Unzuverlässige Partner und gepackte Koffer
In der Mitte des Hofes parkte ein Auto, dessen Scheinwerfer auf die Hauswand gerichtet waren. Die Türen des Wagens standen offen.
Jörg entdeckte das eingeschlagene Fenster und die schmale Gestalt, die sich auf die etwas höher gelegene Fensterbank hochzuziehen versuchte, zeitgleich mit den uniformierten Kollegen, die sie im Konvoi in drei Streifenwägen mit Blaulicht begleitet hatten.
»Polizei! Kommen Sie runter! Nehmen Sie die Hände hoch!«
Zwei Beamte, die als erste aus ihrem Wagen gesprungen waren, hatten bereits die Pistole gezückt.
Die Person, die einen dunklen Mantel trug, schaute sich um und ließ die Fensterbank los. Doch statt stehen zu bleiben, kam sie nun hysterisch mit den Armen fuchtelnd und schreiend auf Jörg zugerannt. Die Kollegen in Uniform fackelten nicht lange: noch ehe sie ihn erreichen konnte, hatten sie sie überwältigt und auf dem kiesigen Boden fixiert.
Als Jörg nahe genug heran war, um die immer noch zappelnde und nun wüste Beschimpfungen ausstoßende Gestalt am Boden in Augenschein zu nehmen, stöhnte er laut auf.
»Doktor Habler. Natürlich. Irgendwie hätte ich mir das denken können. – Jungs, öffnet die Handschellen, diese Frau da ist
Rechtsanwältin und wird uns jetzt mit Tod und Teufel drohen.«
»Nicht mit Tod und Teufel, aber mit dem Gesetz!« Katharina Habler funkelte ihn aufgebracht an, kaum dass sie wieder auf ihren Füßen stand. »Was fällt Ihnen ein! Tun Sie lieber Ihre Arbeit! Warum kommen Sie überhaupt so spät, stehen Sie nicht rum, es geht um Leben und Tod!!!«
Die Habler wirkte völlig aufgelöst.
»Jetzt beruhigen Sie sich doch erst einmal! – Wo ist Gesine?«
»Eben, eben!« Ihre Stimme überschlug sich nun fast. »Da ist jemand im Haus und Gesine ist hineingegangen, vor fünfzehn Minuten, und seither kam kein Lebenszeichen mehr von ihr!!!«
Jörg gab den Uniformierten einen Wink. Zusammen rannten sie zur Haustür, die sich als unverschlossen erwies.
»Sie warten draußen!«, herrschte Jörg die Anwältin an. Mit vorgehaltener Waffe drangen die Polizisten und er ins Haus ein, während Furtner draußen vor der Türe Stellung hielt. Dass er tagsüber schon einmal hier gewesen war, erleichterte ihm die Orientierung ebenso wie die Stirnlampen der Kollegen.
Sie betraten den ersten Stock, dann den zweiten.
Ein Geräusch, begleitet von einem Schrei, ließ die Männer alarmiert ins Erdgeschoss stürmen. Frank Furtner lehnte im Hausflur an der Wand und hielt sich die Hand vor die Nase; Katharina Habler stand mit verächtlichem Gesichtsausdruck vor ihm und streckte ihm ein Taschentuch entgegen. Als er es nahm, bemerkte Jörg, dass sein Kollege Nasenbluten hatte.
»Die spinnt doch«, stieß Furtner hervor, während er den Kopf zurücklegte und den Blutfluss zu stillen versuchte. Es war auch ohne Präzisierung klar, von wem er sprach.
»Jetzt stellen Sie sich nicht so an!« Katharina reichte ihm ein weiteres Taschentuch. »Es war ja keine Absicht! Hätten Sie getan, was ich sage, wäre nichts passiert!«
»Und was hätte Herr Furtner bitteschön tun sollen?« Jörg ließ die Waffe sinken.
»Endlich in den Keller gehen und nach Gesine sehen! – Warum, verdammt, tun Sie nichts?!!!« Ihre Nasenflügel zitterten vor Empörung. »Eine Hausbesichtigung können Sie und Ihre Leute auch
noch später machen!«
»Im Keller? Warum haben Sie uns das nicht vorher gesagt?«
Drei der Beamten setzten sich bereits in Bewegung.
»Weil Sie mir keine Gelegenheit gegeben haben!«, fauchte sie ihn an.
»Chef, da unten ist nichts!« Die Uniformierten kamen zurück. »Nur ein paar Duschen; sieht aus wie im KZ …«
»Doch nicht dort hinten!«, empörte sich Katharina Habler erneut. »Hier links muss noch ein Kellerabgang sein; wir haben die Hilferufe vom Hof aus gehört!«
Jörg wollte sich dem Trupp, der sogleich nach der Kellertür suchte, anschließen, hielt aber noch kurz inne.
»Frau Doktor Habler, warum fahren Sie nicht einfach nach Hause und lassen uns unsere Arbeit tun? – Gesine wird sich dann bei Ihnen mel…«
»Erstens ist das nicht mein Auto da draußen, zweitens haben mir Ihre lieben Kollegen den Führerschein abgenommen, falls ich Sie erinnern darf! – Und drittens bewege ich mich hier keinen Millimeter weg, ehe sie mir nicht meine Freundin wohlbehalten zurückgebracht haben!!!«
Meine Freundin
.
Jörg ließ die Aussage auf sich wirken. Irgendetwas musste ihm entgangen sein.
»Chef! Komm mal!«, kam es dumpf aus dem Keller. Vorsichtig stieg Jörg die Kellertreppe nach unten und folgte dem Licht, das die Stirnlampen abgaben.
In einem gefliesten Zimmer am Ende des Gangs entdeckte er Gesine. Sie kauerte vor einer am Boden liegenden, hageren Gestalt mit kahlem Kopf. Als sie ihn bemerkte, sagte sie: »Die Frau ist dehydriert, halb verhungert und hat einen offenen Oberschenkelhalsbruch mit Blutverlust. Schön, dass ihr da seid, aber wichtiger wäre ein Krankenwagen.«
»Ist dir was passiert?« Jörg kniete sich neben sie.
»Mir? – Nein. Diese verdammte Tür ist bloß zugefallen. Ich konnte nicht mehr hinauf. Hat Katharina …«
Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu vollenden, denn soeben stürzte
Frau Habler in den Raum.
»Du lebst!«, stieß sie hervor. Einen Moment lang sah es so aus, als wollte sie sich der Ärztin in die Arme werfen. In letzter Sekunde schien sie es sich anders zu überlegen. Ein paar Schritte vor Gesine blieb sie unschlüssig sehen, trat dann zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Gut, dann ist ja nichts passiert«, stellte sie kurz und bündig fest, die andere Frau am Boden komplett ignorierend.
Im selben Moment ging das Licht an.
»Hab den Sicherungskasten gefunden!«, erklang Furtners Stimme von oben.
Gesine, die den Kopf der jungen Frau auf den Knien gehabt hatte, legte diesen jetzt vorsichtig auf den Boden und erhob sich. Die Unbekannte gab ein leises Wimmern von sich.
»Ist sie ansprechbar? Hat sie ihren Namen genannt?«
Gesine schüttelte den Kopf. »Ihr Hilferuf war wohl wie ein letztes Aufbäumen. Sie ist kaum bei Bewusstsein.«
»Das heißt, sie haben die Frau einfach zum Sterben hier gelassen und den Hof verlassen.«
»Vielleicht auch einfach nur vergessen. Sie war ihnen nicht mehr wichtig. Und vermutlich ist die Gruppe Hals über Kopf geflüchtet.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Das Haus ist ausgeräumt. Auf den ersten Blick findet sich kein Beweis, dass hier eine Sekte einquartiert war. Es gibt keine Unterlagen, keine pseudoreligiösen Relikte …«
»Chef! Da ist Blut im Gang!«
Trotz des Lichts, das die Deckenlampe abgab, waren die rostigbraunen Flecken an der Ziegelwand und auf dem naturbelassenen Boden kaum zu erkennen. Jörg richtete den Strahl seiner Stirnlampe auf die Stelle.
»Schau mal hier«, hörte er hinter sich die Stimme eines anderen Kollegen. »Ich glaube, wir sollten die Spurensicherung verständigen.«
Er fuhr herum. Der Spaten, der in der Ecke an der Wand lehnte, wirkte auf den ersten Blick unspektakulär. Doch am Schaufelblatt zeigten sich eindeutige Spritzer.
»Okay, Leute! Nichts anrühren!«, orderte Jörg an. »Alle Mann
nach oben, außer Gesine und … Frau Habler, das gilt auch für Sie!«
Katharina Habler setzte an, um etwas zu erwidern, doch in derselben Minute hörten sie das Geräusch eines einfahrenden Wagens. Durch das schmale Kellerfenster war blinkendes Blaulicht zu sehen.
»Na, zum Glück!« Gesine wirkte erleichtert, als die Sanitäter, begleitet von einem Notarzt, den Raum betraten und sich der am Boden Liegenden annahmen.
»Haben Sie erst noch Brotzeit gemacht, oder warum kommen Sie so spät?«, erkundigte sich Jörg.
»Wir haben es nicht gefunden«, kam die Antwort eines der Sanitäter. »Das Navi zeigt die Adresse nicht genau an, und wir sind zweimal falsch abgebogen.«
Kommt mir bekannt vor, ging es Jörg durch den Kopf, während er zusah, wie die blasse junge Frau auf die Bahre verfrachtet wurde. Eine weitere verlorene Seele, die ihr Heil in dieser Vereinigung gesucht hatte. Welche tragische Lebensgeschichte mochte sie wohl hinter sich haben?
