Drei
H anne war wenig angetan.« Auf Toms Stirn standen Schweißtröpfchen, während er neben Krister den Kjerag hochlief, vorbei an den Touristen, die sich abmühten, an den aufgespannten Ketten nicht den Halt zu verlieren. Tom und Krister hatten diesen Aufstieg hundertmal bewältigt, tausendmal, sie waren schnell und trittsicher geworden. Es gab keinen Stein hier oben, den Krister nicht kannte. Halbwegs fitte Tagesbesucher absolvierten den Achthundertmeteraufstieg in zweieinhalb Stunden, Tom und er brauchten achtundfünfzig Minuten. Normalerweise war der Aufstieg ihre Meditation, die Zeit, in der sie schweigend durch die Angst gingen, die unweigerlich aufstieg, jeder für sich die Panik niederlief, um am Ende schwer atmend auf dem Berg zu stehen und sich sehenden Auges in den Tod zu stürzen. Doch dieses Mal war Toms Gesprächsbedarf anscheinend größer als sein Bedürfnis, die Angst zu bezwingen. Dabei wusste Tom genau, wie Krister zu dem Thema stand.
»Redet sie noch mit dir?«, fragte Krister.
»Zähneknirschend.«
Krister lief schneller. Espen hatte ihm einmal beim Springen zugesehen und gemeint, er hätte vollkommen gelassen gewirkt. Doch das stimmte nicht. Er hatte furchtbare, animalische Angst, jedes Mal wieder. Er hatte nur Möglichkeiten gefunden, damit umzugehen. Und das Spannende war ja, die Angst am Ende zu besiegen.
Als sie das Hochplateau erreichten, peitschte ihm der immerwährende Wind eisig ins Gesicht. Er überholte eine dicke Frau, die mit rotem Gesicht weiterkeuchte, während sie versuchte, ihre Jacke anzuziehen, die der Wind immer wieder zusammenfaltete. Wollig weiße Schafe hoben sich gegen den azurblauen Himmel ab, ihre Glocken drangen selbst durch das beständige Heulen hier oben. Eine Viertelstunde, und sie waren auf dem Gipfel. Eine halbe Stunde noch, und die Angst würde verwirbeln in einem Rausch aus wildem, verrücktem, schreiendem Leben.
Tom hatte aufgeholt. »Lange macht Hanne das nicht mehr mit.«
Krister fiel neben seinem Freund in einen gleichmäßigen Trott. Er war an dem Punkt gewesen, an dem Tom jetzt stand. Er hatte sich entschieden, und er würde diese Entscheidung jederzeit wieder genauso treffen, trotz allem. »Ich glaube ja, dass man das Leben nur wirklich wertschätzen kann, wenn man dem Tod ins Gesicht sieht.«
»Den Bullshit glaubst du ernsthaft?«
»Es ist kein Bullshit.« Was war mit Tom in der einen kurzen Woche seiner Abwesenheit passiert? Er fühlte doch auch die Freiheit hier oben, und –
»Hanne ist schwanger«, sagte Tom in seine Gedanken hinein. »Sie hat es noch niemandem verraten, es ist noch ganz frisch, und es kann immer noch etwas schiefgehen, deswegen …«
Klar, wenn sie so winzig waren, konnte leicht noch was schiefgehen. Verflucht leicht. Viel zu … Unwillkürlich beschleunigte er seine Schritte noch mehr und merkte es erst, als Tom keuchend zu ihm aufschloss.
»Sie sagt, sie hält es nicht mehr aus, immer auf die erlösende SMS zu warten, dass ich noch lebe, während sie mit demnächst zwei kleinen Kindern zu Hause sitzt.«
»Kann man vielleicht irgendwie verstehen. Aber trotzdem finde ich es«, er suchte nach dem richtigen Wort, »unfair, wenn sie deine Hobbys einschränkt. Dazu hat sie kein Recht.«
Tom lachte nur. »Und ich verstehe gerade, warum es mit dir und Tonia den Bach runtergegangen ist.«
Mit einem Satz sprang Krister in eine Senke und federte ab. Die felsige Landschaft bot jetzt wieder mehr Nischen, Mulden und Erhebungen. Krister wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht, als er merkte, wie ihm der Schweiß herunterlief.
