36  Eine unzureichende Entschuldigung
Jorat, Quurisches Reich.
Drei Tage nachdem Tishar D’Mon einen schönen blauen Tsali-Stein geschaffen hatte
»Dann hast du meinen Bruder Darzin also getroffen«, sagte Kihrin zu Janel. »Und unglaublicherweise hat er sich nicht danebenbenommen.«
»Wenn das seine Definition von ›nicht danebenbenehmen‹ ist, kann ich anbieten, das Problem mit einem meiner Pfeile zu lösen«, merkte Ninavis an.
»Das ist großzügig von dir«, entgegnete Kihrin, »aber ich habe Darzin vor drei Tagen getötet.«
Janel lächelte. »Ich wusste doch, dass ich dich mag.«
»Hast du je herausfinden können, wer deine wirklichen Eltern …?«, setzte Kihrin an.
»Ja«, unterbrach Janel. »Letzten Endes schon. Und Dorna hatte es die ganze Zeit gewusst.« Sie warf der alten Frau einen Blick zu.
»Ach, Fohlen, so war es nicht.«
Janel hob eine Hand, um Dorna an weiterem Widerspruch zu hindern.
»Aber Ihr wisst es inzwischen?«, hakte Qaun noch einmal bei Janel nach. »Andernfalls möchte ich den nächsten Teil nämlich nicht lesen.«
»Keine Sorge. Es wird mich nicht schockieren.« Janels Blick kehrte zu Kihrin zurück. Sie betrachtete ihn forschend. »Du weißt ebenfalls, wer sie sind, richtig?«
Kihrin zögerte einen Moment, bevor er antwortete. »Ich habe einen starken Verdacht. Ich glaube, ich bin deiner Mutter begegnet.« Seine Finger krallten sich in die Theke. »Und dein Vater mag mich nicht. Seit …« Er machte eine unbestimmte Geste in Richtung Urthaenriel.
Janels Lächeln wurde verkniffen. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie wenig ich auf die Meinung meines Vaters gebe.«
»Er ist ein guter Mann«, entgegnete Kihrin.
»Er unterstützt die Herrschaft der Gierigen, Gewalttätigen und Dekadenten. Wie gut kann er da schon sein?« 201
Ninavis beugte sich vor. »Über wen sprechen wir gerade?«
»Das wollte ich auch soeben fragen«, warf Dorna ein. »Ich weiß nicht, wer Euer Vater ist, Fohlen. Es war mir immer egal.«
Janel verzog das Gesicht. »Dazu kommen wir noch.« Sie deutete auf Qaun. »Fühlst du dich bereit, um weiterzumachen?«
Qaun nickte. »Ja, ich glaube schon.«
Qauns Schilderung. Im Eispalast, Yor, Quur.
Bruder Qaun erwachte in der Bibliothek. Noch bevor er die Augen aufmachte, wusste er, wo er sich befand, da er Leder, den durchdringenden Vanilleduft alten Papiers und seinen liebsten Zimttee roch. Er erwachte mit einem Lächeln, doch dann fiel ihm wieder ein, weshalb der Tee so vertraut roch.
Qaun setzte sich auf dem niedrigen Diwan auf, auf dem er geschlafen hatte. Er trug neue Kleidung und fühlte sich sauber. Seine Bartstoppeln waren verschwunden. Neben dem Sofa stand seine Büchertasche, das Sonnensymbol hing an seinem Hals. Er fühlte sich zwar vollkommen gesund, doch nicht weit entfernt lauerte der sprichwörtliche Abgrund der Verzweiflung – er klaffte so breit, dass Qaun beinahe glaubte, sich nur umdrehen zu müssen, um die gähnende schwarze Kluft mit bloßem Auge sehen zu können.
Die Verkörperung seiner Verzweiflung war ebenfalls da: Relos Var saß an einem Tisch ganz in der Nähe und schrieb mit einem Federkiel kirpischer Machart. Neben ihm standen eine große, blau glasierte Teekanne aus Kazivar und zwei dazu passende Tassen. Vater Zajhera hatte dieselbe Teekanne benutzt.
Bruder Qaun wusste, dass er etwas tun oder sagen sollte, doch er starrte Var nur wie betäubt an.