Zehn Minuten später rollte die Ambulanz mit der Verletzten davon. Jörg gesellte sich zu Gesine und Katharina, die nebeneinander im Hof standen und dem Krankenwagen nachschauten.
»Was treibt ihr euch eigentlich nachts hier herum? War das als romantisches Tête-à-tête gedacht, oder wie darf ich mir das vorstellen?«
»Sei froh, dass wir hier waren«, erwiderte Gesine. »Eine weitere Tote bei diesem Fall hätte deiner Karriere sicher nicht gutgetan. Zumal du ja schon mal hier warst und die Frau im Keller nicht bemerkt hast!«
»Tja, vermutlich lag das daran, dass sie sich während meiner kurzen Anwesenheit nicht zu Wort gemeldet hat«, kommentierte Jörg trocken. »Apropos Fenster – warum hast du eigentlich nicht die Haustüre genommen? Die war unverschlossen!«
»Sehr witzig!«
Gesines Tonfall verriet ihm, dass sie seine Worte für einen Scherz hielt.
Er wollte gerade etwas darauf erwidern, als sein Blick auf die Anwältin fiel.
»Frau Doktor Habler, Sie bluten an der Hand! Vielleicht sollten Sie sich ärztlich versorgen lassen.«
Er hatte ihre Wunde zuvor schon bemerkt, in der Hitze des Gefechts aber keine Zeit gefunden, sie darauf anzusprechen.
»Das ist nichts.« Die Anwältin schob ihre verletzte Linke unter ihren Mantel, auf dem er im nun hell erleuchteten Hof einige Blutspritzer entdeckte.
»Zeig her«, forderte Gesine, doch die Habler blieb stur.
»Das ist nichts«, wiederholte sie. »Ich klebe daheim ein Pflaster drauf!«
»Katharina …«
Jörg konnte sein Schmunzeln nur schwer verbergen. Dass Gesine mit der Frau redete wie mit einem störrischen Kind, amüsierte ihn. Er hatte sie bisher nur mit Holly erlebt – ruhig, harmonisch, geduldig. Vielleicht irgendwie auch ein bisschen langweilig. Allein das Funkeln in den grünen Katzenaugen der Anwältin verriet ihm, dass diese Beziehung – wenn das Wort nicht schon zu hoch gegriffen war – weit mehr Spannungspotenzial in sich barg. Gewiss auch mehr Aufregung.
Immerhin streckte sie Gesine nun widerwillig ihre Hand entgegen.
»Um Himmels willen, du hast dich schon wieder an der Hand geschnitten? – Was hast du gemacht?«
Da Katharina Habler schwieg, lieferte Jörg die Antwort: »Sie wollte durch dasselbe Fenster einsteigen wie du und hat sich vermutlich an den Scherben auf der Fensterbank geschnitten.«
»Wirklich?« Gesine wandte sich an Katharina, die mit undurchdringlicher Miene vor ihr stand. »Wieso wolltest du das? Ich habe doch gesagt, du sollst draußen warten …«
»Ich brauche eine Zigarette«, ließ die Angesprochene verlauten, ohne auf die Frage einzugehen. »Sofort.« Sie ging zum Auto und angelte sich die Packung heraus.
»Sie war außer sich vor Sorge um dein Wohlergehen, als wir ankamen.« Jörg machte sich jetzt nicht mehr die Mühe, sein Amüsement zu verbergen. »Sie wurde sogar meinem Kollegen
gegenüber handgreiflich, weil wir dich nicht schnell genug retten konnten vor was auch immer.«
»So war das nicht.« Katharina, die mitgehört hatte, zündete sich ihre Zigarette an, blieb aber am Auto stehen. »Ich war nicht besorgt. Wieso sollte ich? – Gesine ist ein eigenständiger Mensch; sie weiß, was sie tut. Ich bin nicht für sie verantwortlich!«
Jörg konnte sehen, wie seine Freundin tief durchatmete.
»Fertig?«, sagte sie dann, und es war klar, dass ihre Frage auf Katharinas kleine Ansprache abzielte. »Du hast wirklich ein Talent, dich selbst zu zerstören. Kaum ist die eine Wunde verheilt, ziehst du dir die nächste zu. – Komm, ich verbinde sie dir, und dann fahren wir ins Krankenhaus. Das muss diesmal wirklich genäht werden.«
»Sicher nicht!« Katharina ließ die Hand wieder unter ihrem Mantel verschwinden. »Mein Bedarf an Krankenhausaufenthalten ist für den Rest meines Lebens gedeckt! In dieser Bude lassen sie mich nicht mal im Bett rauchen!«
»Wunderbar! Du wolltest ja sowieso aufhören«, konterte Gesine süffisant. Ernst fügte sie hinzu: »Du wirst nicht stationär aufgenommen, keine Sorge. So gern hat man dich dort nicht, dass man dich unbedingt dabehalten will. Das wird ambulant gemacht.«
»Na gut.« Widerwillig überließ sich Katharina Habler nun Gesine, die ihren Notfallkoffer öffnete.
Jörg ging zu den Kollegen ins Haus zurück. Bald würde die Spurensicherung hier sein. Wie er schon prophezeit hatte: Es würde eine lange Nacht werden.
»Sag mal, ans Tanken hast du nicht gedacht? Das rote Lämpchen leuchtet.«
Während Furtner den Dienstwagen von der Zufahrtsstraße der alten Ziegelei lenkte, war Jörgs Blick aufs Armaturenbrett gefallen.
»Tat sie schon auf der Herfahrt. Sorry, bin an keiner Tankstelle vorbeigekommen.«
Furtners Nase sah noch immer mitgenommen aus. Jörg fragte sich, wie es dazu gekommen war, dass eine kaum über die eins
sechzig hinausragende Person einen gestandenen Polizisten mit einem Schlag fast außer Gefecht hatte setzen können. Da er nicht noch Salz in offene Wunden streuen wollte, behielt er die Frage für sich. »Hier ist der Weg auch nicht gerade mit Tankstellen gepflastert«, stellte er stattdessen fest, den Blick skeptisch aufs Display gerichtet, nach dessen Anzeige sie noch ganze zwanzig Kilometer fahren konnten. Es hatte wieder zu regnen begonnen. Die Aussicht, mit einem leeren Benzinkanister durch die Gegend zu laufen, verlor dadurch zusätzlich an Reiz.
Furtner hatte seinen Finger schon am Navi und ließ sich die Tankstellen anzeigen.
»Na bitte. Zehn Kilometer von hier, in Höhe Lenweinting bei Regensburg. Übrigens eine, die wir schon recht gut kennen.«
Jörg wusste, worauf er anspielte. Nach der Aussage der Hirscheck-Lahn hatten sie ihr Alibi überprüft und sich dazu die Bänder von der Videoüberwachung genau dieser Tanke besorgt – um zu ihrer leisen Enttäuschung festzustellen, dass das sogenannte Medium tatsächlich in der fraglichen Nacht dort das Auto aufgetankt hatte.
Rund zehn Minuten später war der Tank wieder voll. Jörg stand gerade an der Kasse und zahlte, als Furtner vor dem Getränkeregal einen überraschten Laut von sich gab.
»Schau mal. Kommt dir die Flasche nicht bekannt vor?«
Er deutete auf den Wodka, der zwischen deutschem Riesling und französischem Weinbrand im Regal stand.
»Sieh einer an.« Jörg nahm eine der Flaschen an sich und zeigte sie der Kaugummi kauenden Kassiererin. »Verkaufen Sie den Wodka hier oft?«
»Keine Ahnung«, kam es gelangweilt zurück. »Ich bin nur Aushilfe.«
Als Jörg keine Anstalten machte, sich mit der Antwort zufriedenzugeben, sondern stattdessen seinen Dienstausweis vor sie auf den Tresen legte, schob sie nach: »Ich kann im System nachschauen.« Sie tippte an ihrer mit einem Computer gekoppelten Registrierkasse herum. »Nicht oft. Im letzten halben Jahr haben wir nur drei verkauft. Die letzte am …«
Das Datum, das sie nannte, ließ ihn aufhorchen. In jener Nacht war Marion Schwaiger gestorben.
»Um wie viel Uhr haben Sie die Flasche verkauft?«
Die Kassiererin machte große Augen und vergaß einen Moment lang sogar, ihren Kaugummi von einer Backe in die andere zu schieben.
»Keine Ahnung«, wiederholte sie, nun jedoch eher erschrocken als gelangweilt. »Das sagt mir das System nicht. Nur das Datum.«
»Sie wollen mir weismachen, dass Ihre tolle Kassa zwar das Datum speichert, nicht aber die Uhrzeit?«
»Ehrlich, das ist so«, beteuerte die Angestellte. »Die Uhrzeit steht bloß auf der Rechnung. Und die Rechnungskopien kann nur der Chef abrufen, für die Buchhaltung. Der ist aber erst morgen wieder da. – Soll er sich bei Ihnen melden?«
Jörg winkte ab.