»Sorry, ich wollte dir nicht zu nahe treten.«
»Schon okay.« Vielleicht war Tom ja auch einfach schlauer als er. Oder Hanne überzeugender als Tonia.
»Ernsthaft«, sagte Tom. »Nachdem Leon abgestürzt ist, hatten wir schon wirklich harte Diskussionen, und jetzt, wo Hanne schwanger ist … Diesen Monat hab ich noch ausgehandelt, dann ist Feierabend.«
»Leon war irre«, sagte Krister unwillig. »Du bist nicht irre. Du weißt, was du tust.«
»Das glaubt Hanne aber nicht. Und sie ist mir wichtiger.«
Irgendwie verlief dieser Nachmittag anders als gedacht. Der Plan war gewesen, den ganzen Scheiß, der zu dem Leben am Boden gehörte, genau dort zu lassen. Und jetzt erzählte Tom ihm, dass seine beste Arzthelferin demnächst ausfallen würde. Pünktlich, nachdem sie eine neue Ärztin eingestellt hatten, die noch nicht eingearbeitet war. Gran-di-os.
Endlich bogen die Touristen ab, um durch die Spalte mit den Felsblöcken auf das Kjerag-Plateau zu klettern, wo sie sich gegenseitig ihren Mut bewiesen, indem sie an die Kante robbten. Die ganz Wagemutigen trauten sich auf den frei zwischen Felsen hängenden Steinklotz, den Kjeragbolten, unter dem es über tausend Meter in die Tiefe ging.
Tom und Krister verließen den Pfad, um zu den Exits zu gelangen. Je näher sie kamen, desto kribbeliger wurde Krister. Gleich. Gleich durfte er wieder fliegen. Außer ihnen waren noch zwei Deutsche und ein Amerikaner hier, die Sander später ebenfalls mit dem Boot wieder mit zurücknehmen würde. Sein liebster – und gleichzeitig der riskanteste – Exit war frei.
Während Krister den Wingsuit überzog und Tom dabei zusah, wie dieser sich in seinen Sprunganzug verpackte, pumpte sein Herz, als gäbe es hier oben nicht genug Sauerstoff. Er musste sich daran erinnern zu atmen, gleichzeitig fieberte er dem Sprung entgegen.
Für nichts würde er das hier aufgeben.
Und für niemanden.
Er zog den letzten Reißverschluss zu, überprüfte noch einmal den Fallschirm und streckte probehalber die Arme aus. Alles, wie es sein sollte. Schutzbrille, Helm, es konnte losgehen.
Tom war ebenfalls bereit und nickte ihm zu. Ein paar schnelle Schritte noch, dann ging es einen Kilometer in die Tiefe.
Selbst nach all den Jahren hatte sein Körper immer noch nicht begriffen, dass dies nicht das Ende war. Er sah zu, wie Tom startete, dann lief er selbst auf den Abgrund zu, ein Schritt, noch einer – und warf sich ins Leere. Die Luft griff unter seine ausgebreiteten Arme, Adrenalin raste durch seine Adern, trieb seinen Puls hoch, ließ jeden seiner Sinne hundertmal, tausendmal schärfer werden als sonst. Es gab kein Vorher mehr, kein Nachher; es gab keinen stotternden Loser mehr, der die Menschen um sich herum bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor den Kopf stieß. Keine Praxis, für die er die Verantwortung trug. Keinen Vater, für den er nie gut genug war.
Es gab nur noch dieses unendliche, unfassbare Glück der tosenden Geschwindigkeit. Er flog jetzt so nah am Fels, dass er ihn beinahe mit den Fingerspitzen berühren konnte. Der Wind donnerte um ihn herum, während er mit ausgebreiteten Armen eine Schleife zog und dann ein Stück über den Fjord jagte, zurück auf das Land zu, eine Kurve direkt vor der Wand. Weiter, weiter. Wildes, grandioses, gutes Leben loderte durch seinen Körper. Er sollte den Fallschirm ziehen, aber das Gefühl war zu gut. Einen Augenblick noch, nur noch einen …
Im allerletzten Moment zog er die Reißleine und schwebte auf den blau markierten Kreis zu, der den Landeplatz markierte. Tom lief ein paar Meter unter ihm aus.