»Trink einen Tee«, sagte Relos Var. »Es ist deine Lieblingssorte.«
Qaun zögerte eine Sekunde, doch er fühlte keinen Schmerz und nichts ließ darauf schließen, dass er jämmerlich zusammengekrümmt sterben müsste, falls er nicht gehorchte. Aber hieß das, dass Relos Var sein Gaesch nicht hatte, oder wollte er es bloß nicht benutzen?
Tee klang verführerisch.
Var schenkte zwei Tassen ein und stellte eine vor den leeren Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. »Mir ist klar, dass es mit einer Entschuldigung nicht getan ist. Hätte ich mit diesem Chaos gerechnet, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dich zu Janels Unterstützung loszuschicken. Du bist einer meiner Lieblingsschüler. Neugierig, intelligent und voller Mitgefühl. Du hättest etwas Besseres als das hier verdient.«
Bruder Qaun kämpfte gegen Übelkeit an und nahm seine Teetasse. Mit einer Entschuldigung war es in der Tat nicht getan. Relos Var hatte ein Stück aus seiner Seele gerissen. Qaun wusste nicht einmal, wer es im Moment hatte. »Mit einer Entschuldigung ist es nicht getan« wurde seinen Gefühlen nicht ganz gerecht.
»Ihr habt mich angelogen«, sagte Qaun schließlich, nachdem er in Gedanken unzählige Beleidigungen und kindische Vorwürfe gegeneinander abgewogen hatte.
»Nein.«
Qaun klappte der Mund auf. »Nein …? Habt Ihr gerade Nein gesagt?«
»Qaun, ich lebe schon sehr lange«, begann Relos Var. »Habe ich gelogen, als ich mich dir in einer Identität zeigte, die ich bereits vor deiner Geburt angenommen hatte? Zajhera ist keine kurzfristige Tarnung, wie ein Mimiker sie vor einem Attentat anlegt und anschließend wieder entsorgt. Er ist ein guter Mann, der anderen Leuten dabei helfen will, etwas Besseres aus sich zu machen. Zajhera ist nicht weniger authentisch als Relos Var, wenn auch nicht ganz so streitlustig. Keiner der beiden entspricht meinem wahren Selbst, und dennoch sind sie reale Existenzen.«
Bruder Qaun sah den Zauberer mit zusammengekniffenen Augen an. Während seiner Zeit beim Weg der Vishai hatte er Leute kennengelernt, die im Innersten so aufgewühlt gewesen waren, dass sie Teile ihres Verstandes wie Kristallsplitter von sich abspalten mussten, um sich vor ihren Traumata zu schützen. Er glaubte jedoch nicht, dass das auch auf Relos Var zutraf.
Zumindest hoffte er, dass dem nicht so war.
Nach einer Weile wandte er schnaubend den Blick ab. »Das ist doch nur eine Ausrede. Ihr habt mich angelogen. Ihr habt alle angelogen.«
»Lass uns dieses Gespräch in ein paar tausend Jahren weiterführen, wenn du dich hundertmal neu erfunden hast und ebenso oft deine Liebsten hast kommen und gehen sehen wie Herbstlaub in einem Wald.«
Bruder Qaun ging nicht darauf ein. »Also, wer seid Ihr? Wer seid Ihr wirklich? Wenn das« – er machte eine Geste, die Relos Vars Körper einschloss – »eine Lüge ist, und Vater Zajhera ebenfalls, wie seht Ihr dann aus? Wie lautet Euer echter Name?«
»Rev’arric«, antwortete Relos Var. »Und zu deiner Frage, wie ich aussehe …« Er schnitt eine Grimasse. »Seit einem fehlgeschlagenen Ritual ist mein Zustand nicht mehr gesellschaftsfähig. Den möchte ich dir lieber nicht zeigen. Kaen wäre sehr aufgebracht, wenn ich seinen Palast zerstören würde.«
Bruder Qaun sah zur Seite, verschränkte die Arme vor der Brust und rieb sie, als wäre ihm kalt. »Ihr seid ein Ungeheuer«, flüsterte er.