»Wir melden uns bei ihm.«
»Du erinnerst dich doch noch an die Überwachungsbänder«, sagte Furtner, als sie wieder im Auto saßen. »Die HirscheckLahn hat keinen Wodka gekauft. Die hat nur ihre Benzinrechnung gezahlt. Zumindest hielt sie nichts in der Hand außer ihrem Geldbeutel, als sie an der Kasse stand.«
»Wir werden uns das noch einmal genauer anschauen; die Kopien der Bänder haben wir ja noch vorliegen. Dass es nur zufällig die Wodkamarke ist, halte ich für unwahrscheinlich. Ich kenne die nicht einmal, zumindest nicht aus dem Supermarkt. – Und jetzt besuchen wir Chiara Chiavelli und ihre Freundin Yvonne.«
»Jetzt? – Ich meine, ich weiß warum, aber es ist nach Mitternacht! Die schlafen sicher schon!«
»Weißt du, wie egal mir das ist?« Jörg verzog das Gesicht. »Die Kruse hat uns einen gehörigen Teil verschwiegen. Inzwischen ist mir sonnenklar, warum sie sich nicht gleich nach ihrer Flucht an die Polizei gewandt hat!«
»Nun reden Sie schon, Frau Kruse! – Sie haben uns selbst gesagt,
dass Sie im Keller eingesperrt waren, und nun finden wir dort einen Spaten mit Blut am Schaufelblatt und eine junge Frau, die mehr tot als lebendig ist!« Jörg verlor allmählich die Geduld mit der Blondine, die im zartrosa Morgenmantel mit fest verschlossenen Lippen vor ihm in der engen Küche saß. »Was ist dort unten passiert? Von wem stammt das Blut? – Und warum, verdammt nochmal, haben Sie uns nichts von der Frau erzählt, die da gefangen gehalten wurde?«
Wieder war die Antwort verbissenes Schweigen, was seinen Ärger sprunghaft steigen ließ.
»Sie hätten Ihren Tod billigend in Kauf genommen, nur um Ihren eigenen Kopf zu retten!«, hielt er ihr vor. »Sie wollten um jeden Preis vermeiden, dass wir die Blutspuren im Keller finden, und diese Tatsache macht Sie sehr verdächtig! –Vermutlich werden wir Ihre Fingerabdrücke am Stil des Spatens finden! Liege ich da richtig?«
Yvonne Kruse brach in Tränen aus. Chiara, die bisher an den Küchenschrank gelehnt das Gespräch mitverfolgt hatte, kam herüber und legte ihr tröstend den Arm um die Schultern.
»Ich will Ihnen sagen, Frau Kruse: Sie sind eine verwöhnte junge Frau, der es nur darum ging, die eigenen Eltern zu beeindrucken. Und dafür haben Sie monatelang zugesehen, wie Frauen an den Rand des Wahnsinns getrieben und manipuliert wurden, wie sie hungern mussten, für diverse Zeremonien missbraucht wurden, wie sie …«
»Hören Sie auf!« Yvonne schluchzte. »Ich konnte für all das doch nichts, ich wollte das doch alles aufdecken!«, beteuerte sie unter Tränen. »Aber dann hat Iris mich verpetzt … wegen des gestohlenen Essens …«
»Iris? Welche Iris?«
Yvonne Kruse zog ihre Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel ihres Morgenmantels die Tränen aus dem Gesicht.
»Die Frau, die Sie im Keller gefunden haben. Sie war auserwählt für die Ausbildung zur Erleuchteten.«
»Und dazu wurde man weggesperrt?«
Yvonne nickte.
»Ja. In Klausur gehen nannte sich das. Iris war regelrecht glücklich in ihrem Verlies«, fuhr Yvonne fort. »Zumindest, als ich das letzte Mal mit ihr sprach. Ich wollte sie warnen, wollte ihr sagen, was hinter Lumenaria
steckt. Aber das hat sie alles nicht interessiert. Sie wollte gar nicht mit mir reden.«
»Sie waren also bei ihr?«
»Ich war unten vor ihrer Türe, man hatte mich auch eingesperrt.« Wieder begannen Yvonnes Tränen zu fließen. »Ich hatte solche Angst, Herr Kommissar! Ich dachte, dass die mir etwas antun, dass ich da nie wieder lebend rauskomme! Ich hatte solche Angst, dass sie mein Handy gefunden haben und meine Aufzeichnungen!«
»Aber diese Sorge war ja offensichtlich unberechtigt, sonst hätten wir sie jetzt nicht.«
»Das konnte ich aber nicht wissen! Ich saß schließlich in diesem dunklen Keller fest. Und dann kam Gunlod, eine der Anführerinnen, und ließ die Kellertüre oben offen. Ich sah keinen anderen Ausweg …«
Die offenkundige Verzweiflung machte es ihr unmöglich, den Bericht fortzusetzen. Hemmungslos schluchzte sie nun in den Armen ihrer Freundin, die schweigend zuhörte.
»Und da haben Sie den Spaten entdeckt und dieser Anführerin eins übergezogen«, vervollständigte Jörg ihre Aussage. »Sie haben Ihre Notizen und das Handy geholt, sind über den Stacheldrahtzaun geflüchtet, was Ihre Verletzungen erklärt, und in Richtung Straße gelaufen …«
»Ich bin einfach nur gerannt! Ich hatte keine Ahnung, wo da eine Straße ist«, fuhr Yvonne weinend fort. »Aber plötzlich waren die Hunde hinter mir.«
»Und da Sie überzeugt waren, Sie hätten diese Gunlod erschlagen, haben Sie uns den Vorfall verschwiegen«, fuhr Jörg fort. »Zugleich auch die Tatsache, dass dort noch eine Frau im Keller sitzt. Obwohl sie wussten, dass die Sektenführerinnen im Begriff waren, den Hof zu verlassen. Und obwohl Sie wussten, wie die Sekte mit Frauen umgeht, die ihr nicht mehr nutzen!«
»Ich dachte doch, Sie würden Iris gehen lassen, genauso wie die anderen Frauen!« Yvonne schniefte. »Außerdem, in dieser Nacht war auf dem Hof die Hölle los, so viel Betrieb habe ich da noch nie zuvor gesehen! Da stand ein LKW, in den Sachen eingeladen wurden. Und dieser Mercedes war auch wieder da, genauso wie der VW-Bus.
Die Erleuchteten waren vollauf mit ihrem Auszug beschäftigt. Daher dachte ich ja auch, es wäre der beste Augenblick, um abzuhauen.«
»Und von dem Mercedes und dem VW-Bus erzählen Sie uns jetzt erst?«, begehrte Furtner ungehalten auf. »Haben Sie sich die Autokennzeichen gemerkt?«
Yvonne sah Furtner nur entgeistert an, und Jörg konnte ihren Blick sogar nachvollziehen.
»Hallo?! Ich war auf der Flucht!«, erwiderte sie entrüstet. »Aber der VW-Bus war derselbe, mit dem nachts manchmal Lebensmittel gebracht wurden, und der Mann auch.«
»Frau Kruse.« Jörg atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. Diese Möchtegernjournalistin machte ihn fertig. »Was kommt da noch alles ans Licht? – Über einen Mann, der Lebensmittel brachte, haben Sie bisher auch noch kein Wort verloren! Vielleicht bemühen Sie sich mal um etwas mehr Systematik!«
»Woher soll ich denn wissen, dass der wichtig ist?«, konterte Yvonne Kruse. »Ich hätte es Ihnen schon noch erzählt! Und von der Frau im Purpurmantel auch. Bisher hatte ich voll zu tun, Ihre Fragen zu beantworten, und danach haben Sie überhaupt nicht gefragt!«
»Purpurmantel?« Furtner war genauso hellhörig geworden wie Jörg. »Von welcher Frau sprechen Sie? Einer der Sektenführerinnen?«
Yvonne Kruse schüttelte den Kopf.»Nein. Sie gehörte nicht dazu. Nicht unmittelbar, meine ich. Sie war nur manchmal am Hof, und sie kam mit diesem Mercedes. Den parkte sie abseits oder in der Scheune; niemand sollte es sehen. Aber ich habe ja herumgestöbert. Ich sah sie immer nur im Purpurmantel und mit einem Schleier vor dem Gesicht. Man nannte sie das Lichtwesen. Sie war quasi die Göttin von Lumenaria
. Sie traf alle wichtigen Entscheidungen und inszenierte sich bei den Festen als übersinnliche Erscheinung! Die anderen glaubten, sie würde von innen heraus leuchten, dabei kam das Licht von Leuchtmitteln in ihrem Mantel.«
Jörg packte sein Tablet aus.
»Sehen Sie sich das Foto an, Frau Kruse. Dieser Mantel wurde in der Nähe von Marion Schwaigers Leiche gefunden. Ist das der Mantel, von dem Sie sprechen?«
»Ja. Eindeutig. Das ist er.«
»Und können Sie die Frau beschreiben?«
»Wie gesagt, sie trug immer einen Schleier vor dem Gesicht und ein Tuch über dem Haar. Aber sie war schlank, ziemlich groß und hatte eine volle, tönende Stimme.« Die junge Frau machte eine kurze Pause, schien nachzudenken. »Da ist noch was«, sagte sie dann. »Bitte lachen Sie jetzt nicht. Sie wissen, dass ich an dieses ganze Erleuchtungszeug nicht glaube, nicht wahr? Mir war immer klar, dass die übernatürlichen Ereignisse, die sie uns vorführten, auf die Drogen zurückgingen, die man uns eingeflößt hatte, oder auf irgendwelche technischen Tricks. Aber diese Frau … das war etwas anderes. Ich wurde eines Nachts Zeugin einer dieser Geheimsitzungen, die sie mit den Sektenführerinnen abhielt. Sie sprach mit einer fremden Stimme … einer Männerstimme … und grüner Schleim floss aus ihrem Mund. Da war kein technisches Hilfsmittel im Spiel! Es war unheimlich.«
»Hirscheck-Lahn bei einer ihrer Geisterbeschwörungen«, raunte Jörg Furtner zu, der bestätigend nickte. »Damit ist der endgültige Beweis erbracht, dass sie da ganz tief mit drinnen hängt!«
Er wandte sich an die Frau, die genau das irgendwann vor Gericht würde bezeugen müssen.