Krister setzte punktgenau und weich auf, lief aus, nahm den Helm ab und schüttelte die Haare, während er mit Tom die Irrsinnigkeit ihres Überlebens in die unglaubliche Größe des Fjords hinausjubelte.
Das hier, das war Leben! Seligkeit! Unfassbares, grandioses, orgiastisches Leben!
Wie konnte irgendjemand freiwillig auf das Fliegen verzichten?
Erst vermochte Annik den volltönenden Klang nicht einzuordnen, der am frühen Abend durchs Haus schallte. Doch dann begriff sie, dass es die Klingel war.
Vor der Tür stand Alva, in den Händen eine Kuchenplatte mit einem Traum aus lockerem Teig, einer weißen Füllung und einer Baiserdecke darauf. »Annik! Herzlich willkommen in Lillehamn. Schön, dich endlich wiederzusehen.«
»Ich freu mich auch.« Alva sah aus wie in ihrer Erinnerung. Kastanienbraune Locken bis zur Schulter, dazu diese sagenhaft grünen Augen und das Lächeln, bei dem es unmöglich war, es nicht zu erwidern. »Komm doch rein.«
Es fühlte sich seltsam an, sie in ihr eigenes Haus zu bitten, aber Alva zerstreute Anniks Verlegenheit, indem sie ihr den Traumkuchen überreichte. Ihr Blick blieb an den Fotos auf der Kommode hängen. »Du hast es schon wohnlich gemacht.«
»Ich habe angefangen. Möchtest du einen Tee?« Der Kuchen duftete verführerisch. »Theo? Mara?«, rief sie nach oben. »Wir haben Besuch!«
Alva folgte ihr ins Wohnzimmer. »Ist das Theos Vater auf den Bildern?«
»Ja.«
»Er sieht nett aus.«
Beim Aufstellen der Bilder hatte Annik sich das Risiko für alle möglichen Fragen überlegt, aber über eine Antwort auf Alvas simple Aussage hatte sie nicht nachgedacht. Vielleicht, wenn sie einfach nicht antwortete …
»Warum ist er eigentlich nicht mitgekommen? Habt ihr euch getrennt?«
»So in der Art.« Annik warf ein unbeschwertes Lachen über die Schulter. »Die Bilder stehen da hauptsächlich für Theo. Wurzeln und so.« Wie viel von dieser locker hingeworfenen Aussage stimmte? Flo begann zu verblassen, und Bilder auf der Kommode änderten daran nichts.
»Entschuldige, wenn ich dir zu nahe getreten bin.«
»Bist du nicht.« War ihre Unbekümmertheit doch nicht so überzeugend gewesen? Sie war froh, Alva den Rücken zuwenden zu können, um Teller aus dem Schrank zu holen. »Das mit dem Kuchen ist eine sehr nette Überraschung.«
»Kvæfjordkake, der einzige Kuchen, den ich vernünftig backen kann. Geheimrezept von meiner Großmutter. Angeblich kannte ihre Mutter sogar die Frau, die den Kuchen erfunden hat.«
Es war eine merkwürdige, unbeholfene Stimmung. Auf dem Kongress hatten sie sich gleich verstanden, Alva und sie, die einzigen beiden jungen Frauen zwischen vielen Männern und ein paar sehr seriösen Damen. Sie hatten bis in die Nacht gemeinsam an der Hotelbar gesessen und geredet. Jetzt fehlten Annik die Worte.
Alva schien das zu merken. »Gefällt dir das Haus?«
»Ja, es ist toll.«
Wie selbstverständlich deckte Alva den Tisch für sie beide. Schließlich sprach Annik doch an, was sie beschäftigte.