»Nein«, erwiderte Relos Var. »Ein Ungeheuer ist ein Klischee. Durch und durch böse und unverbesserlich. Wenn ich ein Ungeheuer bin, dann ist jeder, der sich mir entgegenstellt, logischerweise ein Held, richtig?« Er beugte sich vor. »So einfach ist das nicht. Manchmal hat jeder unrecht, und man muss sich entscheiden, wessen Unrecht akzeptabler ist.«
Bruder Qaun sah den wunderbar duftenden Tee vor sich nicht an. Die dampfende Tasse erinnerte ihn an tröstliche Lügen. Vater Zajhera war nie Vater Zajhera gewesen. Ein Ungeheuer.
Seufzend nahm Relos Var seinen Federkiel wieder in die Hand. Er tauchte ihn in die Tinte und schrieb weiter. »Mach doch nicht so ein Drama, Qaun.«
»Ich komme mir so dumm vor, weil ich die Wahrheit nicht erkannt habe.«
»Wie hättest du sie auch erkennen sollen? Und du bist kein Dummkopf, Qaun. Ich bilde keine Dummköpfe aus.«
»Gilt das auch für Baron Tamin in der Provinz Barsine?«
Relos hüstelte. »Ich gebe zu, von Tamin habe ich mir … mehr erwartet.« Er stellte seine Tasse ab und legte den Federkiel weg. »Ich wollte nie dein Vertrauen enttäuschen, Qaun.«
Als er die Worte hörte, hob Qaun den Kopf. »Dann gebt Ihr also zu, dass Ihr es getan habt?«
Var sah traurig aus. »Natürlich. Wie könnte irgendwer, der seine fünf Sinne beisammenhat, die Situation anders deuten? Die Tatsache, dass ich dir nie etwas Böses wollte, ändert nichts daran, dass ich dich gegaescht habe. Ich habe es nicht gerne getan. Ein Gaesch ist eine schlimme Sache, aber ich konnte nicht riskieren, dass du Janel von mir erzählst.«
Die Tatsache, dass Relos Var recht hatte – Bruder Qaun hätte Janel tatsächlich von Vater Zajhera erzählt –, machte es auch nicht besser. »Und jetzt? Was werdet Ihr mit mir tun? Mich einem Dämon opfern? Oder an einen yorischen Adligen verkaufen, der einen Heiler braucht? Vielleicht würde der Herzog Euch ja ein bisschen zusätzliches Geld in die Tasche stecken …«
Relos Var lächelte. »Ich habe vor, dir alles zu sagen, was du wissen willst. Ich werde dir den ganzen Plan erklären und alle Fragen beantworten.«
Bruder Qaun erstarrte. »Was?«
»Du musst doch Fragen und Sorgen auf dem Herzen haben. Und du …« Var sah ihn an. »Nun, du bist meine Strafe dafür, dass ich nur kluge Schüler aufnehme. Jemandem, der weniger gewitzt ist, wäre die Verbindung zwischen Relos Vars magischer Signatur und der von Vater Zajhera niemals aufgefallen.« Er schmunzelte. »Senera und Irisia hätten sie ebenfalls bemerkt, aber das unterstreicht nur, was ich gerade über kluge Schüler gesagt habe.«
Bruder Qaun sah ihn an. Er wusste, dass Relos Var ihm schmeichelte, um ihn auf seine Seite zu ziehen. Doch konnte er wirklich darauf verzichten, sich Relos Vars Pläne anzuhören, auch wenn sein Gaesch ihn daran hindern würde, darüber zu sprechen?
Er glaubte nicht, dass er das konnte. Doch welche Frage sollte er stellen, wo er doch so viele hatte?
Allerdings stach eine aus allen anderen heraus. »Wieso tut Ihr das alles? Weshalb wollt Ihr die Herrschaft über Quur an Euch reißen?«
Relos Var lachte nicht. Stattdessen nippte er nickend an seinem Tee und dachte darüber nach. »Im Gegensatz zu Kaen und den Adelshäusern geht es mir nicht darum, über Quur zu herrschen. Das ist nur ein Mittel zum Zweck.« Er hielt inne. »Ich versuche, die Menschheit zu retten. Das ist schwerer, als du dir vorstellen kannst.«
Qaun starrte ihn an. »Die Menschheit retten? Ihr habt ein ganzes Dorf ausgelöscht. Oder wart das nicht Ihr?«
»Doch, das war ich«, gab Relos Var zu. »Und es waren mehrere Dörfer. Ziemlich viele sogar. Ich töte nicht gerne, aber um unser Volk zu retten, würde ich den Boden mit dem Blut von einer Million Neugeborenen tränken.«
Qaun lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah Relos Var mit großen Augen an. Wieder kam ihm die Bezeichnung in den Sinn, die dieser nicht für sich gelten lassen wollte: Ungeheuer .