»Frau Kruse, Sie halten sich weiterhin zu unserer Verfügung. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie uns noch viel über Lumenaria
und die dortigen Vorkommnisse berichten können.«
Die Kriminalbeamten ließen sich von den beiden Frauen zur Tür begleiten.
»Aber … was passiert jetzt weiter?«, erkundigte sich Yvonne Kruse dort kleinlaut. »Wegen Gunlod, meine ich? Ich habe sie doch nicht erschlagen, oder? Sie lebt doch noch?«
»Nun, bisher haben wir ihre Leiche jedenfalls noch nicht gefunden«, antwortete Jörg. »Aber keine Sorge, falls sich das ändert, werden Sie eine der ersten sein, die davon erfährt!«
»Sind Sie verrückt geworden? – Es ist kurz vor sechs in der Früh!«,
entrüstete sich der Hausmeister, nachdem er die Türe zu seinem Portierhäuschen geöffnet hatte.
»Sie sind doch sowieso schon wach, was regen Sie sich auf«, erwiderte Jörg, unbeeindruckt vom harschen Tonfall des Mannes, der in brauner Cordhose und dunkelgrünem Wollpullover vor ihnen stand. »Außerdem brauche ich Sie wohl kaum daran erinnern, dass wir noch immer in einem Mordfall ermitteln.«
»Was hat der Fall eigentlich mit mir zu tun? – Ich habe schon gesagt, dass ich die Frau nicht kenne!«
»Ja. Aber das war gelogen«, stellte Jörg klar. »Genauso wie Ihr mickriges Alibi!«
»Ich war bei …«
»Bei Ihrer Freundin in Regensburg, das sagten Sie uns bereits. Und was den Zeitpunkt angeht, zu dem Marion Schwaiger ihren letzten Atemzug tat, nun, da mag das stimmen. Uns interessiert aber, was Sie in den Stunden zuvor getrieben haben. Darüber wollen wir uns gern mit Ihnen unterhalten. Und über den blauen VW-Bus, der hinter dem Haus steht.«
»Was soll damit sein?«, brauste Gschwandtner auf. »Der gehört nicht mir, das ist mein Dienstfahrzeug, zugelassen auf …«
»Auf Frau Hirscheck-Lahn«, vervollständigte Jörg den Satz. »Herr Gschwandtner: Möchten Sie, dass wir dieses Gespräch hier auf der Türschwelle führen, wollen Sie uns lieber gleich auf das Präsidium begleiten, oder bitten Sie uns endlich ins Haus?«
»Das … ja, gut. Einen Augenblick.«
Er drehte sich langsam um – und warf dann den verdutzten Ermittlern die Türe vor der Nase zu. Jörg hörte, wie sich seine Schritte hastig entfernten. Nur wenige Augenblicke später wurde hinter dem Haus einen Motor gestartet. Scheinwerferlicht leuchtete auf, als der VW-Bus über den kiesigen Weg davonbrauste.
»Ein Kasten Bier für mich.« Furtner grinste zufrieden. »Habe ich nicht gleich gesagt: Der wird türmen!«
»Okay, du hattest recht«, gab Jörg widerstrebend zu. »Dunkles oder helles?«
»Pils. Und vielleicht gebe ich dir sogar eine Flasche ab.«
Er zwinkerte Jörg zu, der leicht stutzte. Versuchte da jemand, mit
ihm zu flirten? – Allmählich sah er wohl Gespenster.
Mit ihrem Dienstwagen fuhren sie vor zum Eingangstor, wo der VW-Bus von den Kollegen in Uniformen gestoppt und Gschwandtner in Empfang genommen worden war. Man hatte ihm bereits Handschellen angelegt.
»Ja, Herr Gschwandtner, so schnell kann es gehen«, bemerkte Jörg trocken. »Sie hätten auch gleich sagen können, dass Sie auf ein weniger amikales Gespräch im Verhörraum bestehen.«
Gschwandtner schnitt eine missbilligende Grimasse, als er auf der Rückbank eines der drei Streifenwagen verstaut wurde.
»Bis später dann«, sagte Jörg mehr zu sich selbst als zu dem Hausmeister, ehe er sich wieder Furtner zuwandte.
»Dieses war der erste Strich, und der zweite folgt zugleich …«
Er sah dem abfahrenden Wagen kurz nach.
»Sollen wir noch bleiben?«, fragte einer der Uniformierten.
»Ja. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass die Herrschaft ähnlich spektakulär türmen will, aber sicher ist sicher.«
Das Schloss lag noch im Dunkeln. Die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen. Als Jörg läutete, verstrichen einige Minuten, ehe im Parterre das Licht anging.
Die Frau, die in Frotteemantel und Pantoffeln die Türe öffnete, mit wirrem Haar bis auf die Schultern, kam ihm auf den ersten Blick nur vage bekannt vor. Auf den zweiten erkannte er in ihr die Haushälterin.
»Sie kommen sehr früh, oder nicht?«
Jörg war sich sicher: Weder an die Unart der Frau, jedem ihrer Sätze eine Frage anzuhängen, noch an ihre unangenehme Stimme würde er sich jemals gewöhnen.
»Machen wir’s kurz, Frau Peschner«, sagte er. »Holen Sie die Hirschecks in den Salon und servieren Sie einen starken Kaffee. Den werden wir alle brauchen.«
Martina Peschner verzog das Gesicht.
»Der Herr Professor und seine Frau sind nicht zugegen.«
»Ach ja?«
»Der Herr Professor hat gestern Abend in Frankfurt einen Vortrag gehalten. Madame hat ihn begleitet. Sie werden erst im Laufe des
Tages zurückkehren.«
Jörg atmete auf. Insgeheim hatte er bereits befürchtet, dass sich das Paar abgesetzt hatte. In Gedanken verwünschte er die Sparpolitik, die der Exekutive aufgezwungen wurde. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er weiterhin eine Streife vor dem Grundstück positioniert.
»Sagen Sie den Herrschaften, sie sollen sich umgehend bei mir melden … beziehungsweise, verständigen Sie mich, sobald sie hier sind!«
Martina Peschner nahm seine Visitenkarte mit der Telefonnummer nur widerstrebend entgegen.
»Na gut, ja, ich habe diese Marion von der Ziegelei bis zum Schloss mitgenommen.« Oskar Gschwandtner blickte von Furtner, der links an der Wand des Verhörzimmers lehnte, zu Jörg Berger, der ihm gegenübersaß. »Aber das ist doch kein Verbrechen! – Mit dem Mord habe ich nichts zu tun, ich schwöre es!«
»Sie haben sie vergewaltigt und unter Drogen gesetzt. Danach haben Sie sie mit Hilfe der Hunde so lange durch den Park gehetzt, bis vor Todesangst, Stress und unter Einwirkung der Drogen ihr Herz zum Stillstand kam. Zu guter Letzt haben Sie ihr noch eine Flasche Wodka eingeflößt, um es wie einen Unfall aussehen zu lassen.«
Jörg legte es bewusst darauf an, den Mann zu provozieren. Seine Rechnung ging auf. Gschwandtner sprang auf und stieß einen wütenden Schrei aus.
»Ich war das nicht, verdammt!«
»Setzen Sie sich, Herr Gschwandtner«, sagte Furtner ruhig. »Wenn es so nicht war – wie war es denn dann?«
»Ich habe sie mitgenommen, vom Hof bis zum Schloss. Weiter nichts«, beharrte der Mann stur. »Sie hat mich darum gebeten. Sie tat mir irgendwie leid, wirkte schwach und krank. Ich wollte ihr einen Gefallen tun, weiter nichts!«
»Und weil Sie so ein guter Mensch sind und die arme Frau so schwach und krank wirkte, haben Sie sie gleich vergewaltigt«, hielt
ihm Jörg erneut süffisant vor.
»Nein! Hab ich nicht! Ich hatte überhaupt nichts mit der! Ich bin in einer Beziehung! Sie kennen doch meine Freundin, Sie haben mit ihr gesprochen …!«
»Ja, sie hat uns Ihr Alibi bestätigt – das von einundzwanzig Uhr bis morgens um sieben. Da waren sie bei ihr. Und vorher haben Sie noch Marion Schwaiger verge…«
»Nein, zum Teufel!« Der Hausmeister schlug mit der Faust auf den Tisch. Jörg bedachte ihn mit einem warnenden Blick.
»Herr Gschwandtner, wenn Sie sich nicht beherrschen können, legen wir Ihnen gerne wieder die Handschellen um!«
»Verdammt!« Gschwandtner starrte auf die Tischplatte. »Sie können mir gar nichts nachweisen!«
»Nnnnjein«, entgegnete Jörg gedehnt und genoss den Ausdruck blanker Verwirrung, der kurz in die Augen des Hausmeisters trat. »Dafür, dass Sie beispielsweise regelmäßig Lebensmittel zur Ziegelei lieferten und mit den selbsternannten Erleuchteten in engem Kontakt standen, gibt es Zeugen, und wir haben auch Hinweise darauf, dass Sie Sex mit Marion Schwaiger hatten. Dass Sie die Frau von der Ziegelei weggebracht haben, war dagegen geraten. Jedenfalls: Danke, dass Sie uns das bestätigen.«
»Nochmal: Jemanden im Auto mitzunehmen, ist kein Verbrechen!«, begehrte der Mann auf. »Und was soll das heißen, Sie hätten Hinweise, dass ich mit der Frau Sex hatte? – Das kann überhaupt gar nicht sein. Und eine Spermaprobe kriegen Sie von mir nicht so einfach! Ich kann das verweigern, ich kenne meine Rechte!«
Er verschränkte die Arme vor der Brust.
