schultern mit sanften Küssen bedeckt. Mein Kleid rutscht an meinem Körper herunter, um schließlich als zerknittertes Knäuel zu meinen Füßen zu lande. Ich hebe meine Beine heraus und stehe nun fast nackt vor ihm, mit nichts als meinem schwarzen Spitzenhöschen bekleidet.
Logan lässt sich einen Moment Zeit, um seine Augen an mir auf- und abwandern zu lassen, während er meinen Körper bewundert. Sein Blick ist intensiv, und die Luft zwischen uns ist geladen vor sexueller Spannung.
Ich kann in seinen Augen sehen, wie sehr er sich nach mir sehnt. Ohne meinen Blick von ihm abzuwenden, schiebe ich mein Höschen nach unten, lasse es an meinen Beinen hinuntergleiten und schleudere es mit einer schnellen Fußbewegung davon. Sein Blick, aus dem das pure Verlangen spricht, lässt keine Sekunde lang nach.
Als Logan lüstern zu mir vortritt, greife ich nach unten und beginne ihn durch seine Hose hindurch zu streicheln.
„Ich denke, wir sollten die noch loswerden, meinst du nicht?“, frage ich.
Er grinst mich leicht an. „Noch nicht“, neckt er mich. „Ich werde mich erst noch ein bisschen austoben.“