»Weißt du, dass ich Lampenfieber wegen morgen habe?« Sie sah Alva dabei nicht an, sondern füllte Kaffee in die Maschine. In der Theorie war es eine unglaublich verlockende Idee gewesen, von der schlecht bezahlten, dauergestressten Assistenzärztin im Krankenhaus zu einer Partnerin in einer freundlichen Familienpraxis zu werden. Aber Familienpraxis bedeutete ja auch, dass es wesentlich weniger anonym zuging als in einem Krankenhaus. »Was, wenn ich aus irgendwelchen Gründen nicht ins Team passe?«
»Ich glaube nicht, dass du dir da Sorgen machen musst. Im Gegenteil, du bist als Allgemeinmedizinerin genau das, was wir noch brauchen.« Das hatte Alva auch vorher schon gesagt. Sie selbst hatte sich als Kinderärztin spezialisiert, und ihre Brüder waren Internist und Chirurg. Eigentlich sollte alles gut passen. Trotzdem fühlte Annik sich ein bisschen wie in der dritten Klasse, als sie nach Hamburg gezogen war, wo sich alle kannten, sie aber niemanden.
»Trotzdem. Vielleicht komme ich mit deinen Brüdern nicht klar. Ihr seid sicher ein eingespieltes Team, und ich …«
»Das wird schon.« Alva dachte einen Moment nach. »Weißt du was? Die Jungs und ich fahren ab und zu übers Wochenende in unser Ferienhaus. Ihr könntet einfach nächstes Mal mitkommen, deine Familie und du.«
»Die Jungs – damit meinst du deine Brüder?«
»Genau. Wir freuen uns auf dich, wirklich. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Espen hat sogar extra sein Lieblingssprechzimmer für dich hergegeben.«
»Espen ist dein Zwilling, richtig?«
»Ja. Er ist vier Minuten jünger als ich. Aber es sind entscheidende Minuten, was die geistige Reife angeht, wenn du mich fragst.« Sie lachte. »Du solltest dich vor ihm in Acht nehmen, übrigens.«
»Wieso das?«
Alvas Lachen wurde zu einem amüsierten Grinsen. »Wirst du sehen. Ich will hier keine Vorurteile schüren.«
»Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob mich das beruhigt.« Aber beim Anblick von Alvas Gesicht konnte Annik nicht anders, als ebenfalls zu lächeln.
»Also, kommt ihr mit ins Ferienhaus?«
»Wenn wir nicht stören …«
»Tut ihr nicht. Wir haben genug Platz, und wir freuen uns über Besuch.«
»Also dann«, ihr wurde ganz warm im Brustkorb, »dann sage ich einfach mal ›Ja‹. Ja, wir kommen gern.«
»Und ihr solltet mich auf jeden Fall am nächsten Wochenende in der Seehundstation besuchen. Für heute habe ich meinen Dienst leider schon beendet.«
Eigentlich war Anniks Englisch gut und ihr Norwegisch leidlich. Aber vielleicht war irgendwo zwischen dem Fremdsprachenmix doch etwas verloren gegangen. Sie hatte keine Ahnung, was Alva meinte. »Robbenstation?«
»Ja, hast du sie vom Bus aus nicht gesehen? Unten am Wasser, keine zehn Minuten zu Fuß von hier.«
»Nicht dein Ernst!«
»Doch, klar.«
»Theo!«, brüllte Annik nach oben. »Es gibt hier eine Robbenstation!«
Alva lachte über ihren Enthusiasmus. »Ich helfe dort ehrenamtlich aus, es ist mein Hobby. Wie gesagt, wenn ihr Lust habt, kommt jederzeit vorbei, dann kann ich euch alles zeigen.«
Es polterte auf der Treppe, und Theo kam mit leuchtenden Augen ins Zimmer geschossen. Mit diesen haselnussfarbenen Augen, die so sehr an Flos erinnerten. Als er Alva sah, wurde er langsamer und schmiegte sich eng an Annik. »Theo? Das ist Alva, meine …« Chefin? Kollegin? Vermieterin?