»So gut offenbar auch nicht«, entgegnete der Ermittler ruhig. »Erstens können wir das sehr wohl einfordern, solange Sie unser Verdächtiger Nummer eins sind. Zweitens gibt es Grund zu der Annahme, dass die Spuren, die wir im Slip der Frau gefunden haben, von Ihnen stammen. – Ihr Urologe hat Sie doch damals sicher aufgeklärt?«
Gschwandtner lief rot an – ob vor Wut oder aus Scham, vermochte Jörg nicht zu sagen.
»Ihre junge Freundin hat nämlich nicht nur das Alibi bestätigt,
sondern uns auch ihr Herz ausgeschüttet. Sie will unbedingt Kinder, aber mit Ihnen als biologischem Vater bleibt der Wunsch wohl unerfüllt. Denn ehe Sie sich kennengelernt haben, wurde bei Ihnen eine Vasektomie durchgeführt – mit der Folge, dass keine Spermien mehr im Ejakulat vorhanden sind. Das wiederum deckt sich mit den Spuren in Marion Schwaigers Slip.«
»Und? Wenn schon!« Gschwandtner zuckte mit den Schultern, doch seine Hände waren zu Fäusten geballt. »Sie können mir gar nichts nachweisen!«
»Wir wissen ja auch, dass Sie Marion in Ihrem VW-Bus mitgenommen haben. Und schon schließt sich erneut der Kreis. Für uns reicht das aus, um Sie als Verdächtigen hierzubehalten. Alles weitere wird vor Gericht geklärt.«
»Das ist doch nicht Ihr Ernst!« Wieder schaute der Hausmeister vom einen zum anderen. »Ich bin unschuldig! – Wieso hätte ich sie töten sollen? Die war mir so egal wie alle anderen in der Ziegelei! Ich habe nur Lebensmittel abgeliefert!«
»Und von wem kam der Auftrag?«
»Na, von wem wohl! – Von der Herrschaft. Botenfahrten haben eben zum Job dazugehört. Was da am Hof ablief, ging mich nichts an. Und deshalb wollte ich die Frau auch überhaupt nicht mitnehmen, erst einmal.«
»Wie lief das wohl ab, Frank?« Jörg wandte sich an seinen Kollegen. »Stell dir mal vor: ein kalter Herbsttag. Regen, Wind, Kälte. Der Herr Gschwandtner hat gerade seine Lieferung übergeben, und plötzlich entdeckt er hinten auf der Ladefläche dieses dürre, hagere Wesen. Marion Schwaiger. Sie hat sich dort versteckt, sieht in ihm ihren Retter. Sie fleht ihn an, sie mitzunehmen. Doch der Herr Gschwandtner bleibt hart. Erst einmal, wie er uns selber sagt. Er will ja keinen Ärger – weder mit der Herrschaft noch mit den seltsamen Frauen von der Ziegelei, die ihm sowieso allesamt unheimlich sind. Was glaubst du wohl, was ihn dazu gebracht hat, sich die Sache anders zu überlegen? Wurde er plötzlich – schnipp! – zum edlen Ritter? Oder hältst du es für möglich, dass sie ihm was versprochen hat?«
»Hmm, ja … aber was sollte das sein?« Wie erwartet, stieg Furtner
auf den Dialog ein. »Geld hatte sie ja keines. Schmuck auch nicht. Was sollte sie ihm also geben?«
»Jetzt hören Sie schon auf damit!«, platzte Gschwandtner heraus. »Ja, verdammt, ich hab mit ihr geschlafen! Aber sie hat das freiwillig angeboten! Und es ging ihr danach nicht besser oder schlechter als zuvor! Ich habe sie zum Schloss gebracht und den Hintereingang aufgesperrt! Das war’s! – Als ich sie das nächste Mal gesehen habe, lag sie tot neben dem Weiher! Aber damit habe ich nichts zu tun!«
»Warum wollte Marion Schwaiger zum Schloss? – Oder anders gefragt: Warum wollte sie unbedingt mit Hirscheck reden?«
»Eigentlich hat sie zu irgendeinem Bahnhof gewollt. Die hat ständig nur von ihrem Bruder gequasselt, der in München auf sie wartet und sich Sorgen um sie macht. Ich will nach Hause
, hat sie immer wieder gesagt.«
»Und kooperativ, wie Sie sind, haben Sie ihren Wunsch einfach ignoriert«, stellte Jörg ironisch fest.
Gschwandtner zuckte mit den Schultern.
»Ich hätte sie vielleicht auch zum Bahnhof nach Aichendorf gebracht. Aber dann hat sie plötzlich wirres Zeug von der Frau Hirscheck-Lahn geredet und vom Herrn Professor … Dass die an allem schuld seien. Und dass sie zur Polizei und die beiden anzeigen will, wegen Freiheitsberaubung. Na ja, und dann sagte ich mir, vielleicht wäre es das Beste, wenn sie erstmal mit den Herrschaften selber redet. Denn so eine Anzeige, das wäre ja wohl nicht in deren Sinne. Ich wollte einfach keinen Ärger.«
»Aber die Dame des Hauses war doch schon im Bett. Und der Professor auf dem Weg zum Flughafen …«
Gschwandtner hob die Schultern.
»Ich wollte halt nicht, dass sie zur Polizei geht. Dachte, im Haus ist sie erstmal gut aufgehoben. Sie wirkte insgesamt … nicht ganz gesund im Schädel.«
»Dass diese Frauen am Hof allesamt nicht allzu gesund wirkten, obwohl Sie so fleißig Lebensmittel lieferten, war Ihnen doch auch egal.«
»Ich habe nur ganz selten eine von denen gesehen«, lautete die stoische Antwort. »Die Chefinnen da sahen allesamt wohlgenährt
aus.« Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: »Das einzige, was ich mich gefragt habe, war, wie die Lebensmittel für alle reichen sollen. Aber letztendlich ging’s mich ja nichts an. – Sind wir jetzt fertig?«
»Nicht ganz.« Jörg hatte Mühe, sich seine Antipathie nicht anmerken zu lassen. Der Mann sollte schließlich auspacken. »Beim Auszug haben Sie ja auch geholfen. – Wo haben sie die Sachen denn hingefahren?«
»Na, ins Schloss. Die lagern dort im Keller. Hauptsächlich Bücher und Ordner, aber auch Kleidung … Wollpullover, Hosen, Umhänge … das Zeug, das auch die Schwaiger damals anhatte. Irgendwelche Uniformen. Und seltsame Gerätschaften, wie aus einem Chemielabor. Möbel – Betten, Schränke … so etwas.«
»Und von wem kam der Auftrag, die Sachen dort abzulagern?«
»Von den Herrschaften natürlich.«
»Und wo sind die vier Frauen jetzt? Die Chefinnen, wie Sie sie gerade nannten? Auch im Schloss?«
»Nein. Keine Ahnung, wo die sind. Im Übrigen habe ich beim Umzug nur drei gesehen: die strenge Kleine, die Lange und die mit den hellbraunen Haaren. Die große Hässliche mit den breiten Schultern hat gefehlt.«
»Die strenge Kleine muss wohl Brigitte Weiß sein – Bryndis, die Anführerin. Die Lange ist Karin Guthavn alias Fylla, und die mit den hellbraunen Haaren Henriette Kohl, die Pharmazeutin«, fasste Furtner zusammen, als sie später beim dritten Becher Automatenkaffee im Büro saßen. »Bleibt nur noch die große Frage: Wer ist Gunlod? – In Hessen war damals noch ein gewisser Markus Kohl mit im Spiel, von dem jetzt jede Spur fehlt, und nun gibt es eine vierte Frau …«
Jörg rieb sich die brennenden Augen und streckte sich. Er sehnte sich nach ein paar Stunden Schlaf, wusste jedoch, dass dies pures Wunschdenken war. In einer so heißen Phase konnte er sich als leitender Ermittler nicht daheim ins Bett legen. Die Fahndung nach den Sektenführerinnen lief auf Hochtouren, und er wartete auf eine
Rückmeldung, dass die Hirschecks wieder auf Schloss Dipolding eingetroffen waren. Vorsorglich hatte er eine Streife vor dem Grundstück positioniert. Sein Vertrauen in die Haushälterin war begrenzt. Jetzt hielt ihn nicht der Kaffee wach, sondern das Adrenalin, das ihm die Entwicklungen der vergangenen Stunden ins Blut getrieben hatten. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. »Mensch! Markus Kohl ist
Gunlod.« Die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz. »Die haben den einzigen Mann im Bunde zur Frau gemacht!«
»Glaubst du?« Furtner runzelte ungläubig die Stirn. »Wieso sollten sie das tun? Das ergibt doch keinen Sinn!«
»Das ergibt sogar perfekt Sinn.« Jörg warf den leeren Plastikbecher mit einem gezielten Wurf in den Papierkorb. »Ein Mann und so viele Frauen – das wäre nicht gut angekommen. Also haben sie ihn kurzerhand zur Frau gemacht, um Komplikationen zu vermeiden. Gunlod. Gesines Bericht von dem belauschten Gespräch ist quasi die Bestätigung: Sie hörte eine Männerstimme, sah aber eine grobschlächtige Frau. Und auch die Kruse beschrieb Gunlod als groß, kräftig und mit dunkler Stimme.«
»Die hessischen Kollegen haben aber nichts dergleichen berichtet«, warf Furtner ein. »Die sagten nur was von einem Mann und drei Frauen. Hätte er Frauenkleider getragen oder sich als Frau ausgegeben, hätte das in den Akten sicher irgendwo Erwähnung gefunden.«
»Dann hat er sich damals eben noch nicht so angezogen.«
»Die Sabine Erdlinger, die damals in Wasenberg als sogenannte Lernende war, sprach aber immer von vier Frauen …«
»Weil sie lügt. Das wissen wir ja schon. Die steckt tief mit drin.« Jörg warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Acht Uhr zwanzig. Eine christliche Zeit für einen Morgenbesuch. Auf nach Straubing-Alburg!«
Jörg hatte seinen Finger schon fast auf der Klingel, als er hinter der geschlossenen Tür erregte Stimmen vernahm. Ein Kind heulte.