»Qaun …« Relos Var schüttelte den Kopf. »Ich erwarte nicht, dass du das gutheißt. Ich wäre entsetzt, wenn du es tätest. Aber ich hoffe, dass du mir nach all den Jahren, die wir uns kennen, glaubst, dass es nötig ist.«
»Aber ich kenne Euch doch gar nicht. Und Ihr könnt das nicht rechtfertigen. Dafür gibt es keine akzeptable Entschuldigung.«
Relos Var nickte. »Ich verstehe. Krieg – oder auch nur der Gedanke an Krieg – widerspricht allem, was den Vishai heilig ist. Ich habe diese Glaubensrichtung so geschaffen, dass sie besser ist als ich. Dass mir das gelungen ist, tröstet mich, auch wenn ich es im Moment frustrierend finde. Ich sage nicht, dass du naiv bist oder es nicht verstehst. Ich hoffe nur, dass ich eines Tages eine Welt errichten kann, in der Leute wie du nicht zu Opfern werden von …« Er lächelte bitter. »Nun ja, von Leuten wie mir.«
Bruder Qaun wollte heulen. Er wollte schreien. »Dies ist kein Krieg.«
»Doch, natürlich. Das ist eines der wenigen Dinge, in denen die Acht und ich uns einig sind: Der Krieg hat nie aufgehört.«
Bruder Qaun holte zitternd Atem und schob die Teetasse beiseite. Er durfte sich nicht von seinen Gefühlen – seinem blendenden Zorn und dem tiefsitzenden Schmerz – überwältigen lassen. Dies war eine Chance. Er musste es als eine Gelegenheit betrachten, mehr herauszufinden, in der Hoffnung, wie gering auch immer sie sein mochte, dieses Wissen eines Tages mit anderen teilen zu können.
»Was ist mit Janel?«
Relos Var hob eine Augenbraue. »Wie bitte?«
»Ihr habt sie geheilt. Ihr habt ihr geholfen. Und Ihr habt mich zu ihr geschickt, damit ich sie unterstütze. Sie muss für Eure Pläne wichtig sein. Wie passt sie in all das hinein?«
Relos Var lächelte. »Würdest du mir glauben, wenn ich dir sagte, dass eine Prophezeiung dahintersteckt?«
»Der Vierzeiler, den Senera in ihrer Hütte aufgesagt hat.«
»Nicht nur der. Ich weiß, dass du mit den Prophezeiungen vertraut bist. Ich habe dir mehrere Bücher darüber geliehen, als du in deiner Jugend durch diese Phase gegangen bist. Ich glaube, dass es in erschreckend vielen dieser Vierzeiler ganz speziell um Janel geht.«
»Das ist doch alles nur leeres Gerede von Dämonen.«
»Dämonen nehmen die Zeit nicht genauso wahr wie wir, mein Sohn. Erschreckenderweise kann es sogar sein, dass sie die Zeit nicht auf die gleiche Weise durchleben wie wir. Sie bedienen sich noch weniger der Universalsprache, als wir es je getan haben, und müssen auch nicht so vielen Regeln gehorchen. Wir dürfen ihre Vorhersagen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich würde gerne glauben, dass die Dämonen uns mit ihren Prophezeiungen nur auf den Arm nehmen wollten. Doch wahrscheinlich ist es viel schlimmer: Angesichts der letzten Jahrtausende gehe ich davon aus, dass die Vorhersagen tatsächlich stimmen. Und das glaube nicht nur ich. Die Acht Unsterblichen versuchen ebenfalls mit allen Mitteln, die Prophezeiungen zu erfüllen – zu ihrem eigenen Vorteil natürlich. Und sie können die Reinkarnation weit besser für sich nutzen als ich. Janel ist eine von ihren Figuren bei diesem Spiel – sie haben sie so maßgeschneidert, dass sie zu Tausenden dämonischen Prophezeiungen passt. Das muss ich Tya – die übrigens auch zu meinen viel zu klugen Schülern gehört – lassen: Ich hätte Janel beinahe nicht gefunden. Wenn Xaltorath sie nicht zuerst aufgespürt hätte, wäre es mir nicht gelungen.«