»Freundin.« Alva wechselte übergangslos vom Englischen ins Deutsche. »Wie wäre es damit?«
»Sehr gern. Alva, das ist mein Sohn Theo.«
»Freut mich, dir kennenzulernen, Theo.«
Theo grinste. Trotzdem klemmte er schüchtern an Anniks Hosenbein. Alva schien keine Antwort zu erwarten.
»Wo ist Mara?«, fragte Annik.
Er hielt eine Hand an die Wange und legte den Kopf schief.
»Sie schläft?« Es war nicht zu fassen. »Dann müssen wir diesen leckeren Kuchen ohne sie essen. Holst du dir einen Teller? Weißt du schon, wo die stehen?«
Er verschwand in der Küche. Alva sah ihm nach. »Du hast mir davon erzählt, aber irgendwie hatte ich es nicht so richtig begriffen. Er spricht tatsächlich gar nicht?«
»Nein.« Annik zögerte. Vielleicht, ganz vielleicht konnte sie Alva eines Tages erzählen, was passiert war. Was wirklich passiert war. »Ich weiß, dass wir da ranmüssen, vielleicht mit psychologischer Hilfe, aber die Versuche in Deutschland gingen schief, und gerade jetzt …«
»Erst einmal richtet ihr euch hier ein. Und wenn du irgendwann einen Tipp haben willst, an wen du dich wegen Theo wenden kannst, fragst du mich einfach.«
Sie nickte. Sie brauchte ein leichteres Thema. »Aber nun erzähl mir von den Robben.«
»Die Arbeit dort ist mein Ausgleich zur Praxisarbeit. Du hast Theo, du brauchst so etwas wahrscheinlich nicht.«
In der Küche schepperte es ohrenbetäubend.
»Nein.« Das waren mindestens drei Teller gewesen. Immerhin schrie keiner. Theo hockte erstarrt auf der Anrichte vor dem Oberschrank. »Ich brauche eher die Adresse von Ikea für einen Satz neuer Teller.«
»Normaler Ferienhausschwund.« Alva blieb gelassen. »Ich bringe dir morgen Ersatz mit in die Praxis.«
Theo betrachtete entsetzt die Scherben, die großflächig auf dem Boden verteilt waren. Annik streckte ihm die Arme entgegen. »Handfeger und Besen sind im Abstellraum, oder?«
Doch Alva hatte sie bereits geholt.
Es waren nur zwei Teller. Theo ließ zu, dass Annik ihn neben dem Couchtisch absetzte, Alva und sie fegten die Scherben zusammen.
Alva hob den Kopf und lächelte Theo an. »Das ist ein gutes Anfang für ein neuer Haus, weißt du?«
Er sah sie skeptisch an.
»Na ja, Scherben bringen Glück. Sagt man das bei euch nicht?«
»Doch«, antwortete Annik befreit. »Das sagt man.«
Als sie Theo am Abend ins Bett gebracht hatte, betrachtete sie sein entspanntes Kindergesicht mit dem halb geöffneten Mund, und ihr Herz war kurz vor dem Zerplatzen. Wie konnte man so einen kleinen Menschen so sehr lieben? Sie küsste ihn auf die Wange und rollte sich auf die Seite.
Wie jeden Abend griff sie nach Flos Bild. »Na du. Wie war dein Tag?«
Nicht sehr ereignisreich, sagte seine Stimme in ihrem Kopf. Wir haben eine neue Version von Halleluja geübt, aber ich konnte den Ton nicht halten. Du weißt, wie das ist mit mir und dem Singen.
»Ich mochte es immer, wenn du Theo ein Gutenachtlied vorgesungen hast.«
Du warst verblendet, antwortete er.
»Ich war nicht verblendet. Dein Vorsingen mochte ich sogar, wenn wir uns richtig in den Flicken hatten.«
Also immer? Beruhigend, dass wenigstens etwas Schönes aus unserer Zeit zurückgeblieben ist. Aber erzähl. Wie war dein Tag, Prinzessin?
»Ich hab Theo angeschrien.«
Ausnahmsweise produzierte ihre Vorstellungskraft darauf keine kluge Antwort. Ach, Flo.