»… diesen Wahnsinn nicht mehr mit, Sabine!« Der Mann war
hörbar aufgebracht. »So kann das nicht weitergehen!«
»Was soll ich denn tun, verdammt! Mir gefällt das genauso wenig wie dir! Aber ich kann doch nicht …«
Der Rest ging in unverständlichem Gemurmel unter.
»Noch drei Tage! Diese Frist setze ich dir«, schaltete sich der Mann wieder ein. »Entweder die sind dann weg, oder ich haue ab. Ich meine es ernst! Ich habe dich nicht geheiratet, um diesen Wahnsinn …«
»Du wusstest von vornherein, was Sache ist!«, giftete die Erdlinger zurück. Sie musste direkt hinter der Tür stehen. »Ich habe dich nie belogen! – Tanja, und du hörst jetzt auf zu heulen und ziehst endlich den Anorak an! Wir müssen los.«
Die Geräusche, die folgten, konnte Jörg erst nicht eindeutig zuordnen. Da das Kind aber zornig quietschte und die Mutter fluchte, nahm Jörg an, dass Tanja der Anorak nun kurzerhand übergezogen wurde. Der Mann schimpfte irgendwo im Hintergrund. Augenblicke später öffnete sich die Tür. Sabine Erdlinger, das verheulte Kind an der Hand, starrte entsetzt die beiden Kommissare an.
»Morgen, Frau Erdlinger. Sie erinnern sich an uns? – Berger und Furtner von der Kripo.«
»Sie kommen zu einem ganz schlechten Zeitpunkt.« Sabine Erdlinger zog die Türe hinter sich zu, sodass den Männern der Blick ins Haus verwehrt wurde. »Ich muss Tanja in den Kindergarten bringen.«
»Tanja wird heute wohl etwas zu spät kommen.«
Das Mädchen hatte zu weinen aufgehört und schob sich jetzt unglücklich an den Oberschenkel seiner Mutter.
»Wir müssen mit Ihnen reden.«
»Ich werde danach aufs Präsidium zu kommen. Aber jetzt geht es nicht.« Damit wollte Sabine Erdlinger sich an ihnen vorbeidrücken, doch Frank Furtner stellte sich ihr in den Weg.
»Mit Verlaub, Frau Erdlinger, das entscheiden nicht Sie. – Wir können hier vor Ihrer Tür den Nachbarn etwas Unterhaltung bieten. Oder Sie bitten uns doch kurz ins Haus.«
Sekundenlang schien die Frau mit sich zu ringen. Dann sperrte sie die Haustüre auf.
»Schatz! Die Polizei ist hier!«, rief sie lautstark aus, noch ehe sie den Eingang freigab. Sabine Erdlinger befreite ihre Tochter von Mütze und Anorak, behielt ihren eigenen Mantel aber an. Offensichtlich rechnete sie nicht damit, dass dieses Gespräch lange dauern würde.
Als sie das helle Wohnzimmer betraten, war ein schmal gebauter Mann mit Nickelbrille gerade damit beschäftigt, Leintücher zusammenzufalten. Neben der ausgezogenen Couch lag Bettzeug am Boden.
»Mein Mann Peter. – Peter, die Herren sind von der Kripo.«
Peter Erdlinger reichte ihnen die Hand. Sein Händedruck war kraftlos. Er sah ihnen kaum in die Augen. Eilig widmete er sich wieder dem Sofa. »Bitte. Setzen Sie sich«, sagte er schließlich mit leiser Stimme, als er den Bettkasten zurückgeschoben hatte.
»Mami, schau mal. Mein Teddy hat nur noch ein Auge.«
Tanja streckte ihrer Mutter, die sich auf die Rückenlehne des einzigen Polstersessels im Raum stützte, ein Stofftier entgegen.
»Ja, Schatz. Geh da hinten spielen.«
Das Mädchen blieb stehen.
»Also, haben Sie jetzt endlich herausgefunden, wer bei mir im Büro eingebrochen hat?«, erkundigte sich Sabine Erdlinger forsch.
»Ja. Und wir wissen auch, dass es kein Einbruch war. Also sparen Sie sich jedwede Theatralik.« Frank Furtner machte sich nicht die Mühe, freundlich zu sein. »Die Leiterinnen Ihres Partnerunternehmens – wenn ich es mal salopp so nenne – haben ein paar Sachen verschwinden lassen, um Beweise zu vernichten. Zum Beispiel über Kursteilnehmerinnen, die sich zwischenzeitlich einer Sekte angeschlossen hatten – nämlich der, die von den angeblichen Einbrecherinnen geleitet wird.«
»Also … das klingt völlig abstrus. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie mir damit sagen wollen.« Sabine Erdlinger sah konsterniert zur Seite.
Jörg ließ seinen Blick durch das langweilig eingerichtete, aber geräumige Zimmer schweifen. Der obere Stockwerk musste unschwer Platz für zwei weitere Räume bieten: Schlaf- und Kinderzimmer. Warum also nächtigten die Erdlingers hier unten im
Wohnzimmer? Gegen die Annahme, die beiden hätten sich gestritten und die Nacht getrennt verbracht, sprach die Existenz zweier Kissen und doppelter Decken.
»Ich vereinfache das gerne für Sie«, nahm er den Faden wieder auf. »Sie, das illustre Ehepaar Hirscheck und vier Personen, die sich Erleuchtete nennen, arbeiten seit geraumer Zeit sehr erfolgreich zusammen. Professor Hirscheck trifft bei seinen Vorträgen immer wieder auf Frauen, die in einer Sinnkrise stecken, und schickt sie in Ihre Kurse. Sie testen dort aus, wie sozial isoliert und verzweifelt die einzelnen Personen wirklich sind – und wie leicht man ihnen ein X für ein U vormachen kann. Den labilsten und beeinflussbarsten machen Sie ein verlockendes Angebot: Durch eine spirituelle Ausbildung erhalten sie die Chance, ihrem trostlosen Alltag zu entfliehen und etwas Besonderes zu werden. Und diese Ausbildung bekommen sie bei Lumenaria
, geleitet von sogenannten Erleuchteten. Die gaukeln den ohnehin labilen Frauen allerlei Tricks und Zahlenzauber vor und schwächen ihren Willen systematisch durch geringe Nahrungszufuhr, Gehirnwäsche und Rauschzustände. In Wahrheit geht es dabei nur um eines: Diese Frauen sind unwissentlich Probandinnen eines großen Sozialexperiments. Professor Hirscheck, Verhaltenspsychologe, zieht daraus seine Erkenntnisse über die Manipulation des freien Willens unter Bedingungen von Gruppendruck, Isolationshaft und unter Einsatz von Kräuterdrogen. Und die verkauft er gewinnbringend an Regierungen, die bei Amnesty International
Schnappatmung auslösen. – In anderen Worten: Sie leisten einen wertvollen Beitrag, dass weltweit Menschen systematisch psychisch gebrochen und gefoltert werden.«
»Also das ist ja wohl ungeheuerlich!« Sabine Erdlinger rang nach Luft. »Haltlose Anschuldigungen! Und überhaupt … Lumenaria
? Was soll das sein?«
»Brigitte Weiß, Karin Guthavn, Henriette und Markus Kohl. Sie wissen nicht zufällig, wo die stecken?«
Jörg verlor allmählich die Geduld.
»Ich weiß nicht einmal, wer das ist!«, kam es prompt zurück. Peter Erdlinger hatte sich neben seine Frau gestellt. Sein Adamsapfel
wanderte nach oben.
»Das waren die vier Personen, mit denen Sie in Hessen einige Monate zusammengelebt haben. In der Nähe von Kassel. Das Melderegister ist deutlich auskunftsfreudiger als Sie.«
»Hmm … ja.« Die Seminaranbieterin schien zu begreifen, dass sie in diesem Punkt nicht ausweichen konnte. »Also gut, ich kenne die Leute. Na und? Ihre Vorwürfe kann ich nicht im Geringsten nachvollziehen. Als ich bei ihnen auf dem Hof gewohnt habe, kam nichts dergleichen vor! Ich war keine Gefangene. Ich konnte jederzeit gehen. Und genau das habe ich ja dann auch getan.«
»Genau das macht uns stutzig. Denn sonst gibt es niemanden, der diese Organisation einfach so verlassen hat. Die Frauen, von denen wir wissen, dass sie gegangen sind oder gegangen wurden, waren am Ende entweder tot oder psychische Wracks.«
Sabine Erdlinger hob die Schultern.