»Tya, die Göttin der Magie? Was hat sie mit Janel zu tun?«
Relos Var hob eine Augenbraue. »Sie ist Janels Mutter. Ihre wirkliche, leibliche Mutter. Und ich kann dir sagen, dass Tya nicht oft Kinder bekommt.«
»Ihre Mutter? Aber das kann nicht …«
»Doch«, sagte Relos Var. »Es stimmt. Erzähl es Janel, wenn du möchtest. Ich werde dich nicht davon abhalten. Allerdings bist du klug genug, um zu erkennen, dass dieses Wissen ihr ganzes Luftschloss zum Einsturz bringen würde, oder nicht?«
Bruder Qaun atmete ein. Das war ihm klar. Denn selbst wenn Janel nicht aus dem Adelsgeschlecht Theranon stammte und stattdessen wundersamerweise oder aufgrund eines Fluchs die Tochter der Magiegöttin sein sollte, wäre diese Wahrheit alles andere als ein Segen für sie. Wo war Tya während des Höllenmarschs von Lonezh gewesen? Wo war sie, als Xaltorath von Janel Besitz ergriffen hatte? Wo, als Janels Großvater im Sterben gelegen und Oreth sie aus dem Heim ihrer Vorfahren vertrieben hatte? Wo war Tya, eine Göttin, eine der Acht, in all den schlimmen Stunden, Tagen und Monaten, als ihre Tochter sie gebraucht hatte?
Es würde Janel das Herz brechen und sie gegen alles aufbringen, wofür die Acht standen.
Und nichts würde Relos Var mehr gefallen.
Genauso sehr würde es ihm gefallen, wenn Bruder Qaun dieses Geheimnis Janel nicht anvertraute. Denn dann könnte er, wann immer er es für nötig hielt, einen Keil zwischen Janel und Qaun treiben. Dazu müsste er nur enthüllen, dass Qaun die Wahrheit gekannt und sie Janel verschwiegen hatte.
Bruder Qaun hatte immer versucht, sich den Acht gegenüber respektvoll zu verhalten. Doch wenn Tya in diesem Moment vor ihm erschienen wäre, hätte er sie geohrfeigt. Dass sie ihre eigene Tochter im Dunkeln tappen ließ, hatte Relos Var in die Hände gespielt.
Var verließ den Tisch und kehrte gleich darauf mit einer geschnitzten Holzkiste zurück. »Da wir beide wissen, dass du Janel mit diesen Geheimnissen nicht helfen kannst, habe ich einen Vorschlag für dich, lieber Qaun. Wenn du möchtest, schicke ich dich nach Hause.«
Bruder Qaun blinzelte. »Was?«
»Ich schicke dich heim. Zurück nach Eamithon. In den Tempel des Lichts. Du wirst immer noch gegaescht und außerstande sein, irgendetwas zu verraten. Aber dort bist du sicher und hast es bequem. Du kannst wieder im Tempel und mit deinen Freunden zusammen sein, die Tage mit Meditieren verbringen und die Bittsteller kurieren, die zum Regenbogensee kommen.« Relos Var stellte die Kiste vor Bruder Qaun auf den Tisch. »Stattdessen kannst du mir aber natürlich auch dabei helfen, die Menschheit zu retten. Du hast die Wahl.«
»Was ist in der Kiste?«, fragte Bruder Qaun.
»Ein Geschenk, wenn du dich dazu entschließt, mich zu unterstützen. Öffne sie.«
Bruder Qaun tat es. Im Inneren befand sich ein schwarzes Samtkissen mit einem großen Achat darauf. Das Herz des Steins funkelte und flackerte wie eine Flamme.