»Ich war damals schwanger. Deshalb zog ich wieder in eine eigene Wohnung. Als ich ausstieg, hat mir niemand Steine in den Weg gelegt. Von Folter oder Unterdrückung habe ich nichts mitbekommen.«
»Nun, das erstaunt mich zu hören. Eine, die mit Ihnen zeitgleich dort gewesen sein müsste, beging Selbstmord«, erinnerte sie Furtner unsanft. »So gut ist es der wohl nicht ergangen.«
»Das geschah nach meiner Zeit«, erwiderte die Erdlinger mit unbewegter Miene. »Aber ich habe die Frau gekannt, ja. Sie hatte schon vorher Probleme mit sich selbst. Brigitte Weiß und die anderen haben alles getan, um sie zu stabilisieren.«
Das Rumpeln im oberen Stockwerk war so laut, dass die Hängelampe über dem Esstisch sekundenlang schwankte. Automatisch richteten Jörg und sein Kollege ihre Blicke gen Decke.
»Ist außer Ihnen noch jemand im Haus?«
Die Antwort kam nicht sofort.
»Die Schwiegermutter«, sagte schließlich Peter Erdlinger. »Sie ist zu Besuch.«
»Meine Mutter weiß nichts von meinem Aufenthalt damals in Hessen«, fügte seine Frau hastig hinzu. »Für sie war ich damals als Au-pair im Ausland. Bitte lassen Sie sie in Ruhe, die Sache würde sie
nur aufregen!«
»Das kann ich sogar verstehen.« Als Jörg die Verwirrung in beiden Gesichtern bemerkte, präzisierte er seine Aussage. »Vermutlich würde es jede Mutter aufregen, dass sich ihre Tochter hat schwängern lassen, um heil aus den Fängen einer Sekte zu entkommen, die normalerweise niemanden mehr gehen lässt.«
Peter Erdlinger sah seine Frau in stummer Verzweiflung an und wirkte noch farbloser als zuvor.
»Das … ist eine ungeheuerliche Unterstellung«, presste sie hervor. »Der Vater meines Kindes war ein One-Night-Stand, den ich vor meinem Eintritt bei der Magischen Zunft
hatte! Wie ich Ihnen schon einmal sagte: Erst als ich dort war, merkte ich, dass ich schwanger bin – und trat wieder aus!«
»Wir haben mal nachgerechnet«, ließ Furtner sie wissen. »Das geht sich zeitlich nicht ganz aus. Sie können erst während Ihrer Zeit bei der Sekte schwanger geworden sein. Vermutlich von Markus Kohl, der sich seither als Frau ausgibt!«
»Das sind unglaubliche …«, begann Sabine Erdlinger entrüstet, wurde aber von ihrer kleinen Tochter unterbrochen, die sich mit einer gerade angefertigten Zeichnung an den Tisch schob.
»Schau mal, Mami. Ich hab die Tanten gemalt.«
Jörgs Blick fiel auf die kindliche Malerei. Vier Gestalten, alle in bodenlangen bunten Kleidern und mit langen Haaren.
»Welche Tanten denn?«, erkundigte er sich, seine Vorahnung hinter Freundlichkeit versteckend.
»Die jetzt bei uns wohnen. Oben«, sagte Tanja in kindlicher Unschuld.
»Ich werde die Dämonen der Finsternis auf Sie hetzen!«, zeterte die drahtige kleine Person, die sie als Brigitte Weiß identifiziert hatten, während sie von den uniformierten Kollegen in einen der Streifenwagen verfrachtet wurde. »Ich werde dafür sorgen, dass Ihre Nachkommen jämmerlich verrotten und …« Die Autotür ging zu. Bryndis’ weitere Worte prallten am Fenster ab.
»Jetzt mache ich mir aber ernsthaft Sorgen«, bemerkte Jörg mit leichtem Schmunzeln. »Wie bitter für meine nicht existenten Nachkommen!«
»Die sollte ihre übersinnlichen Kräfte lieber dafür aufwenden, günstig auf die Genesung ihres Sektenbruders einzuwirken.« Frank Furtner sah zu dem Krankenwagen hinüber, in dem sich der Notarzt gerade um den verletzten Markus Kohl kümmerte. Der Mann trug noch immer Frauenkleider und sein langes Haar. Der Bart, der ihm inzwischen gewachsen war, verlieh seinem Äußeren eine queere Note. »Einen Mann mit schweren Kopfverletzungen quasi unversorgt durch die Gegend zu kutschieren – dazu gehört schon einiges an Unverfrorenheit!«
»Schau, seine liebevolle Schwester hat ihm immerhin irgendwelche pflanzlichen Tröpfchen verabreicht.«
»Die Chef-Giftmischerin von Lumenaria
«, bemerkte Furtner trocken. »Das Schlimme ist: Die scheint wirklich zu glauben, dass sie mit ihren selbstgebrauten Mittelchen etwas gegen innere Blutungen ausrichten kann. Wie die ihr Pharmazie-Examen bestanden hat, ist mir wirklich ein Rätsel.«
»Na ja, nach unserer ersten Einvernahme liegt klar auf der Hand, dass die alle
wirklich bis zu einem gewissen Grad glauben, was sie da von sich geben.« Jörg sah dem Rettungswagen nach, der jetzt mit eingeschaltetem Blaulicht aus der Siedlung fuhr. »Insofern kann ich die Einschätzung der Kruse, dass die selbsternannten Erleuchteten ihre Anhängerschaft bewusst und absichtlich täuschten, nicht teilen.«
»Jedenfalls hat Yvonne Kruse die gute Gunlod nicht totgeschlagen. Von dieser Sorge können wir sie befreien.«
Jörg schnitt ein Gesicht.
»Ich weiß gar nicht, ob ich das will: sie von Sorge befreien. Immerhin hat sie das Leben dieser anderen jungen Frau aufs Spiel gesetzt. – Wissen wir irgendetwas Neues über deren Gesundheitszustand?«
»Ich werd mich gleich mal erkundigen.«
Furtner trat mit dem Handy zur Seite.
Aus der Traube von neugierigen Nachbarn, die sich in der
Siedlung versammelt hatten, löste sich Peter Erdlinger und trat auf Jörg zu.
»Ich bin froh, dass der Spuk ein Ende hat«, ließ er ihn wissen. »Ich wollte ja gleich die Polizei verständigen, aber meine Frau …« Er seufzte. »Sie fühlt sich diesen Leuten gegenüber immer noch verpflichtet, vor allem gegenüber Markus Kohl. Er hat ihr damals sehr geholfen, die Organisation wieder zu verlassen.«
»Ganz der angehende Vater«, bemerkte Jörg trocken. »Nun wollen wir das mal nicht zu hoch hängen. Ihre Frau hat durch die Zusammenarbeit mit den Hirschecks ja immerhin den Lebensunterhalt der vier Erleuchteten mitfinanziert. Und ohne Hirschecks finanzielle Unterstützung hätte sie wohl kaum ihr Institut gründen können.«
»Wie auch immer.« Peter Erdlingers Lippen wurden schmal. Er mochte froh sein, dass der Spuk endlich ein Ende hatte, glücklich wirkte er aber nicht. »Sie lassen Sabine wieder laufen, oder nicht? Sie wird doch nicht verurteilt? Sie stand psychisch unter Druck, als sie die vier hier aufnahm – und außerdem wussten wir ja gar nicht, dass nach denen gefahndet wird!«
»Herr Erdlinger, letzteres halte ich für ein Gerücht«, stellte Jörg sachlich klar. »Inwieweit Ihre Frau dafür belangt werden kann, dass sie dieser Foltersekte und Hirschecks instabile Frauen zuführte, muss vor Gericht geklärt werden. Jetzt wird sie erst mal eine umfassende Aussage zu Protokoll zu geben.«
»Neuigkeiten vom Krankenhaus.« Furtner zog Jörg außer Hörweite. »Die junge Frau wurde operiert und sie ist ansprechbar. Eine Iris Lessing, geboren in Passau, aufgewachsen in München. Die Kollegen haben das bereits überprüft. Letzter gemeldeter Wohnsitz in Berlin. Mehrere Ausbildungen angefangen, alle wieder abgebrochen …«
»Das typische Muster also.«
»Ja. Die Mutter war in den vergangenen Jahren im Ausland tätig, ist aber vor drei Monaten tödlich verunglückt. Es gab wohl schon länger keinen Kontakt mehr; vermutlich weiß die Tochter nicht einmal von ihrem Tod. Vater unbekannt, ansonsten keine Verwandten.«
»In anderen Worten: die Frau hat niemanden.«
Furtner nickte.
»Anführer einer Sekte? – Mit Verlaub, Herr Kommissar, ich kann immer noch nicht glauben, dass Sie mich wegen so eines Unsinns bei der Heimkehr abfangen und aufs Präsidium verbringen lassen wie einen Schwerverbrecher!«
Das spöttische Lächeln der vergangenen Unterredungen war aus Hirschecks Gesicht verschwunden.
»Future One.«
Frank Furtner legte ihm das daumendicke Taschenbuch auf den Tisch. »Ich hatte inzwischen Zeit, mich damit zu beschäftigen. Sie beschreiben dort ausführlich eine Welt, in der Frauen erst psychisch geschwächt und dann mit Hilfe von Ideologien und Drogen fremdgesteuert werden. Dieses theoretische Modell wollten Sie in Ihrer kleinen Kommune einem Realitätscheck unterziehen, sind aber wiederholt gescheitert: erst in Wasenberg, jetzt hier in der niederbayerischen Einöde. Weil die menschliche Natur zu schwach ist, um die von Ihnen und Ihrer Frau erdachten Grausamkeiten dauerhaft zu ertragen!«
Hirscheck verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und konterte mit verbissenem Schweigen – der Grund, weshalb Jörg Berger nachlegte: »Vielleicht ist Ihr gesamtes Sozialexperiment aber auch einfach daran gescheitert, dass Sie die falschen Partner an Ihrer Seite hatten. Eine ehemalige Entwicklungshelferin, die an Hexenkult, Voodoo und Geister glaubt, lässt sich einerseits recht gut steuern, andererseits ist sie eben kein Folterprofi. Da passieren Fehler – wie eben mit Marion Schwaiger und letztendlich auch mit Yvonne Kruse. Und dass Sie und Ihre Frau diese Brigitte Weiß und ihre drei Vertrauten finanziell doch recht kurzgehalten haben, kostet Sie jetzt Kopf und Kragen. Bei besserer Entlohnung hätte ihre Komplizin Henriette Kohl alias Iduna nicht durch den Verkauf selbstgemachter Tinkturen für ein Zubrot sorgen müssen – was uns ja den entscheidenden Hinweis gab.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.« Hirscheck hatte seinen
Blick ins Leere gerichtet.
»Keine Sorge, Ihnen wird schon noch ein Licht aufgehen – und zwar spätestens vor Gericht, wenn Ihre Erleuchteten gegen Sie aussagen werden!«
Hirscheck lachte trocken.
»Aussagen? Gegen mich? – Ich kenne diese Personen nicht einmal!«
»Aber die kennen Ihre Frau«, entgegnete Furtner. »Und das sogar recht gut, gab sie doch die geistige Ausrichtung der Sekte vor. Ihre Frau hat sich den gesamten ideologischen Hokuspokus ausgedacht, um Ihre Forschungen zu stützen – und nebenbei vier willige Diener gefunden, die ihr aus der Hand fraßen!«
Er lehnte sich über den Tisch und sah dem Professor in die Augen.
»Wir haben die Bücher und Schriften im Schloss gefunden, Herr Hirscheck! Vieles davon trägt eindeutig die Handschrift Ihrer Frau!«
Der Angesprochene blieb entspannt.
»Dann klagen Sie doch meine Frau an«, schlug er lächelnd vor. »Und nicht mich.«
»Wie bitte?! – Das darf doch wohl nicht wahr sein!« Jörg musste sich beherrschen, um nicht ins Telefon zu schreien. Er kochte vor Wut. Energisch drückte er den Anruf weg und schleuderte das Gerät zur Seite. Knapp vor der Kante seines Schreibtisches kam es zum Liegen.
»Die Hirscheck-Lahn hat bereits gestern gegen sechs Uhr fünfundvierzig früh in Frankfurt den Flieger nach Guatemala-City bestiegen«, ließ er Furtner wissen, der gerade das Büro betreten hatte. »Verdammt! Unsere Mühlen arbeiten einfach zu langsam! Wir hätten den Haftbefehl gegen sie schon vor mindestens zwei Tagen vorliegen haben müssen!«
»Da hatten wir noch nicht genug gegen sie in der Hand.«
Jörg ging in langen Schritten im Zimmer auf und ab, den Einwurf seines Kollegen ignorierend.
»Zwischen Guatemala und Deutschland besteht kein
Auslieferungsabkommen, die Hirscheck-Lahn ist für uns weg! – Eine entkommene Mörderin, na super, das tut sowohl meinem Gewissen als auch meiner Karriere gut!« Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, sagte er: »Wir sollten noch im Krankenhaus vorbeischauen und mit Iris Lessing reden. Ich hoffe, sie ist mitteilsamer als Irma Pohl und diese Doro, die am Bahnhof in Köln aufgegriffen wurde …«
»Apropos aufgegriffen.« Furtner warf einen Blick auf einen Ausdruck, dem ihm die Abteilungssekretärin hatte zukommen lassen. »Es ist nun auch die dritte Frau aufgetaucht, von der die Kruse gesprochen hat: Ruth Schlessenstein. Die stand vorgestern Abend bei ihrer Schwester in Simbach am Inn vor der Haustüre.«
»Lass mich raten: verwirrt und unter Drogen.«
»Deshalb brachte die Schwester sie auch ins Krankenhaus. Die Ärzte verständigten die Polizei.«
»Na, zum Glück haben wir alle Krankenhäuser sensibilisiert!«
»Ja, aber viel bringt das auch nicht. Die Simbacher Kollegen haben aus der Frau zwar herausgekitzelt, dass sie über zwei Jahre lang bei Lumenaria
gewohnt hat, aber sonst will sie nichts sagen. Sie werde ansonsten von Dämonen heimgesucht und müsse für ihren Wortbruch zahlen.«
»Passt zu dem, was die Kruse uns erzählte hat.« Jörg seufzte. »Das wird sicher ein spannender Prozess, wenn unsere Erleuchteten dann irgendwann vor dem Richter stehen: Es gibt einen Haufen Zeuginnen, aber keine macht den Mund auf, weil sie sich alle vor Dämonen fürchten!«
»Bis dahin werden sich ja noch ein paar Psychiater an den Frauen austoben«, warf Furtner ein. »Vielleicht kommen zumindest ein, zwei von ihnen wieder zur Vernunft. – Auch wenn die Hirscheck-Lahn jetzt außer Reichwerte ist, ich werde mir doch noch einmal die Videoüberwachung der Tankstelle zu Gemüte führen. Das mit dem Wodka lässt mir keine Ruhe.«
»Mach das.« Jörg zog sich seinen Anorak an. »Ich hole mir inzwischen einen Döner. Soll ich dir auch was mitbringen?«
»Auch einen Döner.«
Jörg war bereits an der Tür, als Furtner nachschob: »Aber ohne
Zwiebeln … bin heute Abend verabredet.«
Soso, dachte Jörg pikiert, während er Minuten später dem Mann vom Kebab-Stand beim Befüllen der Fladenbrote zusah. War er da etwa einem kurzen Anfall von Eifersucht erlegen? – Wie lächerlich. Es hatte nie einen Hinweis gegeben, dass Frank ihm gegenüber empfänglich war. Trotzdem schmetterte ihn die nüchterne Mitteilung nieder.
Als er zurück ins Büro kam, sprang Furtner aufgebracht auf.
»Du wirst nicht glauben, was ich auf der Videoüberwachung entdeckt habe!«
»Die Hirscheck-Lahn hat den Wodka gekauft, nachdem sie ihre Tankrechnung beglichen hat?«, riet Jörg.
»Nicht die Hirscheck!« Furtner war so überwältigt von seiner eigenen Entdeckung, dass er dem in Alufolie gewickelten Döner, den Jörg auf seinem Schreibtisch ablegte, keinerlei Beachtung schenkte. »Schau dir das an …« Er startete den Mediaplayer erneut. In Schwarz-Weiß präsentierte sich der Kassenbereich der Tankstelle. Als Jörg die Person erkannte, die mit der Wodkaflasche unter dem Arm seelenruhig an der Kasse stand und ihren Geldbeutel zückte, pfiff er durch die Zähne.
Vielleicht saß diejenige, die für den Tod von Marion Schwaiger verantwortlich war, doch nicht in Guatemala.
»Madame befindet sich außer Landes. Das hat Ihnen der Herr Professor doch bereits mitgeteilt, oder nicht?«
Diesmal hatte Martina Peschner auf das dunkle Kleid mit weißer Schürze und ihr altmodisches Spitzenhäubchen verzichtet. In Jeans und Pullover wirkte die Haushälterin weit weniger imposant als in ihrer Uniform.
»Das wissen wir, Frau Peschner.« Jörg hatte den Fuß bereits in die Tür gestellt und drängte sich gemeinsam mit Furtner in die Eingangshalle des alten Schlosses. Sein Blick fiel auf einen gepackten Koffer, der unweit der Haustür platziert war. Den blauen Mantel, der darüber hing, hatte er an diesem Tag schon einmal gesehen.
»Sie verreisen, Frau Peschner?« Als die Frau nichts erwiderte, schob er nach: »Sie werden jetzt wohl kaum leugnen, dass dies Ihre Sachen sind.«
»Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, und ich habe dafür auch keine Zeit. Und ich muss Ihnen nicht auf alles antworten, richtig? – Mein Taxi müsste jede Minute eintreffen! Wenn ich wegfahren will, steht mir das wohl frei, oder etwa nicht? Ich bin doch keine Gefangene hier.«
»Wenn Sie das Taxi meinen, das Sie zum Flughafen bringen soll – das haben unsere Kollegen bereits abgefangen.« Jörg stieß die Eingangstüre nun ganz auf und eröffnete der Frau einen Blick auf den Vorplatz des Schlosses. Die Haushälterin wurde sichtlich blass, als sie das Polizeiaufgebot entdeckte.
»Was soll das?«
»Die sind wegen Ihnen hier«, erläuterte Jörg. »Frau Peschner, wir verhaften Sie hiermit wegen Beteiligung am Tode von Marion Schwaiger!«